Interessantes Thema hier, da habe ich, Wandelröschen, auch was beizusteuern.
ZurAmnesie:
Es wurde als Widerspruch in sich dargestellt, dass bei der Diagnostik die betreffende Person gefragt wird, ob sie andere Personen kenne, bzw. ob diese einen Namen hätten. Denn wenn man eine Amnesie bezüglich den abgespaltenen Anteilen habe, was ja eine Voraussetzung für DIS ist, dann könne man das ja gar nicht wissen.
Doch!
Die Hauptperson, die meistens im Außen agiert, bei uns bin ich das, Wandelröschen, (andere nennen sie Host oder Gastgeber, für unsereins aber nicht passend), weiß das schon, weil ich das ja von meiner Umwelt zugetragen bekomme.
Beispiele:
Vor kurzem gab ich eine ganz wichtige Dokumentation morgens meinen Chef ab, war der letzte Abgabetermin. Der guckt mich entgeistert wie ein Auto an und sagt: „aber Frau Wandelröschen, das haben sie mir doch gestern schon gegeben.“ Ich wusste von gar nichts und kann mich trotz intensivem Nachdenken an die Situation vom Vortag nicht erinnern.
Ich telefonierte mit einer guten Bekannten und im Laufe des Telefonats fragte sie: „Sag mal, was war denn vorgestern mit dir los, als du mich anriefst. So kenne ich dich ja gar nicht, du kamst mir vor, als wenn Max (ihr 11-jähriger Sohn) neben mir stand.“ Zum einen konnte ich mich an dieses Telefonat nicht erinnern (habe sie dann diesbezüglich ein bisschen ausgefragt), zum anderen weiß ich inzwischen, dass es bei uns einen11/12-jährigen gibt, ist übrigens der einzige in unserem Team, der einen Namen hat.
Funktionieren auf hohem Niveau
@ Broken Wing
Broken Wing hat geschrieben:@ Waldschratin: Schon. Aber wenn eh alles OK wäre, also wenn sie nicht weiter auffielen, Ausbildungs- und Arbeitsmäßig alles im grünen Bereich etc., warum ließe sich so jemand behandeln? Die Family wird's wohl nicht sein, wie du schreibst, hat man sich gespalten, um seine Ruhe zu haben. Und offensichtlich funktionierte es. ).
Ich oute mich mal als so jemand, die auf „hohem Niveau“ funktioniert. Als ich anfing mit Therapie, hörte ich nur: wozu brauchst du Therapie?? War für die anderen im Umfeld, die ich davon informierte, nicht nachzuvollziehen.
In die Therapie brachten mich die Auswirkungen der PTBS, der Geist der Vergangenheit, der sich in meinem Leben breit machte. Und auch das bekam meine Umgebung nicht mit. Und warum nicht? Ganz einfach, das Stichwort heißt:
Kontrolle
Ich kontrolliere alles Mögliche (und eigentlich auch Unmögliche). Das ist verdammt, verdammt, verdammt energieaufwändig. Diese Energie fehlt dann letztendlich wieder für anderes, auch für viel Angenehmeres. Und dieses ewige Kontrollieren beschränkt das Handeln, das Leben, das Annehmen des so seins, … Will man eigentlich auch nicht unbedingt.
Unsere DIS fällt unbedarfte Außenstehenden kaum auf, vor allem, wenn sie dieses Phänomen nicht kennen (und das tun ja die meisten nicht). Sie tun unser Verhalten als spleanig, meschugge, manchmal sonderbar ab, aber wir sind auch Weltmeister darin, recht schnell auf diese Reaktionen der anderen Menschen auf unser sonderbares Verhalten halbwegs plausible Erklärungen zu finden. Darin sind wir sein Kindheit geschult.
stern hat geschrieben:Ich vermute, dass sich auch Behandler mit der Diagnostik schwer tun... und dass vermutlich öfters die Schublade Borderline aufmacht wird als eine dissoziative Störung anzunehmen, insbes. wenn es eh Überschneidungen geben sollte... ist aber reine Vermutung. Denn Borderline gilt ja dzt. etwas als Sammelbecken/Modediagnose für alles mögliche.
Diese Erfahrung habe ich gemacht und auch die anderen DIS-ler, die ich inzwischen persönlich kenne. OK, sind nicht viele. Bis man die Diagnose DIS bekommt (von ambulanten Theras, in einer Klinik mag das anders sein), vergeht oft eine Ewigkeit, es wird was anderes diagnostiziert und behandelt, was nicht zielführend ist, und man zweifelt selber immer mehr an der eigenen Wahrnehmung.
Broken Wing hat geschrieben: Durch Hopeless81s Blog kam ich auf die Idee, dass DIS-Betroffene ihre Therapeuten mal fragen sollten, ob es auch noch andere Pat. mit DIS bei ihnen gibt. Vielleicht kommt da so eine Antwort wie: Ja, sehr viele sogar. Wäre gut möglich, es ist, wenn überhaupt, eine sehr seltene Störung. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass diese Therapeuten (un)absichtlich ihre Patienten in diese Rolle drängen. Hopeless81 hat es ja schön dargestellt (ich hoffe, das ist die Ausnahme, weil grob unprofessionell).
Ich habe tatsächlich meinen Thera gerfragt.
Seine Antwort: ich bin und war bislang seine einzige. Er hatte übrigens sehr lange herumgeeiert, bis er diese Vermutung mir gegenüber äußerte und hat mich zur Absicherung noch woanders hingeschickt.
In seiner Intervisionsgruppe hatte er das Thema eingebracht und festgestellt, das von den anderen nur zwei auch jeweils nur einen Fall hatte bzw. haben. Seine Frau, Trauma-Thera, hatte noch keinen Fall. (soweit eine ganz kleine Statistik)
Ich/Wir
Da differenziere ich inzwischen ein bisschen, aber in aller Regel nur da (Kontrolle lässt grüßen), wo unsereins bekannt ist. Wenn nur ich meine Meinung kund tue, oder nur mich meine, dann ist da selbstverständlich ich. Meine ich aber die anderen von unserem Team mit/betrifft es die anderen auch, so schreibe ich schon auch von wir/uns… Aber ja, nicht immer. Wie es die anderen von uns handhaben, weiß ich nicht.