Unsere Kinder - Generation von Narzissten und Egomanen

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(e)
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Beitrag Mi., 18.12.2013, 22:42

@ (V)
Ich gehe von einem etwa sechsjährigen Kind aus und nicht von 14 Jährigen, das ist natürlich etwas Anderes.
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elana

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leberblümchen
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Beitrag Mi., 18.12.2013, 22:55

Ich verstehe übrigens die Aussage "heute kommen immer mehr struktur-gestörte Kinder in die Praxen" gar nicht - kein Wunder: Zu meiner Kindheit gab es kaum Kinderpsychologen, und das wurde einfach alles tabuisiert: Ich war schon als Kind krank, aber ich hab mich erfolgreich bis in die 40er Jahre geschleppt.

Die Kinder gehen doch erst heute zum Therapeuten - wie will man das vergleichen mit anderen Generationen?

Und dass die Kinder heutzutage vermehrt in den Klassen auffällig werden, liegt natürlich auch an der Unterrichtssituation: kein Frontalunterricht mehr, sondern ein heilloses Durcheinander aus Gruppenarbeit (die kein Mensch will) und Stationen, die man im wahrsten Wortsinn durchlaufen muss; Jahrgangsmischung, und dann wundert sich die Lehrerin, dass der Erstklässler zuhört, wenn eine Ansage für die Drittklässler erfolgt? Und dann wird diesem Kind eine schlechte Konzentrationsfähigkeit nachgesagt? Wenn um einen rum alles läuft und spricht?

Im Klassenzimmer spiegelt sich auf jeden Fall die Überforderung der gesamten Gesellschaft: Man will es richtig gut machen - und die Kinder sind die Versuchskaninchen.

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(V)
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Beitrag Mi., 18.12.2013, 23:01

Ja (e), es ist schon was anderes. Natürlich. Ich möchte damit auch ein wenig auf die Gefahr hinweisen, dass - wenn die Eltern dabei ertappt werden! - sie das Vertrauen ihres Kindes riskieren.

Was ich in Hinblick auf die dahinterstehenden Zusammenhänge von Winterhoffs Thesen noch anmerken möchte:

(1) Wenn man es einmal erkannt hat, heißt das noch lange nicht, dass man es auch umsetzen kann. Wie ich schon zu erklären versuchte, ein Familiensystem ist multidimensional und in die gesellschaftliche Struktur eingebettet, selbst wenn also EINER Person die Augen geöffnet wurde, heißt das noch lange nicht, dass es auch gelingt, sich gegen die andere Einflüsse auch zu Wehr zu setzen und es durchzuboxen. Im einfachsten Fall: wenn ein getrennt-lebender Elternteil genau am anderen Strang zieht.

Meist sind aber noch mehr Personen und sozialen Faktoren involviert. Was mich zu

(2) bringt, dass man es - auch wenn Winterhoff es verbal versuchen mag - leider in niemanden reinprügeln kann. Wenn man es begriffen und verinnerlicht hat, ist man nur allzu oft dazu verbannt, tatenlos zuzuschauen zu müssen. Falls man Glück hat und in der Position ist, kann man VIELLEICHT mal die eine oder andere Anmerkung machen, aber wenn es so leicht und offenkund zu verstehen wäre und so leicht zu durchbrechen, dann wären nicht nur die Therapeuten und Autoren arbeitslos, sondern dann gäbe es das Problem gar nicht erst.

Siehe auch mein erster Beitrag, dass ich momentan mit so einer extremen "Helikopter-Mama" konfrontiert bin, die mich jede freie und nicht-freie Minute auf der Arbeit voller Stolz mit ihren Erziehungsmethoden volltextet, welche die einzig waren sind, und wehe, man schaut nur skeptisch, schon wird man zum Lästerobjekt des Tages. VOR Winterhoff hätte ich mich womöglich sogar noch blenden lassen, dass eine gute Mutter sich gefälligst so reinknien sollte wie sie, sie dafür bewundert und ernsthaft Schuldgefühle gehabt, wieso ich das nicht auch tue... (z.B. sofort Elterngespräch vereinbaren und der Lehrerin den Marsch blasen, wenn das Kind nur eine 2plus statt eine Eins hat, wo kämen wir denn da hin???!!!)... aber jetzt tue ich mich sehr schwer im Umgang mit solchen Menschen, die einem zu allem Überfluss ja auch noch vorschreiben ("missionieren") wollen, wie man als Mutter GEFÄLLIGST zu sein habe...

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(e)
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Beitrag Mi., 18.12.2013, 23:14

Ich persönlich kann Winterhoff viel abgewinnen, denn ich erkenne mich in einem solchen vereinnahmten Kind wieder. Es wird gut erklärt, wie dadurch die Defizite und fehlende Selbststeuerung beim Kind entsteht. Genau das sind meine Defizite. Meine Schwester hat mich von Kind an in eine Symbiose gedrängt, meine Familie unterstützte diese Rollenverteilung. Ich war ihr Arm und ihr Bein. Dadurch konnte ich mich selbst nicht entfalten und habe nun genau die von Winterhoff beschriebenen Defizite des Kindes, das scheinbar ausdruckslose Gesicht, die fehlende Selbststeuerung, eine schwache Konflikt- und Beziehungsfähigkeit. Deshalb denke ich schon, dass Winterhoff Recht hat. Ich finde es gut, dass er das auf den Punkt bringt und so die Eltern aufhorchen lässt. Ein nichtssagender Titel würde wie viele andere untergehen. Ich brauchte Jahre, um mich überhaupt wieder im Spiegel als Ich wahrzunehmen. Ich wurde verschlungen. Diese Kinder werden es auch in dieser Symbiose. Und sie wehren sich mit einer Gegenreaktion.
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hopelife
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Beitrag Mi., 18.12.2013, 23:45

(e) das hat man mir auch empfohlen, aber das bringt mir nichts, wenn es doch auch Gefahren gibt, die ich bei nicht Beobachtung nicht abwenden kann, sicherlich die lauern überall, aber ich kann es auch zumindestens etwas verhindern, wenn nicht gänzlich, ich vertraue meinem Kind, hört sich komisch an, aber sie geht auch manchmal zum Bäcker mit ihrem Freund, wenn hier bei uns Übernachtungsbesuch ist, aber dann gehen sie zu zweit und wir haben auch ein Passwort, egal ob es ein Fremder ist oder der nette Hausmeister, der sich anspricht, dass sie mitkommen soll, solange der das Passwort zwischen uns nicht kennt, würde sie nicht mitgehen.

Und meine Therapeutin meint genau dieses intuitive Gefühl einer Mutter, sich auf sein mütterliches Gefühl verlassen in jeder Entwicklungsphase und das meint auch Winterhoff so in etwa in vielen seiner Aussagen.
Eigentlich auch so meint meine Thera, ist es ein mütterliches Gefühl einen Säugling nicht schreien zu lassen, das man es doch tat liegt an den Generationen zuvor, der eigenen Mutter, die einem das so einflößte, aber wenn man wirklich lernt sich ein Stück selbst zu vertrauen, dann gelingt einem das mit der Erziehung auch ganz gut, aber dazu braucht man auch selbst ein ganzes Stück Selbstvertrauen und vorallem sehr viel Stärke.
Ich fühle mich auch oft wie eine Rabenmutter, weil mein Kind das Einzige zu sein scheint, was in der Woche kein TV schauen darf. Ich werde schon fast zur Rabenmutter auf dem Elternabend erklärt, aber in ihrem Alter finde ich das ständige TV schauen nach der Schule einfach nicht angemessen und sie fragt auch nicht danach. Und wenn ich das sehe, was für sch.... da läuft, dann kann man auch nur verbl...den
und auffällig werden.
Am Wochenende freut sich sich abends einen Film zu schauen.
Aber ich glaube auch nicht, das mein Kind später eine Therapie braucht, weil ich ihr in der Woche das TV schauen verboten habe oder weil ich sie gemeinsam mit uns den Tisch decken muss, damit wir Abendbrot essen können.
Darum geht es.

Das was Leberblümchen sagt mit dem Schulsytem sehe ich im Übrigen auch genauso.

Auch Mütter werden total verunsichert, wenn das Kind mal nicht richtig sprechen kann, auch
die Schuld wird gleich den Eltern zugeteilt, komischerweise aber auch nur Eltern, die sich kümmern. Aber Eltern die sich nicht kümmern? Da heisst es auch von seitens der Lehrer, das muss schon alles von den Eltern kommen, dafür interessiere ich mich nicht, wenn das Kind noch am Daumen lutscht, wenn es eingeschult wird, dann müssen es dir Eltern selbst wissen, ich finde das fatal und auch falsch.

Auch das Ausländer so einen schlechten Ruf haben...ich kann das nicht teilen. In der Klasse meines Kindes erlebe ich sie äussert bemüht um ihre Kinder, was ich / das sind aber auch nur meine gegenwärtigen Erfahrungen von Müttern, die heute mit 40 plus ein Kind bekommen, absolut nicht behaupten kann. Da sitzten höchtens die Babysitter beim Elternabend, aber die Eltern selbst, habe ich da noch nicht gesehen.

Die interessieren sich kaum für ihre Kinder, haben hohe Ansprüche an Lehrer und Babysitter und selbst erziehen sie ihre Kinder überhaupt nicht, wissen aber alles grundsätzlich besser, verbringen auch die Zeit mit ihren Kindern nicht gemeinsam, sondern fahren sie nur zur Vereinen, zu Gesangsunterrichten usw...
und werden dann in der Gesellschaft als doch die bemühten und tollen Vorzeigeeltern benannt, während viele Alleinerziehende ihr letztens Hemd für ihre Kinder opfern würden.
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!

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Nico
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Beitrag Do., 19.12.2013, 07:58

(e) hat geschrieben:Ich persönlich kann Winterhoff viel abgewinnen, denn ich erkenne mich in einem solchen vereinnahmten Kind wieder.
Was nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass er generell Recht hat.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Rezna
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Beitrag Do., 19.12.2013, 17:58

Wenn die Kinder Narzissten und Egomanen werden, dann sind sie für dieses System bestens vorbereitet - denn genau diese Eigenheiten brauchen sie, wenn sie in unserem Gesellschaftssystem weiterkommen wollen. Wer da nach der "alten Schule" funktioniert, bleibt heillos auf der Strecke. Das Wirtschaftssystem will keine nachdenkenden Konsumenten sondern impulsive. Wirtschaftswachstum steht über allem - sogar dem Planeten. Wer dagegen spricht, befürwortet Arbeitslosigkeit und bald Heerscharen junger Leute, die keine Chancen kriegen, im System Fuß zu fassen.

Man muss das in einem Kontext sehen. Die Kinder müssen nicht auf die 80er Jahre vorbereitet werden, oder auf die 90er. Die Veränderungen finden immer schneller statt, mitunter stellen 6 Jahre Unterschied zwischen Geschwistern bereits einen größeren Generationenkonflikt dar, als früher zwischen Eltern und Kindern. Warum packen so viele Leute den Stress nicht mehr, ist der AD-Markt boomend, Depressionen, Burnout ... im Vormarsch? Weil die Leute nicht an das System angepasst sind. Wer die gängige Erziehung in den 70ern oder 80ern genoss, kommt mit den heutigen Anforderungen nur noch schwer klar. Was ist es denn, was in all diesen illustren Büchern bemängelt wird? Dass die Kinder anders aufwachsen und anders werden, als die eigene Generation? Na aber bitte - gottseidank ist das so! Wenn in zehn Jahren nur noch Psychopathen einen Überlebensvorteil hätten, dürfte man nicht beklagen, dass die Kinder Psychopathen werden - sondern müsste es befürworten, auch wenn das für die eigene Generation und Weltsicht die Hölle ist.

Aus diesem Grund ist das Gejammere der älteren Generation immer laut - und sie hat völlig recht. Die Kinder SIND anders, in allen Punkten, aber sie MÜSSEN es auch sein, weil sie nicht das Leben der Eltern leben. Norm ist, was ALLE sind. Wenn jetzt alle Egomanen und Narzissten sind, bis auf 2 Kinder in der Klasse, - na WER wird denn in Zukunft das Problem haben? Nicht die Egomanen und Narzisten, sondern die beiden anderen, die dann besser mal in den 90ern gelebt hätten. Wenn die Kinder das verlängerte Ego sind, dann haben die Eltern auch Interesse daran, dass diese so lange wie möglich an der Nabelschnur hängen. Damit ist auch dieser Generation genüge getan, sie muss nicht Amputieren und kann ihre Belanglosigkeit weiterhin über die Frucht ausgleichen.

Insofern - wo ist das Problem? Alles paletti. Gehts der Wirtschaft gut, gehts uns allen gut - und damit ist sogar der Pillenboom super. Weiters findet die Psychologenschwämme ihre Existenzsicherung ... besser kann es doch gar nicht laufen.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
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ENA
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Beitrag Do., 19.12.2013, 20:46

Ich frag mich, was danach kommt. Wie werden die Kinder dieser Kinder? Können die dann überhaupt noch leben, wenn die Eltern doch "narzistisch und egonzentrisch" sind? Denkt da noch jemand an die Kinder? Hauen sich irgendwann alle kaputt, weil jeder nur noch an sich denkt? Wie lange kann die Menschheit, die Welt, so noch überleben?
...und wie haben Kindern von heute Freunde, finden Partnerschaften, wenn alles so schnell vergänglich und "egal" ist?
Wie wichtig ist ein Du, wie wichtig ist ein Wir heutzutage? Auf wen oder was kann man sich noch verlassen? Wie kann man überleben?

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sandrin
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Beitrag Do., 19.12.2013, 20:52

Was mir halt auch oft auffällt, ist, dass die Kids an sich oft gar nichts so egomanisch wären. Es passiert immer wieder, dass mir Jugendliche erzählen, ihre Eltern hätten ihnen gesagt, sie sollen sich von niemandem etwas gefallen lassen und ihre Interessen durchsetzen. Manchmal kommen sogar Eltern in die Schule bzw. streiten untereinander. Ich hatte mal eine Klasse, da waren die Eltern voll verfeindet. Den Kindern war's eher peinlich.

Mir ist aber auch wichtig zu sagen, dass ich schon auch Jugendliche erleben, die auf andere zugehen, die sich einfühlen, die Interesse zeigen und Rücksicht nehmen. Auch erlebe ich immer wieder große Hilfsbereitschaft. Wenn man mit den Kindern/Jugendlichen mal ungezwungen plaudert, dann merkt man, dass sie sich oft sehr wohl Gedanken machen, Dinge reflektieren und sich vor allen Dingen Orientierung und Halt wünschen.

Das, was Winterhoff beschreibt, ist aber ein Trend, zu dem Kinder GEMACHT werden. Die kommen nicht schon so auf die Welt!

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ENA
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Beitrag Do., 19.12.2013, 20:57

sandrin hat geschrieben: dass mir Jugendliche erzählen, ihre Eltern hätten ihnen gesagt, sie sollen sich von niemandem etwas gefallen lassen
...aber, war das nicht vor 20-30 Jahren auch so? Also ich kann mich daran erinnern, dass man das auch damals schon gesagt hat, nur, dass da anscheinend noch mehr Höflichkeitsformeln galten.

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sandrin
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Beitrag Do., 19.12.2013, 21:11

Naja, ich spreche nicht von den üblichen Kippeleien. Da passiert es schonmal, dass z. B. von uns erwartet wird, man müsse die Individualität ihres Kindes (das sich aufführt wie Sau) wahren. Wenn man dann sagt, dass sich andere Kinder und deren Eltern schon wegen der ständigen Störungen beschweren, dann lassen manche Eltern keinen Zweifel daran, dass ihr Kind das Zentrum des Universum ist. Ob die anderen ungestört lernen können, ob sich die genervt fühlen, das ist denen so egal. DAS ist für mich ein Indiz für die Egomanie dieser Gesellschaft.

Früher hätte man Kindern und Eltern klargemacht, dass sie sich halt in eine Gemeinschaft einzufügen haben. Heutzutage ist "einfügen" ein Schimpfwort.

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Tigerkind
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Beitrag Do., 19.12.2013, 22:19

Ich empfehle Wolfgang Bergmann. Der Mann hat Kinder wirklich noch verstanden, leider, leider ist er verstorben.
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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Rezna
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Beitrag Fr., 20.12.2013, 10:36

ENA hat geschrieben:Ich frag mich, was danach kommt. Wie werden die Kinder dieser Kinder?
Eine Frage, man halte mich gern für eine Schwarzmalerin, wird sich nicht stellen. Der Kampf ums Überleben wird in den Vordergrund treten – und um die eigene Familie durchzubringen, entwickeln alle Menschen für unsere gesättigten Maßstäbe bedenkliche Verhaltensweisen.
ENA hat geschrieben:Wie lange kann die Menschheit, die Welt, so noch überleben?
Sie wird nicht an den egozentrischen Kindern oder deren Kindern zugrundegehen. Sieht man sich die aktuelle Entwicklung in jeder Hinsicht an (Luft, Wasser, Ressourcen im Allgemeinen, Wirtschaftslage), wird es für Menschen unwirtlich werden – und zwar schon verdammt bald, so bald, dass auch wir es noch erleben könnten. Neben massiven Problemen durch die Umwelt, wird es Kriege um Ressourcen geben – und das nicht nur zwischen Staaten, sondern auch unter den Generationen.
ENA hat geschrieben: ...und wie haben Kindern von heute Freunde, finden Partnerschaften, wenn alles so schnell vergänglich und "egal" ist?
Ihr Leben an sich ist vergänglich und „egal”, so wie auch unseres. Nur dass der Großteil der heutigen Kleinkinder vermutlich schon mit 30 mehr Menschen aus dem Umfeld wird verloren haben – und zwar nicht wegen Egozentrik, sondern an den Tod, dass diese Kurzlebig- und Wurschtigkeit vielleicht einen erheblichen Vorteil darstellt, nicht psychisch daran zugrundezugehen.

Freilich, allesamt sehr unpopuläre Hinweise, vor allem Eltern gegenüber, zumal es nicht so aussieht, als würde gegen diese Entwicklung vorgegangen werden. Bisher ist kurzfristiger Wirtschaftswachstum immer noch wichtiger, als die Zukunft in jeder Hinsicht. Das liegt auch daran, dass wir und unsere Eltern bereits schreckliche Egomanen sind. In welche Richtung sich die Welt entwickelt, wissen wir ALLERSPÄTESTENS seit den 70er Jahren. Theoretisch könnten wir uns darauf seit 40 Jahren SEHR MASSIV darauf eingestellt und entsprechend reagiert haben. Das Gegenteil ist der Fall. Angenommen, um unseren Kindern in 20 Jahren eine Zukunft bieten zu können, dürfte ab sofort kein Mensch mehr einen Privat-PKW haben oder dürfte ab dieser Minuten nie wieder Fleisch essen – nur mal als Gedankenexperiment. Was wäre denn die Reaktion? Verständnis? Ernsthaft? Die Leute würden auf die Barrikaden steigen, nötigenfalls zu Fuß zu den Parlamenten rennen um dafür zu demonstrieren, dass sie die Zukunft der Kinder ruinieren dürfen. Sie stellen ihr Recht auf Komfort über das Recht der Kinder auf Leben. Das ist noch egozentrischer, als darauf zu bestehen, dass Mami und Papi JETZT SOFORT reagieren – beziehungsweise: Es ist GENAU DIESE Philosophie.

Egal wie sehr man herumerzieht, die Kinder schauen sich in erster Linie das Verhalten ab. Gibt es eine Divergenz zwischen dem, was die Eltern vom Kind abverlangen und dem was sie vorleben, gelten sie als unglaubwürdig und verlieren daher den Anspruch auf Respekt. Die Kinder haben übrigens bereits einen latenten Hass auf uns, weil wir ihnen diese Welt so hinterlassen. In ihren Augen sind wir, unsere Eltern und Großeltern Egozentriker ohne Gleichen – und sie haben völlig recht damit.
sandin hat geschrieben: Das, was Winterhoff beschreibt, ist aber ein Trend, zu dem Kinder GEMACHT werden. Die kommen nicht schon so auf die Welt!
Kinder wurden sehr JEHER gemacht, denn sie kommen unfertig auf die Welt. Das ist die evolutionäre Stärke des Menschen. Er wird zum einen bereits im Mutterleib durch die Umwelt geprägt und kommt auch deswegen unreif zur Welt, um sich bestmöglich an die Umwelt anzupassen – wie auch immer diese aussieht. Der Grundstein der meisten Probleme wird nicht in der Erziehung gelegt, sondern in den ersten Lebensmonaten. "Gemacht" werden sie so, weil sie uns nachahmen.
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montagne
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Beitrag Fr., 20.12.2013, 12:22

Theoretisch könnten wir uns darauf seit 40 Jahren SEHR MASSIV darauf eingestellt und entsprechend reagiert haben. Das Gegenteil ist der Fall.
Und was tust du konkret, um der nächsten Generation eine bessere Welt zu bieten? Um die Welt ein Stück weit besser zu machen?
amor fati

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Rezna
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Beitrag Sa., 21.12.2013, 10:19

montagne hat geschrieben:Und was tust du konkret, um der nächsten Generation eine bessere Welt zu bieten? Um die Welt ein Stück weit besser zu machen?
Die konventionelle Reaktion, wenn keine Gegenargumente einfallen.

Ich habe kein Auto, ich esse kein Fleisch und ich habe keine Kinder. Aber es geht nicht darum, was ICH mache. Selbst wenn ich SUV fahren würde, jeden Tag ein Kalb essen und 12 Kinder haben, würde das niemanden freisprechen oder ihn weniger egoistisch oder meine Worte unwahr machen. Daher ist diese Frage, wie auch meine Antwort, völlig unwichtig - aber - ja - eine völlig normale Trotzreaktion. Als ich noch Vegan war, hörte ich immer: "Und warum setzt du dich nicht auch für Kinder/Welthunger/... ein? Du bist ein Heuchler, wenn du dich für Tiere einsetzt, aber nicht für Kinder/Welthunger und tausend andere Dinge!" Weswegen sich dieser Satz durchsetzte: "Die, die wenig machen, werfen denen, die viel machen, vor, dass diese nicht alles machen."

Interressant: Spreche ich diese Prognosen in einer Runde mit Eltern an, ist die Reaktion nicht etwa: "Wir müssen sofort etwas tun!" sondern "Dann können wir uns gleich umbringen." Also lieber sterben, als den Kindern zuliebe auf Komfort verzichten. Ich erinnere mich, was in Österreich los war, als man den Veggy-Day einführen wollte. Da haben nicht nur Kinderlose rebelliert.

Mittlerweile lehne ich mich zurück und sehe bei einer Tüte Chips dem Verfall zu. Ich mache nur noch, was mir Spaß macht, solange es noch geht und bin mir bewusst, dass es nicht mehr lange so geht. Jahrzehnte habe ich versucht, meine Mitmenschen zumindest marginal dazu zu bringen, für ihre Rechte, die Zukunft, die Welt zu kämpfen. Die Ausreden waren abenteuerlich. Die Reaktion stets: Was machst DU denn? Als wäre ihr Engagement nur von meinem Abhängig, als ginge es um MICH und meinen Wunsch und nicht um sie selbst und ihre Kinder. Hinzu kam: Ist mein Kampf nicht offen ersichtlich, dann gilt er nicht, ist er offen sichtbar, bin ich ein Spinner, von dem man sich distanziert. Ehrlich, die Menschen verdienen, was ihnen passiert. Um die Kinder ist es mir leid - und wenn es eng wird, orten sie ihren Feind hoffentlich richtig und suchen ihn nicht in anderen Ländern und Religionen, sondern bei uns.
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