Therapeut hat mich verunsichert

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EinTherapeut
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 12:38

Liebe Siri,

Ich finde es absolut bewundernswert wie Du mit dieser Situation umgehst. Mich rührt es, wie behutsam Du selbst mit Deinem verletzen Anteil umgehst.

Nochmals etwas aus Therapeutensicht: Das Erzählen von Traumas erlebe ich oftmals (auch nur in Schlagworten) als emotional ziemlich Überwältigendes. Da wird es mir selbst fast Schwarz vor Augen konfrontiert mit diesen Wellen von Emotionen, die einem dabei überrollen. Für mich ist das auch sehr anspruchsvoll, aber auch sehr schön zu erleben, wie sich damit etwas befreit. Bin da auch froh, dass ich vom Typ her eher der Erlebnis-Orientierte ist, der sich auch nicht davor scheut sich extremen Situationen auszusetzen. Von dem her bin ich mir es auch gewohnt mit starken Emotionen umzugehen und dabei mein Gefühl über Kontrolle nicht zu verlieren. Aber es ist schon nicht ohne und sicher auch von der Tagesform abhängig. Ob ich das auch aushalten würde, wenn ich in einer persönlichen Krisensituation wäre, wüsste ich jetzt nicht.

Ich wüsste auch nicht, ob ich mich auf Trauma-Therapie spezialisieren könnte. Wenn man dann aundauernd solche Sitzungen hat, kann ich mir gut vorstellen, dass man damit schnell mal an die Grenze von dem kommt, was man selbst noch emotional verarbeiten kann.

Ich würde mal einfach so annehmen, dass es eben genau darum geht, dass es für ihn vielleicht nicht "unangenehm", aber dennoch je nach Lebens- und Tagesform einach zu viel ist. Vielleicht will er Dir das nicht zugeben, weil er Dir eigentlich helften will und weiss, wie wichtig es wäre, Dir in dem Moment Stabilität zu geben. Das er also in einem inneren Konflikt zwischen Selbstfürsorge/Überforderung vorbeugen und Dir zu helfen ist. Deshalb auch das etwas merkwürdige Verhalten.

Wir Therapeuten neigen wohl schon oft zur Aufopferung, haben Angst das man uns ablehnt, wenn wir nicht Supermenschen sind, die alles tragen können.

An Deiner Stelle würde ich ihn mal jeweils nach seiner Tagesform fragen, bzw. inwieweit er sich so einschätzt, dass er in der aktuellen Sitzung auch an anstrengende Themen rangeht. Schlussendlich geht es ja ums Thema Angst vor Überflutung. das betrifft aus meiner Sicht sowohl Patient als auch Therapeut.
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson

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hope_81
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 12:50

EinTherapeut hat geschrieben: An Deiner Stelle würde ich ihn mal jeweils nach seiner Tagesform fragen, bzw. inwieweit er sich so einschätzt, dass er in der aktuellen Sitzung auch an anstrengende Themen rangeht. Schlussendlich geht es ja ums Thema Angst vor Überflutung. das betrifft aus meiner Sicht sowohl Patient als auch Therapeut.
Also hier möchte ich protestieren. Ich als Patient frage doch ganz sicher nicht wie es meinem
Therapeuten geht, ob er in Stimmung für mein Trauma ist.
Was ist das denn?
Das grenzt ja fast an `Revictimisierung, oder übertreibe ich jetzt?
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli


leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 12:54

Nee, geht auch nicht. Abgesehen davon sagt ein Analytiker eher nicht so was wie: "Mir geht's heute nicht so gut, können wir über das Wetter reden?"

Er muss selbst dafür sorgen, das zu verdauen. Das ist das Doofe an diesem Job...

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Siri81
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 12:56

Leberblümchen, ich habe auch daran denken müssen, was du geschrieben hast - wirklich erstaunliche Parallelen
Ich hoffe mal, dass es dann bei uns auch so sein wird, dass wir das gefühlsmäßig nochmal aufdröseln können.. irgendwie fehlt mir noch was zu unserer Aussprache, obwohl ich nicht wirklich sagen kann, was es braucht, damit es wieder gut ist.

Er hat heute auch gesagt, dass er auch mal unachtsam ist oder unbedacht und dass das eben passieren kann, wenn zwei Menschen aufeinandertreffen. Dass es immer wieder "schwierige Beziehungsdynamiken" geben kann, und man dann aber die Möglichkeit hat, genauer hinzuschauen. und dass es ja gut sei, wenn sich Verhaltensweisen auch in der therap. Beziehung widerspiegeln, die ich auch im Umgang mit anderen zeige..
Ja, wahrscheinlich ist es einfach so, dass man sich wünscht, dass die Therapeuten "perfekt" und "unfehlbar" sind - wenn man zugleich auch gerade das Menschliche an ihnen schätzt...
Und du hast Recht - im Grunde genommen wissen wir, dass es eine gute Beziehung ist, die wir da haben. Und genau deshalb ist ja da auch die große Angst, eben diese kaputt zu machen und dass der wage Versuch, Vertrauen zu leben, in einer Enttäuschung, Verletzung mündet.

@hopeless, du hast schon recht, im Grunde genommen ist es momentan wirklich noch nicht soo wichtig, WAS er sagt, weil es in meinem Inneren doch einfach nicht "richtig" ankommen will. Selbst wenn er vielleicht auf Nachfrage noch einmal gesagt hätte, dass er es ganz sicher so meint, dass ich offen sein darf, hätte ich es vielleicht nicht glauben können (vom Kopf her ja, vom Bauch her nicht). Vielleicht fehlt es mir, dass ich das wirklich SPÜREN und nicht nur hören kann. Dass da so ein zartes, undurchsichtiges Band ist zwischen uns, auf das ich mich verlassen kann. Vielleicht fehlt mir gerade wirklich die Verbindung zwischen uns.

Ich will ja gar nicht so verletzt sein, so empfindlich, so misstrauisch.. ich würde nur zu gerne einfach weiter darauf vertrauen, dass er es gut meint, dass er mich annimmt, wie ich bin, egal mit was. Aber das ist schon sehr ins Wanken geraten (durch meine Interpretation, weniger natürlich durch sein Verhalten als solches). Ich hoffe, dass ich das wieder in den Griff bekomme und wir wieder zueinander finden (blöder Ausdruck ).
"Dinge sehen wir nicht so, wie sie sind,
sondern so, wie wir sind."

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hope_81
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 12:59

Liebe Siri,
das DU das nicht möchtest, ist mir klar. Aber Du hast nun einmal diese Gefühle und
die bitte ich dich schon ernst zu nehmen. Sie zeigen Dir Grenzen usw.
Ich bin mir sicher, dass ihr zwei das wieder hinbekommt.

Es DARF dich aber verletzt haben und du DARFST traurig sein.
Das ist alles okay!
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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Siri81
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 13:03

EinTherapeut hat geschrieben:Liebe Siri,
Ich finde es absolut bewundernswert wie Du mit dieser Situation umgehst. Mich rührt es, wie behutsam Du selbst mit Deinem verletzen Anteil umgehst.
Danke
Er hat mich heute auch darauf angesprochen, dass sich in dieser Hinsicht schon sehr viel getan hätte. Dass ich noch vor ein paar Monaten oder einem Jahr ziemlich sicher sehr destruktiv reagiert und mich selbst bestraft hätte, anstatt das anzusprechen und in mich hineinzuspüren, was wirklich in mir vorgeht.
Das ist mir daraufhin auch erst mal bewusst geworden, dass ich doch schon was dazu lernen konnte
Ich würde mal einfach so annehmen, dass es eben genau darum geht, dass es für ihn vielleicht nicht "unangenehm", aber dennoch je nach Lebens- und Tagesform einach zu viel ist. Vielleicht will er Dir das nicht zugeben, weil er Dir eigentlich helften will und weiss, wie wichtig es wäre, Dir in dem Moment Stabilität zu geben. Das er also in einem inneren Konflikt zwischen Selbstfürsorge/Überforderung vorbeugen und Dir zu helfen ist. Deshalb auch das etwas merkwürdige Verhalten.
Genau so kommt es mir auch vor, als würde er vor dem Thema irgendwie zurückschrecken. Ich habe es erst eben so interpretiert, als schrecke er wegen mir davor zurück. Vielleicht auch wegen sich selbst? Oder schlechter Erfahrungen? Ich weiß es nicht. Ich habe ja auch versucht, ihn darauf anzusprechen, ob es für ihn nicht unangenehm wäre oder eine Grenze überschritten wäre, ob es für ihn überhaupt ok ist, dass ich mich - als Frau - an ihn als Mann wenden will damit. Er hat das aber sehr abgeblockt die ganze Fragerei, deshalb fühle ich mich ja auch immer noch so unsicher, woran ich denn nun bin. Eine konkrete Antwort gab es nicht und ich befürchte, er wird sich da auch weiterhin bedeckt halten.

Natürlich will ich ihn nicht überfluten mit etwas oder überlasten. Ich hab ja jetzt sowieso schon Hemmungen, etwas zu erzählen, weil ich denke, er will das im Grunde lieber nicht. Dass er sich meinetwegen dann auch noch schlecht fühlt - dass will ich ganz und gar nicht.
Vielleicht ist es doch besser, das Thema erst mal wieder zu belassen.
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Siri81
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 13:06

hopeless81 hat geschrieben:Liebe Siri,
das DU das nicht möchtest, ist mir klar. Aber Du hast nun einmal diese Gefühle und
die bitte ich dich schon ernst zu nehmen. Sie zeigen Dir Grenzen usw.
Ich bin mir sicher, dass ihr zwei das wieder hinbekommt.

Es DARF dich aber verletzt haben und du DARFST traurig sein.
Das ist alles okay!
DANKE.

Irgendwie ist da schon die Angst in mir, dass ich das jetzt so kaputt geredet habe. Dass ich auch auf seiner Seite Unsicherheit geweckt habe, dass er jetzt hilflos scheint, weil ich so überreagiert habe.

Aber ja, im Prinzip sollte ich das Gefühl annehmen und zulassen, nicht wieder wegdrängen...

Danke, dass du mir immer so ehrlich antwortest, mir Dinge aufzeigst, die ich selbst nicht sehe.
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EinTherapeut
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 13:13

hopeless81 hat geschrieben:
EinTherapeut hat geschrieben: Das grenzt ja fast an `Revictimisierung, oder übertreibe ich jetzt?
Aus meiner Sicht ist es auch immer Ziel der Therapie aus dem Opfererleben auszusteigen, um sich wieder selbstwirksam zu fühlen.

Im Grunde genommen haben wir doch alle das Bedürfnis nach dem "perfekten" Beziehungspartner, wo wir einfach so sein können, wie wir sind. Wo wir selbst nicht zu "Tätern" werden, weil das Gegenüber es auch immer weiss auf konstruktive Weise auf unsere Grenzüberschreitungen einzugehen. Geht mir genauso. Bis jetzt habe ich den jedoch noch nicht gefunden und bin sehr glücklich mit meinem "unperfekten" Umfeld.

Man könnte es aber auch als Würdigung betrachten, wie schwer aushaltbar das Trauma war. Somit auch Würdigung der Seite in einem selbst, welche sich nicht mit dem Trauma auseinandersetzen will.

An mich selbst als Therapeuten habe ich natürlich schon den Anspruch diesem "perfekten" Beziehungspartner zu entsprechen. Aber ich bin auch nur ein Mensch.

Ich halte übrigens sehr wenig von dieser dogmatischen Abstinenzhaltung aus Teilen der Psychoanalyse.
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hope_81
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 13:13

Gerne liebe Siri,
mhh und was Deinen Therapeuten angeht, wahrscheinlich hat
es ihn überrascht und er merkt erst jetzt, dass er einen Fehler gemacht hat.
Aber ich bin mir sicher, dass er noch viele andere Patienten hat, die mal
überreagieren. Er wird damit klar kommen und Wege für euch finden
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 13:17

Ich halte übrigens sehr wenig von dieser dogmatischen Abstinenzhaltung aus Teilen der Psychoanalyse.
Das mag sein - aber eine Analyse ist eine Analyse - und in dieser redet der Therapeut nicht über seine eigenen Befindlichkeiten. Und schon gar nicht soll der Patient darauf Rücksicht nehmen. Sonst wäre es halt etwas anderes.

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candle.
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 13:54

Hallo Siri81!

Ich kann deine Unsicherheit bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Allerdings, dass es so einen Vertrauensbruch von deiner Seite ergibt, zeigt ja allgemein dass du nicht sonderlich stabil bist.

Ich würde mal ganz abgekühlt sagen: Ich kann auf den Therapeuten keine Rücksicht nehmen. Das muß dieser aushalten. Diesen Punkt des "nachtragend sein" könntest du ebenso beleuchten, vielleicht eher als dich dem Trauma zuzuwenden, vielleicht gibt es dir eine Stärke, wenn du weißt wo das permanente Mißtrauen herkommt, wie es sich ausgeprägt hat.

Ich frage mich allerdings, ob du es aushälst zu besprechen, das ist doch die eigentliche Frage. Hast du noch nie dissoziiert, wurde dir nie übel, hat die Angst dich noch nie übermannt? Das sind alles Dinge die ein Traumatherapeut wirklich besser auffangen kann, das weiß ich inzwischen aus meiner Erfahrung. In der Regel wird sogar empfohlen das in einer Traumaklinik anzugehen. Beziehung ist ein Teil des Ganzen, aber die Methodik eben auch.

Es liegt also nicht so sehr an der Kompetenz des Therapeuten als an der mangelnden Spezialisierung. Um ein plattes Beispiel zu nennen: Du gehst ja auch nicht zum Hausarzt für eine Ohren OP.

Dein Therapeut hat dich also nicht weggeschoben oder rausgeworfen, will dich nicht loswerden- im Gegenteil, er will dir noch mehr Hilfe zu Teil werden lassen und das ist schon etwas Besonderes!

Viele Grüße!
candle
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 14:07

EinTherapeut hat geschrieben: Aus meiner Sicht ist es auch immer Ziel der Therapie aus dem Opfererleben auszusteigen, um sich wieder selbstwirksam zu fühlen.
Also das ist nicht nur Deine Sicht, das ist Ziel einer jeden Psychotherapie.
Im Grunde genommen haben wir doch alle das Bedürfnis nach dem "perfekten" Beziehungspartner, wo wir einfach so sein können, wie wir sind. Wo wir selbst nicht zu "Tätern" werden, weil das Gegenüber es auch immer weiss auf konstruktive Weise auf unsere Grenzüberschreitungen einzugehen. Geht mir genauso. Bis jetzt habe ich den jedoch noch nicht gefunden und bin sehr glücklich mit meinem "unperfekten" Umfeld.
In der Therapie geht es nun nicht wirklich darum den "perfekten" Beziehungspartner zu finden, oder?
Und ich glaube jedem Menschen ist bewusst, dass es den nicht gibt. Umso wichtiger ist von daher in der Therapie einen solchen zu finden. Wir Menschen sind es in "normalen" Beziehungen gewohnt zurückzustecken, nebst unserer Befindlichkeiten auch die des Partners zu berücksichtigen. Wir
sind es mehr oder minder gewohnt unser Erleben zu verbergen, zu bagatellisieren usw.
Umso wichtiger also ist es doch einen Raum zu haben, um einfach sein zu können OHNE sich fragen zu müssen, wie es meinem Gegenüber damit geht. Ich behaupte, dass machen Traumatisierte eh. Aber wie schlimm bitte wäre es, wenn der Therapeut sagen würde "sorry, aber heute bin ich nicht ausgeschlafen, nehmen sie ihr Problem wieder mit"....
Man könnte es aber auch als Würdigung betrachten, wie schwer aushaltbar das Trauma war. Somit auch Würdigung der Seite in einem selbst, welche sich nicht mit dem Trauma auseinandersetzen will
.
Würdigung des Erleben ist ein spiegeln der Gefühle...Das was Du beschreibst geht gar nicht. Und warum? Weil die Opfer eh schon unsicher sind und genau dies denken, was eine Traumaarbeit absolut behindern würde...
An mich selbst als Therapeuten habe ich natürlich schon den Anspruch diesem "perfekten" Beziehungspartner zu entsprechen. Aber ich bin auch nur ein Mensch.

Ja eh klar, aber Dein Befinden hat absolut nichts in der Therapie verloren, es sei denn, es dient dem Klienten! Kannst es aber gerne supervisorisch aufarbeiten....
Ich halte übrigens sehr wenig von dieser dogmatischen Abstinenzhaltung aus Teilen der Psychoanalyse.
Was hat das mit der Abstinenz zu tun?
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EinTherapeut
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 14:39

Natürlich hat das Befinden nur dann etwas in der Therapie zu suchen, wenn es dem Pat. dient. Aber wenn ich z.B. aus welchem Grund auch immer kaum geschlafen habe, nicht konzentrieren kann oder auch sonst irgendwie sehr dünnhäutig sehe ich es als meine Pflicht, den Patienten darüber zu informieren. Spätestens wenn ich merke, dass es mein Beziehungsverhalten zu ihm beeinflusst.

Ich würde auch nicht sagen, "ich bin nicht ausgeschlafen, also nehmen Sie ihr Problem wieder mit nach hause", sondern etwas wie "heute bin ich nicht ausgeschlafen, es kann also sein, dass ich wegen dem unaufmerksam bin, unkonzentriert, vielleicht wichtige Punkte überhöre oder im Extremfall einnicke. Nur nicht, dass dies, falls es passiert, sie so interpretieren, als hätte das etwas mit Ihnen zu tun".

Grundsätzlich: Ich könnte schon versuchen, "perfekt" zu sein. Aus meiner eigenen Erfahrung und in der Beobachtung von anderen führt gerade dieser Anspruch an sich selbst, perfekt zu sein, dazu, dass man vielmehr dazu tendiert, das Gegenüber abzuwerten oder zu pathologisieren. Aus dem "heute war ich ziemlich schlecht drauf" wird dann einfach ein "dieser Patient ist sehr anstrengend und fordernd, an dem muss man arbeiten". Ein Patient, der einem überfordert wird dann einfach "nicht therapierbar" oder ein "hoffnungsloser Fall".
Da stehe ich persönlich lieber zu meinen Schwächen und behalte mir eine wertschätzende Haltung auch in schwierigen Situationen bei.
Dein Mich-In-Supervision-Schicken wollen empfinde ich übrigens als wenig schmeichelhaft/verletzend. Ich würde mir da ein wenig mehr Toleranz wünschen.

Aber das zeugt wohl davon, dass es Dir ein wirklich wichtiges Bedürfnis ist, Dich in der Therapie sicher zu fühlen. Das kann ich gut verstehen. Deshalb ist es mir auch wichtig, dass ich ausserhalb meines Berufs ein tolles Leben führen, um für die Therapiestunden auch wirklich belastbar zu sein. Das gelingt mir auch meist. Aber es ist nicht immer leicht. Gerade auch weil die Gesellschaft sich echt nicht besonders wertschätzend gegenüber meinem Beruf zeigt.
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 14:43

EinTherapeut hat geschrieben: Ich würde auch nicht sagen, "ich bin nicht ausgeschlafen, also nehmen Sie ihr Problem wieder mit nach hause", sondern etwas wie "heute bin ich nicht ausgeschlafen, es kann also sein, dass ich wegen dem unaufmerksam bin, unkonzentriert, vielleicht wichtige Punkte überhöre oder im Extremfall einnicke.
Also ehrlich, das geht ja gar nicht. In vielen Berufen hat man dafür zu sorgen, dass man fit am Arbeitsplatz erscheint. Also nee, in was für einer Welt lebst du denn? Stell dir vor ein Operateur sagt das oder ein LKW Fahrer.

Das hat alles gar nichts in Therapie zu suchen.

candle
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hope_81
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Beitrag Fr., 27.09.2013, 14:47

EinTherapeut hat geschrieben:Natürlich hat das Befinden nur dann etwas in der Therapie zu suchen, wenn es dem Pat. dient. Aber wenn ich z.B. aus welchem Grund auch immer kaum geschlafen habe, nicht konzentrieren kann oder auch sonst irgendwie sehr dünnhäutig sehe ich es als meine Pflicht, den Patienten darüber zu informieren. Spätestens wenn ich merke, dass es mein Beziehungsverhalten zu ihm beeinflusst.

Ich würde auch nicht sagen, "ich bin nicht ausgeschlafen, also nehmen Sie ihr Problem wieder mit nach hause", sondern etwas wie "heute bin ich nicht ausgeschlafen, es kann also sein, dass ich wegen dem unaufmerksam bin, unkonzentriert, vielleicht wichtige Punkte überhöre oder im Extremfall einnicke. Nur nicht, dass dies, falls es passiert, sie so interpretieren, als hätte das etwas mit Ihnen zu tun".
Also sorry, aber wenn ich als Therapeutin so drauf bin, dann halte ich es für meine Pflicht die Termine abzusagen und mir einen Tag Ruhe zu gönnen. Ich sage meiner Patientin sicher nicht, dass es sein könnte, dass ich einschlafe.
Grundsätzlich: Ich könnte schon versuchen, "perfekt" zu sein. Aus meiner eigenen Erfahrung und in der Beobachtung von anderen führt gerade dieser Anspruch an sich selbst, perfekt zu sein, dazu, dass man vielmehr dazu tendiert, das Gegenüber abzuwerten oder zu pathologisieren. Aus dem "heute war ich ziemlich schlecht drauf" wird dann einfach ein "dieser Patient ist sehr anstrengend und fordernd, an dem muss man arbeiten". Ein Patient, der einem überfordert wird dann einfach "nicht therapierbar" oder ein "hoffnungsloser Fall".
Da stehe ich persönlich lieber zu meinen Schwächen und behalte mir eine wertschätzende Haltung auch in schwierigen Situationen bei.
Es ist noch einmal ein Unterschied zwischen persönlichen Schwächen und Unverschämtheiten.
Dein Mich-In-Supervision-Schicken wollen empfinde ich übrigens als wenig schmeichelhaft/verletzend. Ich würde mir da ein wenig mehr Toleranz wünschen.
Ein guter Therapeut macht Supervision, oder nicht?
Aber das zeugt wohl davon, dass es Dir ein wirklich wichtiges Bedürfnis ist, Dich in der Therapie sicher zu fühlen. Das kann ich gut verstehen. Deshalb ist es mir auch wichtig, dass ich ausserhalb meines Berufs ein tolles Leben führen, um für die Therapiestunden auch wirklich belastbar zu sein. Das gelingt mir auch meist. Aber es ist nicht immer leicht. Gerade auch weil die Gesellschaft sich echt nicht besonders wertschätzend gegenüber meinem Beruf zeigt.
nein, dass hat nichts mit Sicherheitsbedürfnis, sondern mit Respekt zu tun. Ich weiß ziemlich viel von meinem Therapeuten, aber so etwas wie Du obig beschrieben hast, musste ich mir glücklicherweise nicht reinziehen. Ich zahle den Typen, wenn der nicht ausgeschlafen ist verschwendet er mein Geld und meine Zeit.
Man stelle sich so einen Dienstleister einmal vor, in keinem anderen Kontext würde ich mir so etwas bieten lassen, bei allem Respekt und Empathie....
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
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