Umgang mit dem Tod und Sinnfrage

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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stern
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 15:55

Hab ich hier irgendwo geschrieben, dass man etwas nicht darf ?
Nein... aber folgendes halt ich für einen Mechanismus ein Gefühl (weg)rationalisieren zu wollen:
Um Unrecht feststellen zu koennen muss ein Recht gebrochen werden, es gibt aber kein Recht auf genau xy Lebensjahre oder ewiges Leben je nachdem wie du es gerne haettest.
Zum Feststecken (vgl. auch blanchet, nico): Höhö, nicht dass ich der Experte für abfließende Gefühle bin : Aber ja, ich teile, dass das, was feststeckt zum Zustand werden kann. Aber es hat in aller Regel einen Grund (darunter gibt es auch welche, bei denen PT sinnig sein kann... ganz allgemein gesagt). Und man kann (als ein Grund) auch in etwas Stecken bleiben, das nicht zugelassen wird... ein psychoanalytische Sichtweise sieht z.B. auch einen Zusammenhang zwischen unterdrückter Wut und Depression. Etwas ungerecht zu finden (was häufiger mit Ärger/Wut korreliert, die nach außen gerichtet ist) halte ich für hilfreicher als das Steckenbleiben oder Fallen in eine ausgewachsenen Depression. Ärger ist energetischer als z.B. Suizidgedanken, kann Motor für Zustandsänderung sein, usw.

Ich halte "Gefühle", den Tod als ungerecht zu empfinden für sehr häufig, fast schon prozesshaft typisch (vgl. Trauerphasen). Wobei (um nochmals auf den Zitat zurückzukommen): recht und gerecht finde ich auch nicht deckungsgleich (analog un-recht und un-gerecht)
Zuletzt geändert von stern am Mo., 19.11.2012, 16:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Vincent
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:02

Sabriel hat geschrieben:Nein, aber der Tod ist viel einfacher, wenn der Sterbende selbst sein Leben als voll und ganz empfindet, und selbst bereit ist, zu sterben.
Ja, Sabriel, das mag sein.
Wenn derjenige, der glaubt, dass er heute noch voll im Leben steht (und der Tod noch weit weg scheint), seinen Lebensabend plant, der wird überrascht und hilflos sein, wenn der Tod dann doch früher kommt. Dann bekommt er vielleicht die Diagnose "Krebs", und zusätzlich gesagt, dass er noch ein paar Wochen zu leben habe.

Er hätte den Tod schon vorher mit einplanen sollen. Denn der Tod ist nicht mehr oder weniger als das Leben, da beides untrennbar zusammenfällt.

Was wäre denn das für ein Leben, wenn sich jeder seinen Tod, die Umstände und den Zeitpunkt, selbst aussuchen dürfte?!
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Blanchet
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:02

Vincent hat geschrieben:Das Loslassen, Akzeptieren und Weiterleben würde Sinn ergeben.
Genau das.

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Nico
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:09

Oh ich fuerchte widow steckt genau deshalb fest weil sie eben nicht zulaesst.
Sie laesst nicht zu, dass sie zum Leben zurueckkehrt und dieser Zustand laesst sich im Gegensatz zu Trauer ewig in voller Intensivitaet aufrecht erhalten.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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hawi
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:13

Meine letzte große Trauer, schon ziemliche Zeit her.
Nicht an meinem Leben, aber an mir ließ mich der Tod von mir mal sehr Nahen schon zweifeln. Ist heute nicht mehr allgegenwärtig, aber manchmal erwischt mich dieser (alte) Schmerz auch heute noch.

Worte anderer an mich, mitten in der Trauer konnte ich sie meist nicht ab. Überhaupt konnte ich nicht viel Mensch ab. Waren ohnehin wenige. Gut aber, wenn es die gibt, wenn die da sind.

Jenseits der Trauer, oder gemischt damit? Ich finde schön, dass ich die Zeit bekam, Lebenszeit hatte, mit denen, die mittlerweile nicht mehr leben. Vieles kann ich, weiß ich, habe ich noch heute durch sie.
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
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stern
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:19

Das Loslassen, Akzeptieren und Weiterleben würde Sinn ergeben.
suggeriert m.M.n. auch, dass es einen stimmigen Weg gibt. Gab es kürzlichen einen (so fand ich) interessanten Thread von biber, in dem es am Rande auch um Loslassen versus sog. continuing bonds (fortbestehende Bindung) ging bzw. Synthese von beiden. Würde jetzt an dieser Stelle aber auch zu weit führen. Bleibe jedoch dabei: Wichtig finde ich individuelle Stimmigkeit.

Frage mich ferner wie flower, ob man den Teil zum Umgang mit dem Tod nicht ausgliedern lassen könnte... aber ich weiß nicht, wie es widow sich das vorstellt.
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Blanchet
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:22

Nico hat geschrieben:Oh ich fuerchte widow steckt genau deshalb fest weil sie eben nicht zulaesst.
Sie laesst nicht zu, dass sie zum Leben zurueckkehrt und dieser Zustand laesst sich im Gegensatz zu Trauer ewig in voller Intensivitaet aufrecht erhalten.
Ich denke, es sind schon mehrere Leser zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Ich zumindest auch.
Etwas zuzulassen, dass eine existenzielle Bedrohung darstellt ist schwer (und das ist ein völlig unzutreffender Hilfsausdruck). Dass man es (noch) nicht kann ist kein Fehler, oder etwas wofür man sich schuldig/ unwert/ unfähig fühlen müsste.

Mir hat die Erkenntnis der Unausweichlichkeit "geholfen".
Loslassen, akzeptieren und einen neuen Sinn/ Grund im Leben finden - oder ein Leben lang leiden. Gibt es eine Alternative?


Vincent
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:41

stern hat geschrieben:Frage mich ferner wie flower, ob man den Teil zum Umgang mit dem Tod nicht ausgliedern lassen könnte... aber ich weiß nicht, wie es widow sich das vorstellt.
Ausgliedern, abtrennen, polarisieren... wie Leben und Tod. Warum? Warum unbedingt trennen, was untrennbar zusammengehört?
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flowerbomb2
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 16:55

Weil es widows thread ist und hier nicht ständig andere Sachen laufen müssen, als das, was sie besprechen möchte. Auch wenn das kein blog ist.
Das könnte man respektieren und einfach einen neuen thread aufmachen.


Vincent
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 17:03

flowerbomb, mit dir rede ich gar nicht. Du drehst ja bei dem Thema völlig ab...
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flowerbomb2
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 17:08

ich glaube, du bist derjenige, der gerade emotional reagiert, nicht ich..


Widow
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 17:35

Noch ein paar Details:
Nico hat geschrieben:Es ist hoechst wahrscheinlich genau das/der/die gleiche Glueck/Zufall/Bestimmung die widow und ihren Liebsten einst zusammengefuehrt hat und ihn ihr dann wieder genommen hat.
Nur dass das Eine fuer selbstverstaendlich genommen wird und das andere als voellige Ungerechtigkeit. [Herv. v. mir, Widow]

Nico, wenn es irgendeinen Sinn hätte, Dir zu sagen, dass Du damit vollkommen daneben liegst, würde ich es Dir sagen (und "beweisen", dass ich täglich versuche, das Wunder zu sagen, das der Liebste mir war - übrigens manchmal auch hier). Doch wie immer bei Menschen mit fixen Normen (dazu gleich noch mehr): Dergleichen Rede fiele auf Granit. Und so lasse ich's.
Blanchet hat geschrieben: Loslassen, akzeptieren und einen neuen Sinn/ Grund im Leben finden - oder ein Leben lang leiden. Gibt es eine Alternative?
Das ist übrigens nach meinem Verständnis so eine jener fixen Normen, von denen ich eben sprach.

1. Mensch hat eine Alternative.

2. Warum sollte man, wenn man um die Einmaligkeit der Liebe weiß und um die Tatsache, dass jedes Leben jederzeit ausgelöscht werden kann, sich immer wieder neuen Sinn geben? (Ich beharre darauf: Lebenssinn "suche" ich nicht, den gebe ich mir oder ich bekomme ihn geschenkt durch die Liebe und schenke ihn gleichermaßen, sonst wäre es keine Liebe.) - Der so lebt, nutzt die Liebe wie ein Abo im Fitnessstudio und weiß nichts von ihrer Einmaligkeit. Und der so lebt, findet Sinn offensichtlich so leicht wie andere Menschen am Strand nach der Flut Muscheln. Schließlich: Der so lebt, entwertet das Leben und den Tod gleichermaßen, denn er sagt ja: So what, gehört alles dazu, ist alles austauschbar, alles ersetzlich, also eine neue Runde bis an mein Ende. Und er ignoriert die Kategorie der Vergeblichkeit, nimmt sich wichtiger, als er ist (aber das ist vermutlich die Prämisse für diese "fixe Norm": Ein ausgeprägtes Gefühl für die eigene Bedeutsamkeit).

Und eine letzte Sache: Wen es nervt, dass ich mich dem sowohl willentlich verweigere als auch unfähig bin zu genügen, was in unserer Gesellschaft als "angemessene Trauerarbeit" gilt, der muss hier nicht lesen. Aber vor allem erbitte ich mir, dass, wenn er es schon tut, er mir dann nicht mit seinem Ärger ob meiner "Unbotmäßigkeit" kommt: Ich belästige ihn ja nicht! (Warst es nicht sogar Du, Nico, der hier vor langer Zeit schon einmal darauf hinwies, dass die Entscheidung, einen Faden zu lesen oder nicht, niemandem aufgezwungen wird?)

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Nico
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 17:43

Nein widow du nervst mich nicht und du belaestigst mich nicht, aber ich brauche dich auch nicht um erlaubnis fragen ob ich mir ueber das was du so schreibst meine Gedanken machen darf.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


Vincent
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 17:45

Widow hat geschrieben:Der so lebt, nutzt die Liebe wie ein Abo im Fitnessstudio und weiß nichts von ihrer Einmaligkeit. Und der so lebt, findet Sinn offensichtlich so leicht wie andere Menschen am Strand nach der Flut Muscheln.
Ich will meinen, liebe Widow, dass es gilt, einen übergeordneten Sinn zu finden bzw. diesen sich "zufallen" zu lassen... durch höhere Erkenntnis. Es gibt nicht die eine/einzige Liebe, die abgegrenzt von einer anderen einzigen Liebe ist. Vielmehr steht die Liebe über Allem. Und über dieses "Allem" könnte man versuchen, erhaben zu sein. Man könnte sehen und akzeptieren, ja, annehmen, dass das Entstehen und Vergehen - wie die Jahreszeiten - universelle Tatsache sind. So könnte man auch einen anderen Blick auf das Leben, auf sein eigenes kleines Leben, bekommen.
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Widow
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Beitrag Mo., 19.11.2012, 17:47

Na, dann wünsche ich Dir den nötigen sportlichen Ehrgeiz, Vincent.
Meins ist das nicht. Dergleichen Haltung gönne ich den Göttern. Dafür müssen sie ja auch auf so manches konkrete Erlebnis verzichten.

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