Ich glaube nicht, dass das so einfach zu trennen ist, vor allem, weil viele Beziehungen über das Arbeitsumfeld eingegangen werden. Man muss sehr gespalten sein, wenn man auf der einen Seite das Opfer spielen und auf der anderen Seite die Taffe spielen kann - da ist dann wirklich eher viel "Spiel" im Spiel, als Authentizität. Mir geht es auch nicht um Regeln, sondern um das wie Menschen funktionieren. Dass die sozialen Protokolle mitunter ziemlich verquer sind, sich an Doppelbindungen orientieren, ist mir klar, und macht viele Menschen auch verloren, hilflos, wahnsinnig. Nicht jeder kann ständig zwischen verschiedenen, einander widersprechenden Rollen hin und her switchen, ohne auf Dauer Schaden zu nehmen. So "spielen" viele Menschen etwa bei Bewerbungsgesprächen die Taffe, Zielstrebigen, Agilen... im Alltag aber wird schnell deutlich, dass dieselben oft gar nicht so selbstsicher sind, gar nicht so auf gewisse Ziele focussiert sind, sondern halt einfach nur ihren Lebensunterhalt verdienen möchten. Und ich meine, jenseits des erzwungenen Spiels, das was im Menschen heraus kommt, ist eine Tendenz, eine Grundhaltung.Ratlosigkeit hat geschrieben:Zunächst einmal ist Sex wirklich nichts wofür ich "kämpfen" möchte. Sex ist auch nix, was ich gnadenhalber bekommen möchte. Und auch nichts, was ich aushandeln möchte, wie Lohn und Preis. Du vermischst hier private und sozale/berufliche Ebene, aber in diesen beiden Ebenen gelten grundverschiedene Regeln.
Der "Gnadensex": Meine Mutter war so eine. Ihrer Philosophie nach musste ein Mann die Frau erobern. Das schränkte schon mal massiv ein, weil sie darauf angewiesen ist, dass ein Mann auf sie steht (nicht sie auf ihn). Ein Mann der ihr gefällt, der sie aber nicht erobert (selbst wenn sie ihm gefällt) ist somit nicht mehr für sie greifbar. Weiters erwartete sie stehts, verführt zu werden. Es war UNDENKBAR, dass sie einmal anfing, eine sexuelle Begegnung anzustimmen. Es musste immer das Spiel sein: Er will, sie ziert sich... Sie hat leidenschaftlich gerne gelesen, und manchmal las ich rein in diese Bücher. Fast ausschließlich handelten sie von diesem Muster. Nur - in dieser Fiktion war der Eroberer auch immer genau der, den die Heldinnen unbedingt wollten. Das ist aber eben nur Fiktion. Meine Mutter hat versucht, mir genau diese Philosophie weiterzugeben. Und zwar eindringlich und fast auf traumatische Weise. Mir aber ging die Logik dahinter einfach nich ein. Warum sollte ich einen Mann, der mir gefällt, nicht auch selber erobern? Warum sollte ich einem Mann gegenüber, der mir gefällt, die Desinteressierte spielen. Und was interessiert mich ein Mann, der Abwehr meinerseits nicht respektieren kann?
Ich meine: Wer lernt, dass ihm die Opferrolle Vorteile verschafft, der setzt sie nicht nur beruflich ein. Und wer lernt, sich zu nehmen was er möchte, macht im Privatleben nicht halt. Natürlich ist das Klima in der Berufswelt ein anderes als im Privatleben, keine Frage. Das eine ist eben der öffentliche Auftritt, die feindliche Welt, das andere die Intimität und traute Zweisamkeit. Die Grundhaltung aber - sofern man nicht beliebiger Spielball gesellschaftlicher Anforderungen ist - wird sich immer zeigen. Und driftet das zu sehr voneinander ab, dann ist eins davon eine gespielte Rolle - der Mensch gespalten, und das, ist auf dauer aus psychischer Sicht dramatisch.