Abstinenzregelung-alles Quatsch?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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(e)
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Beitrag Do., 06.09.2012, 21:57

Rilke hat geschrieben: Ja, scheint mir eine gute Erklärung zu sein. Darum denke ich auch, mit Analyse kann eben nicht jeder was anfangen, es ist für bestimmte Probleme der falsche Ansatz. Nicht jeder will oder braucht tiefgründige Selbsterkenntnis sondern einfach eine eher praxis- und aktualitätsbezogene Anleitung, um sein Verhalten und damit seine Lebensumstände relativ zeitnah ändern zu können.

Ich stehe der Analyse nicht kritisch gegenüber, überhaupt nicht, sie ist eben nur nicht immer indiziert. Gerade unter den Analyse-Kritikern hier im Forum meine ich herauszulesen, dass eher praxisbezogene Hilfe gewünscht und nötig ist bzw. gewesen wäre.
In der Psychoanalyse wird langfristig eine komplette Persönlichkeitsveränderung angestrebt, bei einer Verhaltenstherapie eher bestimmte, konkrete Verhaltensweisen und Denkmuster, also nicht so grundlegend eine Umwälzung der Persönlichkeitsstruktur. Ich persönlich entschied mich auch deshalb gegen die Psychoanalyse, nachdem mir mein zweiter Psychoanalytiker doch sehr eindrücklich klargemacht hat, was auf mich zukäme. Das war mir zu too much in dieser Dimension. Jetzt mache ich eine kognitive Psychotherapie. Mein Thera geht konkret auf meine aktuelle Problematik ein. Das finde ich hilfreicher.
Lieben Gruß
elana

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Hamna
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Beitrag Do., 06.09.2012, 22:04

stern hat geschrieben:
Es ging mir auch nicht um Wünsche an den Analytiker, sondern um eine
spezielle Problemlösung. Sowas scheint aber in einer Therapie nicht üblich zu sein.
Möglicherweise ist eine PA dann wirklich nicht die passende Therapieform gewesen, wenn es dir IM WESENTLICHEN darum ging. Hängt aber vermutlich auch vom Analytiker ab, wie "streng" er die Abstinenz auslegt. Ich fände es blöd, wenn Bedarf besteht, und dann mit Verweis auf eine Therapieform abgeblockt werden würde. Zumindest, dass man manches sammeln, abwägen kann, usw.
Sicher ist Problemlösung in Therapie üblich, man muss nur schauen, in welcher Therapie(form) und welches Problem. Für spezielle (akute) Problemlösung würde ich persönlich keine Psychoanalyse wählen, sondern immer Verhaltenstherapie.

Und da sehe ich auch die Verantwortung beim jeweiligen Therapeuten bzw. Analytiker. Ich würde es nicht als ein Abblocken ansehen, wenn mir ein Analytiker sagt, dass ich bei einem VT besser aufgehoben wäre mit meinem speziellen Problem, oder umgekehrt. Hatte ich auch schon, dass mein (Ex-)Therapeut diese Überlegung in den Raum stellte. Es ist eben nicht egal, ob man mit einer manifestierten Persönlichkeitsstörung, einer Phobie oder einer reaktiven Depression zum Analytiker oder zum Verhaltenstherapeuten geht. Für das eine Problem ist dieser, für das andere Problem jener Spezialist besser.

Nur, für einen absolut therapieunerfahrenen Patienten ist das eben nicht so klar ersichtlich, darum sollte da schon der Hausarzt, der Psychiater oder eben der konsultierte Therapeut eine entsprechende Empfehlung aussprechen.

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(e)
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Beitrag Fr., 07.09.2012, 00:36

@Rilke: Bin Deiner Meinung, wär schon hilfreich, wenn man als Patient von vornherein wüsste, wie die Hilfe sich dann konkret gestalten wird in der Therapie. In Akutsituationen braucht es eben schon konkretere Hilfestellungen, auf das Jetzt bezogen. Da ist es weniger relevant, warum ich als Kleinkind auf dem Töpfchen nach meiner Mutter schrie. Das mag ja alles ganz interessant sein, aber ich lebe hier und jetzt und habe ganz aktuelle Probleme, die ich nicht erst in 10 Jahren als Vergangenheitsbewältigung bearbeitet haben will, sondern JETZT. Darin hilft mir mein Thera sehr, er hat mir gerade in einer akuten Situation eine hilfreiche Antwort-Mail geschrieben, was mir tatsächlich auch weiterhilft in meiner aktuellen Situation.

Aber um zum Thema Abstinenz zurückzukommen, bezieht sich diese ja nicht darauf, keine konkreten Hilfestellungen geben zu dürfen, sondern eher um eigensüchtige Motive des/r Theras, wodurch dem Patienten eben nicht wirklich geholfen wäre.

PS: Jetzt hab ich so viel "konkret" geschrieben - mir ist ganz schwindlig!
Lieben Gruß
elana

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Tigerkind
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Beitrag Fr., 07.09.2012, 08:04

Ja, dann hatte ich wohl den perfekten Therpeuten, denn der war in Akut-Situationen nicht nur mit Worten sondern mit Taten zur Seite.

Wenn es keine aktuellen Probleme gab (was ja nun auch nicht ständig der Fall war) haben wir an der Vergangenheitsbewältigung intensiv gearbeitet und das wiederum hat mir dann in der Gegenwart in vielen Fällen oft geholfen.

Deshalb bin ich froh das ich so einen flexiblen Therapeuten hatte!

Möge Euch allen dieses Glück beschieden sein!

Liebe Grüße

Tigerkind
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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(e)
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Beitrag Fr., 07.09.2012, 10:23

@Tigerkind: Wie meinst Du das mit den Taten Deines Theras? Was hat er denn konkret getan, um Dir zu helfen? Gib mal ein Beispiel.

Vermisst Du ihn denn jetzt nicht total, wenn er so hilfreich war?
Lieben Gruß
elana

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sinnliche
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Beitrag Fr., 07.09.2012, 18:51

hallo stern!

ich finde deinen "spruch" mit den macken sooo grenzgenial!

wer oder was ist (mindfulness) ?

bitte um aufklärung

danke
sinnliche

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Tigerkind
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Beitrag Fr., 07.09.2012, 21:40

Liebe elana!

Nein, ein konkretes Beispiel möchte ich nicht geben, habe da etwas Paranoia erkannt zu werden. Ich hoffe Du verstehst das.

Nein, ich vermisse ihn nicht. Vielleicht deshalb nicht, weil ich jederzeit wieder zu ihm könnte, wenn ich wollte.

Er war so hilfreich, das ich mir jetzt in vielen Situationen selber helfen kann.

Natürlich gibt es immer mal wieder Probleme und Schwierigkeiten, auch schwere, aber ich denke so ist das Leben.

Und wie gesagt das Wissen ihn jederzeit aufsuchen zu können, erleichtert vieles.
Aber bei vielen Dingen habe ich auch Bekannte, Freunde die für mich da sind.

Es läuft nicht alles nach Wunsch, aber einen Therapeuten oder meinen vermisse ich z.Zt. nicht.

Liebe Grüße

Tigerkind
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stern
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Beitrag Fr., 07.09.2012, 23:49

OT
sinnliche hat geschrieben:ich finde deinen "spruch" mit den macken sooo grenzgenial!
danke... habe ich aber irgendwo bei facebook mal aufgeschnappt. Also leeeiider nicht selbst ausgedacht. Und dann dachte ich, das passt zu mir... und mache ich doch gleich mal zu meiner Signatur Manches muss ich schlichtweg mit etwas Humor sehen
wer oder was ist (mindfulness)
Achtsamkeit . Steht nicht im Zusammenhang mit obigem Spruch. Sondern soll mich eher ab und an daran erinnern, achtsam mit mir umzugehen. Vergesse ich nämlich manchmal gerne.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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(alte Weisheit)

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stern
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Beitrag Sa., 08.09.2012, 00:06

Aber um zum Thema Abstinenz zurückzukommen, bezieht sich diese ja nicht darauf, keine konkreten Hilfestellungen geben zu dürfen, sondern eher um eigensüchtige Motive des/r Theras, wodurch dem Patienten eben nicht wirklich geholfen wäre.
Die Schwierigkeit ist, dass es sich durchaus auf beides beziehen kann. Die Berufsordnung regelt im engeren Sinne eher, dass der Therapeut keine eigenen Interessen verfolgen darf und tralala.

Aber Abstinenz verstanden als therapeutische Grundhaltung kann (bei engerer Auslegung) auch bedeuten, dass sich ein Analytiker oder (teils auch TPler) konkreter Ratschläge enthält, um Entscheidungen nicht aktiv zu beeinflussen. Sondern eher wird dann Raum gegeben, für sich eine Entscheidung zu finden. Wie eng das praktisch ausgelegt wird, hm, schwer... würde sagen, das hängt auch von Thera/PAler/Patient ab. Also wenn ein Patient bereits beim Wort "Ratschlag" oder "Hilfestellung" einen Auschlag bekommt, ist vielleicht ein anderer Umgang sinnig als bei einem Patienten in einer faktischen Notlage, die aktue Abhilfe erfordert. Extrema sind mir meistens suspekt... so auch hier.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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sinnliche
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Beitrag Sa., 08.09.2012, 00:49

Achtsamkeit . Steht nicht im Zusammenhang mit obigem Spruch. Sondern soll mich eher ab und an daran erinnern, achtsam mit mir umzugehen. Vergesse ich nämlich manchmal gerne. [/quote]

ich danke dir!! ja, humor ist verdammt wichtig *g*
hab letztens ein graffiti gefunden: das leben ist nicht tot zu kriegen

ich dachte, mindfulness wäre ein pseudo-name vom zitate-erfinder

aber ich werd mir das wort heute auf DIN A 4 ausdrucken. ich vergesse auch gerne auf mich.

in diesem sinne:

die schwerkraft des geistes lässt uns nach oben fallen
simone weil

hab eine gute nacht!
sinnliche


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Yumi
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Beitrag Sa., 08.09.2012, 11:04

sinnliche hat geschrieben: hab letztens ein graffiti gefunden: das leben ist nicht tot zu kriegen
Ein Tropfen Liebe hat mehr Bedeutung als ein Ozean von Wissen.
Blaise Pascal

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Beitrag Sa., 08.09.2012, 11:36

stern hat geschrieben: Aber Abstinenz verstanden als therapeutische Grundhaltung kann (bei engerer Auslegung) auch bedeuten, dass sich ein Analytiker oder (teils auch TPler) konkreter Ratschläge enthält, um Entscheidungen nicht aktiv zu beeinflussen. Sondern eher wird dann Raum gegeben, für sich eine Entscheidung zu finden. Wie eng das praktisch ausgelegt wird, hm, schwer... würde sagen, das hängt auch von Thera/PAler/Patient ab. Also wenn ein Patient bereits beim Wort "Ratschlag" oder "Hilfestellung" einen Auschlag bekommt, ist vielleicht ein anderer Umgang sinnig als bei einem Patienten in einer faktischen Notlage, die aktue Abhilfe erfordert. Extrema sind mir meistens suspekt... so auch hier.
Liebe Stern

Ich mag allzu viele Ratschläge auch nicht, da gebe ich Dir Recht. Aber ich muss sagen, dass mein Thera schon auch seine tendenzielle Sicht darlegt. Extrem macht er es nicht, aber doch so weit, dass sich für mich ein Gesamteindruck ergibt, in welche Richtung seine Haltung dazu tendenziell weist. Er argumentiert das Pro und Contra, wodurch er mich auch schon vor falschen Entscheidungen bewahrt hat. So weit kennt er mich, dass ich auch immer abwäge und strategisch denke. Wenn er mir da ein gutes Argument liefert, kann das durchaus meine Entscheidungen ändern. Dafür bin ich ihm auch sehr dankbar. Trotzdem entscheide ich nicht immer so, wie er es wohl gern hätte, sogar dann, wenn ich weiß, dass er im Prinzip Recht hat. Aber es gibt eben noch andere Faktoren, die mich beeinflussen, vor allem meine Neigung, keine Risiken einzugehen und keine voreiligen Entschlüsse zu fällen. Bei mir geht alles ziemlich langsam, ist eher ein Prozess. Von daher würde wohl gar nichts passieren, wenn mein Thera nicht eindeutige Anstöße gäbe. Ein leerer Abstinenzraum wär nichts für mich, ich brauche unbedingt Rückmeldungen, um dazuzulernen. Ich las darüber auch in Fachbüchern, dieses absolute Zurücknehmen in der Abstinenzregel ist veraltet, weil der Patient mit abweichendem Verhalten unbedingt Rückmeldungen braucht, um dazulernen zu können.
Lieben Gruß
elana

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sinnliche
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Beitrag Sa., 08.09.2012, 12:41

elana hat geschrieben:
stern hat geschrieben: Ein leerer Abstinenzraum wär nichts für mich, ich brauche unbedingt Rückmeldungen, um dazuzulernen. Ich las darüber auch in Fachbüchern, dieses absolute Zurücknehmen in der Abstinenzregel ist veraltet, weil der Patient mit abweichendem Verhalten unbedingt Rückmeldungen braucht, um dazulernen zu können.
Ich empfinde das "Abstinentsein" von Theras für MICH als sehr unangenehm, verwirrend, stark verunsichernd. Ich hatte einmal so einen Thera, dort habe ich aufgehört. Als ich dann meine jetzige Thera fand, war ich vollends herzensfroh, denn wann immer "Schweigen" in der Stunde ist, redet sie. Es liegt nie der Druck auf mir, dass etwas "aus mir kommen" muss, oder ich für das Schweigen oder Stocken in der Thera verantwortlich sei. Das gibt es nicht. Es würde mich total stressen, und ich könnte mich überhaupt nicht mehr auf die Gefühle konzentrieren, die in mir sind (was mir ohnehin schwer fällt, da es ja nie erwünscht war - als Kind durfte man Gefühle nicht haben, mitteilen oder wenn man es tat, war es gefährlich).

Alles Liebe
Sinnliche

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Beitrag Sa., 08.09.2012, 12:54

sinnliche hat geschrieben: Ich empfinde das "Abstinentsein" von Theras für MICH als sehr unangenehm, verwirrend, stark verunsichernd.
Geht mir auch so. Übrigens auch meinem Thera. Wenn ich ratlos wirke, dann kommt er richtig aus sich raus. Zuerst hat mich diese emotionale Reaktion sehr erschreckt, aber es zeigt, wie engagiert er ist. Das finde ich wiederum sehr schön.
Lieben Gruß
elana

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