Unterschied zwischen Burnout und Depression

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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münchnerkindl
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Beitrag So., 08.07.2012, 13:24

titus2 hat geschrieben:Die Frage ist doch aber, wieso man überlastet ist? Ich glaube nicht daran, dass massenhaft ansonsten psychisch gesunde Menschen daran leiden,

Also weder meinen Vater noch die Bekannte die als Künstlerin arbeitet würde ich als Menschen beschreiben die psychisch krank oder ernsthaft angeschlagen wären.

Mein Vater hat nur nach der Trennung von meiner Mutter mal therapeutische Hilfe in Anspruch genommen. Er hat in der Firma 35 Jahre gearbeitet und 25 davon waren unproblematisch, die Probleme kamen erst als der Juniorchef der kein Handwerker mehr war sondern Betriebswirtschaft studiert hatte den an sich gesunden Handwerksbetrieb übernommen und ohne jedes tiefere Wissen über die Arbeit die dort anfällt "neoliberal saniert" hat. Mit dem Effekt daß Leute entlassen wurden und es nur noch Ärger gab weil plötzlich verlangt wurde daß er die Arbeit die eben so lange dauert wie sie dauert in der Hälfte der Zeit erledigen soll. Er sogar recht unwirsch dazu angehalten wurde bei der Arbeit zu schlampen damit er die Aufträge schneller durchbekommt.

Als er sich dagegen abgegrenzt hat gab es subtilere Formen des Mobbings.


Und ich möchte den sehen der das mal eben so unbeschadet über sich ergehen lassen kann.

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hope_81
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Beitrag So., 08.07.2012, 13:34

Stellt sich mir die Frage, was ist eigentlich psychisch krank und was gesund?
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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Nico
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Beitrag So., 08.07.2012, 13:37

Womit wir wieder bei der Mutter aller Forumsfragen waeren.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


leberblümchen
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Beitrag So., 08.07.2012, 13:41

Münchnerkindl: Dann wurde dein Vater gemobbt. Das scheint dann das Problem zu sein. Das ist aber erst mal was anderes als ein Burnout.

Nehmen wir zum Beispiel den Beruf des Lehrers: Anstrengend, keine Frage. Nicht für jeden geeignet. Das gilt aber für jeden Beruf. Es ist auch nicht jeder geeignet, LKW-Fahrer, Schreibkraft oder Astronaut zu werden.

Die Frage ist nun, wieso ein 'klassisch geoutburnter' Lehrer nicht sagen kann: "Ich (!) bin mit einem Beruf überfordert, den andere Menschen mit Freude ausüben. Ich hab ein Problem mit den vielen Kindern und den spezifischen Anforderungen". Nein, es sind natürlich die äußeren Umstände - sonst wäre es kein Burnout: Ungezogene Gören, spießiger Direktor, schlechte Bezahlung, desinteressierte oder übereifrige und besserwisserische Eltern usw.

Nun stelle ich mir vor, ich würde irrtümlicherweise ins Orbit geschossen, weil man annimmt (Loriot lässt grüßen), ich sei Astronautin. Da würd ich doch hinterher auch nicht sagen: "Ich hab 'n Burnout", sondern ich würde sagen, dass ICH wegen meiner panischen Ängste absolut nicht fähig bin, als Astronautin zu arbeiten.

Es ist einfach die Frage, WEN oder WAS man für seinen Zustand verantwortlich macht - und ob es einem gelingt, tief in sich zu horchen und zu erkennen, was genau mit einem los ist.

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Nico
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Beitrag So., 08.07.2012, 13:47

Was war uebrigens mit all den anderen Arbeitern in der Firma deines Vaters ?
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münchnerkindl
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Beitrag So., 08.07.2012, 14:10

Nico hat geschrieben:Was war uebrigens mit all den anderen Arbeitern in der Firma deines Vaters ?
Die zwei Drittel die nach der Entlassungswelle übriggeblieben sind haben sich nicht solidarisiert sondern fingen an ihren Frust an den jeweiligen Kollegen auszulassen und jeder hat versucht seine Situation auf Kosten der Kollegen zu verbessern.

Das war nicht so sehr Mobbing im eigentlichen Sinn, sondern der Druck von oben und die Arbeitsüberlastung haben dafür gesorgt daß sich die Firma generell in eine Schlangengrube verwandelt hat.

Das gibts übrigens häufiger. In der Klinik war eine Mitpatientin die ganz ähnliche Effekte als OP Technikerin erlebt hat, nämlich daß Arbeitsüberlastung und Druck von oben zu einem "jeder ist sich selbst der nächste" Effekt bei den Mitarbeitern geführt hat und das alles zusammen irgendwann zum Zusammenbruch führt.

Und was nutzt es da zB zu kündigen wenn es in der Branche überall so ist?

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Nico
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Beitrag So., 08.07.2012, 14:17

Was denn, die sind dann alle zusammengebrochen ?

Und die ganze Branche ist so ?
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münchnerkindl
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Beitrag So., 08.07.2012, 14:56

Nico hat geschrieben:Was denn, die sind dann alle zusammengebrochen ?
Die älteren, langjährigen Kollegen haben alle wie mein Vater die Rente abgewartet und die letzten Jahre bis dahin abgesessen, bei den jüngeren kam es zu einer ziemlichen Fluktuation, aber mit 30 steckt man sowas halt auch noch besser weg als mit Mitte 50, wenn man schon den ersten Bandscheibenvorfall hatte.

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Nico
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Beitrag So., 08.07.2012, 15:10

Bandscheibenvorfall ?
Das hat aber nix mit Arbeitsklima und Burnout zu tun.
Dann war dein Vater also der Einzige der Aufgrund der Vorfaelle im Betrieb Burnout bekam ?
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debussy
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Beitrag So., 08.07.2012, 15:37

außerdem glaube ich, dass wenn privat alles passt, hat man so einen großen puffer, dass es zu einer überbelastung im beruf gar nicht erst kommt.
1. ist die belastungsfähigkeit höher
2. steigt die bereitschaft (weil rückhalt) eine veränderung herbeizuführen

münchnerkindl: wenn die rahmenbedingungen passen, dann kann man doch was machen BEVOR die überbelastung eintritt.
vielleicht hätte sich dein vater auch frühzeitig gedanken machen können, was wäre wenn? denn so einzigartig ist das nicht, was du mir da beschreibst.

also dürfte schon was dran sein, dass das burnout eine willkommene ausrede dafür ist, dass alle anderen schuld sind.
zuerst wird man geschunden dann gemobbt.

und wenn man in der völligen passivität verharrt, dann ist die ohrfeige der realtät schwer zu ertragen. es ist wie eine narzisstische kränkung, die einen in die knie zwingt.

schau dir die piloten der aua an:
ein teil ist nach der gehaltsherabsetzung geblieben, ein teil hat die 7 sachen gepackt und - tschüss!

ja, ich bin mir sicher, dass es in unseren ländern schreckliche betriebe gibt. aber eine stabile persönlichkeit gibt sich das nicht. das mag sehr amerikanisch klingen, aber ich bin davon überzeugt, dass wenn man seinen job gerne macht, immun gegen burnout (whatever) ist.

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Nico
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Beitrag So., 08.07.2012, 15:57

debussy hat geschrieben:
ja, ich bin mir sicher, dass es in unseren ländern schreckliche betriebe gibt. aber eine stabile persönlichkeit gibt sich das nicht.
Genau so ist es !
Es steht jedem frei STOP zu sagen wenn von ihm mehr verlangt wird als er zu leisten faehig oder bereit ist.
Nur muss man halt auch so stabil und gefestigt sein, die Konsequenzen dieser Weigerung zu tragen.
Anderen Arbeitgeber suchen, umlernen oder eben kleinere Broetchen backen. Nicht ueberall der Beste, Schnellste und Coolste sein muessen usw.
Es gibt unzaehlige Moeglichkeiten dem Burnout vorzubeugen, aber es liegt halt an jedem einzelnen selbst.
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münchnerkindl
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Beitrag So., 08.07.2012, 15:57

Nico hat geschrieben: Dann war dein Vater also der Einzige der Aufgrund der Vorfaelle im Betrieb Burnout bekam ?
Naja, ein "aggressiverer" Kollege hat den Frust halt an ihren Kollegen ausgelassen und sich durch Schleimen beim Chef eine bessere Positionen verschafft. Ein paar jüngere sind freiwillig gegangen. Bei den anderen kam es wohl zu vermehrtem Alkoholkonsum und Krankenständen.

Frustriertes Geschimpfe gab es wohl von allen Seiten, aber da Arbeiter und Handwerker der Nachkriegsgeneration im allgemeinen nicht vor Kollegen über Gefühle reden denke ich nicht daß da irgendwer sich über seine Burn Out Symptome ausgelassen hat.

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münchnerkindl
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Beitrag So., 08.07.2012, 16:02

debussy hat geschrieben: ja, ich bin mir sicher, dass es in unseren ländern schreckliche betriebe gibt. aber eine stabile persönlichkeit gibt sich das nicht. das mag sehr amerikanisch klingen, aber ich bin davon überzeugt, dass wenn man seinen job gerne macht, immun gegen burnout (whatever) ist.
Mein Vater hat diese Arbeit immer gerne gemacht.

Und was soll das mit dem "gibt sich nicht"? Meinst du allen Ernstes ein Handwerker mit Mitte 50, der schon einen Bandscheibenvorfall hinter sich hat und dadurch Einschränkungen, der lange Jahre in einem recht spezialisierten Bereich gearbeitet hat bekommt dann noch einen anderen, besseren Job bei einer besseren Firma?

Die Leute die in so einer Situation bleiben tun dies doch nicht weil sie zu faul oder feige sind sich was besseres zu suchen.


leberblümchen
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Beitrag So., 08.07.2012, 16:03

Naja, "es steht jedem frei" würd ich so auch nicht sagen. Es KANN eben nicht jeder so für sich sorgen, dass bestimmte Überlastungen spurlos an einem vorbeigehen. Aber dennoch bleibt es dabei: Die Ursachen liegen woanders.

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Nico
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Beitrag So., 08.07.2012, 16:04

Ein Arbeiter der ueber seinen Chef nicht schimpft ist sowieso von Haus aus krank.
Das wuerde ich also nicht als Indikator fuer das Arbeitsklima heranziehen.
Ui vermehrter Alkoholkonsum wegen dem poesen poesen Chef, ha das ist mir nichteinmal in meiner besten Saufzeit als Begruendung eingefallen, jetzt wirds lustig.
Sorry Muenchnerkindl, aber deine Schilderungen empfinde ich als nicht gerade realistisch.
Gibts den Betrieb eigentlich noch ?
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