titus2 hat geschrieben:Es hat nichts mit Floskeln zu tun, wenn man erwartet, dass das, was der Patient in die Stunde bringt, ernst genommen wird, ggf. gedeutet wird oder mindestens hinterfragt wird, d.h., man muss sich als Therapeut schon damit auseinander setzen. Und dann kommt man womöglich zu dem Schluss, dass man dem, was der Patient gesagt oder getan hat, eben therapeutisch ganz anders begegnen sollte als Otto Normalverbraucher mit seinen tollen Ratschlägen oder mit seinem abwertenden Verhalten.
Natürlich sind es i.d.R. keine Floskeln, wenn jemand ernst genommen wird, etc. Sondern das kann durchaus super-echt sein. Und damit ist's auch im grünen Bereich.
Wenn aber "ganz anders" heißen soll: Ich bin zwar gerade verärgert und tue mal "lieb und nett" ... dann hm... dann gilt für mich das oben gesagte, sprich: Das ist dann eben nicht sonderlich echt. Punkt. Muss jeder selbst wissen, wie er mit unechten Aussagen klar kommt... iss aber nicht für jeden Patient etwas.
Vielleicht ist es manchmal kränkend, herausfordernd oder irgendwie seltsam, was ein Patient äußert. Damit sollte man in der Therapie aber anders ausgehen als außerhalb.
Mit echt meine ich nicht, sich wie im Freundeskreis oder sonstwo außerhalb verhalten... sondern schlichtweg: echt so gemeint wie therapeutisch gesagt.
Rilke hat geschrieben:Wenn es darum geht, dass sich ein Therapeut der Patientin scheinbar nähert, ist man sich hier im Allgemeinen einig, dass der Therpeut seine eigenen positiven Gefühle der Patientin gegenüber aus der Therapie gefälligst rauszuhalten hat.
Nee... auch das widerspricht meiner Präferenz, wie strikte Abstinenz im allgemeinen (Abstinenz hier gemeint im Sinne von: Gegenübertragung möglichst raushalten). Natürlich will ich nicht Liebensbekundungen hören, nicht dass ich falsch verstanden werde . Aber wenn ein Thera z.B. sagt, er freut sich, dass xy... dann möchte ich mich darauf verlassen können, dass dem wirklich so ist... und das nicht schlichtweg so gesagt wird, um mir etwas gutes zu tun (oder es eine korrigierende Erfahrung geliefert werden soll) - es in Wirklichkeit aber nicht so empfunden wird, sondern ganz anders.
Oder in anderen Worten: Die Reaktion sollte dann schon zur Gegenübertragung kohärent sein . Wäre sie das nicht, dann lieber gar nix äußern als irgendetwas zu äußern, das nur einen therapeutischen Zweck erfüllen soll, aber nicht echt ist. Ich bin nämlich kein Pawlowscher Hund.
Echtheit und Therapie sind für mich auch keine Gegensatzpaare, sprich: Ich verbinde mit Echtheit jetzt auch nicht Trampeltierverhalten und null-Einfühlungsvermögen-aber-Hauptsache-irgendwelche-Küchentischpsycholgische-Ratschläge-hingeknallt, wie'S im Alltag manchmal erlebt wird. Und wie gesagt: die Reaktion des Theras würde ICH wie oben geschilderte interpretieren... dass er gerade dazu herausgefordert wurde, seine Unlust zu äußern (muss aber nicht so sein... wäre aber eine Sichtweise).