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Di., 06.12.2011, 23:04
Mal eine Frage, Letterlove: Wenn jemand dir einen Film "schmackhaft" machen wollen würde, also wollen würde, dass du dich für diesen Film interessierst, ihn sogar liebst... würde es bei dir funktionieren, wenn die Person sagt: "Also dieser Film ist schrecklich, er ist unausgereift, hat einen schlechten Plot, die photografische Arbeit ist unter aller Würde, die Charaktere unglaubwürdig, er ist viel zu lang und es tut sich im Grunde überhaupt nix... und die Dialoge sind völlig flach."
Ich habe den Eindruck, du siehst dich selber in einem sehr schlechten Licht. Du willst, dass man dich (also den "Film") liebt, aber in allem siehst du dich schlecht. Du siehst dich als hässlich an, als Opfer, als jemand, der nicht mehr für sich einstehen möchte, sondern nur noch gerettet werden. Nur: ein Retter und ein Partner sind zweierlei. Eine Partnterschaft, in der einer von Anfang an gerettet werden muss, sich fallen lassen will, im Anderen den Starken sucht um selber schwach sein zu dürfen, ist von vornherein eine sehr ungleiche Angelegenheit. Auf diese Weise, als Opfer, wirst du nur einen Täter finden, der darauf einsteigt, weil ein anderes Opfer würde von dir gerettet werden wollen und ein "gesunder" Mensch lässt sich auf solche Abhängigkeitsverhältnisse aus Selbstschutz nicht ein. Und im Endeffekt hast du dann exakt das, wovor du dich fürchtest - was du ablehnst.
Du musst lernen, dich selber zu respektieren. Es klingt furchtbar wenn ich das sage, aber wir SIND nun einmal alleine. In unserem Kern, egal ob verheiratet, verliebt oder auf einer einsamen Insel, zunächst sind wir, als Menschen, in uns, alleine, und niemand wird je WIRKLICH verstehen können wie wir sind, wie es uns geht. Jemand anderer kann es, in seiner Gefühlssprache nachfühlen, aber dann ist es immer noch seine Version, seine Sicht. Insofern kann man von einem Anderen nicht etwas verlangen, was man sich selber nicht geben kann. Man wird immer enttäuscht sein, es wird nie das sein, was wir wünschen - oder wir verdrehen uns völlig, um fünf gerade sein zu lassen. Der einzige Mensch der uns, völlig unabhängig von allen Umständen, allen Gegebenheiten, respektieren kann, lieben kann, für sich sorgen kann, ist man selber. Und wir haben auch die Pflicht das zu tun. NIEMAND sonst. Und sofern wir eine erwachsene Partnerschaft wollen, indem man auf gleicher Augenhöhe ist, gegenseitiger Respekt herrscht, ist es notwendig, sich erst einmal auf dieser Ebene zu finden. Oder das zumindest zu verstehen und nicht vom Partner erwarten, dass er etwas auffüllt, das wir uns selber nicht gönnen. Wenn fünf potentielle Partner da stehen, und wir suchen uns einen davon aus, wonach wählen wir ihn? Danach ob er uns rettet (und damit auch die eigene Handlungsfreiheit beschneidet?) oder jenen, der uns ermutigt seine Sache SELBER zu erledigen, anzugehen.
Natürlich kann man mit jeder Unsausgeglichenheit Partnerschaften eingehen, passiert ständig. Aber diese sehen entsprechend aus.
Es gibt viele Stars in Film und Fernsehen, die alles andere als schön sind, dennoch aber zu sich stehen, Karriere machen, sich mit allem was sie an Talent zu bieten haben einsetzen. Und wieder andere, die schön sind, denen der Weg durch viel Glück geebnet ist, aber die sich selber so hassen, dass sie tief stürzen.
Es ist, denke ich, für jeden Menschen normal, sich mal nicht ausstehen zu können, auch, sich mal zu hassen, über sich wütend zu sein oder zu trauern. Aber das darf nicht chronisch werden. Und dann ärgerst du dich eben mal, wenn du die Stufen hochkeuchst, darüber, dass du zugenommen hast oder kriegst mal den Hass wenn du auf die Waage steigst, aber das sollte nie mehr als ein Moment sein - eher anspornen, das Gleichgewicht wieder herzustellen. Der kurze Hass die Motivation geben, danach zu suchen, wie du wider liebevoller zu dir wirst, die Wut kann man gut in Motivation verwandeln, sich selber voran zu treiben etwas zu tun, für das man sich auch loben kann.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]