Männlicher oder weiblicher Therapeut?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Ulrich
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Beitrag Do., 07.11.2013, 18:54

Solage hat geschrieben:
Krankenkassen zahlen ja psychoanalytische Therapien.
Gesetzliche Krankenkassen gaben im Jahr 2011 nur 0,76 % ihres Gesamtbudgets für PT aus. An diese Zahlen war nicht leicht ranzukommen.
Solage hat geschrieben: Du hast erwähnt, dass Du schon zweimal abgewiesen wurdest. Wie wurden diese Ablehnungen begründet?
Ich wurde von zwei Therapeuten schon am Telefon abgewiesen. Von vier weiteren nach bzw. im Erstgespräch. Begründet hat es nur einer, d.h. eine. Sie sagte, mein Problem sei ihr zu breit.
Solage hat geschrieben:
Was hast Du in den Eingangsgesprächen erzählt? Vielleicht haben die Ablehnungen damit etwas zu tun.
Ich hab das erzählt, was man halt so erzählt, wenn man gefragt wird, "Was hat Sie zu mir geführt?" Ich weiß ja mittlerweile warum ich von "Analytikern" abgewiesen werde, und von VT nicht: erstens sind die AP-Therapieplätze rarer, d.h. wird stärker gesiebt. Nur die besten Patienten schaffen es bis in Behandlung. Zweitens, ich bin Selbstanalytiker und das ist für sie nicht zu verstehen, wie jemand, der sich selbst analysieren kann trotzdem eine PA (d.h. AP/TP) machen will. Denn in deren Augen ist ja das wichtigste Ziel der analytischen Behandlung die Fähigkeit zur Selbstanalyse herzustellen. Aber ich finde, die Fähigkeit zur Selbstanalyse ist erst der Anfang.
Solage hat geschrieben: An anderer Stelle hast Du geschrieben, dass Du zu Deiner damaligen Verhaltenstherapeutin eine starke Übertragung entwickelt hast. Dass Du Dich von dieser Übertragung erst Jahre später nach der Therapie lösen konntest. Habe ich das so richtig in Erinnerung?
Das kann ja auch mit ein Grund sein, mit Analyse vorsichtig zu sein.
Ja. Die Übertragung wird bei mir durch die Bestimmungen der gesetzlichen Kassen verschärft. Denn sie verlangen, dass man sich nach spätestens acht Sitzungen für einen Therapeuten entscheidet und dann bis zu 300 Stunden bei ihm bleibt. Nach acht Stunden hat man ein gutes Gefühl oder ein schlechtes. Hat man ein schlechtes, kann man bis zu vier weitere Therapeuten "ausprobieren". Ich hab nach all den Absagen schon in der ersten Stunde ein schlechtes Gefühl.

Ich hab aber bei EINEM auf gute Laune gemacht, und bei dem ich bis in die zweite Sitzung gekommen. Bei den anderen TherapeuteutINNEN habe ich schon in der ersten Sitzung meine Depression raushängen lassen und die haben mich sofort abgewiesen. Es spricht also einiges für die These, dass Kassentherapeuten nicht so gern "schwere Fälle" in Behandlung nehmen. Der Grund ist, dass sie sicher sein müssen, dass der Patient die genehmigten Stunden auch tatsächlich durchhält.

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Tränen-reich
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Beitrag Do., 07.11.2013, 19:40

Ulrich hat geschrieben:Bei einem männlichen Therapeut wird man sich wohl immer eher wie beim Vater fühlen. Und bei einer Frau immer so ähnlich wie bei der Mutter.
Genau das hat mir meine Thera erst neulich auch so gesagt. Ich spüre schon die Mutter-Übertragung. Aber bei meinem Ex-TherapeutEN da war irgendwie beides. Er hat das mal mit einer Frage abgecheckt nach einer bestimmten Situation zwischen uns beiden, die auf meine Mutter und mich zutraf, gleichzeitig nahm er die Rolle "des Mannes" als Therapeut für mich an. Diese stand dann im Fokus... Zuletzt war es halt so, dass ich sagte "ich möchte nicht wie meine Mutter sein....alle haben mir in der Familie gesagt, so einen Mann wie deinen Vater findest du nicht"... Nun, mein Thera sagte daraufhin "einen Mann wie der Papa den gibt es nicht mehr und wenn Sie nicht wie ihre Mutter sein wollen, dann wir das hier mit uns eine ziemlich lange Zeit hier werden"... Von der TfP zur Anaylse wohl...

Im Grunde geht es in Analysen im Großen und Ganzen eher häufig auf eine Mutter-Übertragung zu, auch wenn da mal ein Mann vor einem sitzt. Die Bedeutung der Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Lebensjahren ist zunächst größer, in dieser Phase erfährt man das Stillen der Grundbedürfnisse...
Richtig einsehen mag ich es dennoch nicht, obwohl ich andererseits schon sehr sehr viel darüber gelesen habe: ich sehe meinen Ex-TherapeutEN immer noch als DEN Mann, den ich so gerne gehabt hätte und zwar als Mann und nicht irgend einen Papa-Ersatz.... und wenn meine Thera mir mit der Übertragungstherorie usw. kommt, geht mir das schon ziemlich auf den Keks, da werd ich dann schon mal agro - ich liebe meinen Ex-Thera ganz anders.....und ich kanns auch einfach nicht mehr hören....
Ulrich hat geschrieben:In Büchern wird zwar oft behauptet, dass man auf einen männlicher (weiblichen) in gleicher Weise auch Aspekte der Mutter-Kind-Erfahrung (Vater-Kind) Übertragung-übertragt, aber ich frage mich wie das gehen soll.
Doch, ich denke schon, dass das geht....
Ulrich hat geschrieben:Vielleicht müsste man nacheinander, um die Beziehungen zu beiden Elternteilen aufarbeiten zu können, nacheinander oder abwechselnd zu einem männlichen und zu weiblichen Therapeut gehen.
Das wäre mE gar nicht nötig....
Im Grunde spiele ich mein gleiches Verhaltensmuster auf meine Thera wie schon bei meinem Ex-Thera. Auch die Therapeuten-Seite reagiert ähnlich oder wirft ähnliche Fragen auf. Also es war/ist fast ein 1:1-Erlebnis... nur der einzige Unterschied ist: da fehlt die erotische Komponente in einer gleichgeschlechtlichen Begegnung....

Mein immer noch verliebtes Gefühl zu meinem Ex-Thera wäre wahrscheinlich eher abgeflaut, wenn ich nicht Therapie fortgeführt hätte... denn, so denke ich, ist ER mein Schutz vor den anderen "da draußen" und somit auch vor meiner jetzigen Therapeutin....Er ist mehr Thema, als sie und ich. Ich merke manchmal selbst, dass ich mich da im Kreis drehe, aber ich kann nicht und 'ich kann nicht' heißt ja immer: ich will nicht .......aber ich WILL DOCH!!!!!(?)!!!!!!!(?)!!!!!(?)
Jetzt bin ich wieder an meine Verzweifelung geraten....
Abgebrochen habe ich die Therapie, weil ich der Therapeutin davon erzählt habe, dass ich die Übertragung auf sie zuhause schriftlich analysiere.
Ulrich hat geschrieben:Sie war nicht einverstanden damit. Ich hab mich dann gefügt, und damit aufgehört. I
Aber ein Abbruch, so erinnere ich mich, ist irgendwie: vor "etwas" weglaufen - oder?

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Ulrich
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Beitrag Do., 07.11.2013, 23:39

Tränen-reich hat geschrieben: Aber ein Abbruch, so erinnere ich mich, ist irgendwie: vor "etwas" weglaufen - oder?
Das ist generell mein Problem, dass ich vor Beziehungen weglaufe. Sie sind mir einfach zu unangenehm. Irgendwie zu peinlich. Ich schäme mich dafür ein Mann zu sein. Ich hatte bei dieser Therapeutin sexuelle Gefühle. Sie war attraktiv. Zu meinem Geburtstag hatte sie einen Minirock an, sonst hatte sie immer weite Hosen an. Ich reagiere manchmal ziemlich intensiv auf sexuelle Reize. Du bist ja auch ganz hübsch. Zurück zu der Therapeutin. Es war ihr vielleicht gar nicht bewusst, dass an dem Tag mein Geburtstag war. Sie machte mit dieses "Geschenk" entweder unbewusst (unbewusst motiviert) oder es war nur ein dummer Zufall. Es gab auch noch andere Gründe für den Abbruch. Sie war einfach zu stur. Ich allerdings auch. Wenn zwei Leute aufeinander treffen, die sich nicht fügen wollen, dann funktioniert das nicht. Ich denke, Therapeuten fügen sich dem Willen oder den Wünschen des Patienten höchst selten. Sie agieren, meiner Meinung nach das Verhalten ihrer Mutter aus, die auf ihren Befehlen bestand. Natürlich ist das in der Verhaltenstherapie mehr ausgeprägt. Bei analytischer Therapie muss man unterscheiden zwischen klassischen und objektbeziehungstheoretischen Analytikern. Die klassischen A. bringen Deutungen vor und bestehen darauf, dass man sie annimmt. Wenn sie stimmen, ist dagegen ja auch nichts einzuwenden. Die objektbeziehungstheoretischen Analytiker sind mehr oder weniger wieder zu den Anfängen der Psychoanalyse zurückgekehrt, was die Haltung zur Selbstkatharsis des Patienten betrifft. Allerdings scheinen sie diese mehr zu behindern als zu fördern. Denn wie ist es sonst zu erklären, dass Therapien immer länger dauern? Rein äußerlich machen sie das gleiche wie bei Anna O. Aber die Kommentare sind anscheinend nicht so hilfreich wie bei Anna O. (der ersten psychoanalytischen Patientin). Wer sich auf der Couch selbst analysiert ist auf Kommentare des Zuhörenden angewiesen. Sie sind dann am hilfreichsten, wenn sie anteilnehmend sind, aber nicht zu sehr.

Es ist schwierig in einer therapeutischen Beziehung zu erkennen, was Übertragung ist, und was real ist. Durch die Übertragung wird der Therapeut sowohl zu einem Vater- wie auch Mutterersatz. Er holt dann etwas nach, wozu der Vater und die Mutter des Patienten nicht fähig waren: Liebe zu geben. Jedenfalls in der Objektbeziehungstheorie bzw. Selbstpsychologie. Das Problem bei dem Ersatzvater und Ersatzmutter-Sein ist, dass man die Gefühle zu diesem "Ersatzvater und Ersatzmutter in einer Person" vielleicht nie mehr los wird. Der Therapeut wird dann so zu einer Art wichtigstem Familienmitglied, verlangt aber weiterhin seine Bezahlung, und treibt es auch mit anderen Patienten, für die er das gleiche bedeutet. Moderne Analytiker halten vom Ödipuskomplex deshalb nichts, weil sich damit dieses neurotische Patient-Therapeut-Liebesverhältnis so gut auflösen lässt. Statt dessen beschäftigen sie sich lieber mit Babysachen.

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Tristezza
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Beitrag Fr., 08.11.2013, 08:16

Ulrich, ich lese schon seit einiger Zeit deine Ergüsse über die Psychoanalyse mit und wundere mich etwas, dass noch niemand eingeschritten ist, der, wie ich, selbst PA macht bzw. sich damit gut auskennt. Du hast selbst noch nie PA gemacht, weißt aber scheinbar genau, wie sie funktioniert ... Vieles, was du schreibst, ist meines Wissens richtig, manches sind Halbwahrheiten und andere Behauptungen geradezu absurd (wie: "Moderne Analytiker halten vom Ödipuskomplex deshalb nichts, weil sich damit dieses neurotische Patient-Therapeut-Liebesverhältnis so gut auflösen lässt"). Ich fände es wichtig, gerade auch für User, die noch gar keine Kenntnisse in dem Bereich haben, das, was du über PA schreibst, zu relativieren, indem du es als deine persönlichen, trotz aller Lektüre und Selbstanalyse letztlich laienhaften Gedanken kennzeichnest.
Trotzdem danke aber für manchen sehr wahren Satz wie : "Der Therapeut wird dann so zu einer Art wichtigstem Familienmitglied, verlangt aber weiterhin seine Bezahlung, und treibt es auch mit anderen Patienten, für die er das gleiche bedeutet."

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leberblümchen
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Beitrag Fr., 08.11.2013, 09:07

Doch, Tristezza, ich hab dazu auch schon mal was gesagt - und zwar so ähnlich wie du : Vieles ist richtig, aber es ist nicht dasselbe, es selbst zu erleben. Denn erst durch die eigene Erfahrung würden Ulrichs Gedanken lebendig. Wenn man das alles in der Theorie vorm heimischen PC erledigen könnte, bräuchte man keine Lehranalyse.

Ich hätte auch nie gedacht, wie groß der Unterschied zwischen "ich weiß ja eigentlich schon fast alles" und "ach, du schei.ße, wie konnte das passieren" ist.

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Ulrich
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Beitrag Fr., 08.11.2013, 09:30

@Tristezza

Die Unbeliebtheit des Ödipuskomplexes bei modernen Analytikern wirst du nicht abstreiten können. Man sieht das eher als Mythos und nicht als Teil eines ernstzunehmenden Behandlungskonzepts (das ist ein Skandal, wenn man bedenkt, dass sie sich auf Freud berufen). Die Frage ist, wieso sie die Zweigeschlechtschlechtlichkeit der Eltern ignorieren und sich statt dumpf auf die Frühzeit konzentrieren über die sich ja ohnehin seriös nichts herausfinden lässt. Die Kindheit wird von der Behandlungssituation aus konstruiert. D.h. man stutzt die Vorgeschichte (Kindheit) des Patienten auf die Belange der Behandlungssituation zurecht. Heinz Kohut, einer der "angesehensten" Freud-Überwinder schaute in der Kindheit überhaupt nicht mehr nach, sondern ging blind davon aus, dass in der Kindheit zu wenig Liebe von den Eltern gekommen ist, und er möchte diese Liebe nachliefern. Ich finde diese Liebesdienste peinlich. Wenn es wenigstens funktionieren würde. Nun gut, bei manchen Leuten funktioniert es vielleicht, wenn man sie von oben bis vollschleimt und ihnen das Gefühl gibt, was besonderes zu sein, solange sie nur regelmäßig Geld abdrücken (macht wohl auch süchtig). Leute wie Kohut haben aus der Psychoanalyse etwas gemacht, dass mit Analyse nichts mehr zu tun hat. Freud wird nur noch verwendet, um Patienten anzulocken, und um gegenüber den Krankenkassen Wissenschaftlichkeit vorzutäuschen (ich weiß, dass Freud von vielen nicht als Wissenschaftler angesehen wird, aber zumindest hat er eine äußerst komplexes theoretisches System, bestehend aus Entwicklungspsychologie, Behandlungstechnik und dazu passender Kulturphilosophie entwickelt).

Krankenkasse: wie kommt es, dass die gesetzlichen Krankenkassen weniger als 1 % ihres Gesamtbudgets für PT ausgeben? (Zahlen von 2010). Wenn moderne PT etwas wäre, was Kosten für stationäre psychiatrischen Behandlung und Psychopharmaka reduziert, dann würden sie sicher mehr dafür ausgeben. Ich weiß nicht, ob ich grundsätzlich was gegen PT habe, aufgrund "charakterlicher Defekte". Sollte dies so sein, so muss das ja nicht heißen, dass meine Kritik in allen Punkten unbegründet sein muss.

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Tristezza
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Beitrag Fr., 08.11.2013, 12:20

Ich könnte jetzt einiges zu deinen Thesen schreiben, lasse es aber, weil es sich zu weit vom Thema des Blogs entfernen würde. Natürlich ist an deiner Kritik auch was dran, das habe ich nicht bestritten. Was mich gestört hat, ist die Darstellungsweise, die den Eindruck entstehen lässt, als handle es sich bei deiner Meinung um die Wahrheit schlechthin.


pandas
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Beitrag Fr., 08.11.2013, 15:47

Ulrich hat geschrieben:ich weiß, dass Freud von vielen nicht als Wissenschaftler angesehen wird, aber zumindest hat er eine äußerst komplexes theoretisches System, bestehend aus Entwicklungspsychologie, Behandlungstechnik und dazu passender Kulturphilosophie entwickelt.
Ein solcher Entwurf allein hat aber nichts mit Wissenschaftlichkeit zu tuen.
Denn der Entwurf von Freud ist eben empirisch nicht haltbar.

Zum Beispiel werden in der Medizin Behandlungstechniken beständig weiterentwickelt und die alten verworfen ...

Zum Beispiel wäre Einstein ebenfalls kein Wissenschaftler, wenn die Glühbirne eine coole Idee gewesen wäre, aber leider kein reales Licht hervorgebracht hätte ...
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Ulrich
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Beitrag So., 10.11.2013, 15:42

@Pandas

Und welche Theorie bevorzugst du? Ach ja, ich hab vergessen, du glaubst an Wissenschaft.


pandas
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Beitrag So., 10.11.2013, 15:56

Ulrich hat geschrieben:@Pandas

Und welche Theorie bevorzugst du? Ach ja, ich hab vergessen, du glaubst an Wissenschaft.
Ich glaube, dass es nicht DIE Wissenschaft gibt. (Ein solcher Umstand würde jegliche Wissenschaft obsolet machen.)

Ansonsten brauche ich keinen Glauben, um meiner Neugierde auf Erkenntnisse und Bewandnisse über und in der Welt nachzugehen.
Mein Glaube erfüllt mich in anderer Weise.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Ulrich
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Beitrag So., 10.11.2013, 16:12

Tristezza hat geschrieben:Ich könnte jetzt einiges zu deinen Thesen schreiben, lasse es aber, weil es sich zu weit vom Thema des Blogs entfernen würde. Natürlich ist an deiner Kritik auch was dran, das habe ich nicht bestritten. Was mich gestört hat, ist die Darstellungsweise, die den Eindruck entstehen lässt, als handle es sich bei deiner Meinung um die Wahrheit schlechthin.
Schade, dass du nicht mehr darüber schreiben möchtest. Ich denke schon, dass es was mit dem Thema des Threads zu tun hätte. Und falls nicht, auch nicht schlimm. Das passiert in Threads doch oft, dass sich die Diskussion in eine andere Richtung entwickelt. Ich weiß, manche Moderatoren sehen das nicht gern.

Zu meiner Darstellungsweise: Wie würdest du es schreiben? Würdest du jeden Satz mit "Ich halte es für möglich, dass...." oder "Ich bin mir nicht sicher, aber ....". Solche Floskeln kosten nur Zeit und Energie. Außerdem stören sie beim Lesen. Wenn du magst kannst du sie dir dazudenken, wenn du meine Beiträge liest.

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Ulrich
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Beitrag So., 10.11.2013, 16:44

pandas hat geschrieben:
Ich glaube, dass es nicht DIE Wissenschaft gibt. (Ein solcher Umstand würde jegliche Wissenschaft obsolet machen.)
Die Art wie du Einstein heranziehst, um Freud wie einen Scharlatan dastehen zu lassen, zeigt aber meiner Meinung nach, dass du durchaus an DIE Wissenschaft glaubst.

Hast du dich jemals ernsthaft mit Freuds Lehren beschäftigt? Warum lehnst du es ab? Weil es dir nicht gefällt oder weil es schon so alt ist? Oder findest du, dass es die Beobachtungen(an kleinen Kindern und Patienten) die als Grundlage für seine Theorien dienen gar nicht gegeben hat? Oder denkst du, dass er diese Beobachtungen zwar gemacht hat, aber dass er falsche Schlüsse daraus gezogen hat? Bist du dir sicher, dass es nicht der Widerstand gegen das Verdrängte es ist, der dich dazu bewegt Freud pauschal abzulehnen?
pandas hat geschrieben: Ansonsten brauche ich keinen Glauben, um meiner Neugierde auf Erkenntnisse und Bewandnisse über und in der Welt nachzugehen.
Freud war auch sehr neugierig. Aber er brauchte dazu einen Glauben (den Glauben an die Wissenschaft).
pandas hat geschrieben: Mein Glaube erfüllt mich in anderer Weise.
Du glaubst also doch an was. An was denn? An moderne Psychotherapie, die Freud zwar als Maskottchen benutzt, aber seine Theorien größtenteils ablehnt? Ich rede natürlich von Psychoanalyse und den davon abgeleiteten Verfahren Analytische Psychotherapie und Tiefenpsychologisch F. PT. Die Verhaltenstherapie lehnt Freud rundweg ab und möchte nicht, dass man denkt, sie hätte mit Freud irgendwas mit seinen Lehren zu tun.

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Solage
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Beitrag So., 10.11.2013, 16:53

@Ulrich

Es gibt von Onfray ein "Anti Freud" Buch. Das ist sehr kritisch.
Ich neige immer dazu mir mehrere Meinungen anzuschauen um dann meine eigene Meinung zu bilden.
Lese gerne auch gegensätzliche Meinungen zu bestimmten Themen.
Vielleicht interessiert Dich ja das Thema Freud aus einem anderen Blickwinkel auch.
Ich sende Dir mal einen Link:

http://www.3sat.de/page/?source=/kultur ... index.html

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Ulrich
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Beitrag Mo., 11.11.2013, 08:59

@Solage

Ich kenne das Buch. Ich kann den Autor gut verstehen. Mit ging es eine Zeitlang ähnlich. Nachdem ich mir selbst geholfen hatte, indem ich Freud las, kam es zu einem Umschwung. Ich las noch weitere Sachen von ihm, die mich enttäuschten, insbesondere "Jenseits des Lustprinzips". Dann versuchte ich auch noch den Rest von ihm zu lesen, was mir nicht gelang (war einfach zu viel). Was mich außerdem enttäuschte war das Gefühl, mit meinem Verständnis der freudschen Lehre ziemlich allein zu stehen. Onfray schildert, wie enttäuschend es für ihn war, mit seiner Freud-Begeisterung ziemlich allein zu stehen und von Psychotherapeuten ignoriert zu werden (ich meine damit nicht, dass er versuchte in Behandlung zu kommen). Das war wohl einer der Gründe, wieso er sich von Freud abgewendet hat. Diejenigen, die in der Gesellschaft gemeinhin als seine Nachfolger angesehen werden, haben insgeheim gar kein Interesse für seine Lehren und betrachten sie als Märchen oder Schwachsinn. Onfray entwickelte gegenüber diesen "Söhnen" Freuds vielleicht ein Gefühl des Neides und der ungerechtfertigten Zurücksetzung ihnen gegenüber. Er, der Freud besser verstand und mehr liebte als sie wurde von ihnen nicht als Mitglied der psychoanalytischen Gemeinschaft anerkannt. Das geht mir natürlich auch so. Aber ich habe gelernt mit dieser Enttäuschung umzugehen, und betrachte sie und mich als Nachfolger Freuds, bloß folgen sie Freud auf eine andere Weise als ich. Sie agieren aus, ich denke nach. Natürlich denken auch viele von den "offiziellen" Nachfolgern nach. Dies lässt aber im Laufe der beruflichen Tätigkeit nach, und das wird dann als "Reife" angesehen.

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Solage
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Beitrag Mo., 11.11.2013, 21:32

@Ulrich

Letztlich ist die Psychoanalyse nach Freud auch nur eine Theorie. Diese ändert sich auch mit dem Zeitgeist.
Wie in der Wissenschaft werden doch immer wieder neue Erkenntnisse gewonnen, diese werden dann wieder verworfen usw.
Irgendwie ist man als Patient auch dem ausgeliefert, was angeboten wird. Ob dies der Wahrheit letzter Schluss ist....?.

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