Bezogen auf Dein Beispiel, ja.Nitrat hat geschrieben:(...) War es das, was Du meintest?
Genau. Ein solches Argument würde im Endeffekt rechtfertigen, alle Schuld der Welt auf sich zu laden, aber auch nur, um keine Schuldgefühle darüber zu empfinden, eine "heiße Kartoffel" weiterzureichen, die man selbst nie gekocht hat und die man selbst nie beabsichtigte, zu essen. Durch die vermeintliche Maximierung des eigenen Verantwortlichkeitsbereichs (Ausdehnung auf die Eltern) wird ja jede echte Fähigkeit, tatsächlich Verantwortung (für sich) zu übernehmen, negiert, weil durch die Maximierung im Grunde das eigene Individuum negiert wird, weil dessen Grenzen (der Verantwortlichkeit) negiert werden (und es nicht mehr Kind sein darf, nie Kind sein durfte, und schließlich nie Kind war im "virtuellen Rückblick"). Und das wiederum macht tatsächliche individuelle Verantwortlichkeit (als Erwachsener) unmöglich, da ja gar nicht mehr festgestellt werden kann, ob man nun Kind oder Erwachsener ist bzw. verantwortlich oder nicht verantwortlich.Nitrat hat geschrieben:Unter anderem deswegen: Wenn man jemandem erfolgreich die Schuld zuweisen konnte (richtigerweise oder nicht), braucht man sich mit der Problematik nicht weiter zu beschäftigen.
"Heisse Kartoffel"--> schnell weitergeben.
So wird man aber weder der objektiven Verantwortung, noch der objektiven Schuld (welche es auch gibt) gerecht.
Das Problem ist, daß Fremd-Aggression - Wut, Zorn auf definitiv schuldige Menschen - in unserer Gesellschaft sehr oft pathologisiert wird. Dadurch werden Heilprozesse verlangsamt oder gänzlich unmöglich gemacht. Das wird vor allem dann problematisch, wenn sich Traurigkeit als Wut und Wut als Traurigkeit manifestiert, denn genau solche Versteckspiele können aus Angst vor Wut-Sanktionen nicht mehr entwirrt werden. Wut muß zugelassen werden können, ebenso wie Traurigkeit. Allein schon, um zu erkennen, was was ist.Nitrat hat geschrieben:(...) Leider trägt Zorn nicht zur Klärung bei, sondern nur zur Verwirrung.