Innerer Ankläger

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.

Eremit
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Beitrag Mi., 15.06.2011, 09:19

Nitrat hat geschrieben:(...) War es das, was Du meintest?
Bezogen auf Dein Beispiel, ja.
Nitrat hat geschrieben:Unter anderem deswegen: Wenn man jemandem erfolgreich die Schuld zuweisen konnte (richtigerweise oder nicht), braucht man sich mit der Problematik nicht weiter zu beschäftigen.
"Heisse Kartoffel"--> schnell weitergeben.
So wird man aber weder der objektiven Verantwortung, noch der objektiven Schuld (welche es auch gibt) gerecht.
Genau. Ein solches Argument würde im Endeffekt rechtfertigen, alle Schuld der Welt auf sich zu laden, aber auch nur, um keine Schuldgefühle darüber zu empfinden, eine "heiße Kartoffel" weiterzureichen, die man selbst nie gekocht hat und die man selbst nie beabsichtigte, zu essen. Durch die vermeintliche Maximierung des eigenen Verantwortlichkeitsbereichs (Ausdehnung auf die Eltern) wird ja jede echte Fähigkeit, tatsächlich Verantwortung (für sich) zu übernehmen, negiert, weil durch die Maximierung im Grunde das eigene Individuum negiert wird, weil dessen Grenzen (der Verantwortlichkeit) negiert werden (und es nicht mehr Kind sein darf, nie Kind sein durfte, und schließlich nie Kind war im "virtuellen Rückblick"). Und das wiederum macht tatsächliche individuelle Verantwortlichkeit (als Erwachsener) unmöglich, da ja gar nicht mehr festgestellt werden kann, ob man nun Kind oder Erwachsener ist bzw. verantwortlich oder nicht verantwortlich.
Nitrat hat geschrieben:(...) Leider trägt Zorn nicht zur Klärung bei, sondern nur zur Verwirrung.
Das Problem ist, daß Fremd-Aggression - Wut, Zorn auf definitiv schuldige Menschen - in unserer Gesellschaft sehr oft pathologisiert wird. Dadurch werden Heilprozesse verlangsamt oder gänzlich unmöglich gemacht. Das wird vor allem dann problematisch, wenn sich Traurigkeit als Wut und Wut als Traurigkeit manifestiert, denn genau solche Versteckspiele können aus Angst vor Wut-Sanktionen nicht mehr entwirrt werden. Wut muß zugelassen werden können, ebenso wie Traurigkeit. Allein schon, um zu erkennen, was was ist.

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Nitrat
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Beitrag Mi., 15.06.2011, 11:31

Hallo Eremit!

Ich stimme Dir zu, daß es nicht gut ist Wut, wenn sie schon mal da ist auf Teufel komm raus zu verdrängen. Ich stimme Dir auch zu, daß es gut ist eigene Gefühle in der Gegenwart als situationsadäquat und richtig einordnen zu können (dazu muß man sie aber richtig wahrnehmen), im Falle von Zorn wird dadurch auch uU die Kraft erwachsen eine bestimmte Situation richtig zu bewältigen (es ist eben nicht immer alles so harmonisch, wie es in der "Bussi, bussi-Gesellschaft" gerne scheinen mag). Manchmal wird es jedoch notwendig sein Zorn auch zu transformieren, zB aus einer Wutreaktion im Sinne des Instinktmusters Antrieb für eine zivilisiertere Aktion zu schöpfen.
Und manchmal wird einem die Möglichkeit den Zorn auszuleben auch verwehrt sein, es sei denn man kann sich mit dem Gedanken anfreunden zum Psychopathen zu werden (was ich nicht empfehlen möchte).

Da Wut und Zorn nach meinem Empfinden bei uns ein absolutes Tabuthema sind, lernt keiner mehr den korrekten, gerechten und zivilisationskompatiblen Umgang damit.
Kollektive Verdrängung macht es erst oft so furchtbar.
Es ist so wie mit einem Druckkochtopf, das Ventil zuzuhalten ist nicht gut; einen unter Druck stehenden vielleicht noch heissen Kochtopf an die Kinder weiterzugeben ist einfach nur fies.
So kommt es glaube ich auch oft zu dieser emotionalen Verwirrung, die Du recht gut beschrieben hast, aber auch dazu, daß sich Leute oft gar nicht mehr "spüren" (vor lauter unterdrückter Wut). Leute die ihre Wut zurückhalten, sind oft verzweifelt darum bemüht, diese schreckliche als destruktiv empfundene Energie in sich nicht auf andere, oft noch Unschuldige loszulassen. Dadurch wirken sie oft unbeholfen bis lächerlich.
Spott ist oft die Folge---> gar nicht gut!!

Ich finde es wichtig, daß man sich heute wieder mehr mit den Eigenschaften von Wut und Zorn (was nicht das Gleiche ist mE) beschäftigt und damit aufhört es als grundschlechte/grundfalsche Emotion grundsätzlich abzulehnen.

Wut kann sich aufstauen und verliert meiner Erfahrung nach auch noch nach Jahren nicht ihre destruktive Kraft (ob sie abklingen würde? kann ich nicht sagen, aber in der Praxis wird sie immer mehr, wenn ein bestimmter Punkt überschritten wurde)

Wut fordert (braucht nicht nur, sondern fordert!) ein Objekt!

Wut kann auf ungerechte Weise abgeladen werden, die Spannung ist dann weg, aber........gut ist das nicht

Gedanken (Geist); Körper (Haltung, Lockerheitsverlust, Feinmotorik, Atmung, Herz, Feingefühl) Emotionen (Verlust der Wahrnehmung anderer weniger "lauter" Gefühle; Verdrängung von Trauer Schmerz aber auch positiveren Differenzierungsvermögens auch emotional)
und Bewußtsein (buchstäblich alles löst dann Wut aus)
können in eine WUTSPIRALE geraten (qualvoll für den davon Betroffenen; extrem gefährlich für alle Beteiligten; sicher so einige Amokläufer davon betroffen gewesen).

Wut und Zorn sind sicher nicht meine persönlichen Favoriten
(das sind sie vermutlich für keinen geistig gesunden Menschen)
aber es wäre wirklich besser, wenn wir lernen würden damit in konstruktiver Weise umzugehen.

PS: es dürfte Dir vermutlich aufgefallen sein, daß ich einiges über dieses Thema weiss (aus Erfahrung)

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Nitrat
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Beitrag Mi., 15.06.2011, 11:31

Hallo Eremit!

allerdings gibt es eine grundlegende Regel im Umgang mit Wut (angestauter Zorn?) --> sehr sehr vorsichtig oder vorübergehender Rückzug in die Wüste.
(emotionale Nuklearversuche nicht im bebauten gebiet)
ist Dir schon mal aufgefallen, daß man heutzutage von allen Seiten Lärm kriegt, aber man nirgendwo mehr seinen Frust rausschreien kann ohne anzuecken?
Ich finde: weniger Golfplätze; mehr Schreiplätze!

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Nitrat
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Beitrag Mi., 15.06.2011, 14:29

An jedem einzelnen, der oben genannten Teile der Wutspirale kann man/frau aber auch einen Ansatzpunkt zur Auflösung dieses dann schon pathologischen Phänomens finden.

Ähnlich wie bei der Angst sollte darauf geachtet werden nicht zu erstarren.

Über den Geist:
wutauslösende Gedankenkreisläufe (inbesondere solche mit "muß", "kann man ja gar nicht anders") hinterfragen;
manchmal kann die Erkenntnis, daß Wut nicht wirklich weiterhilft und einen langfristig nur schwächt helfen; insbesondere (für mich) war es hilfreich mir meiner eigenen Ohnmacht in vielen Bereichen bewußt zu werden und sie zu akzeptieren (ist eben so, nur ein Mensch-einer von vielen); empfundenes und/oder tatsächliches Unrecht ist natürlich immer ein patenter Wut/Zorntrigger - allerdings bin ich mir nicht sicher ob das von der Natur so vorgesehen ist, denn das wäre eigentlich ein konzeptioneller Fehler
weil Wut eben nicht nach Gerechtigkeit verlangt.
ich glaube eher, daß wir aus verschiedenen Gründen darauf konditioniert sind auf Unrechtserfahrung mit Wut zu reagieren, obwohl eine solche Bedingung vielleicht in der Weise gar nicht besteht.

Über den Körper:
den Atem fließen lassen, Ausatmung und Loslassen betonen
die Schultern sinken lassen, den Bauch lockern, die Füsse und Beine lockern, den "Gedanken an Kontrolle durch Ergreifen" loslassen, den Beuger- und Greiftonus der Muskeln zurücknehmen, den Streckertonus etwas mehr betonen--> stehen nicht am Boden "festklammern"

Bewusstsein:
punktuell "extrem fokussierte" Aufmerksamkeit zurücknehmen;
offene umfassende Aufmerksamkeit fördern (zB Jonglieren auch hier wird das koordinierte Loslassen evtl das erste Problem sein; Geschicklichkeits und Koordinationsübungen mit dem Häkesäck,..)

Emotional:
Selbstgewahrsein üben.
Nicht unbedingt unterdrücken (es sei denn die Selbstkontrolle droht verloren zu gehen) aber auch nicht verstärken.
Gerade Wut neigt zu "Superlativen" und Gigantomanie, die feineren, oft viel wichtigeren Zwischentöne neigen dazu verloren zu gehen

Notfallmassnahme um einen schnell auf den Boden der Realität zurückzuholen: ein guter Witz (nicht zu zynisch; eher naiver Humor)

Von Ausagieren/Ausdrücken/Ausleben ohne professionellen Beistand und Schutz (Therapeut, Selbsthilfegruppe - mit Leitung!,..) rate ich persönlich ab; vor allem wird dann in den Tagen (den ersten 6 Tagen nach Reaktivierung) eine gute Nachbearbeitung evtl. Neuintegration nötig werden (wenn es um "wütende" Altlasten gehen sollte), denn sonst war es nicht nur eine eigentlich sinnlose und riskante Tortur, es kann auch zu einer Verstärkung der destruktiven Wutkreisläufe kommen, sodass man mehr davon "erzeugt" nicht weniger.
Davon alleine zu Hause bspw. auf ein Kissen einzuschlagen und sich vorzustellen.............wie gesagt, davon rate ich definitiv ab.
die Spannung wird zwar kurzfristig abnehmen, aber es wird hier der "Wutfluss" gebahnt werden--> nicht gut

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Nitrat
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Beitrag Sa., 20.08.2011, 09:01

Im SWR kam heute in der Zeit nach Mitternacht (die Sendung hiess glaub ich bezeichnenderweise "schlaflos in sonstwo" oder so) ein Beitrag mit dem Titel
'Die Stimme in meinem Kopf'.

Ganz passt der Titel nicht in diesen Thread, da es bei mir keine Stimme ist.
Aber 'fremdartig und feindlich anmutende Gedanken in meinem Kopf' wäre als Titel für eine
Sendung wohl zu lang.

In der Sendung wurde das Thema aus Sicht der Betroffenen (da scheint es wirklich viel mehr
zu geben, als allgemein angenommen wird; ich würde sogar sagen, dass jeder 'Stimmen'
im Kopf hat - eingeprägte Gedankenmuster eben - nur von Vielen werden diese Muster als
angenehm, unterstützend und hilfreich-positiv angesehen und empfunden, was sie vermutlich
auch oft sind)
aus Sicht der wissenschaftsbasierten neurologischen/psychiatrischen/psychologischen
Medizin (vom Psychiater zumindest wird definitiv davon abgeraten auf quälende Stimmen
in irgendeiner Weise einzugehen oder gar in den Dialog mit diesen zu treten -
eine Ansicht, die ich teile und aus eigener Erfahrung bestätigen kann; die Prägung wird nur verstärkt, gefestigt und die beträchtliche gefahr eines Teufelskreises, der dann nicht mehr
zu bewältigen wäre rechtfertigt aus meiner Sicht keine esoterischen Experimente mit der bereits angegriffenen geistigen Integrität)
aus der Sicht eines Alternativen 'Ja was genau ist er denn nun eigentlich' Therapeuten?
(inzwischen dürfte klar sein, was ich von solchen halte; der Vollständigkeit halber: Der rät, wie könnte es anders sein?, dazu mit seinen 'Stimmen' in Kontakt zu treten, sie ANZUNEHMEN (wie immer; stereotyp; anderen raten was man selbst nie tun musste) und den Dialog, das Zwi-Multigespräch mit ihr/ihnen zu suchen um herauszufinden was der SINN dieser Stimmen sei, was sie einem sagen wollten. Klare, alternatividiotische Anleitung zum Durchdrehen;
eine Patientin wurde präsentiert, die durch diese 'Behandlung' geheilt wurde und das
halte ich wieder mal für gefährlich und von den Medien für unverantwortlich, weil nämlich nicht
explizit dazu gesagt wurde, dass man sich dort 'nebenbei' sehr intensiv um diese Patientin bemüht hat, zB mit Ausritten zu Pferde in die Natur und viel, viel positiver Bekräftigung von außen!!! Ich meine dies war es, was ihr geholfen hat; aber das kriegt man in der Regel
nicht so ohne weiteres - traurig aber wahr - im Alltag aquiriert der Ankläger eher seine 'Munition').

Der nächste Beitrag war über 'Hellseher'. Tarot usw. Urgh! Hab mir den Beitrag nicht mehr angetan. Wollte nicht abwarten, ob sie kritisch, neutral oder gar murksig zur Bevölkerungseinlullerlei/Esoterikverseuchung beitragen in ihrem Beitrag.

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blade
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Beitrag Do., 30.03.2017, 14:30

Der innere Ankläger ist definitiv etwas Fremdes und so gar nichts Eigenes!

Wie auch immer man das sehen möchte.

Es ist erlaubt und zielführend aggressiv gegen diese Entität vorzugehen.

Einwände: Inneres Kind, Innerer Anteil etc.
sind falsch.
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