Erwachsene Kinder alkoholkranker Eltern

In diesem Forumsbereich können Sie sich über Schwierigkeiten austauschen, die Sie als Angehörige(r) oder Freund(in) von psychisch Erkrankten bzw. leidenden Personen konfrontiert sind.
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Nico
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 15:45

Was soll daran schlecht sein, dass du dich beim schnuddeligsten Wirten wohl fuehlst ?
Dass du fuer Alkoholiker Verstaendnis empfindest finde ich bei deiner Lebensgeschichte aber schon bemerkenswert.
Was ist vorgefallen, dass dir das alles so ploetzlich hoch kommt ?
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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lena_s
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:02

es ist nichts schlecht daran, dass ich mich beim wirten wohl fühle.
eigenartig finde ich jedoch, dass ich mich in einem normalen ambiente nicht entspannen kann. ich bin dort immer auf der hut, weil ich das gefühl habe, dass die anderen mitbekommen, dass ich so ein pinkerl mit mir rumtrage. je peinlicher die umgebung umso entspannter bin ich, weil mir dann nichts mehr peinlich sein muss. finde ich ziemlich gestört ...

warum mir das plötzlich hochkommt?
ich war mit einem mann unterwegs, der so alt ist, wie mein vater geworden ist. dieser mann war so sturzbesoffen und hat sich so daneben benommen, dass ich mich wieder in in meine kindheit zurückversetzt habe. wie sehr wollte ich plötzlich die zuneigung dieses betrunkenen mannes für mich gewinnen. sehr eigenartig. so einer fehlt mir noch für mein glück. ich habe bemerkt, dass ich etwas hinterherlaufe, das ich niemals erreichen kann - der zuneigung eines besoffenen. ich selbst trinke nur sehr zurückhaltend bzw. gar nicht.

ich habe für alles verständnis, nur für mich nicht so besonders viel.

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Nico
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:14

Es ist - vor allem in diesem Forum - schon ein bisserl abgedroschen aber ich glaube bei dir waere eine Therapie von Noeten.
Wenn du wirklich aus Wien bist, koenntest du aber auch eine " Erwachsene Kinder von Alkoholikern Gruppe der Anonymen Alkoholiker besuchen. In so einer grossen Stadt wie Wien gibt es sicher mehrere davon. Musst nur danach googeln.
Ich war selbst Alkoholiker, mir geht dein Problem sehr nahe.
Tu was dagegen, es kann dir sicher geholfen werden.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Fundevogel
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:40

Lena, du schwankst zwischen so starken Emotionen wie Wut und
Wunsch nach Anerkennung von schwer Betrunkenen.
Wenn ich das höre, kommt mir gleich das Grausen hoch...

Nicos Tipp mit den Al-Anons kann ich mich nur anschließen.
Im Austausch mit Gleichgesinnten kann dir sicher geholfen werden,
die verstehen dich, weil sie ähnliches erleben/erlebt haben.
Du solltest es wirklich nicht alleine mit dir ausmachen,
wenn du schon Angst vor dir selber kriegst wegen der Schmuddelkneipen.
Fundevogel

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Nico
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:43

Ausserdem kennen die dort Psychologen und Psychiater die sich auf diesem Gebiet sehr gut auskennen und die sind schwer genug zu finden.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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lena_s
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:53

danke für die antworten.
ich gehe in therapie.
vielleicht kommt das jetzt auch falsch rüber, aber ich an sich ein sehr lebensfroher mensch und habe meistens gute laune. also vom absturz bin ich weit entfernt.

ich habe jedoch erst jetzt realisiert, dass es auch andere menschen gibt, die auch mit einem alkoholiker groß geworden sind.
ich frage mich nur wie mich jemand verstehen sollte, wenn ich mich selbst nicht wirklich erinnern kann.
mir fehlt diese verdammte erinnerung.

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Nico
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:55

Die dort verstehen dich garantiert weil es ihnen teilweise selbst genauso geht.
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lena_s
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 20:08

ich denke mir, dass fast alle eine klescher haben. und so ein 0815-leben ohne meine erfahrungen und geschichten will ich auch nicht gelebt haben. es ist wie es ist.
vielleicht haben meine schrullen ja auch mit meinem vater gar nichts zu tun und ich bin einfach durch und durch schrullig auf die welt gekommen.

ich weiß auch seit ein paar tagen, dass es diese gruppen gibt.
was passiert in diesen gruppen?

liebe fundevogel, wovor graust dir? vor meiner ambivalenten gefühlslage? mir graust nicht davor. da müßte ich ja dann vor mir selbst ekeln...

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Nico
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 20:12

Geh einfach hin, dort beisst niemand.
Geh mindestens 3 x hin ( eingewoehnungszeit) wenn es dir dann noch immer nicht gefaellt, ist es nichts fuer dich.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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lena_s
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 20:18

ich werde darüber nachdenken. neugierig wäre ich ja ...
ich habe gesehen, dass es im 15. einen treffpunkt gibt. gibt es den wirklich?

wobei ich sagen muss: ich habe fürchterliche vorurteile. irgendwie stell ich mir das so vor: als wir haben uns alle so lieb, weil wir das gleiche schicksal teilen. ich glaub so was pack ich nicht. es ist ja auch so ein eingestehen, dass man nicht so stark ist wie man immer tut, wenn man zu so einer veranstaltung latscht. diese vorstellung missfällt mir.

danke nochmals fürs feedback. es tut schon ganz gut das alles zu artikulieren.

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Fundevogel
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 20:35

@lena
Mir graust vor Betrunkenen.
Fundevogel

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Nico
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 20:40

Wie es wirklich dort ist und wie es dir gefaellt kannst du erst sagen wenn du dort warst
Schau im Internet auf der Seite der Anonymen Alkoholiker nach, Treffen die dort angefuehrt sind finden garantiert auch statt.
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Christine_Walter
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Beitrag Di., 13.11.2012, 20:34

hey, mieze!
meine mum trinkt auch, schon seit ich ein kind war. das schlimme für mich war die unberechenbarkeit ihrer gefühle und äusserungen und ihr schlichtes desinteresse an der familie...

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Christine_Walter
Forums-Gruftie
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weiblich/female, 34
Beiträge: 515

Beitrag Do., 29.11.2012, 20:41

Meine Mutter säuft auch. Und das seit ungefähr einem Vierteljahrhundert. Als Kind kapierte ich das noch gar nicht richtig, warum sie manchmal so "komisch" war. Als TEenie war es schlimm, mit niemandem drüber reden zu dürfen. Meine Eltern zofften sich immer wegen des Alkohols, um uns Kinder kümmerte sich kein Mensch. Später habe ich dann versucht, meine Mutter davon abzubringen, sah aber irgendwann ein, dass es einfach keinen Zweck hat. Und dass ich es am besten einfach so hinnehme. Dass sie ihren Haushalt verrotten lässt und alles. Schlimm ist es nur, wenn sie mich, was zum Glück selten vorkommt, abends hackevoll anruft und mir die Ohren zuheult mit immer denselben Geschichten aus meiner Babyzeit und wie lieb sie mich hat und alles...

ups - ich hab ja da oben schon geschriegben, sorry....

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Lalala
Helferlein
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weiblich/female, 29
Beiträge: 69

Beitrag Sa., 08.12.2012, 12:00

Hallo. Ich habe das Pech, dass beide meiner Elternteile alkoholkrank sind. Ich kann erst seit ca. 6 Monaten darüber reden, bzw. meine Therapeutin war die erste (vor ca. 1einhalb Jahren) , der ich es erzählen konnte. Ich kann mich erst bewusst daran erinnern, dass meine Eltern trinken, seit ich ca. 12 Jahre als war. Meine Eltern trinken nicht tagsüber aber so ab 17 Uhr täglich und viel. Mein Vater ist vor ca. 12 Jahren fast gestorben wegen einer Bauchspeicheldrüsenerkrankung, trinkt aber trotzdem weiter. Ich habe mich als Kind immer sehr geschämt, wenn ich Besuch hatte und habe Besuch auch deshalb immer vermieden. Mir war aber auch sehr peinlich, wenn meine Eltern Gäste hatten und am Ende lautstark gestritten und gelallt haben. Meine Eltern waren sehr vermögend, so dass beide nicht arbeiten gegangen sind, d.h. sie waren immer zuhause, haben aber nichts aus ihrem Leben gemacht. Ich war nie im Urlaub mit Ihnen oder habe irgendwas mit ihnen unternommen. Man kann sagen, sie sind bis heute wie lebendig begraben. Sie hassen sich, sind depressiv und haben sich trotzdem nie getrennt. Ich habe seitdem ich klein war, non-stop Streit miterleben müssen. es gab nie Harmonie bei uns. Nie. Ich bin immer nur in mein Zimmer verschwunden und wollte meine Ruhe haben. Mein Vater hat immer nur geschlafen, wenn ich von der Schule heim kam. Erst als Erwachsene ist mir klar geworden, warum. Meine Eltern interssieren sich bis heute nicht für mich. Sie wissen nicht, was ich mache, wie es mir geht, wer meine Freunde sind, dass ich in Therapie bin etc. Sie rufen auch fast nie an. Trotzdem habe und hatte ich immer ein extremes Verantwortungsgefühl gegenüber ihnen (was meine Geschwister nicht so haben). Ich habe sie immer versucht, zu retten. Ich habe mich elend gefühlt wenn ich sie gesehen habe. Wenn ich für einen Nachmittag zu Besuch kam (nachdem ich ausgezogen bin), habe ich 2 Tage lang geheult. Meine Eltern nehmen aber keine Hilfe an. Erst langsam entwickle ich mich dahin, zu akzeptieren, dass sie so sind und ich Ihnen nicht helfen kann. Ich versuche mich oft innerlich auf Ihren Tod vorzubereiten, weil ich sicher bin, dass sie früher oder später an dem Alkoholmissbrauch sterben werden. Ich denke andererseits, man kann sich darauf aber gar nicht vorbereiten. Es vergeht trotzdem kein Tag, an dem ich mit Sorgen an sie denke. ich frage mich, warum ich nicht einfach sauer auf sie sein kann und denken kann 'macht doch euren scheiss alleine'. Ein paar Freunde, die etwas über meine Eltern wissen, haben mir schon manchmal gesagt, sie hätten an meiner Stelle den Kontakt zu ihnen abgebrochen. Als Aussenstehende würde ich das wahrscheinlich auch sagen, aber so einfach ist es leider nicht.
Leben wird nicht weniger vergänglich, wenn wir uns nicht auf es einlassen, es wird bloß weniger intensiv.

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