Hat jemand Gott gefunden?

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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Selene
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 13:27

@ Aditi
Ich habe mir schon gedacht, dass ich es missverstehe, weil Deine sonstigen Äußerungen mir ja gut gefallen haben. Aber ich wollte damit auch zeigen, wie leicht man sich angegriffen fühlen kann, auch wenn es gar nicht so gedacht ist. Deswegen schien es mir sogar ein besonders hilfreiches Missverständnis zu sein.
Trotzdem denke ich, dass bei uns bezüglich Deiner Aussage vielleicht 70% Missverständnis, aber doch 30% Meinungsverschiedenheit vorliegen.
Misstverständnis ist z. B.
Aditi hat geschrieben:mit den begriffen "bewusst" und "unbewusst" wollte ich auf keinen fall eine bewertung verbinden.
Das wäre also geklärt.
Aber
Aditi hat geschrieben:ich meinte damit, dass alle menschen von beginn an ihres erdenlebens spirituelle wesen sind. nicht erst seit ich/er/sie z.b. "gott gefunden habe/hat!" oder "gläubig geworden bin/ist" ect.
Mein Unbehagen ist damit nicht ganz ausgeräumt. Ich versuche es mal zu erklären: Deine Aussage bedeutet ja, dass ich z.B., die ich mich nicht als spirituelles Wesen sehe und fühle, trotzdem eines bin. Mir ist es nur (noch) nicht klar. Du hingegen weißt es. Und zwar nicht nur von Dir, sondern auch von mir. Du kennst mich in dieser Hinsicht besser als ich mich selbst. Verstehst Du, dass das irgendwie - tendenziell - ich sag mal: vereinnahmend und überlegen wirkt, auch wenn es ganz unarrogant forumliert ist? Etwas so wie wenn jemand sagt: "Gott liebt Dich, auch wenn Du nicht an ihn glaubst oder ihn leugnest, jede Sekunde bist Du von der Liebe Gottes umgeben." Das kann man gar nicht anders formulieren als "überheblich" im Sinne, dass derjenige, der es sagt, offensichtlich im Besitz einer höheren Weisheit und Wahrheit ist, die mir nicht zugänglich ist. Ich kann mir daher nicht vorstellen, wie Du Dich NICHT mir überlegen fühlen sollst, auch wenn Du es mich vielleicht nicht spüren lässt und es auch nicht hast raushängen lassen. Es ergibt sich einfach logisch aus der Überzeugung, dass Du weißt oder überzeugt bist, dass nicht nur Du, sondern auch ich spirituelle Wesen sind. Geht es Dir nicht so?
Das soll aber überhaupt kein Vorwurf sein im Sinne von "Aditi ist überheblich" - Ich hoffe, ich konnte den Unterschied deutlich machen.

@ Eve und Dunkle
Was ihr von Gläubigsein und trotzdem offene Fragen haben, letzte Wahrheiten noch nicht gefunden haben sagt, gefällt mir sehr. Es ist könnte ja auch ein Brücke zwischen "Gläubigen" und "Ungläubigen" sein. Denn Respekt vor jemandem zu haben, der sich ganz offensichtlich fundamental irrt in Bezug auf Gott, könnte vielleicht schwer bis unmöglich sein. Wenn beide Seiten hingegen immer mitreflektieren, dass sie nicht im Alleinbesitz der Wahrheit sind, dann kann man sagen: Ok, ich sehe, erlebe und glaube nicht so, aber ich respektiere Deine Position als anders, aber gleichwertig. Also das eine ist die rote Blume, das andere die gelbe und nicht: Mein Glaube ist der Krönungsmantel, Deiner ist ein zerrissener Lumpen.
Es gibt kein Übermaß an Liebe,
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Ralph Waldo Emerson

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Eve...
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 13:30

Denn Respekt vor jemandem zu haben, der sich ganz offensichtlich fundamental irrt in Bezug auf Gott, könnte vielleicht schwer bis unmöglich sein. Wenn beide Seiten hingegen immer mitreflektieren, dass sie nicht im Alleinbesitz der Wahrheit sind, dann kann man sagen: Ok, ich sehe, erlebe und glaube nicht so, aber ich respektiere Deine Position als anders, aber gleichwertig. Also das eine ist die rote Blume, das andere die gelbe und nicht: Mein Glaube ist der Krönungsmantel, Deiner ist ein zerrissener Lumpen.
Oh ja, Selene, das gefällt mir, besonders, weil Du auch verstehst, wie schwierig es sein kann, ganz offensichtliche Irrtümer über Gott zu respektieren - wobei ich wohl den Respekt vor dem Nichtgläubigen haben kann, aber nicht vor dessen abwertender Äußerung.

IHN so stehen zu lassen, sollte aber möglich sein. (Mir fällt gerade die Doppeldeutigkeit auf ... )

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Selene
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 13:44

Liebe Eve,

ich traue mich gar nicht recht, es zu schreiben, aber ich denke, ich muss doch: Ich fürchte, ich meinte es anders als Du es verstanden hast.
Eve... hat geschrieben:weil Du auch verstehst, wie schwierig es sein kann, ganz offensichtliche Irrtümer über Gott zu respektieren
Für mich gibt es keine offensichtlichen Irrtümer über Gott, da Irrtum voraussetzt, dass man die Wahrheit über Gott kennt. Und die kann man nicht kennen, das ist meine Auffassung.
Was ich meinte, ist, dass das Ziel in einer Gesellschaft wie der unseren, in der es Gläubige, Andersgläubige und Ungläubige gibt, sein sollte, friedlich zusammenzuleben. Und dafür sind Toleranz und Respekt auf allen Seiten unabdingbar. Auch für die Meinungen und Glauben der anderen. Das stößt aber dann an Grenzen, wenn man so fundamentalistisch oder radikal in seinem Glauben ist, dass man vor dem, der anders glaubt, allein schon deshalb gar keinen Respekt haben kann. Dass dies aber zum Glück bei vielen Gläubigen nicht der Fall ist, habe ich aus Deinem und Dunkles die 'Wahrheit' differenziert sehenden Beiträgen herausgelesen (und es gilt garantiert auch für Aditi) und darauf wollte ich Bezug nehmen.
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Innere_Freiheit
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 13:57

Selene hat geschrieben: Mein Unbehagen ist damit nicht ganz ausgeräumt. Ich versuche es mal zu erklären: Deine Aussage bedeutet ja, dass ich z.B., die ich mich nicht als spirituelles Wesen sehe und fühle, trotzdem eines bin. Mir ist es nur (noch) nicht klar. Du hingegen weißt es. Und zwar nicht nur von Dir, sondern auch von mir. Du kennst mich in dieser Hinsicht besser als ich mich selbst. Verstehst Du, dass das irgendwie - tendenziell - ich sag mal: vereinnahmend und überlegen wirkt, auch wenn es ganz unarrogant forumliert ist? Etwas so wie wenn jemand sagt: "Gott liebt Dich, auch wenn Du nicht an ihn glaubst oder ihn leugnest, jede Sekunde bist Du von der Liebe Gottes umgeben." Das kann man gar nicht anders formulieren als "überheblich" im Sinne, dass derjenige, der es sagt, offensichtlich im Besitz einer höheren Weisheit und Wahrheit ist, die mir nicht zugänglich ist.
Hallo Selene,

aber ist es nicht immer so dass wir selbst meinen im Besitz der größeren Wahrheit zu sein? - Mir geht es jedenfalls so. In spirituellen Dingen, und auch in vielen anderen Dingen des Lebens!

Angenommen, du kannst in deinem Bekanntenkreis eine Frau, die mit einem Alkoholiker verheiratet ist. Sie arbeitet, er arbeitet nicht und versäuft einen großen Teil ihres Geldes. Er behandelt sie schlecht, wertet sie ab.
Aber immer wieder verspricht er, mit dem Trinken aufzuhören.
Die Frau ist total abhängig von ihm. Glaubt ihm immer wieder. Sagt, sie würde ihn lieben und ihm helfen wollen.
Du würdest diese Situation wahrscheinlich total anders einschätzen als deine Bekannte. Und du würdest (wie ich vermute) davon ausgehen, dass deine Einschätzung die "Richtigere" wäre. Würdest du hier nicht auch meinen, dass du "offensichtlich im Besitz einer höheren Weisheit und Wahrheit bist, die dieser Frau nicht zugänglich ist"?

Ich möchte damit sagen, es ist vielleicht völlig normal, die eigene religiöse / spirituelle Wahrheit als die "tatsächliche" Wahrheit zu sehen. Somit sind die anderen automatisch diejenigen, die es eben noch nicht erkannt haben.

Vielleicht ist das Verbindende - die Stelle, wo wir uns alle dann wieder treffen - dass wir ja alle auf der Suche sind nach der Wahrheit.

Liebe Grüße

Innere Freiheit
Das was ich ablehne, bleibt an mir kleben!

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Eve...
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 14:50

von Selene: Für mich gibt es keine offensichtlichen Irrtümer über Gott, da Irrtum voraussetzt, dass man die Wahrheit über Gott kennt.
Liebe Selene,
von Selene: Denn Respekt vor jemandem zu haben, der sich ganz offensichtlich fundamental irrt in Bezug auf Gott, könnte vielleicht schwer bis unmöglich sein.
dann hab ich zwar Deinen Satz wohl missverstanden, aber ich tendiere zu dem, wie es Innere Freiheit sieht: In MEINEM Verständnis gibt es heftige Irrtümer über Gott, und zwar auch solche, die heute allgemein als selbstverständliche Annahme oder sogar Wissen gelten.

Ich will es an einem Beispiel festmachen: Wenn mir jemand sagt: "Ihr Christen glaubt an ja nicht an den einen Gott, sondern an 3 Götter!", dann ist das für mich ein eindeutiger Irrtum, da ich kein Problem mit dem Verständnis der Dreieinigkeit habe (kurz gesagt, ist es für mich der alleinige Gott, aber als Erscheinungsform, wie er uns Menschen entgegen tritt: als Vater, im Sohn und im Geist).

Je nachdem, WIE es nun gesagt wird (beispielsweise fragend oder verächtlich, dann kann es auch als Angriff gemeint sein) finde ich es ausgesprochen schwierig, das einfach so im Raum stehen zu lassen bzw. als Aussage zu respektieren, empfinde aber gegenüber dem, der das ausspricht, natürlich noch Respekt. Ich trenne hier wenn eben möglich die Aussage und den Menschen.

Und ich meine selbstverständlich, ich hätte da die Wahrheit erkannt, sonst könnte ich es gar nicht vertreten. Ich kann nun sagen: "Gut, wir beide sehen es unterschiedlich." und Schluss - oder ich kann versuchen, es aus meiner Sicht zu erklären, was ja eine Korrektur einer abweichenden Meinung wäre. Mache ich mich aber damit des Hochmuts schuldig?

Was natürlich trotzdem passieren kann (und sehr wahrscheinlich am Ende des Gesprächs so ist): Dass wir beide, der Aussagende und ich, auseinandergehen im Kontext, dass jeder bei seiner Auffassung bleibt. Und das ist wiederum okay für mich.

Hm - konnte ich mich verständlich machen, wie ich es meine?

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Selene
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 15:19

Hallo Innere_Freiheit!
Innere_Freiheit hat geschrieben:aber ist es nicht immer so dass wir selbst meinen im Besitz der größeren Wahrheit zu sein?
Es gibt also große und kleine Wahrheiten? Nicht nur eine objektive Wahrheit?

Ich persönlich gehe erstmal von Meinungen aus, von persönlichen, subjektiven Wahrheiten, auch bei mir. "Ich denke", "ich glaube", "meiner Meinung nach", das sind Wörter, die mir viel leichter und öfter über die Lippen kommen als "ich weiß" oder "das ist die Wahrheit".
Auch in diesem Fall:
Innere_Freiheit hat geschrieben:Angenommen, du kannst in deinem Bekanntenkreis eine Frau, die mit einem Alkoholiker verheiratet ist. Sie arbeitet, er arbeitet nicht und versäuft einen großen Teil ihres Geldes. Er behandelt sie schlecht, wertet sie ab.
Aber immer wieder verspricht er, mit dem Trinken aufzuhören.
Die Frau ist total abhängig von ihm. Glaubt ihm immer wieder. Sagt, sie würde ihn lieben und ihm helfen wollen.
Du würdest diese Situation wahrscheinlich total anders einschätzen als deine Bekannte. Und du würdest (wie ich vermute) davon ausgehen, dass deine Einschätzung die "Richtigere" wäre. Würdest du hier nicht auch meinen, dass du "offensichtlich im Besitz einer höheren Weisheit und Wahrheit bist, die dieser Frau nicht zugänglich ist"?
Natürlich würde ich denken, dass sie sich etwas vormacht und trennen sollte. Aber ich halte es nicht für eine höhere Wahrheit. Ich weiß nicht, dass es ihr ohne ihn besser gehen würde. Ich würde sie deshalb auch nie zu ihrem Glück zwingen wollen! Wir alle haben Scheuklappen auf, immer. Jeden Tag erlebt man, dass andere eine Sache anders sehen, anderer Meinung sind, andere Vorlieben haben usw. Da halte ich meine Einschätzungen zwar natürlich für richtiger, aber nicht für wahrer.
Wenn meine Freundin lieber Schokoladeneis mag, ich aber Vanille, irrt sie sich dann?
Wenn ich heterosexuell bin, ist Schwulsein dann falsch?
Wenn ich Pazifist bin, es ist aber Krieg, weiß ich dann wirklich, dass der Krieg objektiv falsch ist?
Wenn ich Agnostiker bin, ist dann der Glaube der Christen, Moslems falsch und die Auffassung der Atheisten auch?
Natürlich habe ich mein Standpunkte, meine Überzeugungen. Und je mehr es ans Eingemachte geht, desto schwerer kann ich andere akzeptieren. Nur wähne ich mich wirklich im Besitz der Wahrheit, der besseren, gültigeren Meinung?
Auch wenn ich vehement dagegen bin, dass man jemanden ermorden darf, sondern finde, das muss bestraft werden. Dann weiß ich doch dennoch, dass es letztlich eine Meinung ist. Dass man Fälle konstruieren kann, in denen Zweifel aufkommen (Hitler?). Dass andere Zeiten und Kulturen es anders gesehen haben. Objektive Wahrheit ist da für mich nicht vorhanden.
Mein Wissen, meine Wahrheit, meine Wahrnehmung, das alles ist doch so subjektiv! "Ich sehe das so!", das kann man gerne sagen. Aber "Es ist so!" meint eigentlich immer ein dazugedachtes "für mich jedenfalls."

Liebe Eve,
Eve... hat geschrieben:Wenn mir jemand sagt: "Ihr Christen glaubt an ja nicht an den einen, sondern an 3 Götter!", dann ist das für mich ein eindeutiger Irrtum, da ich kein Problem mit dem Verständnis der Dreieinigkeit habe
Ja, da hast Du recht. Du sagst: Du glaubst an einen Gott und bist Christin. Dann ist alles andere natürlich ein Irrtum oder eine Unterstellung. Man kann vielleicht auch sagen: Der christliche Gott ist ein Gott und nicht drei, aber er tritt in drei Erscheinungsformen dem Menschen entgegen. Dann ist diese Aussage wahr, insofern sie mit der Bibel oder offiziellen christlichen Dogmen übereinstimmt. Aber ist sie denn absolut wahr? Weißt Du wirklich, dass Gott so ist wie das Christentum sagt? Weißt Du daher auch, dass alle anderen Religionen sich definitiv irren?
Eve... hat geschrieben:Und ich meine selbstverständlich, ich hätte da die Wahrheit erkannt, sonst könnte ich es gar nicht vertreten.Ich kann nun sagen: "Gut, wir beide sehen es anders." und Schluss - oder ich kann versuchen, es aus meiner Sicht zu erklären. Mache ich mich dann des Hochmuts schuldig?
Nein auf keinen Fall.
Nur wenn es wirklich die absolute Wahrheit ist, warum dann so zurückhaltend? Warum nicht sagen: "Du siehst es falsch!" und versuchen, den anderen von der Wahrheit zu überzeugen?

LG Selene
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Gärtnerin
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 15:38

Ich habe auch Schwierigkeiten damit, den Begriff der "Wahrheit" absolut zu setzen. Für mich hat Wahrheit hat immer etwas mit meinem aktuellen (und individuellen) Wissens- und Erfahrungsstand zu tun. Wenn der sich ändert, ändert sich auch das, was ich für wahr halte. Ich glaube, dass man die Wahrheit zwar immer wieder neu erkennen, aber nicht festhalten oder gar besitzen kann.

Ich denke, Wahrheit ist etwas, was man persönlich erfahren muss. Selbst wenn es tatsächlich eine einzige, objektive Wahrheit gäbe, könnte man diese keinem anderen Menschen wirklich vermitteln, der mit seinen Erfahrungen vielleicht an einem ganz anderen Punkt steht. Angenommen, es existierte eine Wahrheit, dann wären die Wege dorthin immer noch so vielfältig wie die Menschen.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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Eve...
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Beitrag Fr., 16.10.2009, 15:54

Liebe Selene!

Ja, vielleicht ist DAS der Respekt vor dem anderen: Dass ich eben nicht sage: "Du siehst es falsch", sondern dass ich ihm lediglich meine Wahrheit versuche nahezubringen?

Wenn ich - und ich neige dazu - es, wie Gärtnerin, mit der letztlichen Wahrheit überhaupt schwierig finde, muss ich mich natürlich fragen, wieso mir ÜBERHAUPT daran liegt, dies zu versuchen. Kann es mir dann nicht völlig egal sein, was der andere denkt?

Die Antwort lautet für mich: Ja und nein. In meinem christlichen Verständnis bin ich nicht nur für mich selbst auf dieser Welt, sondern auch für meinen Nächsten. So muss mir daran liegen, dass auch dieser Nächste Gott "erkennt". Nicht, weil ich ihm missionarisch meinen Glauben überstülpen möchte - das GEHT nicht! -, sondern weil er mein Mitmensch ist und ich die Überzeugung habe, dass er Gott braucht. Sähe ich es anders, wäre ich kein Christ. Obwohl ER natürlich selbst die Wahl hat und diese auch behält, spüre ich von innen heraus den Wunsch, ihm von "meinem" Gott, von meinen Wahrheiten zu erzählen.

Wie gesagt, was er damit macht, ist allein seine Sache. Ich habe eine Art "Auftrag" erfüllt, indem ich ihm das erzählte, was ich für mich für wahr befinde. Meine Wahrheit hat mir jedoch nicht das Recht gegeben, ihm zu sagen: "Du liegst falsch". Das kann er allenfalls selbst entscheiden.

Liebe Grüße
Eve

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Aditi
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Beitrag Sa., 17.10.2009, 18:45

Selene hat geschrieben: Deine Aussage bedeutet ja, dass ich z.B., die ich mich nicht als spirituelles Wesen sehe und fühle, trotzdem eines bin. Mir ist es nur (noch) nicht klar. Du hingegen weißt es. Und zwar nicht nur von Dir, sondern auch von mir. Du kennst mich in dieser Hinsicht besser als ich mich selbst.

Das kann man gar nicht anders formulieren als "überheblich" im Sinne, dass derjenige, der es sagt, offensichtlich im Besitz einer höheren Weisheit und Wahrheit ist, die mir nicht zugänglich ist. Ich kann mir daher nicht vorstellen, wie Du Dich NICHT mir überlegen fühlen sollst, auch wenn Du es mich vielleicht nicht spüren lässt und es auch nicht hast raushängen lassen. Es ergibt sich einfach logisch aus der Überzeugung, dass Du weißt oder überzeugt bist, dass nicht nur Du, sondern auch ich spirituelle Wesen sind. Geht es Dir nicht so?
Das soll aber überhaupt kein Vorwurf sein im Sinne von "Aditi ist überheblich" - Ich hoffe, ich konnte den Unterschied deutlich machen.
liebe selene,
für mich gibt es zwei arten von welten: die menschliche und die spirituelle. beide liefern uns völlig unterschiedliche perspektiven. beide welten sind jederzeit wirksam.
die brille, durch die wir auf eine situation blicken, wird bestimmen wie wir eine situation wahrnehmen.
wir sind zugleich in der welt der menschen verwurzelt und durch unsere seele mit der welt des spirituellen verbunden.
die welt des menschlichen umfasst die welt der objektiven realität. die realität, wie wir sie dank unserer fünf sinne wahrnehmen. sie umfasst die energiemuster von tod, wandel, angst, beschränkung und dualität. das ist die bühne, auf der wir als spirituelle wesen unsere menschlichen erfahrungen machen.
die welt der spiritualität (manche bezeichnen sie auch als göttliche wahrheit) hat keine materielle form. sie entspricht dem energiemuster des ewigen lebens, der liebe, der einheit von allem. obwohl wir diese welt nicht mit unseren sinnen wahrnehmen und selten geistig erfassen können, gibt es immer wieder erfahrungen von ihr.
aus der quantenphysik ist bekannt, dass die gesamtheit der realität ausschließlich aus energiemustern besteht, die durch bewusstsein aufrechterhalten werden. die welt der formen besteht aus dichten energiekonzentrationen, die wir mit den physischen sinnen wahrnehmen können. die welt des göttlichen erfahren wir als inneres wissen und als übersinnliche wahrnehmungen. da diese beiden welten innerhalb desselben kontinuums existieren, leben wir nicht gelegentlich in der einen oder gelegentlich in der anderen. wir leben gleichzeitig in beiden welten. welche der beiden wir wahrnehmen, hängt von unserem bewusstsein ab. natürlich sind wir menschen in erster linie mit der menschenwelt in resonanz. sobald wir einen physischen körper annehmen, ermöglicht nur das vergessen, wer wir sind, die erinnerung daran, dass wir spirituelle wesen sind, die durch physische erfahrungen gehen.
ich hoffe, dir damit vermittelt haben zu können, dass sich "ein dem anderen überlegen fühlen" vollkommen fehl am platze wäre. du hast doch sicher auch immer wieder zugang zu deinem "inneren wissen" - das ist spiritualität.

mlg
aditi

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littlebuddha
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Beitrag Mo., 19.10.2009, 11:00

Hallo Leute,
ich konnte die letzten Wochen nicht mitschreiben und -lesen. Möchte aber zum Thema Wissenschaft und Religion/Christentum eine wunderbares Buch empfehlen, dass ich in der letzten Zeit lese:
John Lennox, "Hat die Wissenschaft Gott begraben? Eine Kritische Analyse moderner Denkvoraussetzungen" (neu aufgelegt 2009)
Wie der Titel schon impliziert meint Lennox, Wissenschaft habe Gott NICHT begraben; ganz im Gegenteil sogar, wissenschaftliche Erkenntnisse würden sehr deutlich auf ein geplantes, gewolltes Universum hinweisen. Die Feinabstimmung sei so unglaublich genau, dass könne einfach nicht per Zufall entstanden sein. Dass sich Leben völlig zufällig entwickelt sei dermaßen unwahrscheinlich. Dazu zitiert Lennox Stellen von anderen Wissenschaftlern, erklärt wirklich sachlich (ohne polemisch zu werden wie ein Dawkins etc.) und geht auch mit den Argumenten des Gegners fair um und ist dabei auch noch verständlich.

Ich kann nur sagen dass mir das Buch, da ich eine eher kritische Einstellung zu Gott habe (immer noch habe), sehr zum nachdenken angeregt hat. Jedenfalls sehe ich das mit der Wissenschaft und der Religion nun lockerer. Na, jedenfalls könnte es für alle Christen interessant sein, die sich ständig rechtfertigen müssen, und auch für alle Atheisten, die mal ein paar kräftige Denkanstöße bekommen.
Ich habe aufgehört, für mich alleine zu leben und angefangen, für uns alle zu leben.
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Nurse_with_wound
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Beitrag Mo., 19.10.2009, 18:20

Die Menschen finden heute - wie ja auch Du - den christlichen Glauben "Humbug", glauben aber gleichzeitig an viel absurdere Dinge; nicht umsonst erlebt der Aberglaube in unserer so überaus aufgelärten Zeit eine Auferstehung.

Im übrigen IST für mich der christliche Glaube wahr, dann kann ich ja nicht relativierend darüber schreiben. Nebenbei: Ich bin auch nicht gläubig aufgewachsen.
Noch mal, ich finde den christlichen Glauben nicht komplett Humbug, da ich religiös aufgewachsen BIN.
Ich habe am religionsunterricht teilgenommen und mit dem Glauben und Evangelium habe ich mich auch sehr oft beschäftigt , da da wo ich aufgewachsen bin Teilnahme an den sonntaglichen Gottesdiensten selbstverständlich war.
Deswegen bin ich fast persönlich getroffen, dass du die ernsthafte Ansätze von mir komplett ignorierst und sagst dass es nicht die richtige Plattform ist, was ist die richtige Plattform? http://www.jesus.de?


Humbug ist nicht der Glaube an sich, sondern das Praktizieren. Irgendwie ist es oft weit entfernt davon, was man im NT liest. zb die Gottesvorstellung, die EhrFURCHT, die Doppelmoral, die falschen prioritäten der Christen , fanatismus, Arroganz , Intoleranz und Ignoranz gegenüber der wissenschaft, andersdenkenden und Andersgläubigen.
zb was ich seltsam finde, warum wird von den Gläubigen diese Ernsthaftigkeit und Ehrfurcht verlangt, warum sind die bildliche Darstellungen immer vom toten oder aufferstandenem oder leidendem Jesus?
In dem neuen Testament wird er doch nicht als erhaben dargestellt, ganz im Gegenteil, er möchte nicht erhaben sein, er möchte nicht dass man sich vor ihm fürchtet, er bezeichnet sich als "Diener der Menschen" ist kinderlieb und menschennah. warum fehlt das alles in der kirche?
Ich habe zwei Fragen an dich:
1.Was ist für DICH eigentlich Blasphemie? was glaubst du wieviele praktizierende Christen, heute mit heutigem Stand der Wissenschaft an die Auferstehung von den Toten glauben? viele lassen die Frage für sich nämlich offen, aus Ehrfurcht, oder interpretieren es symbolisch.

2. Was sind für dich eigentlich die zentralen Themen und die zentralen, wichtigste Gedanken im Christentum? Was macht die ideologie aus?
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Beitrag Mo., 19.10.2009, 18:45

zum Tema als Christ mit Rücken zur Wand stehen

Ich glaube, es ist nicht das Wenn, sondern das Wie.
ähm, meinst du dass ich dich auf Luthers Untaten und grausame Schilderungen aufmerksam gemacht habe?
Oder wie ich das gemacht habe? Meiner meinung nach könnte man es nicht besser machen als Quellenangaben zu machen.
Das ist nun mal Fakt dass er nicht nur nett war. Viele glauben es aber.
Wenn jemand sagt dass "Luther alles besser gemacht hat" empfinde ich schlicht und ergreifend als FALSCH.
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Nurse_with_wound
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Beitrag Mo., 19.10.2009, 19:13

@Dunkle
"Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, denn durch mich." (Johannes 14,6). Das ist ein sehr sehr hoher Anspruch und wer sich ernsthaft mit dem Christentum beschäftigt, wird sich an Stellen wie dieser in irgendeiner Form stoßen.
du meinst Grössenwahn den die Menschen sahen, die ihn hinrichten lassen haben?
für mich ist das entweder schlechte Überlieferung, oder sind es Worte eines hochspirituellen Menschen, der in BIldern spricht. Auch Schamanen in Trance, oder viele Buddhistische Weisen sprechen in Bildern und Symbolen die nicht leicht verständlich sind.
Weil eigentlich predigt der "Religionsstifter" eher Bescheidenheit.
Da rief Jesus sie zu sich und sagte:
Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken
und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen.
Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will,
der soll euer Diener sein,
und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.
Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen,
sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.
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Morpheus
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Beitrag Sa., 24.10.2009, 01:53

@ Selene
Das muss ich Dir aber wirklich lassen, dass das ein interessanter Punkt ist. Erst war ich da ja nicht so von überzeugt, aber das muss ich schon zugeben. Hab ich vorher noch nie so gesehen!
Das war der Punkt, an dem ich einen "Zugang", um es mal so zu nennen, zu religiösem Denken gefunden habe, will heißen: Ich habe angefangen, auch das mal ernst zu nehmen. Nicht, dass ich an ein Leben nach dem Tode glaube oder daran, dass jemand gerade über mich Tag und Nacht wacht, so weit geht es nicht.


Vielleicht verflüchtigt sich Gott auch nur deshalb für dich, weil du alles "mehr" einfach ignorierst, rationalisierst, stehen lässt, glaubst, das geht, wie bei Blähungen, jedem so, muss man nicht so ernst nehmen....... Wenn es Gott gibt: Soll er dir am hellichten Tag eine Blaskapelle bestellen, die deine Lieblingssongs spielt und die nur du siehst? Würdest doch nur zur nächsten Notaufnahme rennen!

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Affenzahn
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Beitrag Sa., 24.10.2009, 08:02

Interessanter als die Frage, ob es Gott gibt, finde ich die Frage: Was kann man mit diesem Gott dann anfangen, wenn man ihn gefunden hat? Bitte entschuldigt, falls ich Antworten darauf überlesen oder vergessen habe.

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