Diagnosen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

ziegenkind
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Beitrag Do., 08.10.2015, 23:44

der "Monolog" über die Bezahlung, war eine Reaktion auf einen einwurf von pivello.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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ziegenkind
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Beitrag Do., 08.10.2015, 23:49

widow, meine Exegese dieses fadentextes sagt mir, der, der von "ich" spricht und nicht permanent ein imperiales wir im munde führt, über den ist keiner her gefallen. viele, ich gehöre dazu, fanden das sehr gut, was du geschrieben hast.

ich kann mich dir vielleicht ein wenig seitenverkehrt anschließen: ich kenne auch den niederen neid. ich war oft neidisch auf die, die sich auf die Couch legen und dies von null auf hundert genießen konnten - so schien mir. als jemand, der jahrelang übelst über sich hergefallen ist, wenn er sic verdächtigte, eine Zuwendung der frau Analytikerin vielleicht zu sehr genossen zu haben, klang da manches unerreichbar schön. und auch hier gilt: ich bin für die Zähmung meines neids zuständig. die, die sich vielleicht schneller, einfacher einlassen können, die sollen ja so bleiben wie sie sind.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


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leberblümchen
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Beitrag Do., 08.10.2015, 23:51

Candle, ich weiß aber nicht, wie ein Patient bei der Diagnose mitbestimmen sollte. Wo er doch weder mit der Terminologie noch mit allen möglichen Abwehrmechanismen und Strukturniveaus vertraut sein dürfte. Woher sollte der Patient in den ersten Monaten einer Therapie die Fähigkeit nehmen, sein Unbewusstes mit dem Therapeuten zu vehandeln?

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stern
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Beitrag Do., 08.10.2015, 23:52

leberblümchen hat geschrieben:stern, ich denke, in dem Moment, in dem ich den Anderen beauftrage, eine Diagnose zu erstellen, gebe ich ihm Macht. Die hat er natürlich nicht als Mensch, sondern in seiner Funktion als Therapeut.
Nun, aber hat mal (als Kassenpatient) eine andere Wahl... wenn ich eine Therapie brauche, muss ich auch eine Diagnose in Kauf nehmen, was ich auch grds. richtig finde. Eine Diagnose, die allein der behandelnde Arzt/PT erstellt.

Und klar hat eine Diagnose eine Wirkung (auf mich eine positive und negative gleichzeitig). Manchen scheint sie jedoch egal zu sein. Wenn es rein eine Verständigungsgrundlage wäre, die in der Therapie bleibt, würde mich das weniger kratzen...

Aber so kann sich ja schon bei einem anderen Arzt die Frage stellen: Gebe ich das jetzt an oder nicht... werde ich dann in die Psychoecke gestellt (in abgeschwächter Form schon erlebt), usw.
In der Praxis aber sieht das anders aus. Die Macht besteht dann darin, dass ich in Bezug auf die Diagnosefindung nicht großartig mitbestimmen kann. Das ist nichts, was ich "bestellen" kann, sondern er entscheidet so, wie er das für richtig hält, und dann tut er was damit. Auch da hat er Macht. Die er natürlich idealerweise nicht missbraucht.
ja...
Ich könnte natürlich jederzeit sagen: "MIr passt Ihre Arbeit nicht, ich gehe", dann verlasse ich aber die Rolle des Patienten, der Macht verleiht.
Das ja, aber es ist natürlich keine zufriedenstellende Situation, wenn man gehen "muss".
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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ziegenkind
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Beitrag Do., 08.10.2015, 23:53

ach so, ja, ich nahm an, das aufstellen von zwei sich ausschließenden Behauptungen zielte in dem fall darauf, die erste als schwachsinnig und inakzeptabel zu markieren.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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stern
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Beitrag Do., 08.10.2015, 23:56

ziegenkind hat geschrieben:und: natürlich kann man Diagnosen diskutieren und mitunter auch mitbestimmen und verändern. habe ich in der Klinik im zuge eines sehr angenehmen - keine Ironie, war offen und gut - Prozesses getan.
Wenn es gut läuft, dann ja... aber das ist ja nicht immer so.
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LovisTochter
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Beitrag Do., 08.10.2015, 23:59

Sorry Leberblümchen, aber mein vermeindlicher Monolog über die Bezahlung bezog sich auf vorhergegangene Postings. Falls Dir dies nicht aufgefallen sein sollte ist die nicht mein Vergehen.
Natürlich darfst Du so argumentieren wie du es für richtig hältst, aber darf ich dies dann auch? Auch, wenn ich anderer Mainung als Du bin? Scheinbar ja nicht.
Ich bin nicht du und habe dementsprechend jedes Recht mich Deinen Verallgemeinrungen entgegen zu setzen und zu sagen, dass Deine Meinung eben nicht allgemeingültig ist, es Menschen gibt die anders erleben und leben. Wenn Dir dies nicht passt, dann ist eine Diskussion unsinnig, weil es dann ja nur darum gehen kann, dass Dir Deine Meinung bestätigt wird.
Viele Grüße
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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candle.
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:02

leberblümchen hat geschrieben:Candle, ich weiß aber nicht, wie ein Patient bei der Diagnose mitbestimmen sollte. Wo er doch weder mit der Terminologie noch mit allen möglichen Abwehrmechanismen und Strukturniveaus vertraut sein dürfte. Woher sollte der Patient in den ersten Monaten einer Therapie die Fähigkeit nehmen, sein Unbewusstes mit dem Therapeuten zu vehandeln?
Terminologie läßt sich erklären oder nachlesen. Und bei wenigen Monaten Therapie wird meistens eh keine abschließende Diagnose gestellt.

Und was, wenn der Therapeut einfach die Diagnose des Kollegen übernimmt oder man diese selber schon mitgeteilt hat?

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Widow
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:07

ziegenkind, Dir ist aber ganz gewaltig was über die Leber gelaufen, so scheint mir. (Und nein: Das ist kein Kalauer!)
Musst Du so in die Schranken weisen (nö, nicht mich)? Es ist doch klar, wer hier über die längere akademische Erfahrung verfügt - also: brauchst Du das? (Weißt Du, mich verunsichert das immer, weil ich denke: Du, ziegenkind, hast Deine Analyse so "ideal" zu ihrem Ende gebracht - und dann so was? Klar machen, wo der Hammer hängt, auch wenn jeder hier weiß, wo der gesellschaftswissenschaftliche Belesenheitshammer hängt? Mir macht das Angst.)

Und ich wollte jetzt auch weder ein persönliches Lob noch ein persönliches Bekenntnis von Dir (nebenbei: danke für beides). Ich habe hier eine Idee in den Raum gestellt und durch Deine "Antwort" (dabei habe ich Dich persönlich bei der Darlegung meiner Idee gar nicht um eine solche gebeten) den Eindruck, dass Du nun einer lästigen, kleinen, marginalen Pflicht nachgekommen seiest und "man" - alle, auch Du - jetzt wieder zum eigentlichen Tagesordnungspunkt zurückkehren könne.
Irgendwie fühle ich mich gerade so, als habest Du mir den Kopf getätschelt und mich dann wieder zum Spielen geschickt.

Mal eben zu bekennen, wie man selbst das mit dem Neid erlebt habe - das meinte ich nicht mit meiner Idee.


Aber ich bin auch nicht allzu geknickt, wenn die nicht wirklich aufgegriffen wird. So ist das mit Ideen ...

Es grüßt herzlich die Runde
Widow

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LovisTochter
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:10

leberblümchen hat geschrieben: Wo er doch weder mit der Terminologie noch mit allen möglichen Abwehrmechanismen und Strukturniveaus vertraut sein dürfte. Woher sollte der Patient in den ersten Monaten einer Therapie die Fähigkeit nehmen, sein Unbewusstes mit dem Therapeuten zu vehandeln?
Mit dieser Aussage machst Du sowohl Dich als auch alle PT-Patienten viel kleiner als sie eigentlich sind. In der Regel werden erst einmal Verdachtsdiagnosen gestellt, die spätestens dann für den Patienten ersichtlich werden, wenn sie denn Antrag auf Kostenübernahme bei der KK unterschreiben.
Wenn ich da eine Diagnose oder Verdachztsdiagnose lese die ich für unpassend halte kann ich doch darüber mit dem / der PT darüber sprechen. Ich hab doch an der Tür nicht meine Meinung und meinen Mund abgegen. Genausoweinig wie meine Eigenverantwortung. Therapeuten die dieses nicht unterstützen sind wohl eher minder qualifiziert.

Viele Grüße
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)


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leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:14

Widow, du sprichst aus, was ich denke. In jedem einzelnen Satz.

Candle, aber in dem Moment, in dem ich mir die Terminologie aneigne, identifiziere ich mich ja mit der Autorität des Anderen. Dann üben wir sozusagen beide Macht über mich aus, oder so ähnlich... So ganz herrschaftsfrei ist das dann auch nicht.

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stern
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:14

candle. hat geschrieben:Und was, wenn der Therapeut einfach die Diagnose des Kollegen übernimmt oder man diese selber schon mitgeteilt hat?
Dann macht er es sich einfach... er hat sich sein eigenes diagnostisches Urteil zu bilden. Diagnosen sind ja auch nichts statisches.

Ich komme mir gerade latent paranoid vor *g* bzw. frage mich, warum ich nicht nur an vorbildliche Ärzte/PT geraten bin... bzw. das bei anderen erlebte...

Bekommt man Verdachtsdiagnose immer zu Gesicht... wo so viele sagen, dass noch nicht einmal die Hauptdiagnose mitgeteilt werden.

Oder ein Mädel in der Klinik, das sich über die Narzissmus-Diagnose aufregte (bekam ich zufällig im Park mit). Klärung war da wohl nicht mehr gut möglich... die therapeutische Beziehung war dann zerrüttet.
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candle.
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:18

leberblümchen hat geschrieben: Candle, aber in dem Moment, in dem ich mir die Terminologie aneigne, identifiziere ich mich ja mit der Autorität des Anderen. Dann üben wir sozusagen beide Macht über mich aus, oder so ähnlich... So ganz herrschaftsfrei ist das dann auch nicht.
Oder das ist dann Augenhöhe, die ja von Patient wie Therapeut gemeinsam justiert werden kann.

@Stern Darf ich mal fragen wofür dir die Diagnose so wichtig ist? Ist das eine rein emotional durcheinanderbringende Angelegenheit oder geht es da um mehr wie z. B. der Beruf oder sonstige formale Angelegenheiten?

candle
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Widow
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:19

leberblümchen hat geschrieben:Widow, du sprichst aus, was ich denke. In jedem einzelnen Satz.
leberblümchen, das bezweifle ich nun allerdings gänzlich, denn ich weiß dank meiner Ausbildung, dass das gar nicht geht: Gedanken und geschriebene/gesprochene Sätze können schon bei ein und demselben Produzenten nicht identisch sein, geschweige denn bei zwei verschiedenen. Und schon gar nicht in jeder einzelnen Aussage. - Mach Dir nichts draus!


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leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.10.2015, 00:23

Das Wort "Eigenverantwortung" fiel hier vor ein paar Seiten schon einmal. Im engeren Sinne würde ich dem zustimmen. Ich glaube aber, dass damit der Charakter der therapeutischen Beziehung in ihrer Machtausübung bzw. -zuschreibung nicht erfasst wird oder absichtlich ignoriert und verschleiert wird. Und auch da denke ich, dass das Gründe hat. Irgendwie finde ich es schade (aber nicht verwunderlich, weil immer dagegen gearbeitet wird), dass wir nie an den Punkt kommen, an dem über die Gründe gesprochen werden kann.

Ich kann jedoch mit dem "das bildest du dir nur ein" so gar nichts anfangen, und ich bin auch sicher, dass das nicht stimmt.

Widow, ich hab mir gedacht, dass du meine Aussage zurückweisen würdest. Aber weil ich deinem Beitrag so vollkommen zustimmen kann oder mag, hatte ich das Bedürfnis, es trotzdem zu sagen. Wobei ich nicht schleimen mag - was man mir hoffentlich abnimmt...

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