Austausch DIS/DDNOS - Betroffene (Teil 3)

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Candykills
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 17:25

Wenn dir das hilft, dass die Kommunikation mit kleinen Anteilen so gefördert wird, dann passt es.
Für mich passt sowas heute nicht mehr, aber ich glaube einfach, dass DIS von Mensch zu Mensch so unterschiedlich ist, dass sich einfach nicht sagen lässt, was immer hilft.

Und zur Integration: ich glaube Sinas hat das ganz gut beschreiben, so empfinde ich es auch und ich glaube nach wie vor, dass bei uns eine Teilintegration stattgefunden hat, ohne dass das therapeutisch drauf hin gearbeitet wurde. Ich glaube, dass es durch eine gewisse Heilung (Bindungstrauma) dazu kam und ich empfinde es so, dass ich Zugriff auf Erinnerungen und Teile meines Lebens habe inzwischen, was ich vorher so nicht hatte. Und ich empfinde nicht unbedingt diese Erinnerungen zu mir gehörig, aber ich kann trotzdem sagen, dass sie Teil meines Lebens gewesen sind.

Ich hatte auch große Angst vor Integrationen, habe vor allem existenielle Angst gehabt, dass ICH weggemacht werde. Aber so nehme ich das gar nicht wahr jetzt.

Und ich glaube auch, dass bei DIS kaum eine volle Integration möglich ist, weil ja auch zur Krankheit gehört, dass es immer wieder zu Spontanabspaltungen kommt, wenn irgendwas passiert. Muss nicht, kann aber auf jeden Fall.

Ich lebe eigentlich im Moment gut mit meiner DIS, es ist stabil, es gibt nicht sehr viele Trigger. Einzig, was mir wirklich Sorgen macht und mir selbst dann bewusst wird, dass ich unter dieser Krankheit leide, dass medizinische Ergebnisse sehr schwanken und das immer wieder für Fragezeichen bei Medizinern sorgt. Und der Allgemeinmediziner kann halt nicht so viel mit DIS anfangen.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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LovisTochter
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 18:39

Jetzt bin ich mal wieder vollends verwirrt.

Ist das, wovon ihr hier schreibt nicht die Fusion?
Intergration ist doch eigentlich immer einer der letzten Schritte einer Traumatherapie, nämlich das/die Traumata als zum eigenen Leben zugehörig in sich zu integrieren.
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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peppermint patty
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 19:04

Oh, dass ist eine gute Frage.

Vielleicht ist Fusion und Integration auch dasselbe, oder etwas ähnliches?
Ich stelle es mir so vor, wenn Traumata bearbeitet wurden, dann werden sie dadurch ja integriert in das System Psyche. Also werden dabei auch abgespaltene Anteile/Zustände etc, also eigentlich die Traumaerinnerungen integriert/fusioniert. Also zumindest soweit, das Trigger entschärft und dadurch nicht mehr wirksam sind. Traumaerinnerungen, quasi EPs sind dadurch weniger emotional belastend oder durch mehr Verarbeitung enger am ANP dran. So wie Sinerellas vorhin schrieb entstehen dickere Nervenbahnen.
Letztendlich ist Traumabearbeitung ja auch die Bewusstmachung des Geschehenem, also dessem was durch die Abspaltung (deswegen Anteileentstehung) nicht bewusst werden durfte. Nun wird aber alles benannt und gefühlt. Dabei müsste die Spaltung doch aufgehoben werden - zumindest teilweise.
Von daher könnte man die Begriffe fast synonym verwenden oder zumindest aber im engen Zusammenhang.

Das sind jetzt aber nur so Überlegungen… 😎

Aber ich muss noch mal über Bindungstrauma nachdenken, von dem Sinerellas schrieb, denn das hat ja vermutlich auch jeder kPTBS ler. Und das wirkt ganz sicher mindestens genauso wie die Taten.

Okay, schwierig!

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Candykills
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 19:10

Es kann sein, dass ich Fusion und Integration durcheinanderwerfe.
Ich kann das aber ehrlich gesagt nicht so differenzieren, weil mir zwar klar ist, dass das zwei verschiedene Begriffe sind, aber irgendwie beides ein bisschen zutrifft bei dem, was ich oben beschrieben habe.

Ich habe das, was ich empfinde auch nie von einem Therapeuten bestätigt bekommen. Es ist einfach meine Wahrnehmung, wie sich gefühlt für mich etwas verändert hat im Laufe der Zeit.

Danke, dass du nochmal darauf hingewiesen hast, dass das nicht unbedingt das selbe ist, LT.
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LovisTochter
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Beitrag Di., 30.08.2022, 10:13

peppermint patty hat geschrieben: Mo., 29.08.2022, 19:04 Vielleicht ist Fusion und Integration auch dasselbe, oder etwas ähnliches?
Zumindest so, wie es mir bisher erklärt wurde sind die Begriffe nicht synonym zu benutzen.

Integration bedeutet ja, dass etwas vorhandenes integriert wird, es aber da bleibt. Ein verarbeites Trauma bleibt ja beispw. auch da und ist nach der Bearbeitung nicht ungeschehen gemacht. Es bleibt da, ist aber integriert und macht keine Symptome mehr.
Eine Fusion ist ja, dass zwei oder mehr "Dinge" zu einem verschmelzen. Das passt ja auch eher zu dem, was bei Innenanteilen von manchen Menschen angestrebt wird. Erfahrungen, Kompetenzen etc. bleiben in dem Gesamten vorhanden, aber der Innenanteil als solcher ist nicht mehr als einzelner vorhanden.
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peppermint patty
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Beitrag Di., 30.08.2022, 11:37

Hi LovisTochter,
von dem wie du das erklärst, klingt es logisch.
Ich habe mich mit den Themen noch nie auseinandergesetzt.
Nur der Gedanke, dass der Prozess der Integration des Traumas erst eine Fusion möglich macht, geht mir dabei gerade durch den Kopf. Auf jeden Fall beeinflussen oder bedingen sie sich gegenseitig.

Also wenn ein Trauma integriert ist, müssten doch EPs auch an Intensität verlieren. Ich meine jetzt die Panik, der Schrecken und der Schmerz, oder? Und die Fähigkeiten, Eigenschaften, die ja eigentlich eh zur Persönlichkeit gehören, bleiben irgendwie?
Vielleicht schreibe ich auch an deinem Thema vorbei? Dann sorry!

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LovisTochter
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Beitrag Di., 30.08.2022, 13:01

peppermint patty hat geschrieben: Di., 30.08.2022, 11:37 Nur der Gedanke, dass der Prozess der Integration des Traumas erst eine Fusion möglich macht, geht mir dabei gerade durch den Kopf. Auf jeden Fall beeinflussen oder bedingen sie sich gegenseitig.
Genau das, klingt für mich absolut logisch!

Erst dann, wenn die dissoziativen Barrieren kleiner geworden sind, eine Verbindung zueinander hergestellt wurde, können die Erfahrungen und Traumata der einzelnen Innenanteile in die Gesamtpersönlichkeit integriert werden und erst danach ist eine Fusion, also das ein Innenanteil mit dem/der ANP, überhaupt möglich. Wobei ich mich jetzt gerade frage, ob die Fusion auch mit einem der anderen ANPs erfolgen kann?

Schwieriges, aber interessantes Thema. Ich werd mal die Therapeutin fragen.
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leonidensucher
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Beitrag Mi., 14.09.2022, 22:15

peppermint patty hat geschrieben: Mo., 29.08.2022, 13:04
chrysokoll hat geschrieben: Sa., 05.02.2022, 15:27
Meine Therapeutin ist ehrlich zu mir und sagt mir auch dass eine vollständige Integration bei mir nicht möglich sein wird, wir aber mit innerer Kommunikation der Teile, Zusammenarbeit der Anteile und Arbeit an den bei mir leider heftigen und häufigen Dissoziationen viel erreichen.
ich habe leider keine Vorstellung davon, was Integration bedeutet oder bedeuten kann. Sind dann Anteile verschwunden? So schwierig ich mein Innenleben auch häufig empfinde, das wünsche ich mir irgendwie nicht. Eher zufriedene Anteile, die nicht leicht aktiviert werden können. Schön wäre natürlich, wenn diese eine Linderung des Schmerzes, der Verzweiflung und des Leids bedeuten würde, die ja in den Anteilen steckt.

sie sind noch da, aber Teil von mir. Ok, das bringt jetzt nichts, nicht wahr? Ich mache ein Beispiel auf:

ein (kleinerer im Sinne von Ausgestaltung) Anteil von mir hat sich offensichtlich Jahre damit rumgeschlagen, dass ...... erm....... sie? immer nur "Körper" war und nur als Kindkörper bewertet und entsprechend dann auch bei der Entwicklung zum erwachsenen Wesen dafür fertig gemacht worden ist. (verständlich bis hier?). Und glaub mir, die Dame hat es wild getrieben, ich hatte Phasen, da habe ich tagelang! nichts gegessen, buchstäblich, NICHTS, exzessiv Sport getrieben, war in einer wilden Magersucht (hier höre ich auf, weil: es gab eine Gegenspielerin, die genau das Gegenteil im Sinne hatte: viel essen, STARK!!!!!!!!!!!!!!!!!! werden, RICHTIG stark!. UNd dann gab es noch mich, mit einer eher relaxten Haltung zu Essen und einem eigentlich guten Sättigungsgefühl und einer gewissen leichten Zuneigung zu "natürlichen" Sportarten).

War mir das bewusst? jo, ne, nech. Die beiden haben sich dann ihre Schlachten geliefert und ich war Spielball und bin um alles in der Welt nicht drauf gekommen, warum ich zwischen " gesund und lecker", " selbst tägliches Trinken ist eine infame Lüge der Nahrungsmittelindustrie" und "ich verstehe das Problem bei 3 Tafeln Schokolade nicht, oh, ne Tüte Chips!" hin und hergerissen wurde, verstand nicht, warum ich einerseits den total wilden Ansatz hatte, mit 80 kg Eisen mindestens! auf den Schultern Kniebeugen zu machen .... im Yogastudio (überspitzt ausgedrückt). Dieser Anteil schafft es auch problemlos, im 1 Grad (ja eins) kalten Wasser 30 MInuten auszuhalten, weil: muss. stark. sein. Shaiz. stark. Ist halt nicht so klug wenn nüchtern.

Wenn sich Teil 1 aktiviert hat, wurde ich fertig gemacht von ihm /ihr- fette Sau, dicke Pflunze widerliches Schwabbelteil... you name it, ich hab es gehört - und los ging's, am Maxmimum habe ich mir Tenuate organisiert indem ich mit dem Arzt.. lassen wir das. Tenuate ist ein ÜBELST efährliches Medikament, aber es funktioniert, und "mein" erklärtes Ziel zu diesem Zeitpunkt waren 49 kg auf 1.75 M kKörpergröße- jeder herausstehende Knochen war gut, jede Kalorie der Teufel. Also ich denke, ich hab das Bild einigermaßen zeichnen können. Wenn sich Teil 2 aktiviert hat, saß ich im kalten Wasser oder knallte mir die Gewichte auf die Langhantel und inhalierte die Kalorien wie eine Doofe. Grob vereinfacht. Da hilft auch keine Therapie, weil das keine echte Essstörung ist, auch wenn sie nach Binge-Eating aussah, ich war ja einfach Teil a und Teil b, die sich erbittert gegenüberstanden.


Egal, es geht ja um Integration

Mit diesem Teil und seinem counterpart hat eine Inetgration, ich möchte lieber Verschmelzung sagen, stattgefunden. Ich habe ein paar Anteile, die mit mir verschmolzen sind, jeder war auf seine eigene Art unmissverständlich " weg und da".

Jetzt ist es so, dass ich ok-ish mit mir bin, mich realistisch sehen kann und tatsächlich (jaha, ich gehöre jetzt zu diesen wilden Leuten, von denen man immer nur in der Zeitung liest) nach 1 Rippe Schokolade aufhören kann zu essen. Und ich esse endlich 3 Mahlzeiten am Tag, die für mich (!) gesund sind.

UND

Ich kann das Gefühl, nur "Körper" gewesen sein zu dürfen, sofort abrufen in seiner Gesamtheit. Wenn mich etwas triggert (mag das Wort nicht) habe ich in mir eine Antwort, warum mich das triggert. Wenn ich traurig bin darüber, dass ich nicht mehr so schlank bin wie früher (weil Frau = Eitelkeit), dann "verstehe" ich das jetzt, weil die Geschichte von diesem Teil jetzt MEINE Geschichte ist.

Konnte ich das verständlich rüberbringen?
Zuletzt geändert von leonidensucher am Mi., 14.09.2022, 22:21, insgesamt 1-mal geändert.
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leonidensucher
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Beitrag Mi., 14.09.2022, 22:18

na ja, 15 STunden ist noch keine Welt. Lass Dir Zeit, kommuniziere aber die Diagnose. Wäre wichtig. Du kannst nämlich jemanden mit DIS richtig schön implodieren lassen, wenn auf eine andere Krankheit hin behandelt wird. Ich bin ein eindrückliches Beispiel dafür.
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leonidensucher
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Beitrag Do., 15.09.2022, 11:08

nun, Du hattest die Frage ja auch nicht gestellt ;) Somit passt das für mich.
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Zephyr
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Beitrag Di., 20.09.2022, 21:07

Ich hoffe es ist okay, wenn ich hier nochmal mit einer Frage reinschneie.
Ich habe ja auch im Rahmen einer kPTBS/ DDNOS Amnesien, DIS wurde mal vermutet, ich schließe das gerade aber eher aus.

Einige hier haben erwähnt, dass sie ihre Amnesien auch nicht erinnern.
Bei mir ist das immer wieder ein Problem - weil ich so keine Chance habe überhaupt ansatzweise sicher zu sein, wie viele Amnesien ich überhaupt habe. Alle paar Monate mal passiert irgendwas eindeutiges, wo selbst ich das nicht mehr verleugnen kann, dass ich da jetzt wirklich was nicht erinnere, was man vermutlich erinnern müsste. Aber selbst das interpretiere ich im Nachhinein (fast zwanghaft) um: Du bist halt vergesslich, vermutlich verwechselt mich mein Kollege da usw.
Und die Augenblicke in denen ich zurück komme, die schneide ich nicht als solche mit.
Ich habe mittlerweile (seit einigen Jahren) insgesamt ein Gefühl von Kontinuität. Ich weiß aber auch, dass funktionieren und “normal sein” unglaublich wichtig ist. Nicht für mich persönlich, aber in mir fährt alles Achterbahn, wenn jemand mitkriegt, dass “etwas nicht stimmt”. Und ich habe mittlerweile d@s Gefühl, dass dieses “nicht auffallen” so wichtig ist, dass die Amnesien sogar vor mir selbst versteckt werden (bzw. ich sie vor mir selbst verstecke, aber eben unbewusst).

Ich möchte aber dringend etwas gegen die Amnesien tun, sie verunsichern mich enorm und verursachen auch privat und beruflich Probleme.
Habt ihr es irgendwie geschafft diese Amnesien bewusster mitzubekommen? Habt ihr es geschafft Auslöser zu identifizieren?

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Candykills
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Beitrag Di., 20.09.2022, 21:28

Damals als die Diagnose kam und ich mir meiner Amnesien ja auch gar nicht bis dahin bewusst war (weil Amnesie für die Amnesie) habe ich erstmal angefangen darauf zu achten. Und ich muss sagen, dass das für mich eher noch mehr verunsichernd war, weil dann natürlich zwangsläufig beim Erkennen einer Amnesie die Frage aufkam: was ist in der Zeit passiert...
Und dann war ich immer noch in dem Dilemma, dass ich aber auch gar nicht so richtig wissen wollte, was passiert ist in der Zeit.

Fazit: mir half es nicht, mich hat es mehr verunsichert, ich achte schon lange nicht mehr drauf und lebe damit entspannter.

Was ich damals machte, um mir der Amnesien bewusster zu werden: regelmäßig auf die Uhr schauen.
Nur dadurch konnte ich wirklich erkennen, dass ich Zeit verliere. Wenn es sich dabei nur um eine halbe Stunde oder Stunde handelt, dann registriert man das natürlich nicht wirklich. Aber ist der Zeitverlust über mehrere Stunden oder Tage, dann kann man das damit ganz gut erkennen.

Auslöser sind ja total individuell. Das hängt halt unter anderem davon ab, was dich oder andere Anteile triggert. Die Zeitverluste entstehen ja dadurch, dass ein anderer Anteil übernimmt.
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LovisTochter
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Beitrag Di., 20.09.2022, 22:32

Mir ging und geht es da ziemlich genauso wie Candy.
Ich habe sehr lange gedacht, dass ich keine Amnesien habe. Ein Grund mehr um an der Diagnose zu zweifeln.
Dann musste ich in der Therapie Tagesprotokolle führen, unterstützt mit einem stündlichen Wecker, um dann zu notieren, was ich in der letzten Stunde getan habe (nur zuhause natürlich nicht bei der Arbeit). Dabei fiel dann halt leider auch auf, dass ich nicht mal jeden klingelnden Wecker mitbekomme, es also nicht nur kurze Pausen für mich sind.
Das war eine totale Horror-Woche für mich, weil eben sehr deutlich wurde, dass es recht viele Amnesien gibt. Ich konnte das gar nicht glauben, weil es mir absolut unmöglich erschien das nicht mitzubekommen. Und diese Ungewissheit, was in der Zeit passiert ist hat mich an den Rand des Wahnsinns getrieben. Dazu kam, dass ich mich unglaublich dafür schäme, wie wenig Kontrolle ich habe.

Mit der Zeit wurde deutlich, dass mein Gehirn das anscheinend ganz geschickt macht. Ich habe z.B. auch immer behauptet, dass natürlich ich arbeiten gehe. Das stimmt aber leider auch nur teilweise. Ich fahre morgens hin und mittags wieder weg. Aber die Arbeitszeit an sich fehlt ganz häufig fast komplett. Mir ist es aber nicht aufgefallen, weil ich ja immer wusste, dass ich hin- und auch wieder weggefahren bin. Darüber, was ich bei der Arbeit gemacht habe, habe ich gar nicht nachgedacht. Und so ist es bei vielen anderen Dingen, insb. in der Vergangenheit auch. Ich weiß z.B., dass ich Abi gemacht habe, auch in welchen Jahren. Aber an die Schule an sich, die Inhalte, etc. habe ich nur sehr wenige Erinnerungen, an die Prüfungen, die Verleihung der Zeugnisse gar nicht. Ich weiß auch, dass ich studiert habe, auch von wann bis wann. Aber an Kurse, Seminare, Vorlesungen oder Leute habe ich 0 Erinnerungen. Da ich nicht über die Inhalte nachgedacht habe, weder bei der Arbeit, noch beim Abi etc. ist auch das erst im Laufe der Zeit rausgekommen, als die Therapeutin genau solche Dinge angefangen hat abzufragen.

Kontrollieren kann ich Wechsel bis heute nicht und genau die verursachen ja die Amnesien. Mir geht es idR auch besser, wenn ich nicht genau drauf achte, frei nach dem Motto: was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Manchmal kann ich in Teilen rekonstruieren was in der Zwischenzeit gemacht wurde, aber nicht so regelmäßig. Die Therapeutin meint, dass es im weiteren Verlauf der Therapie sein kann, dass die Infos aus der Zwischenzeit quasi zu mir durchsickern. Dann sind zwar die Amnesien nicht weg, aber man weiß dann was passiert ist. Ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich will. Momentan macht mir der Gedanke noch ziemliche Angst, denn ich finde sicher nicht alles toll, was hier passiert.

Ich glaube, die Amnesien können erst weniger werden, wenn die zu Wechseln führenden Trigger durch die Bearbeitung der dahinterliegenden Dinge, an Macht verlieren. Aber das ist wohl, zumindest hier, noch ein recht weiter Weg.
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Gespensterkind
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Beitrag Mi., 21.09.2022, 06:27

Es geht mir sehr ähnlich wie die "Vorschreiber". Wenn ich sehr bewusst darauf achte und mir Zeiten notiere, dann fällt auf, wie viele Amnesien ich habe. Selbst während der Arbeit, wo ich das eigentlich nie gedacht hätte.
In der Therapie fragt mich mein Therapeut oft, wann ich morgens "da" war oder ob ich mich an eine Kontinuität bei der Arbeit erinnere. Deshalb hab ich mal begonnen, Zeiten aufzuschreiben.
Aber es stresst mich. Und eigentlich hilft mir das auch nicht weiter, außer mehr Stress dadurch zu haben. Deshalb habe ich das mal als "nicht erste Priorität" zur Seite gelegt. Weil ich es im Moment auch gar nicht ändern kann.
Ich denke, es ist zunächst wichtig, die "Geschichten" dahinter aufzuarbeiten oder zumindest kennenzulernen und zu verstehen, damit es mehr und mehr zu einer Kontinuität werden kann.

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Montana
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Beitrag Mi., 21.09.2022, 07:34

LovisTochter hat geschrieben: Di., 20.09.2022, 22:32 Ich glaube, die Amnesien können erst weniger werden, wenn die zu Wechseln führenden Trigger durch die Bearbeitung der dahinterliegenden Dinge, an Macht verlieren.
Ich bin nicht überzeugt davon, dass Trigger zu Wechseln führen. Jedenfalls nicht Trigger in dem Sinne, wie sie in der Traumatherapie gemeint sind. Denn das Verlieren von Zeit auf der Arbeit kenne ich auch. Da wurde aber immer Sinnvolles getan und durchaus auch Dinge, die ich nicht so gut könnte. Und wenn der "Trigger" dafür ist, dass ich im Büro ankomme oder Aufgabe xy ansteht, dann ist das nichts, was verhindert werden sollte. Die Lösung dafür wäre vielmehr, dass es keine Trennung zwischen diesem Arbeits-Anteil und mir mehr gibt. Würde einfach kein Wechsel mehr stattfinden, dann säße ich hilflos im Büro (und genau das ist auch schon passiert).

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