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So., 05.01.2020, 15:13
Dieses "Beispiel" mit den Studierenden ist auch wieder ein Teil deiner schrägen Argumentation Tipsy. Was bitte schön haben Studierende mit schlechten Studienbedingungen oder nichtakademischer Herkunft mit Psychotherapie zu tun? Schlechte Startbedingungen im Studium oder auch im Leben allgemein sind zwar bedauerlich, aber kein Fall für Psychotherapie. Selbst Scheitern im Leben und der Abbruch eines Studiums sind zunächst mal ein wirtschaftliches/soziales Problem und kein psychotherapeutisches. Psychotherapie darf nur dann durchgeführt werden, wenn es auch eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung gibt. Ich kenne keine ICD-Diagnose "Schwierigkeiten im Studium". Studienprobleme sind etwas, dass in die Hände von Sozialarbeitern, Sozialpädagogen oder ggf. Coaches gehört, nicht in eine Psychotherapie. Anders sieht es aus, wenn damit verbunden z.B. eine Angsterkrankung auftritt z.B. in Form einer sozialen Phobie oder phobischen Prüfungsängsten. Die können i.d.R. gut psychotherapeutisch behandelt werden.
Ich wüsste auch nicht, wie eine Psychotherapie da ein Problem erzeugen oder suggerieren sollte, das nicht da ist. Entweder der Student hat Prüfungsängste, oder nicht. Und er hat sie schon vor der Therapie, sonst würde er nicht hingehen. Was natürlich weniger Eindeutig ist, ist die Ursache für die Ängste. Hier kann der Psychotherapeut vielleicht aufgrund seiner Erfahrung Hypothesen haben, aber die können natürlich falsch sein. Das ist aber auch kein Problem, weil ein fachgerecht arbeitender Psychotherapeut das weiß und sich immer bewusst ist, dass es sich bei seinen Deutungen nur um Hypothesen handelt und dementsprechend damit umgeht. Dass du quasi denkst, der Therapeut würde dem Patienten jetzt sagen: "Der Grund für dein Problem ist X und deshalb musst du jetzt Z machen, zeigt mir eben, dass du schlicht und ergreifend nicht weißt, was Psychotherapie ist und wie sie funktioniert. Ein Therapeut wird dir - sofern er korrekt arbeitet - nie sagen, was die Ursache für dein Problem ist und was du dagegen tun musst, er wird dich immer nur begleiten und dich unterstützen, das selbst herauszufinden. Dazu wird er u.U. auch zu gegebener Zeit eigene Hypothesen einbringen, aber diese dann auch als solche kennzeichnen und dich immer auffordern, für dich zu prüfen, ob das so sein könnte und sich für dich stimmig anfühlt. Niemand kann in deinen Kopf und dein Herz schauen, auch kein Therapeut. Deshalb kannst auch nur du entscheiden, was für dich gut ist, was du von dem, was dir ein Therapeut anbietet nimmst und was nicht.
Mir hat mal jemand gesagt: "Es kommt mir nicht darauf an, wie der Patient sich entscheidet, sondern ob er es aus den richtigen Gründen tut, also bewusst in Kenntnis aller Chancen und Risiken seine Entscheidungen trifft." Das bedeutet, dass im Fall des Studenten mit Prüfungsangst es sein kann, dass es in einem Fall gut sein kann, daran zu arbeiten, sich den Ängsten zu stellen und sich unangenehmen und bedrohlichen Gefühlen auszusetzen und sie auszuhalten, wenn z.B. der Grund für die Prüfungsängste in einer schlechten Selbstwirksamkeit liegt, weil man nur so korrigierende Erfahrungen machen kann. Es kann aber auch sein, dass die Prüfungsängste den Grund haben, dass ich eigentlich gar keine Angst vor der Prüfung an sich habe, sondern davor, mit dem Studium fertig zu werden und in dem Beruf arbeiten zu müssen, z.B. weil ich diesen Beruf nur wegen meiner Eltern gewählt habe und ihn eigentlich gar nicht ausüben will. In diesem Fall wäre es besser, nicht zu den Prüfungen zu gehen und statt dessen daran zu arbeiten, was ich statt dessen machen möchte und wie ich es schaffe, das meinen Eltern beizubringen. Es gibt also gar nicht die richtige Lösung, die immer und für alle Patienten richtig ist. Deshalb kann dir auch kein Therapeut sagen, was für dich richtig und gut ist und das ist auch gar nicht seine Aufgabe. Seine Aufgabe ist eher, mit dir Hinzuschauen und dafür zu sorgen, dass du alles anschaust. was wichtig sein könnte und nicht (z.B. durch Verdrängung) wichtige Dinge übersiehst und dadurch zu für dich falsche Entscheidungen oder Verhaltensweisen gelangst, die du später bereust und dir dadurch evtl. weitere psychische Probleme bereiten.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...