Selbstgespräche- normal oder nicht?

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spirit-cologne
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Beitrag Fr., 29.06.2018, 23:41

Hallo Rynn, weißt du "normal" ist so ein wenig konkreter Begriff. Wenn du "normal" meinst im Sinne von "kommt häufig vor" würde ich sagen, in deinem Alter nein. Wo man ein ähnliches Verhalten oft beobachten kann, ist bei Kindern bis zu 10 Jahren, die oft "Phantasiefreunde" haben und sich mit denen auch unterhalten und interagieren, aber in deinem Alter ist das - zumindest in dem Ausmaß und der Ausformung wie du es beschreibst - wohl eher ungewöhnlich. Dass man mal mit sich selbst schimpft oder sich selbst anfeuert kommt dagegen bei vielen Menschen vor.

Wenn du "normal" im Sinne von "nicht krank" bezeichnest, würde ich sagen, dass es davon abhängt, ob du darunter leidest und ob du das Gefühl hast, das selbst beeinflussen zu können. Das geht aus deiner Schilderung nicht so ganz eindeutig hervor, du schreibst es sei "so eine Art Zwang" geworden. Wenn es dich nicht stört, und du es nur als eine Art "Spleen" von dir empfindest, den du auch wieder ablegen kannst, wenn du willst, finde ich das unbedenklich. Wenn du aber darunter leidest und den Eindruck hast, dass du das nicht mehr steuern kannst, oder dass es sogar gar nicht von dir sondern "von außen" kommt, dann würde ich mich an deiner Stelle schon mal von einem Kinder- und Jugendpsychiater untersuchen lassen.

Unabhängig von diesem Verhalten fände ich es aber auf jeden Fall gut, wenn du dir Hilfe holen würdest, weil du ja unabhängig von deinen Selbstgesprächen offenbar große Angst vor deinem Vater hast, die du vermutlich nicht alleine in den Griff bekommst, da du ja schreibst, dass du dich immer mehr zurückziehst und die Selbstgespräche scheinen ja auch eine Reaktion auf deine Einsamkeit und die fehlende Unterstützung deiner Eltern zu sein. Das finde ich bedenklich und das tut dir in deiner Entwicklung nicht gut. Es gibt mehrere Wege, wie du dir Hilfe suchen kannst. Entweder du sprichst in der Schule jemanden an (Vertrauenslehrer, Schulsozialarbeiterin, Schulpsychologin) oder du kannst dich ans Jugendamt oder den Kinderschutzbund richten oder du suchst dir eine Kinder- und Jugendlichentherapeutin, die dir hilft damit klar zu kommen. Mit 15 kannst du das übrigens alleine entscheiden, du brauchst nicht das Einverständnis deiner Eltern. Du musst auch nicht direkt eine Therapie anfangen, sondern kannst dich erstmal ausführlich beraten lassen.

Ich wünsche dir viel Mut und Kraft, achte auf dich! :)
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

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Rynn
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 12:41

Hallo,
Ich bedanke mich schonmal für die Antwort. Zu der Sache mit dem Zwang:
Ich kann diese Selbstgespräche nicht kontrollieren. Bei mir Zuhause lenken sie mich oft von den Dingen die ich mache ab und es nervt auch nach längerer Zeit. In der Schule führe ich sie im Kopf wodurch ich in eine Art Tagtraum komme und nichts mehr mitbekomme oder meine Aufgaben nicht in der vorgegebenen Zeit nicht schaffe.

Ich kann auch nicht zu einem Psychologen gehen ,weil ich in einem recht kleinen Dorf lebe und die nächste Stadt mit einem Psychologen mehrere Kilometer entfernt liegt und meine Eltern würden auch nicht mit mir hingehen, weil beide bis Abends auf Arbeit sind und es zeitlich nicht klappen würde. Das Jugendamt ist auch in der gleichen Stadt und ich will da auch nicht wirklich hin...
Mit meinen Schulpsychologinen hatte ich auch schon ein Gespräch diese haben mir aber nicht geholfen und haben es einfach ignoriert.

-Mit freundlichen Grüßen

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spirit-cologne
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 14:23

Rynn hat geschrieben: Sa., 30.06.2018, 12:41 Ich kann auch nicht zu einem Psychologen gehen ,weil ich in einem recht kleinen Dorf lebe und die nächste Stadt mit einem Psychologen mehrere Kilometer entfernt liegt und meine Eltern würden auch nicht mit mir hingehen, weil beide bis Abends auf Arbeit sind und es zeitlich nicht klappen würde. Das Jugendamt ist auch in der gleichen Stadt und ich will da auch nicht wirklich hin...
Rynn, ich verstehe, dass du Angst vor einem solchen Schritt hast. Und ich glaube deine o.g. Argumente sind Ausdruck dieser Angst. Ist ja auch o.k., aber du solltest dir das klar machen, dass es die Angst ist, die dich davon abhält und nicht die äußeren Umstände. Du bist ja keine 7, dass du dich nicht alleine in den Bus setzen und in die nächste Stadt fahren könntest, sondern 15. Du wirst bald erwachsen und es ist wichtig, zu lernen, selbst die Verantwortung für dich zu übernehmen und dich zu trauen, für deine Rechte einzustehen. Und der erste Schritt dazu ist Ehrlichkeit zu dir selbst. Es ist ja verständlich, dass ein solcher Schritt nicht leicht ist, wenn die Eltern dich nicht unterstützen und vielleicht hast du gute Gründe, dir Sorgen zu machen, was passiert, wenn du einen solchen Schritt gehst. Aber denke auch daran, dass es deine Zukunft ist, die auf dem Spiel steht, wenn dich das Ganze so beeinträchtigt, dass du in der Schule kaum noch klar kommst. Schau, das du irgendeinen Erwachsenen findest, der dich unterstützt: Vielleicht ein Verwandter, Lehrer, Sporttrainer oder was auch immer.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

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Hiob
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Beitrag So., 01.07.2018, 14:34

Das Jugendamt würde ich nicht angehen, das wird man nicht mehr so leicht los.

Ich würde meinen Eltern in einem gut durchdachten Brief klar machen, wie stark mich das Problem belastet und sie um Hilfe bitten. Dich über eine gewisse Zeit mal zu einem Psychologen zu fahren, ist sicher nicht zu viel verlangt. Ein Brief ist hier vielleicht die einfachere Lösung als ein Gespräch, weil dir dann keiner dazwischen schnattert und du dich besser aufs wesentliche konzentrieren kannst. Und ein Brief ist an sich schon etwas , was mehr Aufmerksamkeit verlangt und seinem Wesen nach Ernsthaftigkeit signalisiert.

Grundsätzlich sind Gespräche mit dir selbst ein wichtiges Hilfsmittel für dich, mit dir und deinem Leben zurecht zu kommen, Gedanken zu ordnen. Mit diesem Hilfsmittel ist es wie mit einem Werkzeug, man muss nach und nach lernen, damit umzugehen, es gestalterisch und positiv einsetzen. Ab und an muss jede Bohrmaschine mal in den Schrank. Ich glaube nicht, dass du das komplett aufgeben solltest. Ich empfinde es eher so, dass du in der Art und Weise, wie du mit dir redest, sogar einen gewissen Schatz hast. Den würde ich mir auf jeden Fall bewahren, mit der Hilfe eines Psychologen oder zur Not auch alleine. Wenn es nicht anders geht, würde ich vielleicht noch solange warten, bis ich alleine mit dem Bus oder Moped in die Stadt fahren kann, zur Not mit dem Fahrrad. Generell ist es bei deinem Thema aber wichtig, dass dich dieser Helfer ernst nimmt und du das Gefühl hast, dass er dir helfen möchte.

Hiob

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