Wo beginnt der Missbrauch?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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candle
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Beitrag Fr., 10.04.2009, 23:54

Erstmal liebe metropolis bist Du erwachsen. Du mußt das für Dich regeln, denn auf Muttergefühle, die eher wenig vorhanden waren, werden nun nicht plötzlich auftauchen.

Es gibt da ja Möglichkeiten: Du stellst Dich oberflächlich gut mit Deiner Mutter, der Kontakt bleibt, aber damit wird es Dir womöglich schlecht gehen.

Oder Du wartest weiter und sie wird nichts sagen und Dir wird es schlecht gehen.

Verarbeiten kann man das in der Therapie.

Ich denke diese versuchten Übergriffe sind nur die Spitze des Eisberges auf den Du zufährst.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

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metropolis
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Beitrag Sa., 11.04.2009, 11:37

Josie hat geschrieben:ZWEI der Männer deiner MUTTER haben DICH angemacht.
Das erscheint mir eine sehr auffallende Parallele zu sein.
Ja und diese Parallele ist auch nicht zufällig da. Ich bin ohne Vater aufgewachsen und war Zeit meines Lebens auf der Suche nach Nähe zu Männern (auf einer Vater-Tochter-Ebene). Dass diese Bemühungen um Nähe auch erotisch geprägt waren, liegt daran, dass ich gefallen wollte, sei es bei meinen Ersatzvätern oder bei Freunden der Familie. Das war wahrscheinlich die einzige Möglichkeit die ich sah, um diese Nähe zu bekommen. Was ich aber wollte, war ein Vater und nicht jemanden, der mich begehrt.

Aber unabhängig von meinen widersprüchlichen Verhalten, ist es Aufgabe des Erwachsenen, sich abzugrenzen und mein Nähebedürfnis nicht auszunutzen. Und auch meine Mutter hätte bei diesem Kokettieren eine Grenze ziehen müssen. Im Grunde scheint es so, als sei ich selbst an den Übergriffen schuld, andererseits war ich ein Kind, das ´dafür nicht verantwortlich gemacht werden sollte.

Dass deine Mama dich und deine Bedürfnisse nicht wirklich zur Kenntnis genommen hat? Deine Befindlichkeiten nciht ernst nahm?

Allerdings! Dieses Verhalten gipfelte in einem Vorfall, als ich 16 war. Ich hatte damals extreme Suizidgedanken und war auch dabei meinen Selbstmord zu planen. Ein Buch ("Suizid"), das ich zu diesem Zweck gekauft, fand sie zufällig in einem meiner Verstecke. Sie fragte mich ob sie sich jetzt Sorgen machen müsse, was ich verneinte. Also gab es keine weiteren Konsequenzen. Irgendwann davor oder danach (weiß ich nicht mehr) sagte sie mir, dass ja jeder Jugendliche früher oder später mal an Selbstmord denkt, dies aber nur eine Phase sei, die wieder vorbei gehe.
Also, ehrlich gesagt: da einen wie auch immer gearteten cut zu ziehen, ist vielleicht erstmal nicht das schlechteste. Schließlich wirst du wieder enttäuscht.


Darauf lasse ich es jetzt mal ankommen. Erst will ich ihre direkte Reaktion sehen, bevor ich über einen Kontaktabbruch (oder soetwas in der Art) nachdenke.
Vielleicht solltest du genau diese Chanche ergreifen: dass du, alleine, auf dich gestellt, jetzt erstmal GUT für dich sorgst. Du für dich!
Oh Mann, hoffentlich sehe ich irgendwann einen Weg von diesem Thema und meiner Mutter loszukommen um mich auf mich zu konzentrieren.

Danke Josie

candle hat geschrieben:Erstmal liebe metropolis bist Du erwachsen.
Ja vom Alter her bin ich wohl erwachsen, aber tief in mir bin ich noch das 15jährige Mädchen von damals. Emotional bin ich keineswegs erwachsen. Das meinte auch meine Mutter einmal.
Es gibt da ja Möglichkeiten: Du stellst Dich oberflächlich gut mit Deiner Mutter, der Kontakt bleibt, aber damit wird es Dir womöglich schlecht gehen.

Oder Du wartest weiter und sie wird nichts sagen und Dir wird es schlecht gehen.
Hört sich so an, als würde es mir schlecht gehen, egal was ich tue...das sind ja Aussichten. Aber ich habe es so gewollt. Hätte ich die Klappe gehalten, wäre die scheinbar heile Welt noch intakt. Aber das wäre ein zu hoher Preis gewesen. Ich finde es für mich richtig dieses Risiko eingegangen zu sein.

Ich denke diese versuchten Übergriffe sind nur die Spitze des Eisberges auf den Du zufährst.
Aber ich kann jetzt nicht mehr ausweichen. Ich halte direkt drauf zu. Warum nicht auch gleich mit den Rest der Familie abbrechnen, wenn das Schiff schon untergeht. Man wird mutig, wenn die Stuation sowieso ausweglos scheint.

Auch dir danke candle.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

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Josie
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Beitrag Sa., 11.04.2009, 12:14

Hi Metropolis,

ich denke, dass die derzeitige Lage eine ganz große Chance für dich birgt.

So schmerzlich es sein mag - alte, unaufgelöste (Familien-)Themen kommen ans Tageslicht und es besteht die Möglichkeit, diesen ganzen Sumpf trockenzulegen und, soweit möglich, aufzulösen.

Dies geht nicht ohne schmerzliches Hinschauen. Die andere Alternative wäre, (wieder) das Verdrängungs-Deckmäntelchen darüber zu breiten.

Ich wünsche Dir viel Kraft und Zuversicht für´s Durch-Gehen!

LG,

Josie

P.S.: was ist denn mit deinem leiblichen Vater? gibt´s da gar keinen Kontakt? kennst du ihn überhaupt?
Josie

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Josie
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Beitrag Sa., 11.04.2009, 12:30

Holla,

habe gerade nochmal nachgelesen - anscheinend waren alle drei übergriffigen Männer in irgendeiner Form mit deiner Mutter verbandelt? (entweder Freunde oder Affairen?)

Hast du das deiner Therapeutin schonmal gesagt?

Ich finde das sehr, sehr auffällig.

LG,
Josie

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metropolis
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Beitrag Sa., 11.04.2009, 16:28

@Josie

Ich habe in dieser Sache anfangs auch eine große Chance gesehen, um zwischen meiner Mutter und mir etwas zu ändern, und uns näher zusammen zu führen. Mittlerweile weiß ich nicht ob dass von meiner Mutter aus auch erwünscht ist.

Zu meinem leiblichen Vater kannst du alles wichtige in meinem Beitrag zu "Beziehung Vater-Tochter" nachlesen. Schau mal in meine Beitragsliste.

Ich finde die Rolle der übergriffigen Männer auch auffällig (der erste eine Affäre, der zweite aus unserem Freundeskreis und der dritte der Lebensgefährte). Wie gesagt, ich hatte den Ansatz des Vaterersatzes, den ich suche. Und um den zu bekommen, sende ich unterschwellig verführende Signale. Das ist auch die Fährte meines Therapeuten, wobei es ihm natürlich fernliegt, mir die Verantwortung zuzuschreiben. Wir sind darauf gekommen, weil ich genau das gleiche in der Therapie versuche, sprich ihn zu verführen, aber erwarten, dass er die Grenzen einhält. Weil nichts liegt mir ferner als das letztendlich anzunehmen, was ich da provoziere.
Ein andere Idee wäre auch, dass meine Mutter und ich Konkurrentinnen sind, die sich an den gleichen Männern messen, obwohl das auf den zweiten Vorfall nicht zutrifft.

Ich weiß auch nicht. Warum findest du es auffällig. Was vermutest du? Was könnte meine Mutter dazu bewegen, solche Situationen immer wieder (un-)bewusst zuzulassen?

LG metropolis
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candle
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Beitrag Sa., 11.04.2009, 16:37

metropolis hat geschrieben: Hört sich so an, als würde es mir schlecht gehen, egal was ich tue...das sind ja Aussichten. Aber ich habe es so gewollt. Hätte ich die Klappe gehalten, wäre die scheinbar heile Welt noch intakt. Aber das wäre ein zu hoher Preis gewesen. Ich finde es für mich richtig dieses Risiko eingegangen zu sein.
Ich finde das wirklich bewundernswert wie Du das machst. Ich bin ja so eine die es erstmal jahrzehnte nicht gemerkt hat und dann noch Jahre nachgelaufen ist.

Bleib stark!

candle
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Josie
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Beitrag Sa., 11.04.2009, 20:10

Hallo Metropolis,

was genau dahinter steckt - da habe ich leider keine konkrete Vermutung.
Aber wenn deine Mama solche Übergriffe (in ihrem Beisein) nicht verhindert hat bzw. in dem einen Fall sogar noch angeheizt hat, ist es vielleicht möglich, dass sie selber so übergriffig behandelt wurde und daher dies als "normal" einstuft. Wie gesagt, nur eine vage Spekulation.

Und als sie NICHT dabei war: wenn das Vertrauensverhältnis stimmt, kann ein Kind normalerweise zur Mutter gehen und sich anVERTRAUEN. Es kann gut sein, dass du schon unterschwellig gespürt hattest, dass das eh nichts bringt - und du´s, um dieser Enttäuschung vorzubeugen, das Ganze gleich selber ertragen hast....

Wir haben auch eine Missbrauchsgeschichte in unserer Familie (der Täter war aber kein Familienmitglied), eine Therapeutin meinte dazu, dass dieser Missbrauch in dieser Form gar nicht hätte passieren können, wenn das Kind (sie war 7) sich anvertrauen hätte können. Täter spüren sowas. Die suchen sich Opfer, die sich nicht wehren. Ich fragte mich auch: was wäre gewesen, wenn sie sich ihren Eltern anvertraut hätte? Die Antwort fiel erschreckend aus: es hätte sein können, das das Ganze vertuscht worden wäre, schließlich war der Täter ein angesehener Prof, über 70ig (dieses widerliche *****), das Ganze ist schon Jahrzehnte her, damals wars ja nochmal schlimmer, vom Vertuschen her.....

Was gut ist: dass du schon genau weißt, dass DU NICHT die verantwortung für die Vorfälle hast: die hat IMMER der Erwachsene; selbst wenn das Kind kokettierend um ihn herumspringen würde, kann sich der Erwachsene nicht aus seiner Verantwortung herausreden.

Alles Gute auf deinem Weg wünscht
Josie

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metropolis
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Beitrag Fr., 17.04.2009, 19:56

@Josie
was genau dahinter steckt - da habe ich leider keine konkrete Vermutung.
Aber wenn deine Mama solche Übergriffe (in ihrem Beisein) nicht verhindert hat bzw. in dem einen Fall sogar noch angeheizt hat, ist es vielleicht möglich, dass sie selber so übergriffig behandelt wurde und daher dies als "normal" einstuft. Wie gesagt, nur eine vage Spekulation.
Ich denke nicht, dass ihr einmal soetwas passiert ist. Allerdings kann ich auch nicht einschätzen, ob sie mir davon erzählen würde, wenn es so wäre. Abwarten.
Auf jeden Fall, war sie als Kind ähnlich schüchtern und ängstlich wie ich. Sie hätte sich in einer solchen Situation auch nicht wehren können. Erst als Erwachsene schien sie diese Schüchternheit ablegen zu können. Ich kenne sie nur mit einem fast unerschüttlerlichen Selbstbewusstsein und einer gewissen Gefühlskälte. Wie es dazu kam, verstehe ich auch nicht.

@candle

ich weiß deine aufbauenden Worte sehr zu schätzen (diese Seite von dir zeigst du nicht oft )
Danke


Nun ja, es gibt eine frohe Botschaft zu verkünden. Das Telefonat hat endlich stattgefunden (letzten Sonntag). Was kritisch anfing, wurde dann doch noch gut.

Meine Mutter wollte mir erst Frohe Ostern wünschen und fragte fröhlich wie es mir ginge. Aber damit konnte ich in meiner Wut nicht viel anfangen. Also ließ ich erst mal Frust ab: wie enttäuscht ich gewesen wäre, dass sie mich drei Wochen allein gelassen hat... dass ich ihr anscheinend nicht wichtig genug bin um sonstige Erledigungen hintenanzustellen...dass es mir schlecht gegangen wäre...ich habe ihr alles gesagt. Sie fing dann an, dass sie ja keine Zeit gehabt habe und das Übliche blabla, das ich mir nicht mehr anhören wollte. Sie hätte mir ja auch mal zwischendurch bescheid geben können, dass sie mich nicht vergessen hat, aber einfach nicht die nötige Zeit für solch ein ausführliches Gespräch hat..
Ich hatte sie wiedermal gekränkt und in die Enge getrieben. Deshalb wollte sie das Gespräch wieder beenden.
Aber das ließ ich nicht zu und versuchte weiterhin ihr meine Perspektive begreiflich zu machen. Als sie es dann anscheinend geschnallt hatte, fing sie an Fragen zu stellen zu den Vorfällen. Wir sprachen also relativ ausführlich darüber, was mir leichter fiel als gedacht.

Das Positive:
Sie verurteilt die beiden Männer aufs Schärfste. Sie kann nicht verstehen wie man Kindern soetwas Widerwärtiges antun kann.
Die perfekte Fassade ihres Ex-Lovers und Familienfreunds ist ordentlich gebröckelt und sie hat ihre Meinung grundlegend über ihn geändert.
Sie hat eingesehen wie sehr man sich in guten Freunden, die vertrauensvoll und vollkommen normal wirken, täuschen kann.
Sie erklärte mir warum sie Silvester 2000 nichts gemerkt hatte.
Ihrem LG tut es schrecklich leid, was er mir zu Silvester zugemutet hat. Und es sei eigentlich nicht seine Art.
Also im Großen und Ganzen Verständnis für meine Situation.

Der Wermutstropfen:
Die Einsicht, dass es an unserem schlechten Mutter-Tochter-Verhältnis lag, das ich mir nicht anvertrauen konnte, ist sehr begrenzt.
Sie scheint nicht zu glauben, dass sie Silvester 2000 hätte etwas merken müssen. Sie wollte also keine Mitverantwortung übernehmen.
Auch bei dem Silvester mit ihrem LG schien sie die keine Schuldgefühle zu haben, mich in seine Arme gedrängt zu haben.


Aber ich bin nun unendlich erleichtert, fühle mich nun gestärkt und hoffe auch weiterhin die Kraft zu haben, offen mit meiner Mutter reden zu können, auch wenn man sie anscheinend erst noch zu einer verständnisvollen, aufmerksamen Mutter erziehen muss.

LG

metropolis
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Theodor Storm

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candle
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Beitrag Fr., 17.04.2009, 20:28

Für mich frustrierend und sehr bekannt: Sie hat alle "Schuld" auf andere geschoben. Und ihr Anteil ist offenbar im Geschwalle zurückgeblieben- Schade!

Nun, umerziehen wirst Du sie nicht, aber wenn Du das für Dich erstmal als Teilerfolg wertest, will ich nicht dagegen reden.

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metropolis
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Beitrag Fr., 17.04.2009, 20:40

candle hat geschrieben:Für mich frustrierend und sehr bekannt
Hast du ein solches Gespräch schon hinter dir? Ich dachte du hättest es für dich behalten. Muss ich wohl noch mal nachlesen
Nun, umerziehen wirst Du sie nicht, aber wenn Du das für Dich erstmal als Teilerfolg wertest, will ich nicht dagegen reden.
Naja, ich empfinde es schon als Umerziehen. Im Telefongespräch wirkte es als würde ich ihr beibringen, wie sie sich jetzt verhalten müsste, wenn sie eine gute Mutter wäre. Also ich war die Starke.
Frustrierend ist das schon, weil sie ja diejenige sein müsste, die mich auffängt, wenn ich mich schwach fühle. Stattdessen scheine ich sie aufzufangen.
Das ist fürwahr frustrierend.
Auch ihr fehlendes Bewusstsein für ihre eigene Verantwortung ist eine Enttäuschung. Aber von so einer Mutter kann man nicht alles haben. Da muss man sich auch mit kleinen Gesten zufrieden geben. Ansonsten werde ich für immer mit meiner Unzufriedenheit hadern.
Vielleicht hat sie das Telefonat ein bisschen zum Nachdenken über ihr eigenes Verhalten gebracht, ohne dass sie es mir sofort signalisiert.

Noch bin ich optimistisch...
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caro66
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Beitrag Sa., 18.04.2009, 14:41

Hallo metropolis,
ich finde, dass hast Du richtig klasse gemacht. Du hast den Mut gehabt, Deine Mutter anzurufen und hast Deinem Ärger Luft gemacht...
metropolis hat geschrieben:Im Telefongespräch wirkte es als würde ich ihr beibringen, wie sie sich jetzt verhalten müsste, wenn sie eine gute Mutter wäre. Also ich war die Starke.
Ich denke, es sind vielleicht eher nicht erfüllte Erwartungen - vielleicht von beiden Seiten. Ich hatte Dir geschrieben, dass ich momentan mit meiner Mutter ähnliches "durchgemacht" habe. Meine Mutter ist unheimlich selbstgerecht und -mitleidig, sieht immer nur, was sie für andere tut. Leider nie, was andere für sie tun. Das hatte zu einem heftigen Streit zwischen uns beiden geführt. Dann war für 5 Wochen Funkstille. Natürlich ging es mir in der Zeit nicht gut - meiner Mutter sicherlich auch nicht. Aber dieses "Nicht-gut-gehen" lief auf völlig verschiedenen Ebenen ab. Mittlerweile bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass es nichts bringt, ihr meine Sicht der Dinge zu vermitteln. Letztendlich war mein an sie geäußerter Wunsch derjenige, "dass ich mir von ihr wünsche, dass wir vernünftig miteinander umgehen". Mehr blieb mir nicht. Seitdem ich das ausgesprochen habe, geht es mir wesentlich besser. Meine Mutter muss mit ihrer Selbstgerechtigkeit, mit ihrem Selbstmitleid alleine klarkommen. Ich habe mich den gesamten Zeitraum über auch als die Starke empfunden. Was ich natürlich immer noch nicht weiß ist, ob sie vielleicht auf die "Tränendrüse gedrückt hat" (Schau doch mal, wie ungerecht alle zu mir sind und wie schlecht es mir geht.) Tut mir leid, ich kann damit nicht viel anfangen. Mich hat das nicht im geringsten berührt.
metropolis hat geschrieben:Auch ihr fehlendes Bewusstsein für ihre eigene Verantwortung ist eine Enttäuschung.
Auch das empfinde ich in meinem Fall genauso. Ich denke, die wenigsten Menschen suchen - in gerade so einer Situation - die Schuld immer nur bei anderen. Weil's so schön einfach ist...
Nochmal Hut ab für Deinen aufgebrachten Mut...
Liebe Grüße, Caro

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metropolis
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Beitrag So., 13.09.2009, 12:52

Ich dachte mir, ich erzähle mal kurz die Fortsetzung meiner Geschichte
candle hat geschrieben:
Nun, umerziehen wirst Du sie nicht, aber wenn Du das für Dich erstmal als Teilerfolg wertest, will ich nicht dagegen reden.
Dass umerziehen weder möglich noch wünschenswert ist, zweifle ich noch immer an. Deshalb arbeite ich auch beständig unserer Mutter-Tochter-Beziehung, denn wenn der andere umerzogen werden möchte (was sie mir in einer Email schrieb) besteht durchaus eine gute Chance, dass sie Veränderungen in Angriff nehmen kann, die bisher nicht für sie möglich waren.

Und genau diese Tendenz zeichnet sich gerade ab

Mit meiner Mutter hatte ich zwar nach dem oben erwähnten Telefonat nicht mehr über die Vorfälle gesprochen, aber mit ihrem Lebensgefährten, der in einen der Vorfälle involviert war, hatte ich in klärendes Gespräch, das uns nun ein normales Verhältnis ermöglicht. Ich fühle mich mittlerweile solchen Siituationen, die mich früher überfordert haben, gewachsen. Ich weiß jetzt, wie ich mit Grenzüberschreitungen erwachsen umgehen kann, fühle mich nicht mehr hilflos und ausgeliefert.

Eine Freundin von mir, die auch mit meiner Mutter in Verbindung steht, berichtete mir, dass meine Email über die Missbrauchsfälle tatsächlich ein großer Schock für meine Mutter war, durch den sie geradezu sprachlos war. Das ist mir schon mal wichtig darüber Gewissheit zu haben.
Eben diese Freundin war dann auch bei einem langen Streitgespräch zwischen meiner Mutter und mir in vermittelnder Rolle dabei und hat es uns ermöglicht nach vielen Stunden der Auseinandersetzungen dann doch wieder zueinanderzufinden und zu verstehen, was der andere braucht. Eine sehr befriedigende und erfüllende Erfahrung..

Weiterhin scheint sich meine Mutter immer mehr zu öffnen, beginnt von sich aus Gespräche über unsere gemeinsame Vergangenheit, erzählt mir, an was sie sich erinnert, gesteht Fehler ein.
Zu besagter Freundin sagte sie, wie sehr es sie wütend macht, dass sie sich nicht mehr so gut an früher erinnern kann wie ich. Sie würde gern mehr mit mir über damals sprechen, aber ihr Erinnerungsvermögen lässt es nicht zu.
Und was mir am meisten bedeutete...Meine Mutter sagte ihr auch, dass sie bereit wäre mit mir zu meinem Therapeuten kommen würde, damit wir Dinge gemeinsam klären können. Sie verstehe diese Therapiesache zwar nicht, aber wenn es mir hilft, würde sie es machen.

Also nicht, dass ich sie tatsächlich mitnehmen würde. Ich halte das für unsere Kommunikation gar nicht für nötig und sehe auch nicht wie ein Therapiegespräch etwas ändern würde, aber allein die Geste ist für mich unheimlich wertvoll, vor allem wenn man bedenkt, dass sie bisher nicht hinter meiner Therapie stand.

Ach es verändert sich gerade so viel, das stimmt mich wirklich optimistisch.

LG

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Beitrag So., 13.09.2009, 15:07

Das sind ja dolle Nachrichten! Toll, dass es für Dich so läuft.

Eines gefällt mir allerdings nicht so an der Sache: Nämlich, dass Du mit dieser Freundin über Deine Mutter kommunizierst. Es gibt Dinge, die solltest Du Deiner Mutter persönlich sagen und umgekehrt und nicht über einen Dritten. Das kann irgendwann mal nach hinten losgehen.

Aber das Gespräch zu dritt, mit der gemeinsamen Freundin als Mediator finde ich prima. Und genau das fände ich auch bei einem Therapeuten für angedacht, denn alles kann man mit dieser Freundin nicht klären. Da wird sicher auch von allen Seiten etwas Befangenheit da sein bei bestimmten Themen.

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metropolis
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Beitrag Mo., 14.09.2009, 08:24

candle hat geschrieben:
Eines gefällt mir allerdings nicht so an der Sache: Nämlich, dass Du mit dieser Freundin über Deine Mutter kommunizierst. Es gibt Dinge, die solltest Du Deiner Mutter persönlich sagen und umgekehrt und nicht über einen Dritten. Das kann irgendwann mal nach hinten losgehen.
Naja ganz so ist es nicht. Meine Mutter ist diejenige, die über meine Freundin mit mir zu kommunizieren scheint. Sie hat ja ohne mein Wissen mit ihr darüber gesprochen, was mir meine Freundin dann berichtete. Ich habe ihr keine Botschaften mit auf den Weg gegeben. Ich fände es auch eine eigenartige Sache, wenn wir nur über meine Freundin über bestimmte Probleme sprechen könnten. Da hast du recht das geht früher oder später nach hinten los.
Aber meine Mutter hat große Schwierigkeiten über ihre Gefühle und Ängste zu sprechen, deshalb hat sie wahrscheinlich diesen Weg gewählt. Wie ich nun an die Botschaft rankomme, die für mich bestimmt war, aber noch nicht bei mir angekommen ist, das ist die große Frage. Meine Mutter schweigt wie immer zu diesem Thema, da bleibt ja eigentlich nur noch, dass ich sie frage. Schwierig, schwierig...


Fest steht, das mein Therapeut wohl nicht der ideale Vermittler wäre. Er ist derjenige, der am befangensten ist.

LG

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Beitrag Mo., 14.09.2009, 08:54

metropolis hat geschrieben: Sie hat ja ohne mein Wissen mit ihr darüber gesprochen, was mir meine Freundin dann berichtete.
Findest Du das denn gut? Also ich bekomme da Grummeln im Bauch, wenn ich denke mir würde das so passieren.
Meine Mutter schweigt wie immer zu diesem Thema, da bleibt ja eigentlich nur noch, dass ich sie frage.
Ja das ist schwierig und dem solltest Du irgendwie beikommen.

Ich hatte mal eine ganz ähnliche Konstellation: Eine mütterliche Freundin, die mit meiner Mutter auch befreundet war. Aber das Gute daran war, dass sie auf "meiner Seite" war. Sie hatte meiner Mutter mal den "Marsch geblasen" und meine Mutter zog sich von dieser Freundin zurück.

Deshalb denke ich, ist es mit dieser Freundin ein leicht heisses Pflaster. Zu wem steht sie eigentlich enger in Verbindung? Wenn Ihr beide Schutz und Zuwendung bei dieser Frau sucht, wird es irgendwann Gift geben, wenn diese Frau oder einer von Euch Dreien sich nicht positionieren kann.

Tja, entweder Du überläßt die Freundin Deiner Mutter oder Du kämpst für sie.

Verstehst Du was ich meine? Es kann alles noch etwas schlimmer werden.

Wieso willst Du kein Gespräch mit Deiner Mutter beim Therapeuten? Da gäbe es ja diese Konstellation nicht. Dein Therapeut ist eiindeutig für DICH da.

Oder hast Du noch sehr viel Angst?

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