Panik vor den letzten Stunden

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 13.05.2022, 18:30

Ja, evtl wird der Abschied einfacher wenn er jetzt durch sein Verhalten vom Idealisierungs-Thron runterfällt.

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ArcticFox
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Beitrag Fr., 13.05.2022, 23:44

Winni hat geschrieben: Fr., 13.05.2022, 11:14 Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du den Thera zwar angerufen, aber ihn nicht um einen Termin gebeten. Könnte er das gemeint haben mit „Bedürfnisse nicht aussprechen können“?
Nein, ich habe ihn nicht um eine Ersatzstunde gebeten. Der Gedanke kam mir ehrlich gesagt gar nicht, weil ich so dachte "naja, biste ja jetzt selbst Schuld. Jetzt musst du mit den Konsequenzen leben." :roll: Tatsächlich hat er mich aber von sich aus gefragt, ob er mir Bescheid sagen soll, wenn eine Stunde frei werden sollte. Mein Reflex war, nein zu sagen, aber zum Glück hab ich meinen sturen Esel zur Seite schieben können und ja gesagt... Könnte also schon sein, dass er das meinte mit dem alten Muster, ja...

Winni hat geschrieben: Fr., 13.05.2022, 11:14 Die „Graustufe“ wäre für mich, dass ich kein so enges Korsett schnüren würde um „fest ausgemachte Termine“ und „Therapieende“. Es gibt vielfältige zusätzliche Möglichkeiten:

- Du kannst um Ersatztermine/Zusatztermine bitten (ob Du sie bekommst, bleibt dahingestellt. Wichtig ist erst mal Dein Bedürfnis dazu und dieses auch zu artikulieren)

- ein Therapieende muss nicht heißen, den Thera nie wieder aufzusuchen. Gerade wenn Du, wie Du selbst schreibst, den Thera eigentlich nicht mehr brauchst und selbst gut klarkommst: da bietet es sich an, in ganz schwierigen Situationen zur eigenen Klärung der Dinge um ein Gespräch zu bitten. Das Du entweder selbst bezahlst oder das über die Quartalsstunden abgerechnet werden kann.

Das ist etwas, was mir nach Ende meiner Therapie sehr geholfen hat. Zu wissen, dass sich mein Thera nicht in Luft aufgelöst hat, sondern ich durchaus vorbeikommen kann, wenn ich „Denkhilfe“ brauche.
Das ist im Wesentlichen das, was er mir neuerdings anbietet. Er hat das vor ein paar Stunden so formuliert, dass er ja nicht aus der Welt ist, nur weil die Therapie vorbei ist und ich mich bei Krisen oder wenn ich einfach nur den Bedarf habe, etwas von einer anderen Seite zu beleuchten gerne bei ihm melden kann.
Das steht im krassen Gegensatz dazu, was er mir bisher zu diesem Thema gesagt hat. Da war er auf der Linie, dass mit der letzten kassenfinanzierten Stunde die Therapie vorbei ist und Selbstzahlerstunden möchte er mit mir auch nicht machen. Und das klang auch nicht so, als ob das nur auf ein generelles Weiterführen der Therapie bezogen wäre, sondern auch auf solchen sporadischen Kontakt. Er meinte in der letzten Stunde auch, dass er da etwas ambivalent ist, weil er um jeden Preis vermeiden möchte, den Anschein zu erwecken, dass es ja irgendwie doch weitergeht mit der Therapie, aber gleichzeitig auch nicht richtig findet, den Kontakt komplett zu beenden.

Ich weiß nicht, irgendwie traue ich ihm da auch nicht richtig über den Weg. Ich habe zum einen nicht das Gefühl, dass er alles sagt und zum anderen weiß ich nicht, wie weit ich mich auf dieses Angebot tatsächlich verlassen kann. Wir hatten im letzten Herbst ein ziemliches Zerwürfnis, als ich in einer akuten Situation um eine Zusatzstunde gebeten habe und er mich komplett abgewiesen hat, weil er sich von mir manipuliert gefühlt hat. Das hat mein Vertrauen in ihn an dieser Stelle doch ziemlich erschüttert. Keine Ahnung ob er, falls ich in einem Jahr anrufe und ihn um einen Termin bitte, dann nicht wieder Nein sagt. Und ich weiß auch nicht, inwieweit das mit ihm jetzt im Vorfeld besprechbar ist, weil er sich an solchen Stellen bis jetzt nie auf feste Zusagen festnageln lassen wollte. Da kommt dann immer sowas wie "Ich kann es nicht garantieren, es kommt auf die Umstände an." Und die Umstände wollte oder konnte er mir bisher nicht näher definieren. Ziemlich schwierig für mich, damit zu arbeiten und mich ernsthaft darauf zu verlassen.

Ich weiß, dass ist per Ferndiagnose hier im Forum immer schwer zu beurteilen, aber mich würde sehr interessieren, wie das Verhalten bei euch ankommt. Nehmt ihr das auch als Hin- und Her wahr oder liest sich das für euch als völlig stringentes und logisches Verhalten?

Winni hat geschrieben: Fr., 13.05.2022, 11:14 Vielleicht würde es auch für Dich Druck rausnehmen, wenn Du Dir das Bedürfnis nach gelegentlichen Kontakt und Austausch zugestehst und dies Deinem Thera so kommunizierst.
Ich glaube, das ist trotzdem ein guter Ansatz. Ich habe ein gelegentliches Kontaktbedürfnis, auch ohne, dass bei mir gerade die Welt untergeht. Und vielleicht ist es einfach an der Zeit, dem Thera das ganz offen so zu sagen. Gemerkt hat er es ja ohnehin schon. Nur gesagt habe ich es noch nie. Mal schauen, was es für mich verändert.

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Shukria
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Beitrag Sa., 14.05.2022, 06:57

ArcticFox hat geschrieben: Ich weiß nicht, irgendwie traue ich ihm da auch nicht richtig über den Weg. Ich habe zum einen nicht das Gefühl, dass er alles sagt und zum anderen weiß ich nicht, wie weit ich mich auf dieses Angebot tatsächlich verlassen kann. Wir hatten im letzten Herbst ein ziemliches Zerwürfnis, als ich in einer akuten Situation um eine Zusatzstunde gebeten habe und er mich komplett abgewiesen hat, weil er sich von mir manipuliert gefühlt hat. Das hat mein Vertrauen in ihn an dieser Stelle doch ziemlich erschüttert. Keine Ahnung ob er, falls ich in einem Jahr anrufe und ihn um einen Termin bitte, dann nicht wieder Nein sagt. Und ich weiß auch nicht, inwieweit das mit ihm jetzt im Vorfeld besprechbar ist, weil er sich an solchen Stellen bis jetzt nie auf feste Zusagen festnageln lassen wollte. Da kommt dann immer sowas wie "Ich kann es nicht garantieren, es kommt auf die Umstände an." Und die Umstände wollte oder konnte er mir bisher nicht näher definieren. Ziemlich schwierig für mich, damit zu arbeiten und mich ernsthaft darauf zu verlassen.
Das finde ich schon einen zentralen Punkt. Er ist ambivalent wie er dir noch zur Verfügung stehen möchte und hat sich selbst offensichtlich noch nicht abschließend damit auseinander gesetzt.
Da wäre ich auch verunsichert.

Im Prinzip kannst du nur deine Verunsicherung mit ihm besprechen. Festnageln auf konkrete Absprachen scheint (noch) nicht möglich. Aber ihm zu sagen, was sein Verhalten in dir an zusätzlicher Unsicherheit bzgl. seinem zur Verfügung stehen auslöst sollte schon auf den Tisch

Und klar, sind die Umstände jetzt nicht vorhersehbar im einzelnen aber es ist ein Unterschied zu sagen ER entscheidet sizuativ welche Gründe in seinen Augen Dich zu einem Kontakt berechtigen. Oder due Haltung zu haben, Du weißt am ehesten wann Du Kontakt möchtest und ihr legt dafür zusammen einen groben Rahmen fest wie 1h im Monat ist möglich und in der Stunde kann alles weitere besprochen werden....

Wenn er noch nicht mal den Rahmen klar hat innerhalb dessen er für dich nach der Therapie zur Verfügung steht, kein Wunder das du Probleme hast deine sowieso vorhandene Unsicherheit mit ihm sortiert zu bekommen.

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Shukria
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Beitrag Sa., 14.05.2022, 07:13

PS

Ich hatte eine Therapeutin die war wie dein Therapeut unterwegs. Radikales Therapieende gewünscht mit gefühlte Kontaktabbrich und erst mit der Zeit dann weil ich beharrlich blieb gab es Aufweichungen das ich 1mal aller 3Monate ne Mail schreiben durfte und auch mal 1h aller 3Monate (selbst bezahlt) vorbeikommen um Themen zu besprechen. Also sehr restriktiv und es hat mir keine innere Sicherheit gegeben wo ich bei ihr stehe. Welches Angebot sie eventuell wann wieder zurücknimmt... Es gab ssuch keinen Hinweis ihrerseits das wenn der therapeutische Bedarf groß ist, ich ja das Verfahren wechseln könnte und bei jemand anderem noch eine Therapie dran hängen... Da gab's auch von ihrer Seite aus nur sie gedacht als professionelle Unterstützung...

Bei meiner aktuellen ist das anders. Mir ist klar ich entscheide. Wenn ich nach der Therapie Stunden brauche werde ich welche bekommen und entweder über Quartalsstunden oder Fond oder selber bezahlen. Die Beziehung, ob sie bei Bedarf verfügbar ist und wir zusammen dann schauen was dran ist, das steht da nicht in Fage. Das gibt es eine ganz andere innere Sicherheit, auch in Bezug auf die Beziehung.

Und selbst wenn sie entscheiden würde das es nicht mehr für sie passt. Ich entscheide doch unabhängig davon für mich ob und wo ich noch Unterstützung brauche und dann such ich mir die bei Bedarf auch bei jemand anderem. Mir geht's ja nicht ausschließlich nur um den Kontakt zu diesem einen Menschen sondern vor allem darum ein Thema zu haben bei dem ich Unterstützung noch brauche und möchte und diese Entscheidungen kann nur ich treffen und die Erlaubnis mir Unterstützung zu holen, die kann auch nur ich mir geben, das steht niemand anderem (mehr) zu.

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Winni
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Beitrag Sa., 14.05.2022, 21:06

ArcticFox hat geschrieben: Fr., 13.05.2022, 23:44 ... Er hat das vor ein paar Stunden so formuliert, dass er ja nicht aus der Welt ist, nur weil die Therapie vorbei ist und ich mich bei Krisen oder wenn ich einfach nur den Bedarf habe, etwas von einer anderen Seite zu beleuchten gerne bei ihm melden kann.
Das steht im krassen Gegensatz dazu, was er mir bisher zu diesem Thema gesagt hat. Da war er auf der Linie, dass mit der letzten kassenfinanzierten Stunde die Therapie vorbei ist und Selbstzahlerstunden möchte er mit mir auch nicht machen...
Für mich ist das kein Widerspruch. Du schreibst, es sind noch 5 Stunden übrig. Deine Therapie ist also in der finalen Phase. Du bist bereit, Dein Leben wieder eigenständig in die Hand zu nehmen. Und Du sagst ja selbst, dass Du Deinen Thera eigentlich nicht mehr brauchst. Ihr beide schließt also eine Schublade und beendet die therapeutische Beziehung.

Das heißt aber doch nicht, dass Du nicht eine andere Schublade öffnen darfst. Die da heißt: einen geschätzten Gesprächspartner bei Bedarf ab und zu kontakten. Jemanden, der mit Dir mal bedarfsgerecht ein Problem von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

Die Ambivalenz entsteht offenbar dadurch, dass er Dich gut genug kennt um zu ahnen, dass Du das - ein stückweit - als Fortführung der Therapie betrachten könntest (die er für sich ja ausgeschlossen hat). Und deshalb hat er gezögert. In dieses Fahrwasser will und darf er nicht, weil er Deinen Weg in die "Selbständigkeit" nicht gefährden möchte.

Dass er Dir keine konkreten Zusagen machen kann ist verständlich und spricht - aus meiner Sicht - für fürsorgliches Verhalten. Er muss es von DIR abhängig machen, wie er mit evtl. Gesprächswünschen umgeht.
Beispiel: Nehmen wir an, Du meldest Dich in einigen Monaten wieder bei ihm. Und er hat das Gefühl, dass Dir ein einzelnes Gespräch nicht nutzen würde, sondern dass Du intensivere Betreuung brauchst. Dann wird er Dir eher keinen Gesprächstermin geben, sondern Dir vllt. raten, Dir einen anderen Therapeuten zu suchen oder in die Klinik zu gehen.

Er ist kein omnipotentes Wesen, das im Voraus alle Eventualitäten abschätzen kann. Deshalb macht er jetzt auch keine Versprechungen.

Mein ehemaliger Thera z.B. hat mir klar signalisiert, dass eine weitere Therapie bei ihm nicht machbar wäre (Diese Schublade ist also zu). Trotzdem besuche ich ihn gelegentlich, um mir für das eine oder andere Problem ein wenig Input zu holen. Er ist nicht mehr mein Therapeut, aber ein wertvoller Gesprächspartner, und für diese Gespräche gibt er mir auch gerne einen Termin (den ich selbst bezahle).

Ich lese Dich als gut reflektierten Menschen, der sich recht zielsicher einschätzen kann. Auch Deine Bedürfnisse kennst Du glaube ich ganz gut - aber stehst Du wirklich dafür ein? Sorgst Du gut für Dich? Es dürften spannende Erfahrungen werden, wenn Du Dich in dieser Beziehung ein wenig aus der Deckung wagst.

Ich möchte Dir ein kleines Rätsel dalassen:
Mein Thera (Psychoanalytiker) hat einmal gesagt: "Ich freue mich, wenn ich Ihr Analytiker sein darf".
Ich habe nicht gleich verstanden, was er meint. Aber dann konnte ich viele problematische Situationen, die ich mit ihm erlebt habe, in einem anderen Licht sehen. Vielleicht magst auch Du mit diesem Gedanken ein wenig spielen ;)
"An Ärger festhalten ist wie wenn Du an einem Stück
Kohle festhältst mit der Absicht, es nach jemandem zu werfen -
derjenige, der sich dabei verbrennt, bist Du selbst" (Buddha)

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ArcticFox
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Beitrag Mi., 01.06.2022, 21:06

Entschuldigt die sehr späte Reaktion. Mein Leben war in den letzten Wochen etwas auf den Kopf gestellt...

Zur kurzen Einordnung:
seit meinem verpassten Termin vor 3 Wochen hatte ich keine weitere Stunde mehr, auch wenn wir vereinbart hatten, dass er sich meldet, falls kurzfristig ein früherer Termin frei werden sollte. War leider anscheinend nicht der Fall. Jetzt ist nächste Woche mein regulärer Termin.

Ich hatte ihm letzte Woche eine sehr offene und klare Mail geschrieben, in der ich ganz deutlich benannt habe, dass ich gerade zwar Schwierigkeiten habe (seit meinem schrecklichen Arztbesuch, bei dem ich komplett mit fetter Erinnerungslücke dissoziiert bin, habe ich wieder einige meiner PTBS-Symptome zurück :-( ), aber eigentlich gut ohne ihn zurecht komme, aber dass ich einfach so gerne trotzdem zeitnah mit ihm sprechen würde. Er hat mir daraufhin angeboten, ihn doch in seiner Sprechzeit anzurufen, was ich nach einigem Zögern getan habe. Irgendwie fand und finde ich es unglaublich schwierig, gerade den Kontakt mit ihm zu navigieren. Mir ging es nicht in erster Linie darum, kurz seine Stimme zu hören, um mich zu beruhigen. Das kann ich mittlerweile gut alleine. Ich bräuchte eine ganze Stundebei ihm, weil ich merke, dass ich dieses Erlebnis mit dem Arzt mich nicht traue alleine zuhause zu bearbeiten. Und deshalb stecke ich da jetzt seit 4 Wochen emotional fest. Das hab ich ihm so auch geschrieben. Aber als Antwort kam das Angebot zum 10-Minuten-Telefonat. Klar kann es sein, dass er nunmal ausgerechnet in diesen 3 Wochen wirklich keine Termine frei hatte. Aber da sind wir halt wieder bei nem alten anderen Thema zwischen uns: Er hat mir auch schonmal Termine in seinen Randstunden gegeben, also z.B. morgens um 8, wo er noch keine regelmäßigen Patienten hat, wenn es dringend und nichts anderes frei war. Er hat in diesem Fall offenbar entschieden, dass es nicht dringend ist - ohne mit mir gesprochen zu haben. Und genau das sind die Situationen, vor denen ich auch in Zukunft Sorge habe. Deswegen fällt es mir sehr schwer sein "ich bin ja nicht aus der Welt" irgendwie tröstlich zu finden und weswegen ich sehr gerne mit ihm wenigstens irgendeine Art von Regelung, wann ich mit seiner Unterstützung rechnen kann, treffen würde.

@Shukria
Hier kommt dann nämlich wieder genau das zum Tragen, was du schreibst:
Shukria hat geschrieben: Sa., 14.05.2022, 06:57 Er ist ambivalent wie er dir noch zur Verfügung stehen möchte und hat sich selbst offensichtlich noch nicht abschließend damit auseinander gesetzt.

Winni hat geschrieben: Sa., 14.05.2022, 21:06 Dass er Dir keine konkreten Zusagen machen kann ist verständlich und spricht - aus meiner Sicht - für fürsorgliches Verhalten. Er muss es von DIR abhängig machen, wie er mit evtl. Gesprächswünschen umgeht.
Beispiel: Nehmen wir an, Du meldest Dich in einigen Monaten wieder bei ihm. Und er hat das Gefühl, dass Dir ein einzelnes Gespräch nicht nutzen würde, sondern dass Du intensivere Betreuung brauchst. Dann wird er Dir eher keinen Gesprächstermin geben, sondern Dir vllt. raten, Dir einen anderen Therapeuten zu suchen oder in die Klinik zu gehen.

Er ist kein omnipotentes Wesen, das im Voraus alle Eventualitäten abschätzen kann. Deshalb macht er jetzt auch keine Versprechungen.
Grundsätzlich stimme ich dir da total zu. Aber im Licht des oben geschilderten Beispiels (Dinge in dieser Art kamen schon häufiger vor) sehe ich das etwas anders. Das Angebot, dass ich ihn kurz anrufen kann, das war doch nix halbes und nix ganzes. Mein Fehler war, darauf überhaupt einzugehen. Aber von seiner Seite aus ist sein Verhalten immer noch ambivalent und ich ahne, dass sich das nicht ändert, wenn die Therapie vorbei ist.

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ArcticFox
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Beitrag Mi., 01.06.2022, 21:11

Winni hat geschrieben: Sa., 14.05.2022, 21:06 Das heißt aber doch nicht, dass Du nicht eine andere Schublade öffnen darfst. Die da heißt: einen geschätzten Gesprächspartner bei Bedarf ab und zu kontakten. Jemanden, der mit Dir mal bedarfsgerecht ein Problem von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

[...]

Mein ehemaliger Thera z.B. hat mir klar signalisiert, dass eine weitere Therapie bei ihm nicht machbar wäre (Diese Schublade ist also zu). Trotzdem besuche ich ihn gelegentlich, um mir für das eine oder andere Problem ein wenig Input zu holen. Er ist nicht mehr mein Therapeut, aber ein wertvoller Gesprächspartner, und für diese Gespräche gibt er mir auch gerne einen Termin (den ich selbst bezahle).
Mich hat das beim Lesen sehr berührt, weil ich das einerseits einen total schönen Gedanke finde und mir auch genau das wünsche, und ich ein Verhältnis auf Augenhöhe mit ihm haben möchte. Andererseits finde ich es auch einen ziemlich beängstigenden Gedanken, dass dann die Therapiebeziehung beendet ist und eben eine neue Schublade aufgeht. Was ist, wenn sich unsere Beziehung dann so verändert, dass ich sie gar nicht mehr haben möchte? Was ist, wenn ich feststelle, dass ich mit ihm als bloßen Berater gar nichts anfangen kann?

Ich habe bei für mich wichtigen Beziehungen bisher nie wirklich zugelassen, dass sie sich in ihrem "Status" ändern dürfen, weil ich dabei immer die Angst hatte, dass ich das Alte dabei verliere. Ich würde dieses Experiment mit meinem Thera sehr gerne wagen, denn ich glaube, dass das für sehr viele (künftige) Beziehungen in meinem Leben sehr bereichernd wäre. Wenn ich doch nur das Gefühl hätte, mich auf ihn verlassen zu können...

Winni hat geschrieben: Sa., 14.05.2022, 21:06 Ich möchte Dir ein kleines Rätsel dalassen:
Mein Thera (Psychoanalytiker) hat einmal gesagt: "Ich freue mich, wenn ich Ihr Analytiker sein darf".
Ich habe nicht gleich verstanden, was er meint. Aber dann konnte ich viele problematische Situationen, die ich mit ihm erlebt habe, in einem anderen Licht sehen. Vielleicht magst auch Du mit diesem Gedanken ein wenig spielen ;)
Ich muss zugeben, dass ich über diesen Satz zwar immer mal wieder nachgedacht habe, aber zu keiner Interpretation kam, die Sinn gemacht hätte. :red: Ich verstehe nicht, was dein Analytiker damit gemeint hat. Kannst du mich erhellen? :)

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Winni
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Beitrag Do., 02.06.2022, 07:57

ArcticFox hat geschrieben: Mi., 01.06.2022, 21:11 [...] Was ist, wenn sich unsere Beziehung dann so verändert, dass ich sie gar nicht mehr haben möchte? Was ist, wenn ich feststelle, dass ich mit ihm als bloßen Berater gar nichts anfangen kann?
Ja, das kann passieren. Du würdest den "Zauber" der idealisierten Beziehung verlieren, an dem Du so gerne festhalten würdest. Da wäre dann "nur" noch der nackte Mensch mit seinen Unzulänglichkeiten. Aber das ist dann so. Das Leben ist nicht statisch, es ist im stetigen Fluss. Und genauso, wie ein Fluss, auf den Du JETZT schaust, nie wieder der gleiche sein wird, verändern wir uns und alle um uns herum auch.

Wenn Du merkst, dass Dir die Gespräche mit ihm nichts mehr bringen - darfst Du loslassen und weitergehen.
ArcticFox hat geschrieben: Mi., 01.06.2022, 21:11 Ich habe bei für mich wichtigen Beziehungen bisher nie wirklich zugelassen, dass sie sich in ihrem "Status" ändern dürfen, weil ich dabei immer die Angst hatte, dass ich das Alte dabei verliere. Ich würde dieses Experiment mit meinem Thera sehr gerne wagen, denn ich glaube, dass das für sehr viele (künftige) Beziehungen in meinem Leben sehr bereichernd wäre. Wenn ich doch nur das Gefühl hätte, mich auf ihn verlassen zu können...
Das ist der springende Punkt. Du möchtest festhalten - und festgehalten werden. In Sicherheit sein. Aber dieses Sicherheitsnetz kann Dir niemand dauerhaft bieten. Wenn wir als Kinder nicht im sicheren, behüteten und bestärkten Rahmen aufwachsen konnten, fehlt uns oft auch später das Vertrauen - in uns und unsere eigene Kraft. In der Therapie können wir das lernen, indem uns der Therapeut für einige Zeit einen geschützten Rahmen zur Verfügung stellt. Aber es kommt der Zeitpunkt, da erkennen wir unsere eigene Stärke, wissen, dass es durchaus mal Abstürze gibt. Aber wir finden dann den Weg wieder nach oben.

Wie sagt man so schön: "Hinfallen - Aufstehen - Krönchen zurechtrücken - weitergehen".
ArcticFox hat geschrieben: Mi., 01.06.2022, 21:11
Winni hat geschrieben: Sa., 14.05.2022, 21:06 Ich möchte Dir ein kleines Rätsel dalassen:
Mein Thera (Psychoanalytiker) hat einmal gesagt: "Ich freue mich, wenn ich Ihr Analytiker sein darf".
Ich habe nicht gleich verstanden, was er meint. Aber dann konnte ich viele problematische Situationen, die ich mit ihm erlebt habe, in einem anderen Licht sehen. Vielleicht magst auch Du mit diesem Gedanken ein wenig spielen ;)
Ich muss zugeben, dass ich über diesen Satz zwar immer mal wieder nachgedacht habe, aber zu keiner Interpretation kam, die Sinn gemacht hätte. :red: Ich verstehe nicht, was dein Analytiker damit gemeint hat. Kannst du mich erhellen? :)
Auch meine Therapie hatte den Zauber der idealisierten Beziehung. Bis ich langsam mich daraus lösen konnte. Und den Therapeuten als das nehmen konnte, was er war. Ein Therapeut. Ich hatte mich aus der Verstrickung alter Projektionen gelöst. Er war dann nicht mehr mein Feind, auch nicht mein Freund, er war nicht mein Liebhaber, nicht mein Vater, nicht XY. Er war mein Analytiker, der mir geholfen hat, Dinge in meiner Gefühls- und Verstehenswelt einzuordnen, damit Frieden zu schließen. Es war ein weiter Weg. Aber ich bin ganz zufrieden mit dem Verlauf ;)
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ArcticFox
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Beitrag Fr., 05.08.2022, 16:59

Ich habe mir diesen Thread gerade mal wieder durchgelesen und wollte euch allen, die ihr hier geschrieben habt, gerne mal ein riesiges Danke da lassen :heart: Ihr habt mir wirklich sehr weitergeholfen, auch wenn ich es nicht geschafft habe, alles so umzusetzen, wie ich es mir gewünscht hätte. Das ist in echt leider alles doch viel schwieriger als in meinem Kopf und alte Muster sind verflucht stark...
Ich habe jetzt noch 2 Sitzungen und manches, was ich bisher versäumt habe, kann ich in diesen Sitzungen auch nicht mehr einfangen, aber für anderes ist noch Zeit und ich denke und hoffe sehr, dass ich mit ihm einen guten Abschluss schaffe.

Aber, guter Gott: Der Abschied tut so verdammt weh. :-(( Dabei kann ich schon seit einiger Zeit guten Gewissens sagen, dass ich meinen Thera tatsächlich nicht mehr brauche. "Brauchen" im Sinne von lebensrettendem Anker, ohne den ich das Gefühl habe, nie wieder aus XYZ herauszukommen. Ich habe keine Angst, nach der Therapie ohne ihn nichts mehr zu schaffen oder dass mein Selbstwert wieder in sich zusammenfällt oder, oder, oder...
Was es mir so verflucht schwer macht, ist, dass in dem Maß, in dem das Gefühl des unbedingt Brauchens abgenommen hat, ein anderes Gefühl gewachsen ist: Ich brauche ihn nicht mehr, aber dafür liebe ich ihn jetzt. Und deswegen werd ich ihn einfach hart vermissen, völlig egal, wie der Abschied oder die Abschiedsphase jetzt genau gelaufen ist. Das löst sich nicht einfach in Luft auf. Ich hab das Bedürfnis, ihm das genau so zu sagen, aber ich weiß nicht, ob ich das traue. Und auch nicht, ob das eine gute Idee ist. Ich meine, im Prinzip weiß er das schon und was soll er dazu groß sagen? Irgendwie möchte ich es aber trotzdem gerne aussprechen. Warum bloß? :kopfschuettel:

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Philosophia
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Beitrag Fr., 05.08.2022, 17:47

Vielleicht, weil es ausdrückt, warum es jetzt so wehtut - also schmerzhaft schön ist?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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ArcticFox
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Beitrag Fr., 05.08.2022, 19:32

Ja, das kann gut sein. Komisch manchmal, dass bestimmte Sachen irgendwie gesagt werden müssen, selbst wenn allen Beteiligten völlig klar ist, dass das so ist.

Ich merke in den letzten Wochen in mir den ganz starken Drang, ihn auf einer rein menschlichen Ebene berühren zu wollen / erreichen zu können. Ich hätte so gerne, das etwas von mir bei ihm bleibt. Vor diesem Hintergrund seh ich mein Bedürfnis, das auszusprechen, etwas kritisch

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lisbeth
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Beitrag Fr., 05.08.2022, 20:31

Ich finde deinen Wunsch, dass etwas von dir bei ihm bleibt, ganz normal und ganz menschlich. Ihr habt immerhin etliche Jahre miteinander gearbeitet, das ist eine Art von Beziehung. Abgesehen davon glaube ich, dass ohnehin etwas von dir bei ihm oder in ihm bleibt. So wie ein Teil von ihm bei dir bleibt.
Und von daher würde ich dir empfehlen: Sprich die Dinge aus, die du ihm gerne sagen möchtest. Ich finde, dass im gesprochenen Wort nochmal eine andere "Macht" ist auch wenn Dinge ausgesprochen werden, die sowieso beiden Seiten bereits bewusst sind. Aber manchmal ist es trotzdem wichtig, und: Es ist auch eine Art Bekenntnis zu "deiner" Wahrheit, die du da aussprichst, vor einem anderen Menschen. Ich glaube, das könnte auch für dich persönlich ziemlich wichtig sein zum Abschluss.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Solage
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Beitrag Fr., 05.08.2022, 21:18

ArcticFox hat geschrieben: Fr., 05.08.2022, 16:59
Ich brauche ihn nicht mehr, aber dafür liebe ich ihn jetzt. Und deswegen werd ich ihn einfach hart vermissen, völlig egal, wie der Abschied oder die Abschiedsphase jetzt genau gelaufen ist. Das löst sich nicht einfach in Luft auf. Ich hab das Bedürfnis, ihm das genau so zu sagen, aber ich weiß nicht, ob ich das traue. Und auch nicht, ob das eine gute Idee ist. Ich meine, im Prinzip weiß er das schon und was soll er dazu groß sagen? Irgendwie möchte ich es aber trotzdem gerne aussprechen. Warum bloß? :kopfschuettel:
Wie schön ist das!

Mir gehr es ähnlich und ich habe ihm das gesagt und er hat gesagt, dass es ihm auch ähnlich geht.

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ArcticFox
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Beitrag So., 07.08.2022, 13:49

lisbeth hat geschrieben: Fr., 05.08.2022, 20:31 Es ist auch eine Art Bekenntnis zu "deiner" Wahrheit, die du da aussprichst, vor einem anderen Menschen. Ich glaube, das könnte auch für dich persönlich ziemlich wichtig sein zum Abschluss.
Das ist echt so ein bisschen das Gefühl, das ich dazu habe. Ich habe gerade aber auch noch einige Sachen mehr, die ich
ihm noch gerne sagen oder erzählen oder fragen würde, bevor ich gehe. Ich glaube nicht, dass das alles noch reinpasst und ich weiß auch nicht, ob das alles wirklich wichtig ist. Gefühlt ist alles unendlich wichtig und ich kann nicht fröhlich weiterleben, wenn er das nicht noch weiß. Dabei geht es teilweise um Missverständnisse zwischen uns, die ich gerne noch klären möchte, aber zum größten Teil geht es dabei um Dinge, die etwas mit dem mutmaßlichen Bild, das er von mir hat, zu tun haben. Und in meinem Kopf ist es so, dass er mich gar nicht richtig sehen kann, solange er dieses oder jenes nicht weiß bzw. ich es nicht tatsächlich ausgesprochen habe. Ich finde das sehr problematisch...

Solage hat geschrieben: Fr., 05.08.2022, 21:18 Mir gehr es ähnlich und ich habe ihm das gesagt und er hat gesagt, dass es ihm auch ähnlich geht.
Ich habe in deinem Abschiedsthread mitgelesen und fand das alles sehr berührend und habe mich mehr als einmal dabei ertappt, dass ich mir wünschte, dass es so auch zwischen meinem Thera und mir laufen würde. (Edit:Ich habe gerade gesehen, dass ich in deinem Thread auf einem älteren Stand bin und deine aktuellen Themen da noch gar nicht kenne. Meine Aussage bezieht sich auf deine Beschreibungen bis vor ein paar Monaten.) Meiner ist in Bezug auf den Abschied für mich irgendwie gar nicht greifbar bisher. Er zeigt mir nicht ein Bisschen davon, wie es für ihn ist. Klar ist das meine Therapie und es geht darum, wie ich mit dem Abschied umgehe, aber ich würde mir echt wünschen, auch etwas von ihm zu sehen. Eine therapeutische Beziehung ist ja keine Einbahnstraße. Er hat sich darauf ja genauso eingelassen, wie ich und ich glaube nicht, dass es ihm völlig egal ist, einen Patienten nach 5 Jahren intensiver gemeinsamer Arbeit zu verabschieden. So fühle ich mich gerade irgendwie etwas alleine in dem ganzen Abschiedsszenario :-[

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Philosophia
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Beitrag So., 07.08.2022, 14:06

Hast du ihm das mal so gesagt, dass er für dich da nicht greifbar ist?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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