Umgang von Therapeutin mit Anti-Suizid-Vertrag

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Montana
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Beitrag So., 12.06.2022, 14:26

kaja hat geschrieben: So., 12.06.2022, 12:19 Ich gehe davon aus, dass Menschen die verzweifelt auf der Suche nach Hilfe sind, eben nicht erst den Lebenslauf recherchieren und sich beglaubigte Kopien des beruflichen Werdeganges vorlegen lassen.
Stimmt zwar, aber das gilt im Leben für alles. Verzweifelt sein ist kein Freifahrtschein, sein Hirn auszuschalten.
Ich bin auch sehr dafür, das Heilpraktiker-Unwesen zu beenden.
Einfach ist das aber nicht, denn man kann nicht Menschen plötzlich ihre bis dato legale Berufsausübung verbieten. Nur neue Zulassungen verhindern. Damit ist dieses Problem erst in der nächsten Generation gelöst.
Bis dahin, und eigentlich generell, müssen Menschen jedes Angebot hinterfragen und recherchieren. Und bei gesundheitlichen Themen evtl. mal ihren Hausarzt fragen. Der natürlich auch nicht alles weiß, aber Geistheiler und anderen Hokuspokus aussortieren hilft.
Und ansonsten bin ich sehr froh darüber, dass Psychotherapie nicht einheitlichen Kriterien unterliegt, weil sonst mein Therapeut nicht so arbeiten dürfte wie er es tut. Bis eine Methode sich als einheitlicher Standard durchsetzt, dauert es halt auch, egal wie gut sie ist. Und wenn alles bereits festgelegt und zementiert ist, dann ist es noch schwerer. Eine Einheitlichkeit, die eine schlechte Behandlung für alle zum Standard macht, finde ich nicht erstrebenswert.

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kaja
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Beitrag So., 12.06.2022, 14:36

Man kann im Rahmen einer angemessenen Übergangsfrist auch im laufe einer Generation die Berufsausübung neu regeln.

Es ist zumutbar, dass sich die vorhandenen Heilpraktiker fundierten Standards anpassen und entsprechend in die Ausbildung investieren.

Wenn ich vom Auto angefahren werde, habe ich vorher auch keine Gelegenheit mir die berufliche Qualifikation des Rettungsteams vorlegen zu lassen. Ich muss als Patient darauf vertrauen können, dass die handelnden Personen über eine fundierte Ausbildung verfügen.

So lange das nicht gewährleistet ist, sollten Heilpraktiker nichts tun dürfen, was über eine einfache Lebensberatung hinausführt, um das Leben und Überleben der Patienten bestmöglich absichern zu können.
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Montana
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Beitrag So., 12.06.2022, 15:17

Du brauchst keine Angst haben, dass das Rettungsteam aus Heilpraktikern besteht.
Eine berufliche Perspektive für heutige Heilpraktiker ist eher sehr individuell zu betrachten. Viele dürften schlicht zu alt sein, etwas anderes zu lernen. Viele haben ganz normale finanzielle Verpflichtungen, die eine komplett neue Ausbildung oder ein Studium unmöglich machen. So einfach ist das also nicht. Das sind ja nicht alles böse Halsabschneider, denen man das Handwerk legen und sie am Besten gleich zur Strafe ins Arbeitslager stecken müsste.
Und, wie gesagt, ich bin überhaupt kein Anhänger von Heilpraktikern, und ich würde da nie hingehen. Mich gruselt es heute noch angesichts mancher Erlebnisse während meiner Schwangerschaft und kurz danach. Da wurde mir in einer Apotheke erklärt, ich könne dort als Schwangere ausschließlich Homöopathie erhalten. Diese Apotheke ist inzwischen geschlossen. Und in einem KH wurde von mir verlangt, statt mit Medikamenten gegen den starken Milcheinschuss (durfte nicht stillen) mit Homöopathie vorlieb zu nehmen. Das würde sehr gut wirken. Erst nach richtig Theater von meiner Seite gab es das richtige Medikament. Solche Blüten treibt das Gesundheitssystem ganz ohne Beteiligung von Heilpraktikern. Und das gehört behoben.


kaja
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Beitrag So., 12.06.2022, 15:23

Es bringt nichts mir Angst unterstellen zu wollen und so den Diskurs von einer sachlichen Ebene auf eine emotionale Ebene zu ziehen.
Unterstellungen ich würde im Stil von Hitler und Stalin handeln wollen und Arbeitslager fordern, sind schlicht lächerlich.

Hier geht es um die Heilpraktiker. Nicht um andere Problematiken des Gesundheitssystems, welche andere Berufsgruppen betreffen. Ich sagte ja bereits, dass ich Whataboutism grundsätzlich für nicht zielführend halte.
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münchnerkindl
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Beitrag So., 12.06.2022, 15:31

kaja hat geschrieben: So., 12.06.2022, 15:23 Es bringt nichts mir Angst unterstellen zu wollen und so den Diskurs von einer sachlichen Ebene auf eine emotionale Ebene zu ziehen.elche andere Berufsgruppen betreffen. Ich sagte ja bereits, dass ich Whataboutism grundsätzlich für nicht zielführend halte.

Du ziehst hier den Diskurs auf eine emotionale Ebene indem du pauschal ALLEN Heilpraktikern unterstellst keine ausreichende psychotherapeutische Ausbildung zu haben.

Wenn Leute mit Wörtern wie "die", "alle" und "immer" ankommen um Pauschalaussagen über Gruppen zu machen kann man im Grunde gleich aufhören zu lesen.


kaja
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Beitrag So., 12.06.2022, 15:40

Ich machen meinen Standpunkt klar und habe durchaus anerkannt, dass es Heilpraktiker geben mag die keine Gefahr für Patienten darstellen.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Arbeit als Heilpraktiker betreffen nun einmal alle Heilpraktiker und damit auch die Tatsache dass es keine einheitliche fundierte Ausbildung für diese Art der Tätigkeit gibt. Das betrifft selbstverständlich alle und das fortwährend.

Emotionalität ist damit nicht verknüpft. Begrifflichkeiten wie "Angst" wurden von mir nicht verwendet.
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Takli
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Beitrag So., 12.06.2022, 16:06

Ich habe den Eindruck gewonnen, daß Heilpraktiker das Ausmaß psychischer Erkrankungen nicht ausreichend erfaßt haben. Ich denke das liegt an mangelnder Erfahrung. Von Vorteil fände ich da praktische Arbeit in der Psychiatrie. Mir hat eine Heilpraktikerin beim ersten Gespräch mal gesagt, wenn bei mir nicht zeitnah eine Verbesserung/Veränderung eintritt, dann beendet sie die Behandlung. Ich bin geflüchtet. :-D

Trotzdem könnte ich mir vorstellen, daß es Heilpraktiker gibt, die für diesen Beruf geeigneter sind als der eine oder andere Psychotherapeut. Eine lange theoretische Ausbildung ist für mich kein Garant für einen guten Behandler. Bei diesem Beruf braucht man vor allem Empathie und Einfühlungsvermögen, was man nur bedingt erlernen kann.

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lisbeth
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Beitrag So., 12.06.2022, 16:16

Es soll sogar Heilpraktiker*innen mit - gasp! - abgeschlossener Hochschulausbildung geben.
Und sogar mit fundierter psychotherapeutischer Ausbildung wie zB in Gestalttherapie oder (bis vor kurzem, bevor das als Richtlinienverfahren vom GBA anerkannt wurde) systemische Therapie.
kaja hat geschrieben: So., 12.06.2022, 14:36 , um das Leben und Überleben der Patienten bestmöglich absichern zu können.
Das erscheint mir nun wirklich dick aufgetragen und unnötige Dramatisierung, kaja.
Auch bei psychologischen Psychotherapeuten kann eine Menge schief gehen. Und ja, die Ausbildung alleine ist weder Qualitätsgarantie noch eine Qualitätssicherung.

Ich hatte es schon weiter oben in diesem (oder einem ähnlichen Thread) geschrieben. Solange die Ausbildung so organisiert ist, wie sie organisiert ist, liegt diesem Zugangsverfahren auch eine 1a soziale Selektion zugrunde. Auf dass wir in Zukunft nur lauter weiße, bio-deutsche Psychotherapeutinnen (denn ja, Mädchen machen das bessere Abi und haben damit bessere Aussicht auf einen Psychologiestudienplatz mit NC 1,0) mit super-gradlinigen Lebensläufen aus Akademiker*innen-Familien haben, weil andere kaum die Zugangsvoraussetzung für diesen Beruf erfüllen werden. Diese Monokultur, die man jetzt schon in jeder x-beliebigen Klinik und Ausbildungsinstitut betrachten kann, finde ich extrem gruselig. ::?
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kaja
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Beitrag So., 12.06.2022, 16:30

Nun, alleine in 2020 starben in Deutschland knapp 60.000 Menschen an psychischen Erkrankungen.
Ungefähr 6% der Betroffenen einer schweren depressiven Episode versterben. Doppelt so viele wenn es sich um bipolare Störungen handelt.

Die viert häufigste Todesursache in Deutschland sind psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen.

Nein, ich halte es nicht für "zu dick aufgetragen" darauf hinzuweisen, dass etliche psychische Erkrankungen lebensbedrohlich sind und deshalb nur durch Menschen zu behandeln sind, die über ausreichende und überprüfbare Fachkenntnisse verfügen.

Das trifft ganz sicher nicht auf die aktuell gültigen Zugangsvoraussetzungen für die Tätigkeit als Heilpraktiker zu.
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Noenergetik
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Beitrag So., 12.06.2022, 16:54

Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Du gar nicht gelesen hast was Lisbeth geschrieben hat.


kaja
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Beitrag So., 12.06.2022, 16:58

Dein Eindruck ist nicht zutreffend.
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münchnerkindl
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Beitrag So., 12.06.2022, 17:08

lisbeth hat geschrieben: So., 12.06.2022, 16:16 Es soll sogar Heilpraktiker*innen mit - gasp! - abgeschlossener Hochschulausbildung geben.
Und sogar mit fundierter psychotherapeutischer Ausbildung wie zB in Gestalttherapie oder (bis vor kurzem, bevor das als Richtlinienverfahren vom GBA anerkannt wurde) systemische Therapie.

Jepp. Sozialpädagogen gehen gelegentlich den Weg über die HP Prüfung die Erlaubnis zur Psychotherapie zu erwerben weil sie mit der akademischen Vorausbildung (die ich für wertvoller für den Therapeutenberuf halte als ein Psychologie-Abschluss) eh keine Kassenzulassung erreichen können.

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münchnerkindl
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Beitrag So., 12.06.2022, 17:10

lisbeth hat geschrieben: So., 12.06.2022, 16:16
Auch bei psychologischen Psychotherapeuten kann eine Menge schief gehen. Und ja, die Ausbildung alleine ist weder Qualitätsgarantie noch eine Qualitätssicherung.


Jepp. Es gibt bei der Zulassung zum Psychotherapeut oder Arzt keinerlei Überprüfung der charakterlichen und menschlichen Eignung. Das Allerwichtigste wird hier genauso wenig überprüft wie bei den Heilpraktikern.

Und auch eine Psychotherapieausbildung kann zB ein pathologischer Narzisst mit Psychologiestudium durchaus erfolgreich absolvieren.

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lisbeth
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Beitrag So., 12.06.2022, 17:36

kaja hat geschrieben: So., 12.06.2022, 16:30 Nun, alleine in 2020 starben in Deutschland knapp 60.000 Menschen an psychischen Erkrankungen.
Ungefähr 6% der Betroffenen einer schweren depressiven Episode versterben. Doppelt so viele wenn es sich um bipolare Störungen handelt.
Hast du dafür eine Quelle?
Meine Quelle (Statistik beim statistischen Bundesamt, bzw. Gesundheitsberichterstattung des Bundes) führt auf, dass > 51.000 davon an Demenz verstorben sind.
https://www.gbe-bund.de/gbe/pkg_olap_ta ... tion=drill
891 davon sind aufgrund affektiver Störungen (Depression und Bipolare Störung) verstorben - das sind nach meiner Rechnung knapp 1,5 % von den 60.000. Immer noch zu viele, keine Frage.

Aber ich wage zu behaupten, dass diese Menschen überwiegend nicht gestorben sind, weil sie beim Heilpraktiker für PT waren, sondern weil sie gar keine Behandlung hatten.

Dass es in vielen Gegenden von D unendlich mühsam bis unmöglich ist, einen passenden (!) kassenfinanzierten Therapieplatz oder Klinikplatz zu bekommen, ist in meinen Augen der eigentliche Skandal, nicht dass HP für PT praktizieren dürfen.
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― Anne Lamott


kaja
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Beitrag So., 12.06.2022, 17:51

Es nützt nichts.

Der ständige Whataboutism hier macht jeglichen Austausch über das Kernthema nahezu unmöglich.
Ich habe eh den Eindruck, dass dank der Positionierung des Admins, im Forum mittlerweile "Alternative Fakten" und der Aluhut zum guten Ton gehören.

Trotzdem, oder gerade deshalb, noch einmal.

Die Daten sind ganz einfach über destatis abrufbar. Auch dementielle Erkrankungen zählen zu den psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen und bedürfen einer professionellen Behandlung. Mal ganz abgesehen davon, dass es bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen keine Altersdiskriminierung geben sollte.

Die Behauptung das diese Menschen verstorben sind, weil sie bei Heilpraktikern in Behandlung waren, habe ich nicht aufgestellt und lasse ich mir auch nicht zuschieben.

Nur weil es schwer ist kassenfinanzierte Therapieplätze zu finden, kann es nicht die Lösung des Problems sein mangelhaft ausgebildete Menschen auf Patienten mit Störungen mit Krankheitswert los zu lassen. Viel eher muss dafür gesorgt werden, dass genügend kassenfinanzierte Therapieplätze bei ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten zur Verfügung stehen.
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