Analyse - Einsicht in Verhaltensmuster führen nicht zur Besserung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

hey_jude
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 13:59

confidence hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 12:24
Meine Situation ist eher vertrackt. Ich kann nicht mit der Person reden, weil diese es abblockt bzw. nur Smalltalk machen möchte und nur ihre Sicht der Dinge gelten lässt, aber wenn ich meine Sicht der Dinge darstellen möchte geht sie weg oder erfindet eine Ausrede, weshalb sie keine Zeit mehr hat. Sie fordert aber auch ganz viel von mir, aber da es etwas ist, was mir widerstrebt, dem nach zu kommen (auch zum Teil, weil es für mich wie ein Befehlt rüber kommt) und es auch eher nur etwas ist, was nur sie persönlich möchte und auch keine Spielraum für andere Dinge gibt, ist es halt so als würde sie direkt etwas verlangen was gesetzlich so verankert ist und dass sie alleine zu bestimmen hat und ich gar nicht nein sagen darf. Nachdem ich dann vor längerer Zeit ihr schon gesagt habe, sie soll sich nicht in mein Leben einmischen und mir "Befehle" geben, ist es dann immer schlimmer geworden. Das ist nur mal ein ganz kleiner Ausschnitt aus der Geschichte hier, aber fasst es glaube ich ganz grob zusammen.
Die Veränderung muss ja nicht in der Situation, mit Personen direkt passieren. Es wäre doch auch ein Fortschritt wenn sich "nur" bei dir etwas verändern würde/ könnte, in dem es dir bspw. von Herzen egal werden kann/wird, was Personen, die etwas wollen, was du nicht willst, an dich für Ansprüche stelle. Also, eine innere Veränderung erst einmal...
oder passt das nicht auf die Situation ? Reicht eine eigene Veränderung nicht, weil du tatsächlich so stark von der Person bedrängt wirst ? Oder bedrängen deine Gedanken/dein innerer Umgang mit der Situation dich ?

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pandas
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 16:13

Warum hast du denn Analyse als zu Therapie Form gewählt? Konkreter Strategien im Umgang mit schädlichen Menschen finden würdest du vielleicht eher in einer guten Verhaltenstherapie.
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confidence
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 16:21

Philosophia hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 12:58 Was wünscht du dir denn? Wonach sehnst du dich? Was glaubst du, könnte dir helfen? Was könnte dir gut tun? Was fehlt dir in deiner Therapie?
Zu beginn habe ich einfach gemeint, ich mache eine Analyse, da es mir empfohlen wurde (mehrmals) und ich die Einstellung hatte, egal wie, Hauptsache es ist hilfreich. Mittlerweile vermisse ich ein bisschen schon einen Austausch, wie man ihn z.B. mit Freunden hat. Wo man seine Seite erzählt und die anderen auch mal mitfühlend reagieren (Zuspruch bekommen), selber Ideen entwickeln usw. Und klar, das ist mir bewusst, das bekommt man bei einer Analyse einfach nicht.
Ich denke dazu würde mir gut tun, wenn einfach mein Selbstbewusstsein gestärkt wird und auch mal abgewogen wird ob ich da zu Recht beunruhigt bin oder ob es halt einfach nur meine "falsche" Wahrnehmung ist. Ich denke ich ringe auch etwas damit, dass ich nicht weiß, ob ich angemessen reagiere oder nicht. Klar, ich bin mir sicher, ich muss mich schützen, aber eventuell ist das ja auch nur teil meines Problems und die andere Person ist gar nicht so böse? Wobei ich das so auch nicht ganz glauben kann, denn es sind schon krasse sachen passiert, von Seiten der anderen Person, also ganz zu unrecht muss ich mich nicht verteidigen, aber dass zumindest mal etwas mehr die Suche nach der Objektivität statt findet.

hey_jude hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 13:59 Die Veränderung muss ja nicht in der Situation, mit Personen direkt passieren. Es wäre doch auch ein Fortschritt wenn sich "nur" bei dir etwas verändern würde/ könnte, in dem es dir bspw. von Herzen egal werden kann/wird, was Personen, die etwas wollen, was du nicht willst, an dich für Ansprüche stelle. Also, eine innere Veränderung erst einmal...
oder passt das nicht auf die Situation ? Reicht eine eigene Veränderung nicht, weil du tatsächlich so stark von der Person bedrängt wirst ? Oder bedrängen deine Gedanken/dein innerer Umgang mit der Situation dich ?
Ich bin sogar der Meinung, dass sich die Situation nicht verändern wird, sondern wenn dann muss ich mich verändern. Die Frage ist halt, wie ich so etwas hin bekommen kann, dass ich mehr bei mir bleibe und es mir wirklich, aus tiefster Überzeugung egal ist.

Es ist beides. Zum einen ist es jedes Mal, wenn ich auf diese Person treffe einfach nur purer Stress für mich, weil von dieser Person jedes Mal das Thema nur auf das eine geht und ich dann wieder agieren/abwehren muss. Das ist dann leider schon so extrem, dass ich oftmals nur noch über dieses Thema nachdenken kann (auch wenn ich es versuche weg zu lassen, darüber nachzudenken, gelingt es mir nur wenig), wenn die Person nicht dabei ist. Das zermürbt mich einfach.

pandas hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 16:13 Warum hast du denn Analyse als zu Therapie Form gewählt? Konkreter Strategien im Umgang mit schädlichen Menschen finden würdest du vielleicht eher in einer guten Verhaltenstherapie.
Wie ich schon sagte, mir war es zu beginn eigentlich egal. Da ich schon vorher Therapien hatte ohne nachhaltigen Erfolg und es mir mehrfach von verschiedenen Therapeuten empfohlen wurde, eine Analyse zu machen, habe ich mich darauf eingelassen. Auch weil es mir am Ende egal war, wie ich zu einer Besserung komme und ich da von der Methode nicht wirklich festgelegt war, sondern ich dann einfach mal der Empfehlung nachgehen wollte, vor allem auch in der Hoffnung, dass jetzt endlich Mal was bei rum kommt und ich endlich Mal verstehe worum es bei mir geht und ich vor allem auch mal eine Besserung spüre. Letztendlich sehe ich es immer noch so, am Ende ist es doch egal, wie ich zu einer Verbesserung komme. Aber es mag sein, nachdem was ich hier so lese und was ich auch in der letzten Sitzung bewusst erlebt habe, dass ich keine Fortschritte fühlen kann, dass eine andere Form vielleicht viel besser für mich wäre.

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Philosophia
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 16:30

Ich weiß nicht so recht - es klingt für mich so, als würdest du was im Kontakt vermissen. So oder so fehlt dir was in dieser Therapie. Das würde ich unbedingt ansprechen.
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confidence
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 16:35

Ja, das stimmt. Aber ich bin da auch ständig im Kontakt. Weiß noch, wie wir begonnen haben und auf welchem Stand wir heute sind in der Therapie, was den Kontakt angeht. Trotzdem ist es immer noch nicht so 100%ig wie das was ich gerne hätte.


hey_jude
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 16:47

confidence hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 16:21 Ich bin sogar der Meinung, dass sich die Situation nicht verändern wird, sondern wenn dann muss ich mich verändern. Die Frage ist halt, wie ich so etwas hin bekommen kann, dass ich mehr bei mir bleibe und es mir wirklich, aus tiefster Überzeugung egal ist.

Es ist beides. Zum einen ist es jedes Mal, wenn ich auf diese Person treffe einfach nur purer Stress für mich, weil von dieser Person jedes Mal das Thema nur auf das eine geht und ich dann wieder agieren/abwehren muss. Das ist dann leider schon so extrem, dass ich oftmals nur noch über dieses Thema nachdenken kann (auch wenn ich es versuche weg zu lassen, darüber nachzudenken, gelingt es mir nur wenig), wenn die Person nicht dabei ist. Das zermürbt mich einfach.
klingt jetzt vllt etwas platt, aber eiegtnlich passiert das doch darüber, dass man mehr Selbstbewusstheit erlangt. Seine Gefühle versteht, annimmt, mit ihnen (für sich positiv) damit umgeht. Einbrüche können natürlich immer passieren. Ist ja eine Frage warum man anderen in seinem Inneren so viel Raum gibt/geben muss, vor allem wenn das eher schädlich ist und eigentlich auch nervt. Was hat diese Person (die dich stört) in deinem Inneren zu suchen ? Im gesunden Fall kann man das abfedern, eine Grenze setzten (übe das auch gerade)

Wie macht man das ? Das dauert auf jeden Fall und funktioniert weniger über den Kopf. Vielleicht ist es zuerst die Erkenntnis (Kopf und Gefühl) und dann sickert das langsam in das Gefühl ein (nur Gefühl, Kopf darauslassen, keine Kontrolle, passieren lassen), sich anders verhalten, ob es nun um das allein nachdenken oder Einlassen auf nervige Personen geht(wieder Kopf, aber nur kurz, der erinnert einen, was das Gefühl gerade bedeutet, bzw was da gerade in einem passiert und wie man anders damit umgehen sollte/will) und dann wieder an das Gefühl abgeben...Weiß nicht ob das nachvollziehbar ist.


Zur Therapieform kann ich gar nichts sagen, da kenne ich mich nicht aus.
Zuletzt geändert von hey_jude am Sa., 09.01.2021, 16:51, insgesamt 1-mal geändert.

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Philosophia
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 16:50

confidence hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 16:35 Trotzdem ist es immer noch nicht so 100%ig wie das was ich gerne hätte.
Gut, dass du das so sagen kannst - genau das würde ich formulieren und dann sozusagen wie ein Detektiv danach forschen. Dafür ist eine Analyse da. Langfristig kann sie dann nämlich helfen, dass man sich besser mit den Beziehungen außergalb der Analyse fühlt.
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hey_jude
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 17:10

Könnte bei dir dann so aussehen
-Kontakt mit der Person (Situation)
-die Person löst Stress in mir aus (Gefühl wahrgenommen)
- Kopf macht einen Vorschlag : Kontakt kurz halten bspw. (man ist in Eile- Vermeidung ist nicht generell schlecht)
- Gefühl überprüfen (hat sich nach der eigenen Intervention das Stressgefühl verändert, im Vergelich zu vorherigen Begegnungen oder direkt vor/während der Begegnung)
- ja, nein, weiß nicht: Kopf fragen (was brauche ich noch um den Stress zu reduzieren/ mich wieder wohler zu fühlen)

...also man kümmert oder fokussiert sich nicht um/auf die Situation oder die Person, sondern um sein/e Gefühl/e, will ich damit sagen und zwar direkt, wie oben beschrieben.
...manche Gefühle sind sehr stark, da kann man dann tatsächlich nur aushalten und den Kopf raushalten (Fragen nach Warum oder wie geht das Gefühl weg, was muss ich anders machen, wenn die Gefühle eine gewissen Stärke erreicht haben ist eher sinnlos, zumindest bei mir) In der akuten Gefühlssituation darauf rumzudenken, ist (bei mir) total kontraproduktiv, da kommt dann nur Müll bei raus. Und es geht nur aushalten, kein Öl ins Feuer gießen , durch zusätzliches darüber nachdenken o.ä und abwarten bis der Sturm sich gelegt hat... und nächstes Mal zeitiger reagieren, bevor Gefühle so stark werden. Muss man aber auch erst kennenlernen und trainieren...
mal als kleines Fallbeispiel...

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Montana
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Beitrag Sa., 09.01.2021, 21:40

Du fragst dich, ob deine Reaktion auf diese Person objektiv betrachtet angemessen ist. Und da fängt das Problem schon an. Du brauchst nämlich keine von außen kommende Legitimation für deine Gefühle. Unter anderem deshalb wirst du in der Therapie niemals eine bekommen. Das wäre nur eine kurze Erleichterung, die noch nicht einmal lange halten würde. Deine Gefühle sind einfach da. Und die würden auch nicht weniger, wenn dir einer sagen würde, sie seien nicht angemessen.
Hast du mal durchgespielt, was eigentlich schlimmstenfalls passieren könnte, wenn du mal so richtig "unangemessene" Dinge tust? Ich habe das gemacht und ich habe tatsächlich vor richtig krassen Sachen Angst, wenn ich mich wirklich mal wehre. Speziell auch bei Nachbarn, die man nicht los wird, weil sie dummerweise das Nachbarhaus gekauft haben. Was könnten die alles tun? Mein Auto zerstören, Böller in den Briefkasten schmeißen usw. Und wenn ich davor wirklich richtig Angst habe, dann erklärt das auch all den Stress, den ich bei jeder Begegnung habe. Dann braucht mir keiner sagen, das sei unangemessen. Auf der Ebene ist das Problem einfach nicht zu lösen. Manchmal ist es einfach sinnvoller, sich Pfefferspray in die Handtasche zu legen. Nur so als Beispiel.

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confidence
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Beitrag So., 10.01.2021, 03:17

Philosophia hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 16:50
confidence hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 16:35 Trotzdem ist es immer noch nicht so 100%ig wie das was ich gerne hätte.
Gut, dass du das so sagen kannst - genau das würde ich formulieren und dann sozusagen wie ein Detektiv danach forschen. Dafür ist eine Analyse da. Langfristig kann sie dann nämlich helfen, dass man sich besser mit den Beziehungen außergalb der Analyse fühlt.
Da ist eine Hoffnung. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob es auch bei Grenzüberschreitungen hilft, sich besser zu fühlen. Oder meinst du das betrifft auch das weniger ausgeliefert zu sein, vom Gefühl her?


hey_jude hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 16:47Könnte bei dir dann so aussehen
-Kontakt mit der Person (Situation)
-die Person löst Stress in mir aus (Gefühl wahrgenommen)
- Kopf macht einen Vorschlag : Kontakt kurz halten bspw. (man ist in Eile- Vermeidung ist nicht generell schlecht)
- Gefühl überprüfen (hat sich nach der eigenen Intervention das Stressgefühl verändert, im Vergelich zu vorherigen Begegnungen oder direkt vor/während der Begegnung)
- ja, nein, weiß nicht: Kopf fragen (was brauche ich noch um den Stress zu reduzieren/ mich wieder wohler zu fühlen)[...]
Ok, das klingt zumindest nach einer Anleitung, die man zumindest Mal probieren könnte. Es wird aber schwer für mich, danach noch klar zu denken, bisher. Es hat teilweise Tage bis hin zu Wochen gedauert, nach dem Kontakt mit dieser Person um wieder klar zu kommen. Ist wie ein Gefäß, wo immer wieder Steine rein kommen, ich aber pro Tag maximal nur ein oder zwei Steine raus nehmen kann, diese Person aber mit jedem Kontakt mindestens fünf bis zehn Steine nachlegt, so dass ich schnell mein Limit erreicht habe oder sogar überschreite. Somit brauche ich lange Zeit ohne die Begegnung mit dieser Person, um den Stresspegel wieder abzubauen und wieder klar denken zu können.

Montana hat geschrieben: Sa., 09.01.2021, 21:40 Du fragst dich, ob deine Reaktion auf diese Person objektiv betrachtet angemessen ist. Und da fängt das Problem schon an. Du brauchst nämlich keine von außen kommende Legitimation für deine Gefühle. Unter anderem deshalb wirst du in der Therapie niemals eine bekommen. Das wäre nur eine kurze Erleichterung, die noch nicht einmal lange halten würde. Deine Gefühle sind einfach da. Und die würden auch nicht weniger, wenn dir einer sagen würde, sie seien nicht angemessen.
Hast du mal durchgespielt, was eigentlich schlimmstenfalls passieren könnte, wenn du mal so richtig "unangemessene" Dinge tust? Ich habe das gemacht und ich habe tatsächlich vor richtig krassen Sachen Angst, wenn ich mich wirklich mal wehre. Speziell auch bei Nachbarn, die man nicht los wird, weil sie dummerweise das Nachbarhaus gekauft haben. Was könnten die alles tun? Mein Auto zerstören, Böller in den Briefkasten schmeißen usw. Und wenn ich davor wirklich richtig Angst habe, dann erklärt das auch all den Stress, den ich bei jeder Begegnung habe. Dann braucht mir keiner sagen, das sei unangemessen. Auf der Ebene ist das Problem einfach nicht zu lösen. Manchmal ist es einfach sinnvoller, sich Pfefferspray in die Handtasche zu legen. Nur so als Beispiel.
Mir geht es einfach darum, wenn ich quasi objektiv bewerten könnte, dass ich angemessen reagiere, dann hätte ich die Idee, dass es für mich weniger Skrupel gibt, mich auch so zu verhalten, denn dann würde ich einer sozialen Bewertung eher stand halten, weil ich mich angemessen verhalten habe und mein Nachbar nicht. Würde ich aber eher, objektiv betrachtet, mich daneben benehmen oder die Situation total falsch einschätzen und meinem Nachbarn unrecht tun, dann würde ich bei der Bewertung von anderen eher geächtet werden, im Zweifel. Dann wüsste ich zumindest, dass ich eher in der Bringschuld wäre, meinem Nachbarn gegenüber (auch wenn es mir nicht gefällt). So zumindest mein Gefühl dazu.
Klar, es sollte mir wohl egal sein, was andere von mir halten. Wäre auch ein Wunsch von mir, aber wenn man es einfach ausschalten könnte, dann würde ich das mit 100%iger Sicherheit auch machen.

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Montana
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Beitrag So., 10.01.2021, 10:33

Das verstehe ich schon, nur gibt es da eben keine objektive Betrachtungsweise. Wenn ich das jetzt zum Beispiel tun müsste, eine soziale Bewertung deiner Reaktion aussprechen, dann würde ich das unter Berücksichtigung des Kontextes tun (den ich nicht kenne, aber theoretisch würde ich das nur mit Kontext tun). Einem total Außenstehenden, der dich nicht kennt und der die Person nicht kennt und der eure bisherige Geschichte nicht kennt, dem darf man auch mal sagen: wenn du keine Ahnung hast, einfach mal die F* halten. Eine Meinung hat ja irgendwie jeder immer zu allem. Warum sollte die aber richtiger sein als deine?
Bei mir stand mal so ein Nachbar vor der Tür und forderte etwas und gab vor, für alle Nachbarn in der Straße zu sprechen. Erst war ich unglaublich erschrocken. Dann habe ich mit mehreren anderen Nachbarn geredet und die sagten das genaue Gegenteil. Wir hatten die Stadt um Hilfe gebeten, weil unser Eingang ständig zugeparkt wurde und die Stadt hatte daraufhin Pöller gesetzt. Die anderen sagten sowas wie: "ich hätte schon viel früher was gemacht und es nicht so lange mit reden versucht". Wir waren uns einig, dass Blumenkübel schöner gewesen wären, aber die Stadt hat das entschieden und beauftragt und die Stadt wollte leider keine Kübel.


hey_jude
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Beitrag So., 10.01.2021, 13:09

Wäre die Frage, wie du verhinderst, dass die Person da überhaupt so viele Steine reinkriegt, in das Gefäß...Du bist der Situation nicht ausgeliefert, nicht in Wirklichkeit. Du kannst mit gestalten und hast ebenso Macht. Du kannst lernen zu selektieren, was von der Person du an dich ranlässt und wo du innerlich abblockst, das Gefäß dicht machst. Du kannst dich vllt sogar unattraktiv für diese Person machen...das die gar nicht so lange mit dir sprechen will. klingt jedenfalls wie ein Trigger für dich, diese Person oder Situation, wie eine Ermächtigung.
Ist aber auch die Frage, welches Gefühl hinter dem Stress steckt Angst, Wut....oder etwas anderes

Es gibt Techniken zur Emotionsregulation. Würde da eher auf Prophylaxe setzten, um dieses Gefühl der Überwältigung im Vornherein zu verhindern. Sowas machen die meisten Menschen (die da kein großes Problem haben, deswegen haben sie es nämlich nicht in dem Ausmaß) ganz automatisch, sich vor negativen Emotionen schützen, bzw mit ihren Gefühlen haushalten. Ist eine Entwicklungserrungenschaft, wenn man so will.
Da könntest du überlegen, wie du damit umgehen willst, einen Plan schmieden wie du es verhinderst, dass dieser Kontakt zu so einem invasivem Erlebnis wird.
Und das ist natürlich schwer, sonst wäre es ja kein Problem. Irgendwas müsstest du jedenfalls tun. Innerlich (um Gefühle kümmern, das die gar nicht erst so stark werden) oder/und äußerlich (Situation anders gestalten).
Es kann dich niemand zwingen ausführliche Gespräche mit der Person zu führen und erst recht kann dich niemand dazu zwingen, dass du das auch aufnimmst oder an dich ranlässt was da kommt. Da kannst aber nur du die Blockade setzen.
Wenn die Angst so hochkocht, wie in dem einen Beitrage von Montana beschrieben (mit angstvollen Phantasien), dann ist das mMn schon ein Zeichen von emotionaler Überforderung, da schwimmts alles weg und es hilft dann keine Prophylaxe mehr.
Zuletzt geändert von hey_jude am So., 10.01.2021, 13:26, insgesamt 4-mal geändert.

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Beitrag So., 10.01.2021, 13:15

Montana hat geschrieben: So., 10.01.2021, 10:33 Das verstehe ich schon, nur[...]
Naja ich rede eher vom sozialen Kontext. Wenn mehrere Leute es ähnlich sehen, dann war es aus meiner Sicht, eher objektiv gesehen in die Richtung angemessen, wie es die Mehrheit meint und wird dann auch so eher toleriert, wie es die Mehrheit anerkennt. Erst wenn es ungefähr ausgeglichen ist, dann wird es schwer.
In deinem Beispiel ist es so, dass der eine Nachbar meint, er würde für alle sprechen, was aber nicht stimme (er hat offensichtlich gelogen um sein Ziel zu erreichen). Objektiv betrachtet ist richtig, dass viele Nachbarn eher das Gegenteil von dem einen Nachbarn wollten, also wird zu großen Teilen auch das eher akzeptiert und anerkannt.
Anderes Beispiel, 95 von 100 Leuten meinen, dass sie kein Problem mit Menschen mit Migrationshintergrund haben. Die restlichen 5 Leute meinen aber, dass Menschen mit Migrationshintergrund keine Rechte haben und dass diese sofort Deutschland verlassen sollten, zur Not muss man halt Gewalt anwenden. Diese Menschen machen viel mehr Alarm und zeigen sich viel mehr, fallen also viel mehr auf. Dennoch ist es die absolute Mehrheit, die es nicht so sieht. In den Medien wird es dann aber so aussehen, als ob viele dafür sind. In Wahrheit sind sie aber nur Lauter. Akzeptierter ist aber die Meinung in der Öffentlichkeit, dass Menschen mit Migrationshintergrund durchaus hier leben dürfen.
Genau so ist mein Nachbar auch, er ist Laut und stellt sich mehr da in der Öffentlichkeit, dass er mehr auffällt, aber wenn man wüsste dass die meisten es eher so sehen, dass er sich nur aufspielt und sehr Grenzüberschreitend ist und eher rücksichtslos handelt (mir aber genau dieses vorhält), dann wäre mir sehr geholfen, da ich einfach nicht mehr so viel Zweifeln müsste ob ich nun etwas falsch mache oder nicht. Die Frage ist, aus meiner Sicht, wie man das Messen könnte. Ich kann natürlich zu allen Nachbarn gehen und ihnen die Geschichte erzählen (das halte ich aber nicht für angemessen, einfach unbeteiligte, mit denen ich sonst auch nichts zu tun habe, da mit rein zu ziehen). Dann würden die aber halt nur meine Sicht der Dinge kennen. In dem Sinne hast du eventuell recht, dass es kaum Messbar ist, objektiv gesehen. Aber letzten Endes würde ich wohl gerne eher lernen für mich auch Sicherheit hinter meinen Standpunkt zu bekommen um nicht so sehr daran zu zweifeln ob ich denn auch berechtigt bin mich so zu verhalten, obwohl ich mich super schlecht behandelt fühle. Dazu kommt müsste dann auch kommen, dass ich ohne Probleme zu bekommen, es hinbekommen muss so eienn Sturm zu überdauern, wenn der Nachbar oder eine Person wieder meint ich wäre scheiße zu ihm (und dann auf’s übelste mich anpöbelt, mich beleidigt oder Dinge behauptet, die mich in ein schlechtes Licht rücken sollen), weil er nicht bekommt was er möchte.

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Beitrag So., 10.01.2021, 13:32

hey_jude hat geschrieben: So., 10.01.2021, 13:09 Wäre die Frage, wie du verhinderst, dass die Person da überhaupt so viele Steine reinkriegt[...]
Kannst du das konkretisieren, wie das funktioniert, mit der Emotionsregulation? Offensichtlich ist das bei mir nicht automatisch drinnen. Aber in jedem Fall triggert die Person ganz viele Dinge an mir, ich denke sie wird auch spüren, dass ich für sie ein leichtes Opfer bin, wo sie meint sie kann was erreichen. Ich könnte nach aussen so wirken, aber letztendlich bin ich innerlich so, dass man bei mir gar nichts mehr erreichen wird, nie wieder, wenn man so mit mir umgeht. Ich ziehe mich auch schon immer raus. Habe auch schon gehört, wie mein Nachbar anderen über mich befragt, ob sie wüssten, was er mir getan hätte, weil er wohl gemerkt hat, dass ich den Kontakt mit ihm meide. Offensichtlich versteht mein Nachbar mein Verhalten auch nicht, dass ich ihn vermeide und hält seine Art mit mir umzugehen einfach als ganz normalen Dialog, wo niemand von schaden nehmen sollte, sondern einfach nur als normalen Interessenskonflikt, den man mal eben bespricht und wenn man nicht der gleichen Meinung ist, wieder davon zieht. Er scheint da die Welt nicht mehr zu verstehen, dass ich mich da zurück ziehe und sieht gar nicht, was er anrichtet. Das wiederum gibt mir dann auch noch das Gefühl, als würde er meinen ich würde ihn auch noch zu unrecht so aussehen lassen, als würde er sich schlecht verhalten. Das macht es eigentlich aber nur noch schlimmer, dass er gar nicht sieht, was er mir antut. In dem Sinne könnte man meinen er ist sich nicht Bewusst, was er da sagt. Aber er lässt es auch nicht zu, dass man mit ihm darüber redet, was ich empfinde (wie ich oben bereits beschrieben habe), um es zu klären und ihm auch Mal darauf hin zu weisen, dass er vielleicht mal anders mit Menschen umgehen sollte. Aber, tut mir leid, ich schweife da ab, aber zeigt zumindest auf, dass ich, wenn ich die Gespräche nicht suche oder dann führe, wenn sie mir über den Weg laufen, ich nicht weniger attraktiv bin für diese Person, sondern ich auf eine andere Art attraktiv für ihn bin. Ich wünsche einfach ich würde weder so noch so für meinen Nachbarn statt finden.

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Beitrag So., 10.01.2021, 13:53

confidence hat geschrieben: So., 10.01.2021, 03:17 Da ist eine Hoffnung. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob es auch bei Grenzüberschreitungen hilft, sich besser zu fühlen. Oder meinst du das betrifft auch das weniger ausgeliefert zu sein, vom Gefühl her?
Ja, denn je mehr du dich kennenlernst in Beziehungen, desto mehr bekommst du Zugang zu deinen Grenzen und wie du sie setzen und schützen kannst.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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