Freunden von den Depressionen erzählen?

In diesem Forumsbereich können Sie sich über Schwierigkeiten austauschen, die Sie als Angehörige(r) oder Freund(in) von psychisch Erkrankten bzw. leidenden Personen konfrontiert sind.
Benutzeravatar

leuchtturm
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 2003

Beitrag Mo., 26.10.2020, 12:31

Kellerkind, was sind denn deine Hobbies?
Ich frage, weil ich mir vorstellen kann, dass regelmäßige Treffen mit Leuten, die gemeinsame Interessen mit dir teilen, gut tun würden.

Ich habe auch nichts gegen "gute Bekannte". Ich weiß auch nicht genau, ob ich verstanden habe, was du wirklich möchtest:
ab und zu mal mit jemandem aus der Clique Kafee trinken gehen, ja?

Fragst du bei deinem Bedürfnis denn in der Gruppe nach, oder wendest du dich direkt an Einzelpersonen? Letzteres versprich deutlich erfolgreicher zu sein!

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kellerkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 3551

Beitrag Di., 27.10.2020, 06:38

Ja, es geht mir eigentlich nur darum, sich öfters mal zu treffen. Auf einen Kaffee, einen kleinen Spaziergang oder eben auch ein Feierabendbier, ohne dass es ausartet. Es wäre auch nett, wenn ein paar meine Freunde/Bekannten sich öfters von sich aus melden würden.
Leider ist es meist so, dass die mit denen ich die Hobbies und Interessen teile, zwischen den Treffen/Feiern ihr eigenes Leben haben, und die, mit denen ich gut reden kann, haben andere Vorlieben.

Hab nun ein paar Tage über die regen Antworten hier nachgedacht.
Wenn ich zusammenfasse: Freundschaften ändern sich, wenn man ihnen von den Depressionen erzählt. Ich will aber gar nicht, dass sich etwas an den Freundschaft ändert, nur an der Häufigkeit.

Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mir unauthentisch vorkomme, wenn ich ihnen verschweige, dass es mir zwischenzeitlich manchmal so richtig Schei***e geht, mit Gedanken a la "lieber wäre ich tot"...(ohne das ernst zu meinen, schlimm genug, dass man in so Momenten aber so denkt).
Mittlerweile kam ich zu dem Schluss: okay, sie fragen aber halt auch wirklich nicht von sich aus nach, dann muss ich es ihnen nicht - ungefragt - auf die Nase binden. Sollte irgendwann mal was sein, z.B. dass ich mich in eine Klinik einweisen lassen müsste, sollen sie dann aber bitte auch nicht zerknischt ankommen und behaupten: "Warum haste denn nie was gesagt?" Das ist der Deal. Ich drängen ihnen das Wissen über meinen Zustand nicht auf, ich kümmere mich weiterhin um meinen Psychomist alleine, aber ich mach mir auch kein schlechtes Gewissen mehr, dass es unauthentisch/gelogen sein könnte.

Fernerhin komme ich zu dem Schluss, dass etwas mit sich ausmachen zu wollen, kein "Lügen" ist. Und bedenke ich es recht, sind es auch nur wenige Momente, in denen es mir WIRKLICH schlecht geht. Die allermeiste Zeit komme ich tatsächlich klar.

Vorgestern war mir langweilig und ich habe lustige Fotos von mir gemacht und in die sozialen Medien gestellt. Das setzt natürlich NICHT das Signal, dass ich Hilfe bräuchte...(brauch ich auch nicht!)... oder es mir schlecht geht, sondern im Gegenteil, dass es mir gut geht. Eine Täuschung? Nein. Siehe oben. Die meiste Zeit komme ich klar, und nur weil ich nah an Depressionen gebaut bin und emotionale Einbrüche habe, darf es mir zwischenzeitlich auch gut gehen. Ich bilde mir ein, würde ich jetzt eine große Welle machen und mein Umfeld "überzeugen" wollen, dass ich Depressionen habe, dann müsste man sich auch für Spaßmomente rechtfertigen. Als Nicht-Betroffener, ja, manchmal nicht mal Menschen, die damit Erfahrung haben, ist es schwer zu verstehen, dass es da so Schübe und Stimmungen gibt. Ich erwarte KEIN Verständnis, aber mich erklären zu müssen habe ich auch nicht unbedingt Lust dazu.

Für mich persönlich halte ich es besser, wenn ich mich so oft wie möglich in ein "normales", stabile Umfeld begebe, und mich DEM anpasse, statt sie sich an mich. Und sei es nur: Fake it, til you make it!
Doch siehe oben: eigentlich ist es gar kein Fake. Die meiste Zeit komme ich schon klar. Würde ich jetzt meine Probleme in den Fokus rücken, würde sich die Freundschaften auf die eine oder ander Weise ändern. Klar, in einigen einzelne Momenten würde ich mir das wünschen. Aber wenn ich mir Häufigkeit und Intensität anschaue, dann überwiegt der Ich-komme-Klar-Zustand eindeutig. Zumindest jetzt. Und wie heißt es so schön: never change a winning team.

Was ich noch aus der Fragestellung für mich rausnehme:
Wenn ich wieder vermehrt Kontakte zu Menschen aufnehmen, die die letzten Monate (v.a. durch Corona und Trennung) ausgelaufen sind, dann werde ich die Depression als Grund nennen. Wenn ich einfach mal ganz bei mir selbst bleibe, ohne daran zu denken, was andere davon halten könnten, so habe ich jedes Recht der Welt mich still und leise zurückzuziehen, wenn es mir schlecht geht bzw. um die Trennung zu verarbeiten. Entweder die Leute verstehen es, und wir können den Kontakt wieder weiterführen oder nicht. Auch hier gilt: von deren Seite kam ja auch nichts, folglich bin ich ihnen auch keine ungefragte Erklärung schuldig.

Bleibt nur noch eine kleine Nebenfrage in dem Kontext: was antwortet, wenn man gefragt wird: "Hey, schön dich mal wieder zu sehen, wie geht's?"
Zuletzt geändert von Kellerkind am Di., 27.10.2020, 06:47, insgesamt 1-mal geändert.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kellerkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 3551

Beitrag Di., 27.10.2020, 06:46

Vielleicht sollte ich noch dazu sagen: ich wirke nicht depressiv. Ich wirke auch so, als ob ich klarkomme. Was meistens so irgendwie auch stimmt. Sobald ich unter Menschen bin, geht es mir sehr gut, ich feiere hart. Wenn man dann erzählt, was man zwischenzeitlich macht oder gerade plant, merkt man mir auch keinerlei Probleme an. Zum Teil präsentiere ich mich mit Absicht so, zum Teil merke ich erst, wenn ich es Freunden gegenüber so kompakt zusammenfasse, wie viel ich eigentlich tue. Spüre dann selbst, dass es mir eigentlich gar nicht so schlecht geht, wie ich mir manchmal selbst in der Nacht einrede. Ein bisschen wie ein Realitätscheck, wenn ich aus durchgrübelten Nächten mal wieder einen Abend lang im meinem "normalen" Leben stehe und merke, dass ich - ups - stärker bin als ich mir selbst zutraue.

Doch draus ergibt sich eben jene Diskrepanz, dass viele aus meinem Umfeld weder wissen noch vermuten können, was ich manchmal für Abstürze habe. Deshalb dieser Thread. Wie gesagt, nun komme ich mehr und mehr zu dem Schluss, dass es wohl besser so ist, und ich alles so lasse, wie es ist.

Mit meinem Ex möchte ich noch mal über das Thema sprechen. Wenn es sich ergibt. Früher oder später wird man sich begegnen.
Er gehört zwar zur Sorte, die mit den "Psycho-Konzepten" so überhaupt nichts anfangen können, und es nicht nachvollziehen können, aber u.a. DAS habe ich an ihm auch immer gemocht. Alles hat Vor- und Nachteile, und ich war sehr froh, jemand zu haben, der so "normal" ist, dass er nie mit dem Thema zu tun hatte oder einen Therapeuten brauchte. Zugegeben, im Nachhinein sehe ich das viellecht ein wenig anders, er ist halt das andere Extrem, aber das steht auf einem anderen Blatt. Zumindest war mir die "Normalität" und seine Stabilität wichtiger als Verständnis und Mitgefühl.
Und was er unglaublich gut kann: Menschen, so akzeptieren, wie sie sind. Und wenn ich nun mal ein Mensch bin, der sich phasenweise "depressiv zurückzieht", dann ist das eben so. Das würde er mir nie vorwerfen.
Simple Akzeptanz ist meiner Meinung nach ebenfalls wichtiger als völliges Verständnis. Oder es persönlich nehmen oder seine eigenen Psychokram reinprojiizeren.
Warum ich noch mal mit ihm reden möchte? Weil durch die ganzen Trennungswirrwarr nicht klar ersichtlich war, was mit mir los ist. Ich selbst schob ja vieles auf die Trennung bzw. - ein großes Sorry! - gab ihm die Schuld dran. Je mehr der akute Liebeskummer abklingt und ich auf MICH zurückgeworfen werde, um so mehr sehe ich eben auch, dass mein chronische Unzufriedenheit und diese diffuse Gefühl, dass mir etwas Essentielles im Leben fehle (z.B. Sinnhaftigkeit) rein gar nichts mit ihm/uns zu tun hatte. Vermutlich hätte ich mich so oder so zurückziehen oder trennen müssen, aufgrund eben des Knacks, den ich habe.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

Benutzeravatar

Pianolullaby
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 2246

Beitrag Di., 27.10.2020, 19:56

Was sage ich? Tatsächlich sage ich bei Freunden wirklich die Wahrheit, bei Bekannten schaue ich was es mir bedeutet, losen Bekannten sage ich dann eher, halt jo passt schon
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

Werbung

Benutzeravatar

Danica
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 53
Beiträge: 644

Beitrag Mi., 28.10.2020, 08:35

Ich erzähle Bekannten nichts von psychischen Problemen, vor allem nicht solchen, mit denen ich hauptsächlich nur eine gute, unbeschwerte Zeit verbringen will. Weil, das wurde ja schon geschrieben, sich dadurch, auch meinen Erfahrungen nach die Beziehung zu diesen Menschen verändert. Die Wenigsten können die Probleme nachvollziehen und reagieren entsprechend unpassend.

Das birgt nur enormes Enttäuschungspotzenzial auf beiden Seiten. Entweder kommen unpassende Kommentare (was glaubst du, was ich schon alles geschafft habe, da muss man sich halt zusammenreißen, das Leben ist kein Wunschkonzert... usw. usf.), besonders gute Ratschläge (Sport, Basteln, Backen, Nahrungsergänzungsmittel, Medikamente, unglaublich tolle alternative Behandlungsmethoden usw. usf.) oder einfach gar nichts.

Man hat sich selbst doch schon mehr als intensiv mit seinen Problemen auseinander gesetzt. Was erwartet man sich denn für Reaktionen, die hilfreich sein könnten?

Auch richtig guten, nahestehenden Freunden erzähle ich nur ansatzweise etwas, auch wenn ich mich auf solche im Ernstfall voll verlassen kann. Weil sie einfach keine Profis sind und nichts wirklich tun können. Außer zuhören. Aber darum geht es dir ja auch nicht, wenn ich das richtig verstanden habe.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kellerkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 3551

Beitrag Mi., 28.10.2020, 17:03

Oder Kommentare wie vorgestern:
Ich hab aus Langeweile Grimassen-Fotos gemacht und auf Sozialmedia hochgeladen. Was zugebenermaßen auch falsche Signale sendet, wenn ich so öffentlich rumalbere, aber nun gut. Ein Freund schrieb mich darauf an. Ich antwortete, dass ich mich zu Tode langeweile. Er mit vielen Smilies:"Ach was, endlich mal Zeit für dich selbst." Ehm. Nein. Einfach nur nein. Aber sei drum, ich lasse es zu stehen. Denn wie u.a. mit dem Hilfe des Threads festgestellt: ich will nicht, dass sich was ändert.

Einzige Ausnahme... (hier wahlweise Augenzwinkern oder Augenrollen einsetzen)... ist der Ex. Erstens, kennt der meine Macken eh schon mehr als mir lieb ist, um meinen "Ruf" muss ich keine Sorgen machen. Zweitens, herrscht momentan eh absolut kein Kontakt, es könnte sich also überhaupt gar nicht zum Schlimmern verändern, drittens, wenn es sich verändert also nur zum Positiven. Und vielleicht noch viertens, dass er der Einzige ist, der mir auf dieser Ebene nah ist/war, und fünften ausreichend abgegrenzt ist, dass ER sich davon auch nicht beeinflussen ließe, sondern immer noch bliebe, genauso wie er ist. Was ich manchmal an ihm hasste, aber so hat eben alles seine Vor- und Nachteile. Dafür hat er kein "Verständnis" im Sinn von Nachvollziehen können, aber ich finde in letzter Zeit generell, dass dies völlig überbewertet wird. Man muss etwas nicht nachvollziehen oder verstehen können, um Akzeptanz und Respekt an den Tag zu legen oder um ein Fels in der Brandung zu sein...
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kellerkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 3551

Beitrag Di., 03.11.2020, 06:42

Ich fasse mal kurz nach:

Hab für mich ja eine Entscheidung getroffen, dass ich niemanden , schon gar nicht ungefragt, es auf Auge drücken möchte und es lieber mit mir selbst ausmache. So weit, so gut. Aber was ist, wenn jemand konkret nachfragt?

Gerade jetzt wegen den zweiten Lockdown fragt der eine oder andere doch mal nach, wie man mit der Situation klar käme. Wobei es sich meiner Meinung nach mitunter um Höflichkeitsfloskeln handeln wird.
Wie es meist so ist im Leben: es fragen gerade immer die nach, mit denen man eigentlich nicht sprechen möchte.
Aber ich tue mich trotzdem mit dem bewusstem Lügen ziemlich schwer. Ausweichen oder Thema wechseln geht noch einigermaßen, aber lügen? Was meint ihr?
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "


Bluemoon123
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 505

Beitrag Di., 03.11.2020, 09:37

Also bei mir kommt es immer darauf an, wie jemand mich fragt wie es mir geht. Wenn es die Standard-Begrüßungsfloskel "Wie geht's?" ist, ist meine Antwort immer "gut". Ganz egal was wirklich bei mir los ist. Das ist aber auch bei allen anderen die Standardantwort. Wenn ich jemanden anders so "Wie geht's" frage, kommt auch immer nur ein "gut" zurück. Was anderes erwartet man normalerweise bei so einer Frage auch nicht.

Komplett anders ist die Situation, wenn mich z.B. eine Freundin im Gespräch dann mal fragt "und wie geht es Dir denn im Moment". Dann ist der Zeitpunkt wo ich auch mal ehrlich bin und sage, wenn etwas gerade nicht gut ist, und was los ist. Aber im Grunde mache ich das wirklich nur bei guten Freundinnen. Bei mir wissen eh nur eine Handvoll Leute, von der Depression. Und das reicht mir auch. Andere, mit denen ich nur oberflächlich Kontakt habe, brauchen es nicht zu wissen. Die brauchen auch nicht wissen ob es mir grad gut geht oder nicht. Aber halt mit der Konsequenz, dass ich so Kommentare, wie Du oben schreibst "ach endlich mal Zeit für Dich" dann auch nicht übel nehmen kann. Denn woher sollen sie auch wissen was wirklich los ist?
Ich meine auch, dass ich diese anderen Kontakte mit der Wahrheit überfordern würde. Weil eben die Beziehung nicht so tief ist, dass sie alles von mir wissen müssen. Wenn ich ehrlich bin, will ich von den anderen (also denen die nicht meine engen Freunde sind) auch nicht alles wissen. Da reicht mir ein "mir geht's gut" als Höflichkeitsfloskel. Das ändert nichts daran, dass ich nicht auch gerne mal mit den anderen zusammen bin oder mal aus gehe. Aber halt auf einer anderen Ebene als mit wirklichen Freunden. Wenn es nur "Feier-Freunde" (blödes Wort, aber mir fällt da grad nix anderes ein) sind, dann ist das halt auch nur eine "gute Laune"-Ebene, und da hat das andere nix zu suchen. Sehe ich auch nicht wirklich als Lügen, sondern einfach als andere Rollen und andere Beziehungen. Es gibt ja völlig unterschiedliche Arten von Kontakten und genauso unterschiedlich sind da auch die Dinge die man bespricht.

Du hattest am Anfang dieses Threads von dem Suizid der Schwester einer Kollegin geschrieben, bei der hinterher alle geredet haben und meinten "man hat ihr überhaupt nix angemerkt". Solches Gerede ist leider normal. Aber ehrlich. Selbst wenn man es ihr vorher angemerkt hätte, wäre es ihr auch nicht anders oder besser ergangen. Was ändert es, wenn die Kollegen der Schwester über deren Depressionen bescheid wissen? Die können sicher nicht helfen. Was man da erntet sind nur mitleidige Blicke. Und zumindest mir geht es so, dass es mir dann noch schlechter geht, wenn mich alle mitleidig anschauen und mit ernstem Blick fragen "und wie geht's" und dann im Grunde doch nix anderes hören wollen als "geht schon".


Genussmensch20
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 29
Beiträge: 5

Beitrag Di., 03.11.2020, 19:22

Hallo,
ich würde mir einen Kreis von dir nahe stehenden Personen überlegen und diese einweihen.
Wie auch andere hier schon treffend gesagt haben, wird es dir nicht jeden Tag gut gehen und dann ist es hilfreich, wenn du "blind" verstanden wirst. Natürlich bist du niemanden eine Erklärung schuldig und ich kann auch verstehen, dass du nicht wie ein rohes Ei behandelt werden möchtest. Daher würde ich nur ausgewählte Freunde informieren.
Was die Arbeitskollegen anbetrifft, das hängt auch davon ab, welche Arbeit du ausübst und inwiefern deine Erkrankung deine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen kann. Solltest du einen Vertrauten auf der Arbeit haben, würde ich diese Person auch einweihen.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass es dir Sicherheit geben kann.

Liebe Grüße

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kellerkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 3551

Beitrag Mi., 04.11.2020, 06:37

Es gibt eine vertraute Kollegin. Ja, manchmal rede ich ganz offen mit ihr, sie geht selbst zu einem Psychologen, doch zunehmend beschleicht mich das Gefühl, dass ich sie betreue...
Neulich als noch ein Jobproblem dazu kam, war ich für meinen Geschmack etwas ZU offen. Diese Person kann zwar damit umgehen, aber ich hab mir vorgenommen, dass wieder zu reduzieren.

Gleichzeitig aber habe ich mir... dem kontrovers.... vorgenommen, auf Arbeit wegen einer speziellen Situation ganz strikt und offen zu kommunzieren, dass ich dies und jenes NICHT länger mitmache, weil es mir u.a. psychisch nicht gut tue. Evtl. schieße ich da ein wenig über das Ziel hinaus, und es muss sich erst noch einpendeln. Ich ernte irritierte Blicke. Was vermutlich darin liegt, dass der Inhalt der Aussage und wie ich es sage, nicht zusammen passt. Wenn ich da selbstbewusst und entschieden ("in mir ruhend") vor ihnen stehe und ihnen erkläre: "Nicht mit mir, das setzt mir psychisch zu sehr zu!".

Im Moment fühle ich mich nicht depressiv. Zwar auch nicht psychisch gesund, aber ich denke, es ist gerade kein depressive Schub. Erfahrungsgemäß kann der aber jeder Zeit kommen, der letzte Schub hat mich erschrocken. Noch ein Grund, weshalb ich mich etwas unehrlich fühle. Die meiste Zeit geht es mir EIGENTLICH recht gut. Wenn es da nicht die gelegentliche Abstürze und aktue Rückfallgefahr gäbe.

Stimmt. Mitleid kann ich auch überhaupt gar nicht abhaben.

"Blindes Verständnis". Ich weiß, was gemeint ist, würde es aber wohl anders beschreiben. Wie gesagt, ich befinde mich allgemein lieber unter Leuten, die so "gesund" sind, dass sie selbst nie in der Lage waren.Nachvollziehen können ist mir nicht wichtig. Aber Respekt und Akzeptanz. Das geht auch ohne Verständnis.

Gerade aktuell habe ich den Sonderfall, dass ausgerechnet die Freundin/gute Bekannte sich um mich bemüht und ernst gemeint fragt, wie es mir geht, und ob man sich mal treffen wolle, mit der ich am Allerwenigstens sprechen will.
Der ist wohl aufgefangen, dass viele Menschen unter Corona seelisch belastet sind und da scheint gerade so eine Welle durchs Netz zu gehen, dass man seelisch Betroffenen ein Ohr anbietet. Ihr guter Wille ist da, leider weiß ich aus jahrelanger Erfahrung, dass sie KEIN Verständnis hat. Wie gesagt, das wäre mir als solches ja noch relativ egal, aber sie gehört eben zu der Sorte Menschen, die einem dann mit oberflächlichen Tipps zutexten und meinen besser zu wissen, wie man denn mit sowas umgehen könne.
Außerdem stört es mich, dass sie jetzt erst, mit dem Trend, auf den Trichter kommt. Zugegeben, sie war zu sehr mit ihrem eigenem Leben beschäftigt, hatte große eigene Sorgen, hab nie erwartet, dass sie für mich da sei, aber jetzt nach so vielen Monaten darf sie ihr "soziales Gewissen" auch gerne behalten. Anderseits kennt sie mich auch zu gut, als dass ich ihr was vorspielen könnte. Das nervt gerade etwas.
Seit sie Mutter wurde habe ich locker ab und an mal nach einem Telefonat zum Plaudern gefragt. Wenn das Würmchen es mal zuließe, sie mal Zeit habe, sich eingelebt habe, und so weiter. Seit nun mehr 4 Monaten hat sich mich immer vertröstet. Wobei ich mir durchaus denke, wenn jemand 20 min whatsappen kann mit mir, könnte derjenige auch 15 min telefonieren, aber sei's drum. Und nur weil jetzt da so eime Mitgefühlswelle für "besonders psychisch Belastete" durch das Netz und FB rollt, jetzt auf einmal fragt sie besorgt nach und will sich treffen...?Hmmpf. Ich glaube, ich bleibe bei der Variante "Ich komm schon irgendwie klar!", aber wenn jemand so DIREKT fragt, fällt diese Abgrenzung und halbe Notlüge durchaus noch schwer.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

Benutzeravatar

Sinarellas
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2125

Beitrag Mi., 04.11.2020, 09:59

Ich kann nur empfehlen dein Umfeld zu trennen und Kategorien für eigene Bedürfnisse zu schaffen.
Ein Mensch kann nicht all deine Bedürfnisse nach sozialer Nähe erfüllen, außer vielleicht der Partner und ein oder zwei andere Menschen.
Ansonsten:
Bekannte für Kategorie:
- Feiern
- Smalltalk
- Social media gedöns
- Hobbys
- Talk über Kinder
...
Freunde für Kategorie:
- Probleme
- Sorgen und Nöte
- Ehrliche Worte
...
etc.

Ich habe einen Freund für ganz ehrliches reden, auch über psychische Probleme diagnosen und co
Ein Batzen an freunde für "mit denen verbringe ich super gern zeit, die soll aber nicht belastet werden durch meine Probleme und wenn dann nur oberflächlich etwas drüber schnattern"
Und ein Haufen an Bekannte für unterschiedliche Hobbys.

Aber die meisten Menschen haben oder brauchen diese Art der "Tiefe" überhaupt nicht.
Ich glaube (attention subjektive nicht werende meinung) du machst dir selbst Probleme wo eigentlich keine sind.

Menschen die die Schnittmenge deiner Eigenschaften bilden gibts einfach nur sehr wenige. Das ist völlig in Ordnung und wenn Franzi problemlos Whatsappen kann (und ja als Mutter ist das sehr viel einfacher als zu reden, weil du währenddessen Kind halten streicheln what ever kannst), sie aber nicht telefonieren will aus Gründen ist das vollkommen in Ordnung und kein Angriff auf dich.

Facebook oder solche sozialen Medien als irgendeine Art ernsthaften sozialen Kontakt zu bezeichnen ist mmn einfach nur augenwischerei. Ein Like ein Herzchen oder ein "Hier ein Bild für die einsamen Corona-Hasen! WIE GEHTS DIR" ist nichts anderes als das "Guten Morgen" oder "Servus wie gehts"-Floskel-Gedöns von Frau Bäckerin oder herr Supermarktkasse. Das hat nichts mit ehrlichem Interesse zu tun, sondern sind shclicht und ergreifend Floskeln die man sich angeeignet hat (was völlig in ordnung ist).
..:..

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kellerkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 3551

Beitrag Mi., 04.11.2020, 17:45

Nur kurz zu Korrektur:
Es ist absolut okay für mich, dass sich jene Freundin erst mal auf ihr Würmchen konzentriert. Verstehe ich auch nicht als Angriff oder Ablehnung. Ich finde es nur komisch, dass sie ausgerechnet jetzt so nachdrücklich nachfragt, da dies auf FB so ein Trend ist, an die seelisch Betroffenen zu erinnern. Dann doch lieber gar nicht und alles belassen, wie es war. War ja bei dieser Freundin okay für mich. Jetzt muss ich entweder lügen (abblocken, abwiegenln) oder mit ein paar Monaten Verspätung "die Wahrheit" sagen. Hab weder auf das seine noch das andere Lust, drum ließ ich ihre Frage(n) unbeantwortet. Erst mal.

Am liebsten würde ich mich eh hier und da gerne mal aus der Freundschaft/Bekanntschaft zurückziehen, bin mir aber unsicher, ob das jetzt zum aktuellem Zeitpunkt klug wäre bzw. ob da nicht nur die Psyche dahinter steckt und hinterher bereue ich es.

Ich gebe zu: bald steht mein Geburtstag an, da bin ich immer besonders launisch, was Freundschaften und Co angeht. Empfindlich. Okay, ja, ich gebe es zu: ÜBER-empfindlich. In Kombination mit allgemeiner Rückzugstendenz könnte da schon die eine oder andere unschöne Entscheidung fallen.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "


kaja
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4539

Beitrag So., 08.11.2020, 10:00

Vielleicht lässt du die Sache so auch größer werden als sie sein müsste.

Es kann ja durchaus sein, dass es reicht ganz neutral und ruhig mitzuteilen, wie es einem mit der derzeitigen Situation geht. Durchaus auch in dem du das als Depression benennst.

Ich gehe davon aus, dass es für Freunde keine große Rolle spielt ob du dich wegen einer Depression schlecht fühlst oder weil dein Hamster gestorben ist.
After all this time ? Always.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kellerkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 3551

Beitrag So., 08.11.2020, 11:26

... oder ich höre einfach auf, zu jammern und depressiv zu sein. Dann erledigt sich der Rest von alleine. Hmmpf.

Natürlich gilt es nicht immer und für jeden, aber oftmals sind es ja nun doch GRUNDSATZ-Entscheidungen im Leben, die für Depressionen sorgen oder nicht z.B. in Form von Glaubenssätzen oder unbewussten Ängsten usw.
Für mich trifft es zu. Ich habe so viel Erfahrung, dass ich denen einen oder anderen "Trick" (Resilenz) kenne, mit dem depressive Stimmungen abmildern oder eben auch verstärken kann, entsprechend muss ich mich "nur" entscheiden, mein Wissen auch anzuwenden und aus dem Eigentlich/Uneigentlich rauszukommen.

("Nur" in Anführungsstrichen, leichter getan als gesagt, aber potenziell möglich, zumindest in meinem Fall).

Nach dem LockdownLight-Schreck und die eine oder andere soziale Enttäuschung die letzte Zeit beobachte ich an mir gerade eine akute Rückzugstendenz. - Ich fürchte, dass ich damit über das Ziel hinausschieße.

Und sind wir wieder bei eben jener Thread-Fragestellung: Freunde und Sozailes SIND hilfreich, und der Rückzugstendenz sollte man im Sinne der Resilenz... also, wenn man gegensteuern möchte... NICHT nachgeben. Ins Boot holen will ich "die" aber auch gerade nicht. Nicht mehr. Pro. Kontra. Hin.Her. Eigentlich.Uneigentlich.

Etcpp.

Meine Vernunft sagt: gerade jetzt sind Freunde/Bekannte wichtiger denn je.
Meine aktuelle Stimmung hingegen sagt: "Die können mich gerade alle mal kreuzweise!"
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "


kaja
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4539

Beitrag So., 08.11.2020, 14:31

Naja, das eine Depression keine Sache des Willens ist, dürfte den meisten Betroffenen ja klar sein.

Manchmal wird das zwar als Selbstoptimierungs-Blabla verkauft, aber die stumpfen Stammtischparolen zu dem Thema, kennen hier wohl alle.

Nur weil man Freunden davon erzählt, holt man sie doch nicht automatisch mit ins Boot. Ich habe von meinen Freunden nie erwartet das sie mir dabei helfen. Wie auch? Ich erwarte ja auch nicht, dass sie Herzchirurgen werden, wenn ich mal eine neue Herzklappe brauche.

Es ist nunmal eine Krankheit und kein simpler Gemütszustand.
After all this time ? Always.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag