(Täter-)Introjekt blockiert therapeutischen Fortschritt

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 17:26

Hallo :)

@münchnerkindl: Rational weiß ich das auch. Ich bin eher der ungeduldige Typ und zudem ist dieses Ding "eine therapeutische Beziehung eingehen" nach wie vor ein richtiges Problem für mich. Einerseits fühle ich mich bei dem Therapeuten total wohl und es passt für mich, aber andererseits habe ich Angst mich so richtig einzulassen. Damit mache ich mich verletzlich und im Alltag will ich halt immer besonders tough sein bzw. mich so präsentieren.

Ja, der Anteil und auch andere zeigen sich im Alltag. Der "böse" Anteil (nenne ich jetzt einfach mal so) hat mich zwischenzeitlich sehr im Griff. Es zeigen sich aber immer mehr weitere Anteile, was ich dann auch aufschreibe. Mit meinem Therapeuten kam ich jetzt schon mehrmals zu der Feststellung, dass ich es momentan nicht alleine schaffe, was ich in der Vergangenheit immer wieder versucht habe und kläglich daran gescheitert ist. Ich bin auch froh über die Unterstüzung.

Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass mich dieser Anteil daran hindert glücklich zu sein und mir zusätzlich immer wieder zu verstehen gibt, dass ich mich vor ihm fürchten muss. Zudem bin ich oft zerfressen von einem schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen.

@Montana: Ah, okay, das wusste ich nicht. Danke :) Im Großen und Ganzen mache ich mir da aber keine Sorgen, denn ich vertraue dem Therapeuten, dass er das mit dem Kontingent und der voraussichtlichen Behandlungsdauer gut planen kann. Weil er ja wissen muss, dass z. B. Dissoziative Störungen nicht innerhalb von ein paar Monaten verschwinden bzw. die Ursachen sehr schwere Themen sein können. Außerdem sollte mMn eine Therapie ja auch idealerweise nur der Anfang sein sowie Hilfe zur Selbsthilfe. Und keine Komponente, ohne die ich nicht mehr leben kann.

@GuterGeist: Ich schicke Dir eine PN :) Ja, mal schauen. Ich bin ja auch erst ganz am Anfang und wenn mein Therapeut da keinen Plan gehabt hätte oder gewusst hätte, dass er mich nicht vollständig "versorgen" kann, hätte er mich auch nicht angenommen. Mein Eindruck ist, dass er da sehr gewissenhaft ist. Er hat mir halt gesagt, dass es keine Warteliste gibt, sondern sich die Theras in der Praxis die "Fälle" aussuchen. Er hat mir in der ersten Stunde mitgeteilt, dass er mir nach der Stunde sagen wird, ob es passt (gleiches galt natürlich auch für mich). Es passte und seit dem gehe ich hin. Ist echt ein Glücksgriff gewesen und ich bin wirklich froh, dass es dort geklappt hat.

Für die nächste Stunde habe ich mir vorgenommen etwas vorzulesen. Ich traue mir das zu und Du hast mir wirklich Mut gemacht.

@Sadako: Das Problem ist, dass ich mich an einen Täter definitiv erinnern kann, ich aber nicht weiß wer er ist und wie er heißt. Einerseits kommt er mir unheimlich bekannt vor, andererseits dann wieder nicht. Bei dem anderen potentiellen Täter - jemand aus der Familie - bin ich total ambivalent. Wenn er es wirklich ist, dann macht es das Bild, das ich von meiner Familie habe, halt total kaputt. Damit komme ich im Moment noch nicht klar. Aber die Bilder in meinem Kopf, die Körpererinnerungen und alles andere, sprechen eine deutliche Sprache. Auch wenn ich es zwischendurch noch nicht wahrhaben will.

@Candykills: Ich stelle mir das sehr anstrengend vor. Vor allem wenn Du hinterher nicht mehr weißt was passiert ist. Ich habe zu dem Thema ein paar interessante Berichte auf YouTube gesehen. Einfach "Die Frage" und "Dissoziative Identitätsstörung" eingeben. Außerdem denke ich, dass man da nur in einem bestimmten Umfang Verantwortung übernehmen kann.

LG
Suspiria

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Montana
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 19:44

Ich möchte bitte, bitte auch eine PN


GuterGeist2019
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 20:28

@Montana:

Ich habe zwei weitere Verlängerungen nach den 80 Stunden bewilligt bekommen. Mein Therapeut meinte schon sehr früh, dass das Kontingent nicht reichen kann, was nicht an meinem Tempo, sondern an der Komplexität meiner Problematik liegt. Durch den Missbrauch in der Vortherapie und das Gerichtsverfahren war vieles schwierig und während des Verfahrens habe ich viel Unterstützung und Stabilisierung gebraucht.

Jetzt aber geht meine Therapie dem Ende zu. Meine Kasse hat zwar signalisiert, dass ein weiterer Antrag gestellt werden könnte - bei mir lief sowieso von Anfang an jeder Antrag über einen Gutachter. Außerdem habe ich eine kleine Entschädigung bekommen, die ich für Stunden nutzen könnte - und die Möglichkeit Fond hätte ich auch noch. Auf der anderen Seite geht es mir inzwischen recht beständig gut, ich habe schon länger größere Abstände zwischen den Therapieeinheiten, komme gut klar - und ich möchte auf eigenen Beinen stehen.

Ich war und bin meinem Therapeuten dankbar, dass ihm nichts zuviel ist und er es immer so gesehen hat, dass ich die Chance bekommen soll den Missbrauch des "Kollegen" in Ruhe zu verarbeiten und er dafür alles tun und schreiben wird, was nötig ist. Und er war immer davon überzeugt, dass mehr Stunden auch die gewünschten Fortschritte bringen. Und so war es auch.

Sein Ziel war aber auch von Anfang an meine Selbstwirksamkeit und Eigenständigkeit zu fördern und mich nicht unnötig zu halten, zu binden oder in erneute ungute Abhängigkeit zu bringen. Er wäre auch kein Therapeut, der einfach Stunden beantragen würde, um den Patienten länger halten zu können, wenn er keinen Sinn und keine Ziele sehen würde.

Ein stimmiger und warmer Abschluss ist jetzt noch mein Wunsch. Und den Fondantrag und auch die Entschädigung hebe ich mir auf, falls ich doch nochmal Hilfe brauche. Hoffe ich natürlich nicht, aber zumindest geben mir diese Möglichkeiten Sicherheit.


GuterGeist2019
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 20:44

@Suspiria:

Ich freue mich, dass ich dir Mut machen konnte. Wenn du magst, kannst du ja danach berichten, wie das mit dem Vorlesen geklappt hat. Ich drücke dir die Daumen!

Leider kann ich deine PN nicht beantworten, es zeigt beim Drücken auf "Antworten" an, dass etwas für den Empfang von PN's deaktiviert ist. Jedenfalls danke ich dir für die Buchempfehlung und die Info zu deiner Therapie. Ich werde erstmal googeln... :)

Alles Gute!

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Solage
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 21:23

SuspiriaHysteria hat geschrieben: Do., 25.06.2020, 12:09 Hallo liebes Forum,

Es wurde dann auch klar, dass es einen Anteil gibt - vielleicht ein Täterintrojekt - der den therapeutischen Fortschritt unbedingt blockieren möchte. Konkret heißt das, dass ich in der Therapie nichts Konkretes zu meinen Bildern/Intrusionen erzählen darf. Auch bin ich in der Stunde immer total abgeklärt und werde von diesem Anteil so richtig abgeblockt. Außerhalb und vor allem nach der Stunde geht's mir dann schlecht, weil ich meine Belastungen und alles Weitere so gerne loswerden möchte.

Ich hab echt Angst, dass es meinen Fortschritt blockiert und ich an diesem Punkt nicht weiterkommen werde.

Ist das normaler Widerstand im Rahmen der Therapie? Kennt jemand das auch und wenn ja, wie habt ihr das dann gehandhabt? Kann das ein Introjekt sein?
Ich kenne das auch und mein Therapeut und ich erkennen nach vielen Jahren gemeinsam, dass da noch jemand bei uns im Behandlungszimmer sitzt. Da sitzt eine üble Gestalt, ein Täter, der die Fäden zieht. Ich sagte meinem Therapeuten, dass er da mitspielt, er unterbricht das nicht. Das findet er sehr interessant und sagte mir, dass er so wie er mit mir umgeht, eigentlich sonst nicht ist.

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Montana
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 21:26

Ich kann dir auch nicht direkt antworten, aber das geht ja auch hier. Mein Therapeut kommt aus der gleichen Richtung. Ich habe ein gutes Buch dazu, wenn auch ein anderes. Aber lesen fällt mir extrem schwer. Forum geht, aber längere Texte schaffe ich nicht. Obwohl ich das Thema sehr interessant finde.

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 21:35

GuterGeist2019 hat geschrieben: Fr., 26.06.2020, 20:44

Ich freue mich, dass ich dir Mut machen konnte. Wenn du magst, kannst du ja danach berichten, wie das mit dem Vorlesen geklappt hat. Ich drücke dir die Daumen!
Ja, wirklich. Du hast das geschafft und bist damit ein großes Stück weitergekommen. Das möchte ich auch unbedingt. Und ich will mich nicht mehr länger hinter meiner Fassade verstecken.

Komisch mit der PN. Gerne geschehen :)
Solage hat geschrieben: Fr., 26.06.2020, 21:23

Ich kenne das auch und mein Therapeut und ich erkennen nach vielen Jahren gemeinsam, dass da noch jemand bei uns im Behandlungszimmer sitzt. Da sitzt eine üble Gestalt, ein Täter, der die Fäden zieht. Ich sagte meinem Therapeuten, dass er da mitspielt, er unterbricht das nicht. Das findet er sehr interessant und sagte mir, dass er so wie er mit mir umgeht, eigentlich sonst nicht ist.
Das mit dem Ziehen der Fäden bringt es, wie ich finde, total auf den Punkt. Ich fühle mich jedenfalls ziemlich fremdgesteuert, so als würde mich dieser Anteil ganz einfach in der Hand haben. Die anderen Anteile sind zwar auch da, aber sie beherrschen mich nicht so krass bzw. übernehmen sie nur in extremen Situationen. Komischerweise hatte ich diese ganzen Stimmen, Gedanken, wie auch immer man es nennen mag, schon immer in mir und dachte, dass das so normal wäre.

Der Anteil kann mich übrigens auch so weit beherrschen, dass er dafür sorgt, dass ich hungere, Sachen mache, die mir schaden, usw. In solchen Momenten übernimmt er einfach in die Kontrolle und sagt mir "Mach das jetzt, hör auf mich"...im Nachhinein kann ich jetzt viele meiner destruktiven Verhaltensweisen verstehen.

@Montana: ich schaue mal in meinen Einstellungen was da nicht stimmt. Leider habe ich noch keine Videos zu dem Thema gefunden. Und mit dem Lesen habe ich manchmal auch Probleme. Das Buch, das ich erwähnt habe, ist teilweise schon schwierig zu verstehen. Fällt mir auch nicht ganz leicht.

LG und ich freue mich, dass hier so eine tolle Diskussion entstanden ist :) Tut echt gut, wenn man hört, dass es andere gibt, denen es auch so wie mir geht.

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Fr., 26.06.2020, 21:41

GuterGeist2019 hat geschrieben: Fr., 26.06.2020, 20:28
Sein Ziel war aber auch von Anfang an meine Selbstwirksamkeit und Eigenständigkeit zu fördern und mich nicht unnötig zu halten, zu binden oder in erneute ungute Abhängigkeit zu bringen. Er wäre auch kein Therapeut, der einfach Stunden beantragen würde, um den Patienten länger halten zu können, wenn er keinen Sinn und keine Ziele sehen würde.

Finde ich übrigens super :)

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