Den Therapeuten anlügen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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fanatikati
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 10:21

Hallo Suspiria,
danke für die Nachfrage.

Ja das war ein sehr intensives Gespräch. Ich war glaube ich noch nie so aufgeregt vor einer Therapiestunde wie an diesem Montag.
Ich habe mich zuerst nochmal für die Reaktion entschuldigt, weil es mir wirklich wirklich unangenehm war. Er meinte es sei gut auch mal so eine Reaktion von mir zu sehen, weil ich ansonsten immer sehr beherrscht bin und eigentlich keine Gefühle rauslasse. Er hat nochmal gefragt ob ich etwas zu dem Thema Essen sagen möchte.
Ich glaube ich habe dann einen 10 minütigen Monolog gehalten in dem ich halb panisch erklärt habe (hab mir eigentlich einen Brief zurechtgeschrieben, ging dann allerdings auch ohne) dass ich nicht weiß, wie ich die Esssituation lösen soll, weil ich nicht weiß wie ich eine Zunahme ertragen sollte. Wir haben dann eigentlich auch relativ gut darüber geredet, er meinte es wäre auch gar nicht sinnvoll für mich momentan zuzunehmen, aber für ihn ist es eine Vorraussetzung, dass ich das Gewicht zu mindest einigermaßen halte. Er erwartet auch, dass ich sollte es mit dem Essverhalten schlimmer werden, ich das in der Stunde auch anspreche und nicht versuche es zu verheimlichen.
Tja und dann kam er aufs Thema Magersucht, was mir allerdings etwas gegen den Strich ging. Ich weiß!, dass das Essverhalten nicht passt, aber ich finde Magersucht hört sich dann doch etwas zu extrem an.
Zumindest habe ich die Thera nicht abgebrochen, spiele allerdings trotzdem noch mit dem Gedanken die Thera pausieren zu lassen. Ich merke, dass mich das Sprechen darüber ziemlich triggert und vor allem auch die Ansage Anorexie mir ungewollt das Abnehmen noch weiter in den Fokus richten lässt.

Naja ich habe nächste Woche wieder eine Stunde und werde das nochmal ansprechen.

LG

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 10:37

Hallo fanatikati,

Danke für Deine Antwort und die Schilderung.
Ich finde es super, dass Dich Dein Therapeut da unterstützt und Dir ein faires Angebot gemacht hat bzw. zu nichts zwingt.

Ich habe selbst seit Jahren Essprobleme und wollte damals auch nichts von Magersucht hören. Aber was Du hast, hört sich wirklich nach Anorexie an. Die Angst vor der Zunahme, es nicht wahrhaben wollen, die Labilität. Du hast doch bestimmt schon körperliche Folgen zu spüren bekommen, oder? Ich war z. B. immer total müde.

Aus eigener Erfahrung kann ich Dir nur sagen: lauf jetzt nicht weg (den Fehler hab ich lange Jahre gemacht), sondern nimm die Hand, die Dir gereicht wird.

Du schaffst das, aber Flüchten bringt nichts.

LG
Suspria

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fanatikati
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 10:50

Ja ich hatte (habe) wirklich Glück mit dem Thera, vor allem da ich auf jede vermeintlich negative Anmerkung relativ empfindlich reagiere und er damit echt gut umgeht.

Bist du da denn komplett wieder rausgekommen? Ich denke schon, dass ich da relativ einsichtig bin und ich habe defintiv auch Tendenzen in Richtung Magersucht (ist aber auch so ein schlimmes Wort meiner Meinung nach). Aber ich habe zum Beispiel auch mal eine Patientin eine seiner Kollegen in der gleichen Praxis gesehen die ich glaube die Hälfte von mir gewogen hat. Ich will ihr natürlich jetzt keine Magersucht unterstellen, aber ich komme mir dann so jämmerlich vor, wenn ich merke dass ich bei weitem nicht so dünn bin wie "richtige" Magersuchtspatienten. Schwer zu erklären, aber ich bin einfach noch nicht so akut gefährdet und wills natürlich auch nicht werden.

Kannst du evtl mal kurz erklären wie ihr das in der Therapie bearbeitet habt?

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haluro
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 11:29

Hallo fanatikali,

ich denke, daß es einige Themen gibt, die Du momentan nicht mit dem Thera besprechen kannst und noch in der Phase des Herumeierns bist, in der die schmerzendsten Sachen zuletzt erzählt werden.

Wie wäre es, die Sachen stattdessen in der zeitlichen Reihenfolge zu erzählen?

Mfg
iadi

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fanatikati
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 12:22

Was meinst du mit zeitlicher Reihenfolge?

Es ist nicht so, dass es irgendein Trauma oder einen direkten Auslöser für all das gab. Es war einfach irgendwie da

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chrysokoll
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 12:43

Diese Reihenfolge was wann wie bearbeitet wird musst doch nicht DU finden und festlegen.
Das ist ein viel zu hoher Anspruch, eine viel zu große Verantwortung.
Dafür ist dein Therapeut zuständig, zusammen mit dir.
Du hast jetzt den Anfang gemacht, das ist wirklich eine große Leistung, das hat viel Mut erfordert.

Jetzt geh diesen Weg weiter, Schritt für Schritt.

Es gefällt dir nicht dass dein Therapeut Dinge benennt, klar anspricht. Ja, das ist normal.
Ich kenne das auch, ich zucke jedes Mal zusammen, dissoziiere teils, hatte schon manches Mal den Impuls abzubrechen weil ich Angst habe, es zu viel ist. Das gehört dazu bei einer Therapie.

Mir hilft es dann mir klar zu sagen dass ich jetzt keine großen Entscheidungen treffe, sondern in die nächste Therapiestunde gehe. Egal wie, egal was ist, ich gehe da hin. Nicht mehr und nicht weniger.

Vielleicht kannst du das auch so mit dir (und mit dem Therapeuten) vereinbaren.

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fanatikati
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 12:54

Ups, falscher Beitrag
Zuletzt geändert von fanatikati am Sa., 27.06.2020, 13:00, insgesamt 1-mal geändert.

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fanatikati
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 12:59

Oh entschuldigung, da habe ich unabsichtlich den oberen Beitrag nochmal geschickt.

Ich bin es überhaupt nicht gewohnt, dass Dinge direkt angesprochen werden. Freunde, Familie etc. reden meistens um den heißen Brei herum oder tun so als würden sie nichts bemerken. Der Thera ist da ganz direkt und sprichts gleich an.

Nein ich werde nicht abbrechen, zumindest nicht ohne mit dem Thera nochmal vorab darüber zu reden. Ich bin auch eigentlich kein impulsiver Mensch, schlafe eher nochmal eine Nacht darüber als eine Entscheidung voreilig zu schließen. Aber in der Therapie ist irgendwie alles anders.

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chrysokoll
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 13:07

ja, eine Therapie ist harte Arbeit, da ist alles anders als man es gewohnt ist, als man es bisher gemacht hat.
Das ist auch der Sinn der Sache.
Man kann da Dinge reflektieren, ausprobieren, lernen.

Ich finde es auch wichtig, für sich selber die Entscheidung dafür zu treffen.
Für die Therapie, für die Arbeit an sich selber.

Du lässt dir ja noch zu gerne das Hintertürchen offen dass du abbrechen kannst.
Das verhindert oder erschwert das alles enorm.

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haluro
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 13:49

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 12:22 Was meinst du mit zeitlicher Reihenfolge?

Es ist nicht so, dass es irgendein Trauma oder einen direkten Auslöser für all das gab. Es war einfach irgendwie da
Wenn ich mich recht erinnere, gab es viele Schwierigkeiten für mich, beginnend mit dem ersten(?) Lebensjahr. Zugegeben, das war nur das erste etlicher weiterer traumatischer Ereignisse. Ein Muster ist, dass die Bedeutung dieser Ereignisse korrespondierend zu meiner wachsenden Sicherheit abnahm. Ab 30 begann ich zu vergleichen, was bei meiner Erziehung anders abgelaufen ist. Da gibt es nicht viel direkt beweisbares, nur einen Haufen indirektes. Meine Eltern hielten ihre Erziehung für richtig, dagegen war schwer anzugehen. Einige Male habe ich Ihnen direkt vorgeworfen, meine momentane Situation wäre von Ihnen verschuldet, ohne genauer sagen zu können, war. Sie waren jedesmal fassungslos.

Mfg
iadi

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fanatikati
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 14:00

@chrysokoll
Ja es ist ein Hintertürchen. Weil ich Angst habe sonst durchzudrehen bzw. das ganze nicht durchzustehen.
Wenn ich das nicht habe dann weiß ich nicht wie ich mit den ganzen Gefühlen die hochkommen umgehen kann.

@halura. Okay da ist auch irgendwie der Unterschied. Bei mir gibt es keine Traumata. Es gibt keinen direkten Auslöser deshalb weiß ich eben auch nicht wie sich da an der ganzen Sache was ändern soll.

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chrysokoll
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 14:07

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 14:00 @chrysokoll
Ja es ist ein Hintertürchen. Weil ich Angst habe sonst durchzudrehen bzw. das ganze nicht durchzustehen.
Wenn ich das nicht habe dann weiß ich nicht wie ich mit den ganzen Gefühlen die hochkommen umgehen kann.
ich glaube das Gegenteil ist der Fall: Es wird einfacher wenn man sich nicht dauernd so ein Hintertürchen offen hält.
Wenn man für sich selber die klare Entscheidung trifft: Ich mache jetzt diese Therapie.
Ich stelle mich dem, ich arbeite an mir.

und klar, natürlich kannst du immer abbrechen, das steht ausser Frage, das kann jeder immer, aber es geht um eine bewusste Entscheidung. Es geht darum dir selber nicht mehr dieses "Spielchen" zu erlauben

Dass du nicht weisst wie du mit diesen ganzen Gefühlen umgehen sollst ist ganz normal, das gehört in die Therapie.
Ich denke es wäre echer leichter für dich wenn du dich bewusst entscheidest und nicht jedesmal innerlich kämpfst

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haluro
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 14:11

Ich versuchte, meinen Problemen auf den Grund zu gehen, denke, ich habe es geschafft.

Danach fing ich an, allen möglichen Problemen auf den Grund zu gehen und vor allem, niemals aufzugeben. Mittlerweile denke ich, daß Jungen und Mädchen unterschiedlich erzogen werden - finde aber keine Beweise, kenne zu wenig Mütter, und die wenigen, die ich fragen könnte, antworten nicht.W

Eine allgemeine Aussage einer Afrikanerin kenne ich, die meinte, als Mutter würde sie spüren, wenn ihr Baby mal muß, und setze es rechtzeitig auf den Boden, aber das habe ich auch von Deutschen gehört.

Mfg
iadi

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fanatikati
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 14:24

@chrysokoll aber es ist doch keine bewusste sondern eine unbewusste Sache. Ich will ja nicht abbrechen aber ich weiß ja im Hinterkopf, dass es möglich ist. Und das ist das was mir irgendwie die Erleichterung gibt.
Ganz grob gesagt wenn man keinen Ausweg mehr sieht, hat man ja auch im Hinterkopf dass ein Suizid möglich wäre, aber man hats nur Kopf, will es aber nicht direkt durchziehen.

@ haluro mhm ich weiß nicht ob es viel bringt die Fehler bei meiner Mutter zu suchen. Es ändert ja grundsätzlich nichts daran wie ich jetzt bin, wenn ich weiß was schiefgelaufen ist.

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haluro
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Beitrag Sa., 27.06.2020, 14:44

fanatikati hat geschrieben: Sa., 27.06.2020, 14:24
@ haluro mhm ich weiß nicht ob es viel bringt die Fehler bei meiner Mutter zu suchen. Es ändert ja grundsätzlich nichts daran wie ich jetzt bin, wenn ich weiß was schiefgelaufen ist.
Ich bin ein Außenstehender. Ich weiß gar nichts, es geht sowieso in die Richtung, die der Therapeut einschlägt. Ich bin mr ziemlich sicher, das Gewicht ist nur der Anfang der Therapie.

Mfg
iadi
Zuletzt geändert von haluro am Sa., 27.06.2020, 15:28, insgesamt 1-mal geändert.

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