Ambivalenz in der Psychotherapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Fighter1993
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Beitrag Mo., 18.05.2020, 19:38

Marlena hat geschrieben: Mo., 18.05.2020, 19:06 Und vl kennt sich ja wer aus: bezüglich Spaltung bzw Idealisierung und Entwertung einer Person, das ja bei Borderlinern üblicherweise zu finden ist: würde man das als betroffener Mensch überhaupt merken? Also versteht man, wenn man emotional instabil ist, dass man spaltet?!
Mittlerweile ist mir durchaus bewusst, wenn ich die Menschen um mich herum idealisiere und entwerte, (er)kenne meine Muster und sehe sie. Kann sie nur nicht immer aufhalten bzw stoppen und dagegensteuern. Manchmal will ich es auch nicht. Aber ich würde das nicht grundsätzlich mit der emotionalen Instabilität in Verbindung bringen. Oder ich merke die Instabilität einfach bei mir nicht, halte mich aber für überwiegend emotional stabil (also grundsätzlich kenn ich die Instabilität, kommt in gewissen Situationen vor, aber ich nehme sie bei mir nicht im Zusammenhang mit dem Idealisieren und Entwerten wahr).

Das kann ich dazu beitragen, zur Spaltung eher nix weil mir das in dem Zusammenhang nicht wirklich geläufig ist.

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Arakakadu
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Beitrag Mo., 18.05.2020, 19:57

Vielen Dank für deine Antwort :) spannend dass du sagst dass du überwiegend stabil bist! Das spalten ist ja genau das idealisieren/abwerten... Aber ich dachte das nehmen Betroffene nicht so war. Scheinbar ists schon ein starkes Kriterium.

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Scars
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Beitrag Mo., 18.05.2020, 20:14

Ok, so finde ich klingt das zum Thema Essstörung schon viel besser. Da sieht man mal wieder wieviel die eigene Interpretation einer kleinen Aussage ohne deren Kontext bewirkt. :-D

Leider bin ich mir gar nichts bewusst, habe das Problem in alltäglichen Beziehungen aber (wissentlich) zum Glück auch nicht. Das Ding ist ja, dass es sich in dem Moment tatsächlich so anfühlt und die jeweils andere Seite vergessen geht. Wenn ich zurück denke, dann war die Gruppe entweder gut gewesen und immer schon toll oder schlecht und immer schon blöd. Der Wind dreht dann zwar wieder, aber sich halt immer im Kreis... ist mir schon beim Schreiben zu anstrengend jetzt. :lol:

Letztlich steckt hinter dem glaube einfach sehr viel Angst und ich vermute diese zu zulassen ist auch ein Schlüssel zur Überwindung dieser Spaltung, die ja eigentlich ein Abwehrmechanismus ist.
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Fighter1993
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Beitrag Mo., 18.05.2020, 20:24

Spaltung kenn ich in anderen Zusammenhängen. Ich hab als Kind gewisse Vorkommnisse von mir abgespalten, weil sie zu heftig waren, weil ich nicht damit klarkam. Als Überlebensinstinkt. Nach und nach kann ich das wieder an mich ranholen und betrachten und damit arbeiten. Aber das hat nichts mit dem Idealisieren und Entwerten zu tun.

Naja, ich nehms jetzt war bzw kann es benennen als solches. Dafür bin ich ja aber auch in Therapie. Um stabil zu werden, um Muster wahrnehmen und sie ändern zu können und um die Diagnosekriterien eben in den Griff zu bekommen. Um die Diagnose in den Alltag integrieren und damit leben zu können.

Die Instabilität äußert sich bei mir für gewöhnlich darin, dass mich die kleinsten, unbedeutensten Dinge von jetzt auf gleich emotional rumreißen können. So hatte ich es vor kurzem, dass ein Stoff beim Bügeln einfach nicht faltenfrei wurde, ich dann da saß, den Stoff in die Ecke gepfeffert, geschrien und geheult habe. Von jetzt auf gleich. Also ich erlebe meine Instabilität häufig in Bezug auf Wut, Verzweiflung, Enttäuschung und eben oft impulsiv. Kurz und heftig, danach gehts wieder. Ansonsten bin ich mit den anderen Emotionen relativ stabil, ich kann sie in gewissem Rahmen halten und händeln.

Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich die Diagnose vermutlich erstmal nicht bekommen (oder nicht mehr so schnell wie damals, als ich sie bekam), gewisse typische Verhaltensweisen lege ich derzeit nicht mehr an den Tag. Aber ich weiß, in mir sind die Tendenzen dafür da und ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen und sagen "das passiert mir nie wieder". Aber in der aktuellen Phase erfülle ich eben nicht genug Diagnosekriterien akut.

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Arakakadu
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Beitrag Mo., 18.05.2020, 21:14

Scars: ja eben das meine ich und da herinnen entstehen dann voll die Missverständnisse :/

Ja ich habe das nur in engen Beziehungen. Freund, ganz enge Freunde, therapeut.... Da hackelts mich aus! Mein Freund ist einmal der tollste und dann wieder jemand zu dem ich einfach nicht stehen kann und ich frage mich ob ich ihn liebe. Aber bei mir wechselt das sehr schnell und ich bin in meinen Gefühlen sehr stark hin und her gerissen!
Ich fühle mich von ihm extrem erdrückt, aber halte es auch schwer aus wenn er mal nicht da ist. Ich bekomme schon eine Wut, wenn er mal länger arbeitet und das ist echt anstrengend

Fighter: ja kommt mir auch bekannt vor du bist halt sehr impulsiv scheinbar. Ich habe auch wenig Geduld, will alles sofort und denke nicht nach.

Früher (seid der Therapie viel besser) bin ich sehr oft umgezogen, weil ich es nicht ausgehalten habe länger in einer Wohnung zu wohnen, wollte immer meinen Job wechseln weil ich mir gedacht habe, ich bin schlechter als die anderen, generell sehr hin und her gerissen in Entscheidungen, musste mich für was entscheiden um zu spüren ob es richtig oder falsch ist. Oft habe ich mich dann wieder umentschieden...


Fighter1993
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Beitrag Di., 19.05.2020, 07:24

Marlena hat geschrieben: Mo., 18.05.2020, 21:14 Ich fühle mich von ihm extrem erdrückt, aber halte es auch schwer aus wenn er mal nicht da ist. Ich bekomme schon eine Wut, wenn er mal länger arbeitet und das ist echt anstrengend
Das habe ich bspw. so gut wie gar nicht. Ich kann wunderbar allein sein und bin mittlerweile an dem Punkt, an dem ich mir sage, dass ich ich froh bin um die Menschen die ich gerade um mich habe, aber eben auch nicht übermäßig traurig, wenn sie nicht mehr in meinem Umfeld sind. Also diese typischen Verlassensängste für Boderline hab ich nicht. Entweder die Menschen sind bei mir, oder eben nicht. Da schwingt große Gleichgültigkeit mit. Klar ist es bei manchen ein wenig schade dass sie aus meinem Leben rausmüssen und sich die Wege trennen, aber dafür gab es dann ja Gründe und von daher ist es das Beste sogesehen.
Marlena hat geschrieben: Mo., 18.05.2020, 21:14 ja kommt mir auch bekannt vor du bist halt sehr impulsiv scheinbar. Ich habe auch wenig Geduld, will alles sofort und denke nicht nach.
Ich denke sehr viel nach (manchmal zu viel, habe vermutlich alle möglichen und unmöglichen Konsequenzen für mein Handeln im Kopf und auch für alles 100 Pläne), habe auch grundsätzlich mehr als genug Geduld. Es sind so kleine Aussetzer. Einmal alle paar Monate. Also im Grunde schon sehr stabil und eher selten dass das impulsive durch kommt. Je ruhiger ich mit meiner eigenen Geschichte lebe, um so ruhiger bin ich insgesamt. Also, je mehr Stabilität in all das kommt, umso stabiler bin ich auf Dauer. Wenn ich aber gerade an schwierigen Themen dran bin, dann kommt diese Instabilität durchaus öfter, aber eben "nur" in solch kleinen Wutaussetzern und nicht mehr mit Selbstverletzung und Suizidgedanken.
Marlena hat geschrieben: Mo., 18.05.2020, 21:14 Früher (seid der Therapie viel besser) bin ich sehr oft umgezogen, weil ich es nicht ausgehalten habe länger in einer Wohnung zu wohnen, wollte immer meinen Job wechseln weil ich mir gedacht habe, ich bin schlechter als die anderen, generell sehr hin und her gerissen in Entscheidungen, musste mich für was entscheiden um zu spüren ob es richtig oder falsch ist. Oft habe ich mich dann wieder umentschieden...
hab ich bspw. gar nicht. Viel zu "faul" wieder alles in Kisten zu packen, wieder auszupacken, renovieren, Behördengänge und was alles mit Umzug zusammenhängt. Auch im Job, ich bin seit 5 Jahren ausgelernt und habe jetzt meinen ersten Jobwechsel hinter mir und der war hart, weil Veränderungen für mich sehr schwer sind. Langsam hat sich die neue Routine eingependelt nach knapp 2 Monaten.
Ansonsten treffe ich meine Entscheidungen gut überlegt wenn es sich um größere Dinge dreht wie eben Job/Wohnung etc. Alltagsdinge entscheide ich aus dem Bauch oder aus Erfahrung. Dieses Sprunghafte hab ich auch nicht unbedingt.

Daher sag ich ja, ich würde im aktuellen Zustand die Diagnose wohl eher nicht mehr so schnell bekommen wie damals. Aber eben auch nur, weil ich mehr als genug Misstrauen zu Vetrauen in der Therapie verwandelt habe. Weil ich immer die Sicherheit hatte, ich kann sein. Ich wurde nie fallengelassen in der Therapie. Klar gab es Reiberein, aber da wurde drüber gesprochen (immer mit der Sicherheit im Hinterkopf, dass ich sein darf und das ich wiederkommen kann und es weiterhin eine Beziehung gibt) und dann gabs Änderung/Anpassung. So weiß meine Therapeutin, dass wir bei 40Grad Raumtemperatur lieber schwitzen und zerfließen, als in einen anderen Raum zu gehen weil die Kollegin dort nicht da ist und ne Klimaanlage hat.

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Candykills
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Beitrag Di., 19.05.2020, 09:15

Das klingt tatsächlich sehr stark nach Borderline. Wichtig fände ich, wenn du diese Gedanken und Motivationen, die du hier beschreibst, auch so mal in der Therapie ansprichst. Also, was du fühlst, wenn du die Therapie mit ihm beenden willst und auch was du fühlst, wenn du sie fortsetzen willst. Ich kann mir vorstellen, dass es dir schon eine ordentliche Erleichterung bringt, wenn ihr euch das mal zusammen anschaut.
Ich verstehe, wenn das für dich schambesetzt ist, aber genau DAS gehört in die Therapie, um Beziehungsmuster nachhaltig ändern zu können.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Arakakadu
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Beitrag Di., 19.05.2020, 09:39

Findest du dass das STARK danach klingt? Ich komm damit immer noch nicht zurecht. Finde diagnosen blöd...
Ich habe mit ihm da schon drüber geredet. Er meinte dass (meist will ich die Therapie beenden nach den Stunden oder in der Zeit dazwischen) das bei mir eine Art Selbstschutz ist. Ich habe eigentlich große Angst dass er mich fallen lässt! Er erklärt mir dann, dass ich starke Verlustängste habe und sagt, dass er mich nicht fallen lassen wird (wir haben noch 30h offen, danach sind die 100h vorbei) und dass wir uns dann was überlegen werden. Aber das kann er noch 10x zu mir sagen und ich habe immer noch Angst. Drum Stressen mich seine Terminabsagen auch.
Er meinte auch dass ich eben die Therapie beenden will (habe das per SMS gemacht) weil ich es tun will bevor er mich quasi verlässt. Das ist eine Strategie. Ich habe die Therapie für einen Tag beendet und ich habe mich kurz so gut und leicht gefühlt. Aber ich denke auch permanent dran, wer von meinen Freundinnen Mir nicht gut tut und dann lösche ich Nummern aus meinem Handy raus damit ich mich nicht mehr melden kann. Dbzgl habe ich leider einen ordentlichen Knall.


GuterGeist2019
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Beitrag Di., 19.05.2020, 10:05

Hallo Marlena,

das was zu in deinem letzten Beitrag schreibst, kann ich 1:1 nachvollziehen - ich hatte das in dieser ersten "Therapie" auch ständig. Eben diese Verlustangst und dass ich lieber selbst kontrolliere und die Reißleine ziehe, bevor ich verletzt und verlassen werde. Ständige Anspannung, egal was das Gegenüber gesagt hat.

Aber das ist es ja auch, was ich vorher schon bemängelt habe: Diese ewigen Verschiebungen und Absagen schüren solche Ängste doch nur noch. Das ist kein Reininterpretieren von irgendwas, weil ich extreme Erfahrungen gemacht habe - sondern für mich Fakt. Denn ja, ich habe nun mal über sehr lange Zeit speziell DIESE Erfahrung gemacht, dass sowas destabilisierend wirkt - wenn der Patient eben sowieso schon dieses Problem und diese Ängste hat. Meiner Meinung nach hilft da am besten eine stabile Gegenerfahrung (absolute Verlässlichkeit). Sonst ist das ein bisschen wie: "Ich erkenne deine Ängste, ignoriere sie aber, wenn es nicht in meinen Zeitplan passt". Verstehst du? Kein Schlechtmachen - aber ein deutlicher Kritikpunkt und für mich auch völlig logisch.

Dieser Teil hat für mich mit Borderline nicht soo viel zu tun. Ich hatte zu Beginn meiner jetzigen Therapie total Angst, diese Diagnose gestellt zu bekommen. Aber mein Therapeut meinte, das würde er bei mir überhaupt nicht sehen und es wäre doch ganz normal, dass es verunsichert, wenn häufig abgesagt oder verschoben wird. Gerade wenn auch früher im Leben bei Bezugspersonen Stabilität gefehlt hat.

Und wie schon geschrieben: Es wurde immer besser. Bzw. sind diese Ängste so gut wie nicht mehr da. Nicht nur in der Therapie, sondern inzwischen auch privat. Deshalb weiß ich, was es ausmacht, durch das Erfahren von Sicherheit und Verlässlichkeit "Land unter den eigenen Füßen gewinnen zu können".

Du möchtest bleiben, du magst ihn... Das ist so und dann auch in Ordnung. Ich möchte dir nur nochmal sagen, dass es dann für mich kein Wunder ist, wenn diese Verlustängste und die überzogenen Reaktionen in DIESEM Punkt nicht oder nur langsam besser werden.

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Beitrag Di., 19.05.2020, 12:17

Fighter: ja das ist ein ordentlicher schaß. Manche gehen hakt besser damit um manche schlechter. Sicher fühle ich mich bei ihm ja. Er sagt einfach immer das richtige, er ruft immer zurück, er hat immer einen schnellen Termin wenn ich mal eine Krise habe, er erkennt wenn ich mehr Stunden brauche. Aber ja.... Er sagt sicher nicht selten ab. Ich würde schon sagen fast jeder 3te bis 4te Termin. Aber jetzt war halt durch corona vl noch mehr Chaos. Aber andererseits denke ich mir, dass er halt einfach wirkich nicht kann und dadurch ja nicht meine Ängste ignoriert, er spricht es ja sogar an weil er es weiß. Aber ich weiß dass es scheisse ist und ich will ihn nicht in Schutz nehmen. Wenn er so nicht toll wäre, wäre ich vl eh schon weg. Ich verstehe auch nicht wie man immer irgendwie Gründe haben kann, seine Termine nicht einhalten zu können, aber der macht das halt einfach so 😏
Ich würde halt vermutlich lange nach einem neuen Therapeuten suchen der mir passt und dann weiß man ja nie ob der nicht auch oft Verschiebungen hat.


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Beitrag Di., 19.05.2020, 12:42

Marlena hat geschrieben: Di., 19.05.2020, 12:17 Ich würde halt vermutlich lange nach einem neuen Therapeuten suchen der mir passt und dann weiß man ja nie ob der nicht auch oft Verschiebungen hat.
Aber du könntest anfangen zu Suchen. Je länger du es hinauszögerst, umso länger suchst du. Und du musst ja nicht sofort gehen, nur weil du andere Therapeuten anrufst und vermutlich erstmal auf Wartelisten landest. Und solltest du Gespräche bekommen, würde sich anbieten direkt von Anfang an zu fragen, wie der Therapeut mit Terminabsagen/verschiebungen umgeht. Von beiden Seiten.
Also wenn du diesen Schritt in Erwägung ziehen würdest.

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Arakakadu
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Beitrag Di., 19.05.2020, 12:52

Ich bin mir nicht sicher ob das sinnvoll ist. Ich bin seid 1,5 Jahren dort und ich würde die therapeutische beziehung als sehr gut einstufen. Bis auf die absagen. Ich fasse sehr sehr schwer vertrauen und ich habe 1 Jahr lang gebraucht ihm überhaupt Dinge zu erzählen die hart sind. Wenn man meinen Therapeuten fragt wie er damit umgeht wird er im Erstgespräch vermutlich auch nur sagen dass es schon hier und da vorkommt. Ich will nicht weg :) aber irgendwie schon.

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Scars
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Beitrag Di., 19.05.2020, 15:36

Ich glaube zwar auch, dass ständige Terminabsagen Öl ins Feuer gießen, widerum ist es bei mir z.B. so, dass ich umso mehr Fluchtimpulse habe, je „besser“ und sicherer das Beziehungsangebot ist. Klar gibt es bei stetigen Verschiebungen einen handfesten Grund und diese Verlassenheitsängste werden stetig aktiviert, aber letztlich bleibt der Therapeut ja trotzdem da. Von daher glaube ich, dass das den Braten nicht fett macht und dein „weg wollen“ bei einem anderen Therapeuten genauso vorkommen würde. Wenn es wie du sagst, ansonsten für dich passt und du wirklich Fortschritte machst und nicht nur aus Loyalität die Therapie weiter führst, und du damit leben kannst, ist das halt so.
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Arakakadu
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Beitrag Di., 19.05.2020, 15:54

Danke scars das hat grad gut getan! Ja er ist da wenn ich ihn brauche. Mein therapeut meint auch dass mir diese nähe viel ist und dann reden wir immer darüber, warum es mir zu viel ist. Hast du dich dann irgendwann wohler gefühlt?

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Madyaria
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Beitrag Di., 19.05.2020, 22:40

Hallihallo, ich melde mich auch mal zu Wort!

Also diese Ambivalenz zwischen bleiben / gehen oder Liebe / Hass kann ich auch sehr gut nach empfinden! Bin zwar kein Bordi, aber habe auch entsprechende Bindungsstörungen und Probleme im Nähe-Distanz Verhalten. Als ich meine Therapeutin gerade mal 3x hatte (in einem stationären Rahmen), hat sie in mir einen Anteil geweckt, der eigentlich nur noch bei ihr sein wollte - mehrere Stunden, längere Stunden... am liebsten Nonstop :-P
Das ist dann irgendwann gekippt, weil dieses Idealisieren/ an sie denken/ mehr Nähe wünschen, anfing mir Angst zu machen. Ich hatte Angst die Kontrolle zu verlieren und mich abhängig zu machen. Da wollte ich nur noch weg und hab Panikattacken bekommen, wenn ich sie auch nur zufällig gesehen (oder gehört) habe.
Das ist während meines gesamten Klinikaufenthaltes hin und her geschwankt. Je nachdem, welche Themen gerade bearbeitet wurden oder wo ich das Gefühl hatte, dass sie mir jetzt zu nahe ist (alleine mit dem Wissen wie ich fühle oder denke - brrrr, so gruselig), wollte ich abbrechen. Und gleichzeitig auf ihrem Schoß sitzen xD mal übertrieben gesagt.

Ich sagte ihr das und sie meinte, dass das (unter anderem) dieser Bindungsstörung geschuldet ist. Das ein kindlicher Anteil sich Geborgenheit, Wärme, Nähe, Verständnis usw. wünscht, weil es das als Kind eben nicht (ausreichend) bekommen hat. -> Nähe, evtl. klammern
Ein anderer Anteil ist auf Vorsicht bedacht und flieht lieber, um sich vor erneuter Verletzung zu schützen (schließlich hat man diese Erfahrung schon gemacht und glaubt zu wissen wie es ausgeht). -> Distanz, evtl. Flucht
Man möchte oder wünscht sich Nähe, hat aber zeitgleich riesige Angst davor oder schämt sich oder verabscheut sich sogar für diese Bedürfnisse...so zumindest bei mir.

(Mein Ex-Partner wiederum ist Borderliner und hat die Beziehung zu mir beendet - wie sich herausgestellt hat, weil die Angst vor dem Verlassenwerden so groß war, dass er es zuerst beendete, damit ich ihm nicht zuvorkommen konnte...)


Lange Rede, kurzer Sinn: diese Ambivalenz ist "normal" - also bei psychischen Störungen wie Borderline / Bindungsstörungen.


Einen Spruch von meiner Therapeutin fand ich ganz toll. Den find ich beruhigend, wenn nicht gar motivierend, sie sagte:

"Wo die Angst ist, da geht es lang." :roll: :red: :lol:

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