Therapiestunde mit Maske

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saffiatou
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Beitrag Mi., 29.04.2020, 22:22

mio hat geschrieben: Mi., 29.04.2020, 22:00 Wäre die Maskenpflicht nicht vielleicht auch ne ganz große Chance die Mimik des Gegenübers weniger zu "brauchen"? Zumal man ja noch die Augen sieht und die sind eh am aussagekräftigsten, weil die nicht lügen können? Den Rest der Mimik kann man doch simpelst verstellen wenn man will.
Ich finde gerade das Gegenteil ist der Fall, die Mimik ist so wichtig um zu erkennen, ob wirklich gemeint ist was gesagt wurde, bei Ironie oder Sarkasmus, oder anderen Dingen. Ich bin froh, dass es bei meiner thera keine maskenpflicht gibt, weder für sie noch für mich. Wir sitzen weit genug auseinander und es wird zwischendurch gelüftet.

Auch wenn man sich verstellen kann, gehe ich bei einer thera davon aus, dass sie ehrlich kommuniziert.
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mio
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Beitrag Mi., 29.04.2020, 23:03

saffiatou hat geschrieben: Mi., 29.04.2020, 22:22 Auch wenn man sich verstellen kann, gehe ich bei einer thera davon aus, dass sie ehrlich kommuniziert.
Das widerspricht aber dem "die Mimik brauchen" finde ich. Weil dann kann man ja auch einfach auf das hören was gesagt wird bzw. halt so "Stimmungsmässig" ankommt.

Mimik brauche ich doch eher wenn ich jemandem misstraue und nicht wenn ich dem eh vertraue.

Ich meine ich verstehe ja das was fehlt mit einer Maske, auch weil wir das kulturell so nicht gewohnt sind und bereits das ja einen irritierenden Effekt hat. Was ich nicht so ganz verstehe ist warum das solche Probleme bereitet?

Für mich wäre der Hintergrund "Misstrauen" und was das angeht könnte es ja durchaus auch hilfreich sein, wenn man sieht: Geht auch ohne alles zu "kontrollieren". Passiert nix Schlimmes.

So nach dem Motto: Also FREIWIIIILLLIGGGG würde ich das zwar nie tun, aber da ich mich jetzt zwischen zwei Übeln entscheiden muss wähle ich halt das Vertrauen.

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saffiatou
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Beitrag Mi., 29.04.2020, 23:14

Durch die Mimik kann ich dann z. B. Ironie oder ein Witzchen erkennen, Was ich ohne vielleicht nicht heraushören würde. Auch wenn ehrlich kommuniziert wird, hilft die Mimik, mir jedenfalls. Ich war ja im OP auch gewohnt, mit Maske zu arbeiten, Aber des war im professionellen Kontext und irgendwie anders. In der Therapie finde ich es wichtig, das gegenüber ganz zu sehen. Aber das mag auch eine persönliche Einstellung sein.
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Philosophia
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Beitrag Do., 30.04.2020, 07:32

Vieles lässt sich auch durch Stimmfarbe erkennen - ich war ja zwei Jahre auf der Couch, da hab ich auch nix gesehen, also komplett nix - das war auch herausfordernd, aber gut möglich. Auch Körperhaltung selbst kann eine Menge verraten - und selbst das hatte ich nicht. Der Klang ihrer Stimme hat gereicht, um zu differenzieren. All so etwas hab ich nicht für möglich gehalten früher, aber es geht. Einfach mal ausprobieren.
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lisbeth
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Beitrag Do., 30.04.2020, 07:43

Ich brauch die Mimik um überhaupt Kontakt zum Gegenüber herstellen zu können. Das ist mit Maske megaproblematisch. Ich drifte dann in ungute Zustände ab. Weil ich mit meinem Emotionswust dann gefühlt allein auf weiter Flur bin. Ist auch schon schwierig, wenn ich keine Brille aufhabe, und die Analytikerin nicht klar sehen kann. Aus dem gleichen Grund geht Telefonieren mit der Analytikerin nach hinten los. Alles schon probiert - es ist absoluter Mist.

Ich freu mich für alle, bei denen das unkompliziert möglich ist. Aber tut bitte nicht so, als stelle man sich an und das wäre alles nur eine Frage von "traut euch einfach mal nur, und ihr werdet sehen, das geht doch". Das ist nicht bei allen so.
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Philosophia
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Beitrag Do., 30.04.2020, 08:45

Bei mir war das überhaupt nicht unkompliziert - ich habe die ersten Male dissoziiert und fühlte riesigen Kontrollverlust. Ich habe Verständnis dafür! Aber ich habe gelernt, dass sich das durch gute Erfahrungen ändern kann, wenn dabei liebevoll begleitet wird. Ich bin auch kein Maskenfreund, mir machen die Teile Angst - wenn ich sie selbst tragen muss, gibts auch mal Panik. Doch ich weiß, warum das so ist - und ich behalte das Ding auf, weil ich weiß, es ist jetzt wichtig. Ich sage nicht, dass sich jemand anstellt, wer damit ein Problem hat! Ich finde aber, dass es trotzdem wichtig ist, wenn ich jetzt zum Schutz der anderen mitmache. Ich will eben nicht durch meine psychische Beeinträchtigung andere gefährden - und so würde es sich anfühlen, wenn ich jetzt darauf verzichte.
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lisbeth
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Beitrag Do., 30.04.2020, 09:05

Es macht aber einen Unterschied, ob man sich dem bewusst und aus freier Entscheidung aussetzt und dabei die Welt draußen halbwegs "normal" und stabil und verlässlich erscheint. Das alles gibt es momentan für mich (und viele andere) nicht. Und allein das ist eine massive Belastung. Und wenn dann die Therapiesituation an sich auch noch unsicherer wird, weil die Kontaktebene "gestört" wird, dann ist das nicht gut.

Unter anderen Außenbedingungen würde ich es sicher auch immer wieder mal ausprobieren. Aber momentan? Da wackelt viel zu viel im Karton herum und ich kann nicht auch instabil aus der Therapie rauskommen.
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Vivy
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Beitrag Do., 30.04.2020, 09:05

lisbeth hat geschrieben: Do., 30.04.2020, 07:43 Ich brauch die Mimik um überhaupt Kontakt zum Gegenüber herstellen zu können. Das ist mit Maske megaproblematisch. Ich drifte dann in ungute Zustände ab. Weil ich mit meinem Emotionswust dann gefühlt allein auf weiter Flur bin.
es gab tatsächlich schon beides.
Einmal waren wir beide erstaunt, wie gut ich ihn kenne und erkennen kann, was er meint, auch mit Maske.

Ich hab das aber aktuell erlebt, wie extrem schwierig es werden kann, wenn ich seine Mimik nicht sehen kann.
in heiklen Situationen ist das viel viel schwieriger und es gab tatsächlich ein großes Missverständnis vor 1 Woche, das mit dem Abstand und der fehlenden Mimik zu tun hat und was zu wirklich schlimmen Zuständen in der vergangenen Woche geführt hat.
Diese ganzen Regelungen triggern das beziehungslose stark.

Meine Konsequenz des ganzen ist, dass es momentan noch wichtiger ist, klar zu SAGEN was grad Sache ist. Dumm, wenn es Ebenen betrifft, in denen Sprache nicht so gut funktioniert.

Keine Ahnung, was ich mache, wenn es wieder passiert, aber gut zu sehen, was u.a. das Problem war.
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Philosophia
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Beitrag Do., 30.04.2020, 09:20

Die Welt werscheint mir gerade überhaupt nicht verlässlich - ich weiß auch nicht - ich denke, es geht für mich aus zwei Gründen: 1) Ich bin Verzicht, Deprivierung und dauerhafte psychische Belastung einfach sehr gewöhnt vom Leben meines alten Ichs. Das sorgt dafür, dass ich einerseits absolute Panik empfinde zu dem, was gerade passiert (weil Trigger), und andererseits aber weiß, dass ich mich in grausigen Situationen zurechtfinde und für mich subjektiv schon viel, viel Schlimmeres überstanden habe 2) Dass ich in der Analyse meine Vergangenheit angeschaut und durchfühlt habe (sicher nicht alles, aber vieles), so dass ich mir jetzt auch den Horror zugestehe, wenn er mich überkommt, aber zeitgleich weiß, dass ich eine Menge Ressourcen durch meine schlimmen Erfahrungen habe. Und das habt ihr doch sicher auch, oder?
Ich verstehe, dass gerade der Wunsch besteht, auch (oder gerade) jetzt in der Therapie Stabilität zu erfahren - und eure Therapeuten werden bestimmt ihr Bestes geben! Doch... wenn auch für sie und alle anderen Menschen Gefahr besteht, dann gelten andere Regeln. Eine Mutter, die sich und ihr Kleines in Gefahr sieht, wird fliehen, wird womöglich sich wehren - aber das Kleine wird etwas abkriegen - so viel ist sicher. Den stabilen Raum auf Teufel komm raus gewährleisten, wenn das andere gefährdet - kann nicht dauerhaft funktionieren. Nur dann, wenn der Therapeut selbst Masken ablehnt und das für ihn nicht stimmig ist - ansonsten würde er sich vielleicht nach den Wünschen des Patienten richten, hätte dabei womöglich Angst und ein ungutes Gefühl, das wäre auch unehrlich. Das ist jetzt eine beschizzene Situation, das ist einfach so.
Vivy, du gehst doch sehr offensiv damit um - das ist super! So bleibst du handlungsfähig.
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mio
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Beitrag Do., 30.04.2020, 10:30

saffiatou hat geschrieben: Mi., 29.04.2020, 23:14 Durch die Mimik kann ich dann z. B. Ironie oder ein Witzchen erkennen, Was ich ohne vielleicht nicht heraushören würde.
In dem Fall kannst Du doch aber auch einfach nachfragen? Also ob das jetzt erst gemeint ist?

Ich halte es generell für gefährlich klare Kommunikation immer durch "Interpretationen" ersetzen zu wollen. Gerade so entstehen doch erst Missverständnisse.

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Philosophia
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Beitrag Do., 30.04.2020, 11:43

Es kommt darauf an - guckt man wirklich hin, dann kann einem das schon helfen, "richtig" zu interpretieren, oder lege ich in die Mimik des anderen etwas hinein, dann bilde ich mir ein, ich weiß genau, tue es aber nicht...
Es ist schwierig. Aber jetzt ist die Situation nun mal so wie sie ist und ich finde es schwierig von anderen zu verlangen, dass sie die Maske verweigern, bloß weil ich damit ein Problem habe.
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Vivy
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Beitrag Do., 30.04.2020, 12:40

Philosophia hat geschrieben: Do., 30.04.2020, 09:20
Vivy, du gehst doch sehr offensiv damit um - das ist super! So bleibst du handlungsfähig.
Philo, ich hab grad gemerkt, dass das schon auch ein bisschen kryptisch ist, was ich geschrieben habe.

Ich kann nur sagen, vor 2 Wochen gabs ein missverständnis zwischen uns u.a. auch wegen der Maske, weil ich sein Gesicht nicht sehen konnte.
Gestern konnten wir das klären, zum Glück.

Und ich kann nur sagen, ich hab gemerkt, was grad am meisten hilft, ihm klar zu kommunizieren, wie schwierig es grad ist. Die Maske und dass er physisch so weit weg ist.
Gestern ist mir dann nämlich klar geworden, dass ihm das auch was ausmacht und dass er versucht, Lösungen zu finden, mit denen er leben kann und mit denen ich gut leben kann, ohne dass ich mich abgewiesen fühle.
Und das schafft viel Nähe.
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lisbeth
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Beitrag Do., 30.04.2020, 12:50

Philosophia hat geschrieben: Do., 30.04.2020, 09:20 Die Welt werscheint mir gerade überhaupt nicht verlässlich
Genau darauf wollte ich doch hinaus, Philosophia.
Würdest du - jetzt in der aktuellen Situation - mit all den Belastungen die die Coronakrise mit sich bringt, dich forsch und freiwillig auf die Couch legen wollen? Oder würdest du lieber warten, bis im Außen wieder mehr Stabilität herrscht, um es dann in Ruhe zu probieren, und um möglicherweise auch die Option zu haben, dann doch lieber weiter im Sitzen zu arbeiten?

Von daher lässt sich ein verordnetes Maskentragen in der Therapie meiner Meinung nach nur bedingt damit vergleichen. Aktuell haben viele keine Wahl. Da ist Chaos im Außen und als Reaktion auch massives Chaos im Innern.
Wenn dann die Therapiesituation selbst noch triggernd wird zb durch die Maskenpflicht, weil der Kontaktaufbau zur Therapeutin (und umgekehrt) schwierig bis unmöglich wird, dann kann es wirklich der Tropfen sein der das Fass zum Überlaufen bringt.
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Philosophia
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Beitrag Do., 30.04.2020, 12:57

Ah - so meinst du das - hmmm, ich denke, ich würde gucken, wie der Therapeut damit umgeht. Wenn der Therapeut in der Krise mir ein guter Lehrmeister sein kann, wie er damit umgeht, dann würde ichs machen - wenn nicht, wenn also wirklich die Angst im Raum so groß wird, dass man, wenn sie Zigarettenrauch wäre, die Luft in Scheiben schneiden kann - dann würde ich die Therapie pausieren. Aber - es ist doch so, dass Maske nur in den Öffis und beim Einkaufen Pflicht ist, oder? Beim Arzt sicher auch. Bei Therapeuten doch aber nicht, oder??? Ich dachte, das entscheiden sie selbst bewusst, einfach weil es die Empfehlung gibt.
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Sansa
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Beitrag Do., 30.04.2020, 13:21

Ich habe jetzt auch die Wahl. Entweder erstmal weiter über Videotelefonie oder in der Praxis mit Maske. Ich habe mich für Videotelefonie entschieden. Erst dachte ich, weil es wegen der fehlenden Mimik ist, aber dieser Grund ist eher zweitrangig. Sondern weil ich jetzt merke, dass ich mich etwas besser entspannen kann, wenn ich nicht mit ihr in einem Raum bin und die körperliche Nähe (obwohl es min. 1,5m waren) dadurch nicht da ist. Vom Gefühl her, würde ich selbst nach Corona lieber so weiter machen. Mir graut es fast eher davor, wenn alles wieder normal ist und ich wieder mit ihr in einem Raum sitzen muss.
Wenn ich dann lese, dass hier Andere sich genau danach "sehnen" empfinde ich mich als ziemlich komisch.

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