Erfahrungen aus der Arbeit in der Psychiatrie

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.

Coriolan
Forums-Insider
Forums-Insider
anderes/other, 80
Beiträge: 436

Beitrag Mi., 25.12.2019, 20:19

Für manche Menschen ist ein Klinikaufenthalt eine Hilfe - z. B. weil:

- sie in den Therapien dort feststellen, dass sie was können und dort vielleicht neue Hobbies und Talente entdecken
- es ihnen gut tut, festzustellen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind und demnach unter Gleichgesinnten sind
- sie dort gut für die ambulante Behandlung vorbereitet werden
- sie dort Zeit, Ruhe und Abstand von zuhause haben
- sie es zeitweise nicht schaffen, den Tag zu selbst zu strukturieren und sich selbst zu versorgen
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

Werbung

Benutzeravatar

Pianolullaby
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 2246

Beitrag Mi., 25.12.2019, 23:58

Broken Wing hat geschrieben: Di., 24.12.2019, 00:37ich musste total sinnloses, blödes Zeug machen, was unter dem Deckmäntelchen der Therapie an mich herangetragen wurde..
Was verstehst Du darunter?
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

Benutzeravatar

Circles
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 27
Beiträge: 7

Beitrag Sa., 15.02.2020, 10:28

Ich war stationär auf einer Klinik für 2 oder 3 Monate. Bei mir ging es auch nicht anders da ich eine Psychose hatte und das sozusagen der Ausbruch meiner Krankheit, Schizophrenie, war.
Mittlerweile bin ich teil stationär auf der selben Klinik. Nochmal für 3 Monate.

Den stationären Aufenthalt würde ich nur empfehlen wenn es wirklich nicht anders geht, ansonsten ist teil stationär normalerweise völlig ausreichend. Ich hatte das Glück, dass ich von einem sehr guten Arzt behandelt wurde. Wir haben uns gut verstanden und ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Ich glaube ohne ihn hätte ich das alles eventuell auch nicht geschafft. Medikamenten-technisch bin ich allerdings nicht so sehr überzeugt von dem was mit mir angestellt wurde. Ich habe fast 3 Wochen lang unwissend jeden Tag Tavor genommen. Das Zeug kann abhängig machen. Auch als ich am Ersten Tag angekommen bin, auf der geschlossenen wurde mir direkt Tavor gegeben und noch ein anderes Medikament. Mir wurde nicht einmal gesagt was ich da bekomme und wofür es gut ist. Ich hätte es beinahe nicht eingenommen da ich noch diese Vergiftungsgedanken hatte. Das war alles andere als Spaßig. Im Nachhinein finde ich es immernoch unmöglich das mir nur die Medikamente in die Hand gedrückt wurden ohne zu sagen wofür die gut sind. Ich finde als Patient sollte man eigentlich ein Recht darauf haben zu wissen was da mit einem gemacht wird.

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag Sa., 15.02.2020, 11:04

@ Pianolullaby: Einfach diese Atmosphäre für geistig schon nachlassende SeniorInnen. Der ganze Alltag ist so. Ich finde sogar, dass dort grob fahrlässig gesundheitsgefährdend gehandelt wird.

Das Essen ist so gut wie in jedem Krankenhaus ein einziger Angriff auf die Gesundheit, da bilden psychiatrische keine Ausnahme. Entgegen der Hausordnung empfehle ich jedem, sich der Ernährung radikal zu widersetzen, notfalls geht man besser jeden Tag 3x zum MCDonald's, noch immer gesünder. Das Problem hierbei ist nicht das Angebot, sondern die Qualität der Lebensmitteln, vom Geschmack und von der Konsistenz her eingeweichtem und aufgewärmtem Papier ähnlich.

Zusätzlich kommt aber noch, dass man monatelang geistig und körperlich systematisch zum Abbau gezwungen wird, indem durch streng geregelte, stupide Strukturen und Psychopharmaka jegliche Eigeninitiative abgetötet wird. Daher verwundert es nicht, dass die Suizidgefahr nach einer Entlassung am höchsten ist. Wenn der Alltag schon vorher überfordert hat, dann wird er danach garantiert unbewältigbar.

Bei Familien weiß man, dass Kinder Hilfe brauchen, wenn sie psychisch kranke Eltern haben. Sie sind in einer gesundheitsgefährdenden Situation. Aber psychisch Kranken soll es helfen, monate- bis jahrelang anderen Kranken ausgesetzt zu sein? Und damit meine ich nicht nur die Patienten. Auch beim Personal wird kein Qualitätsmanagement betrieben, wollen eh die wenigsten und die, die es machen, haben höchst wahrscheinlich einen schweren Knacks. Wird vermutlich auch noch als Vorteil für den Patienten vermarktet. Alle Lösungen werden hauptsächlich in Gruppen erarbeitet, wo andere Leute sitzen, die auch nicht mit dem Leben klarkommen.

In den Therapien geht es auch nicht darum ein Ziel zu erreichen, sondern Zeit totzuschlagen. Es ist egal, wie weit man in der Arbeitstherapie kommt, man bekommt auch einen Furz dafür. Naja, ich habe mich ihr durch vermeintliche Krankheit entzogen. War auch egal.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

Werbung

Benutzeravatar

erdbeerstiel2019
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 65
Beiträge: 118

Beitrag Sa., 15.02.2020, 13:16

Nicht alle Kliniken sind schlecht!
Nur habe ich die Erfahrung gemacht, dass es dort "immer" einige Pflegekräfte gibt, die in solchen Einrichtungen nichts zu suchen haben.
Das war bisher in "jeder" Klinik so, in der ich war.
Ich habe den Eindruck, die denken, die hier sind alle bekloppt, die kann man alle behandeln wie unmündige Kinder. Miese machtgeile Charakter.
Ob das mit Überforderung zu tun hat, da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe noch nie gesehen, dass das Pflegepersonal mit wehenden Kitteln durch die Klinikflure rennt, um ihren Aufgaben nachzukommen.
Ganz im Gegenteil, für einen Kaffeeklatsch war immer Zeit. Dann wurde eben das Schild "Übergabebesprechung" an die Tür des Schwesternzimmer gehängt. Und das konnte dann schon mal ein Stündchen dauern.
Aber wehe es kam mal einer zu spät zur Medi.-Ausgabe. Dann war die Kacke am dampfen.

Benutzeravatar

unwichtig
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 34
Beiträge: 29

Beitrag Sa., 15.02.2020, 20:06

Hallo zusammen,
ich möchte gerne mal meine Erfahrungen zum Thema Geschlossene erzählen. Viele scheinen hier echt schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, und das tut mir auch leid, aber es sind nicht alle Geschlossenen Stationen so. Ich bin seit Jahren immer mal wieder Gast in unserer örtlichen Psychiatrie. Und ich muss sagen so schlimm finde ich es gar nicht. Klar, ich gehe auch nur hin wenn es nicht mehr anders geht, aber ich finde schon dass hier alles mögliche getan wird, damit es einem besser geht. Tägliche Visite, Ergotherapie, Bewegungstherapie und wöchentliche Einzelgespräche(wenn irgendwas ist, was man ganz dringend besprechen muss, kann man den Therapeuten auch zwischendurch noch mal sprechen). Die Medis wurden immer mit mir besprochen und gefragt ob ich einverstanden damit bin. Ja gut, beim Pflegepersonal gibt es auch den einen oder anderen den ich nicht so mag, aber man kann ja auch nicht jeden mögen... Ich fühlte mich trotzdem bis jetzt immer gut aufgehoben. Vielleicht hilft es dem einen oder anderen zu sehen, dass es (meiner Meinung nach) auch gute Geschlossene Psychiatrien gibt.
Manche Menschen lachen nur um nicht zu weinen, so viele um mich herum, aber doch alleine

Benutzeravatar

Candykills
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 31
Beiträge: 5056

Beitrag So., 16.02.2020, 09:41

Ich arbeite ja zur Zeit auf einer geschlossenen Station und mache da eigentlich sehr positive Erfahrungen. Klar, es wird regelmäßig fixiert und man muss mit den Patienten um alles verhandeln, aber an sich wird sich super um die Patienten gekümmert.
Ich war in der selben Klinik schon mal auf einer anderen Akutstation, die ich wiederum sehr schlecht fand.
Für mich das ist das definitiv jetzt eine Option, wenn ich psychotisch bin, dass ich in diese Klinik auf die Station gehe, auf der ich jetzt mein Praktikum gemacht habe, denn die kümmern sich wirklich gut um die Patienten und der Umgang ist sehr freundlich. Es war für mich auch immer nachvollziehbar bisher, wenn fixiert wurde, auch wenn das für den Patienten natürlich trotzdem schlimm ist.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag So., 16.02.2020, 11:24

Zu mir waren die PflegerInnen überwiegend freundlich. Klar, die eine oder andere spinnerte Pflegekraft gabs auch. War mir aber egal, die Medikamente landeten trotzdem im Müll. Ich mache die Einnahme nicht davon abhängig, ob jemand freundlich ist oder streng. Das blieb natürlich nicht lange unentdeckt, ich sollte die Medikamente vor den PflegerInnen einnehmen oder ganz lassen, also ließ ich es zunächst ganz, bis wieder was verschrieben wurde, ich das wieder brav ein paar Tage mitmachte, bis wieder irgendjemand nachlässig wurde und die Dinger diesmal sich zwar nicht im Müll, dafür aber im Kleiderschrank ansammelten ;-)

Außerdem wurde jede Nacht überprüft, ob eh jeder schlief. Leser wurden gebeten, die Nachtlampe auszuschalten. Hallo? Wir sind erwachsen und es ist meine Sache, wie ich am nächsten Morgen meinen A hochkriege.

Die paar unangenehmen Psychos bei den Pflegekräften sind nicht viel besser als die angenehmen. Meine Kritik ist grundsätzlicher.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Coriolan
Forums-Insider
Forums-Insider
anderes/other, 80
Beiträge: 436

Beitrag So., 16.02.2020, 11:35

Broken Wing hat geschrieben: So., 16.02.2020, 11:24 Das blieb natürlich nicht lange unentdeckt, ich sollte die Medikamente vor den PflegerInnen einnehmen oder ganz lassen, also ließ ich es zunächst ganz, bis wieder was verschrieben wurde, ich das wieder brav ein paar Tage mitmachte, bis wieder irgendjemand nachlässig wurde und die Dinger diesmal sich zwar nicht im Müll, dafür aber im Kleiderschrank ansammelten ;-)
Man kann ja von Psychiatrie halten, was man mag, aber was man davon hat, das Personal zu verschaukeln, verstehe ich nicht. Man nimmt Medikamente nicht für's Personal - möchte man keine, kann man das auch kundtun, ohne das Personal zu vera... und die (z. T. teuren) Medikamente zu entsorgen.

Am meisten schadet man sich wahrscheinlich selbst mit solchen Aktionen.

Ich finde das weder erwachsen, noch lustig.
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag So., 16.02.2020, 20:02

@ Coriolan: War auch nicht als lustiges Erlebnis gedacht. Ich wollte es mit den Medikamenten wirklich versuchen und nehme jetzt auch welche. Aber erstens war ich schon nach den ersten Tagen angesichts der starken Nebenwirkungen erledigt und zweitens wirkten sie nicht gegen Dinge, weshalb ich sie überhaupt einnehmen wollte. Nach ein paar Tagen übler Nebenwirkung war mein ohnehin schwacher, aus großer Not geborener Wille dahin, es mit den Tabletten zu versuchen, aber alles Andere, was dort angeboten wurde, half auch nicht. Bei der ersten Nichteinnahme schwor ich mir noch, es am nächsten Tag garantiert besser zu machen, aber der Unwille am nächsten Tag wurde nur noch stärker usw.
Mit jeder neuen Verschreibung wurden neue Hoffnungen geweckt, die im Moment ihres Entstehens eigentlich schon Totgeburten waren ;-)

Ich war auch in den Therapien geistig abwesend und habe alles über mich ergehen lassen, war nicht viel mehr. Ich war über jede überstandene Therapiesitzung erleichtert, gleichzeitig aber völlig geschlaucht. Wenn ich etwas nur äußerlich angepasst absitze, fühle ich, dass nicht wir die Zeit totschlagen, sondern umgekehrt.

Wenn ich aber von vornherein meine Ablehnung äußere, glaubt mir das niemand. Die mit wohlwollendem Zugang zu mir meinten, das würde sich in der Klinik legen, diese Symptome.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Coriolan
Forums-Insider
Forums-Insider
anderes/other, 80
Beiträge: 436

Beitrag Di., 18.02.2020, 16:32

Naja - du hättest es dort auch einfach sagen können, wie's dir mit der Medikation geht und diese klar ablehnen können mit dem Hinweis auf die Nicht-Wirkung und Nebenwirkungen.

Einerseits beklagst du, dass du nicht wie eine Erwachsenen behandelt wurdest (Nachtlampe) und andererseits verhältst du dich (zumindest, was die Medikation anbelangt) ja auch wie ein Kind.

Wenn man sich wie ein Kind verhält, muss man sich nicht wundern, wenn man auch wie eines behandelt wird.

So, wie du das schilderst und auch mit dem Smiley dahinter, wirkt es halt auf mich, als hättest du dir da einen "Spaß" erlaubt und so etwas ist für mich einfach keiner.
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag