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Mo., 19.02.2018, 20:24
Aus dem Buch von Klaus Plab: Liegen oder Sitzen...
"Begegnet der Analysand dem Analytiker in der Face-to-Face-Position, findet nach Allem, was heute neurophysiologisch bekannt ist, ein intensiverer, aktiverer Kommunikationsprozess statt, der auch von einem höheren Vigilanzniveau und stärkerer Empathie begleitet ist. Durch das erweiterte Nutzen aller zur Verfügung stehenden kommunikativen Ebenen und Kanäle ist bei gleichzeitig näherer und damit emotional dichterer Beziehung eine Intensivierung und Beschleunigung des therapeutischen Prozesses möglich.
....Die gegenseitige affektive Abstimmung in der Beziehung, insbesondere in der therapeutischen Beziehung, gleicht der häufigen Abstimmung zwischen Mutter und Säugling und garantiert maximale Stimulierung von Vitalität und Dynamik in der Beziehung.
....Gleichzeitig ist hierbei darauf hinzuweisen, dass Beschleunigung und Optimierung nicht das Ziel meint, die Therapie bspw. wirtschaftlicher zu gestalten, sondern dass, verglichen mit dem liegenden Analysanden, der therapeutische Prozess rascher an Dynamik gewinnt, dichter und dynamischer verläuft, Internalisierungs- und strukturierende Veränderungsprozesse rascher, früher und intensiver verlaufen.
....Für den Analytiker ist es nun erforderlich, eine eigene Haltung - und dies ist auch in einem motorischen Sinne gemeint - zu finden, ist es doch erforderlich, dem Analysanden einen
Raum zu regressivem Erleben bereitzustellen, zu assoziieren, Phantasmen zu entwickeln.....
....Dies erfordert zudem die volle Aufmerksamkeit für die eigenen motorischen (somit auch mimischen) Reaktionen und den Einbezug der Möglichkeit, dass diese äußerst aufmerksam vom Analysanden beobachtet werden (ggf. kritisch) kommentiert werden. Gerade Analysanden, die in einer emotional entbehrungsreichen Atmosphäre aufgewachsen sind, sind im sitzenden Setting manchmal erstmalig mit der Erfahrung im Gegenüber konfrontiert, im Gegenüber spürbar zu werden, mit der Erfahrung, im Gegenüber eine Reaktion bewirken zu können, und hierbei stellt die Reaktion des Analytikers eine entscheidende Antwort dar, eine neue Erfahrung, eine andere Erfahrung, günstigenfalls ein Moment der Genesung."
Meine Erfahrung ist: Ich sitze, kann mich aber auch auf die Couch legen.
Wir arbeiten intersubjektiv, das heißt, dass der Analytiker sich zu erkennen gibt, sich aus selbst öffnet, wenn es zu meinem Thema passt. Also am gemeinsamen Prozess beteiligt ist.
Wir bekommen beide die nonverbalen Reaktionen des Anderen mit und das macht natürlich was!
So werden ein liebevoller Blick, ein echtes Lächeln, Beruhigungsgesten wie auch Abwehr, Aggression auf beiden Seiten wahrgenommen, die nicht immer mit dem gesprochen Wort übereinstimmen müssen.
Wird es mir zu nahe, dann habe ich das Gefühl von Verschmelzung, die dann von beiden nicht rechtzeitig erkannt wird.
Bzw. der Therapeut sich zu sehr mit mir identifiziert.
Ist der Therapeut für mich zu distanziert, dann habe ich das Gefühl, dass er mich nicht versteht.
Um da einen guten Mittelweg zu finden, sind die beobachteten nonverbalen Reaktionen für mich sehr hilfreich.