Mutter verzeihen oder Kontaktabbruch

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

Eremit
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Beitrag Mi., 07.02.2018, 19:58

Haithabu hat geschrieben:Aber wenn ein Ersatz für verpasstes "Bemuttern" (meinetwegen auch Bevatern) so einfach wäre, wäre das ganze Forum hier mehr oder weniger obsolet.
Unmögliches ist nie einfach.
Haithabu hat geschrieben:Habe ich etwas über die Qualität der Beziehung geschrieben? Nein!
Richtig. Du hast über die Qualität des Kümmerns geschrieben:
Haithabu hat geschrieben:Dass das jemand wäre, der sich um mich kümmert, wie es eben nur Eltern tun können.
Ist und bleibt aber trotzdem Topfen.
Haithabu hat geschrieben:Aber sich von der vergangenen Sehnsucht zu distanzieren, ist nicht so rational und einfach wie du das schreibst.
Wo genau habe ich geschrieben, ja, auch nur impliziert, das wäre einfach? Erwachsen werden ist nie einfach.

Rationalität spielt übrigens sogar eine sehr große Rolle beim Erwachsenwerden und -sein (bzw. Reifen). Immer wieder kommt es vor, dass man rational handeln muss, statt einem emotionalen Impuls zu folgen, weil die rationale Handlung auf lange Sicht die bessere ist.
Haithabu hat geschrieben:Und ansonsten finde ich es doch recht fragwürdig, dass zum einen mögliche Ferndiagnosen gestellt werden, diese zum anderen auch noch generalisiert werden und den Menschen ein Veränderungswillen komplett abgesprochen wird.
Erstens: Wo wurde eine Ferndiagnose gestellt?

Zweitens: Ist Dir bewusst, dass Diagnosen selbst Generalisierungen darstellen? Und dass Generalisierungen unabdingbar sind?

Drittens: Was zählt, sind Taten, nicht Worte, "Veränderungswille" hin- oder her.
Haithabu hat geschrieben:Selbstverständlich kann jemand eine gute Oma sein, der es nicht schaffte, in der Beziehung zum Kind angemessen zu agieren.
Sehr euphemistisch ausgedrückt für eine Person, die Kinder (u.a.) absichtlich mit Zigaretten verbrennt (!) …

Hätte z.B. vom Jugendamt jemand gewusst, wie es der TE ergangen ist, hätte man der Mutter das Kind entzogen – zu recht. Und nein, so eine Person kann kein gutes Vorbild sein für ein Kind und sich auch nicht um ein Kind ordentlich kümmern. Auch nicht als Oma (oder Opa). Und wer sein Kind solchen Menschen aussetzt, wohl wissend um die Umstände, versagt in dieser Hinsicht auch als Elternteil.
Haithabu hat geschrieben:Wie oft erleben jüngere Geschwister, die als zerstörerisch geschilderten Eltern selbst als liebevoll und unterstützend.
Richtig. Und das ist jetzt genau ein Argument gegen oder für was genau?
Haithabu hat geschrieben:Ich möchte mich einfach von "das muss so, weil..." distanzieren.
Warum?
Haithabu hat geschrieben:Sich zu verabschieden und zu trauern braucht einfach auch Zeit und manchmal vielleicht auch mehrere Anläufe.
Äh, ja. Und?
HelloItsMe hat geschrieben:Für mich war halt das Verzeihen eine unumgängliche Voraussetzung des Loslassens.
Wenn man die Taten des Gegenübers prinzipbedingt legitimiert, tut man das auch bei sich selbst. Heißt, man übernimmt (bis zu einem gewissen Grad) die Sichtweise des Gegenübers. Das ist eher das Gegenteil von Loslassen.
HelloItsMe hat geschrieben:Aber ich weiß nicht, ob ich so eine emotionale Stärke aufweisen kann, zu verzeihen.
Ist die emotionale Grundlage für Verzeihen nicht eher die Schwäche als die Stärke?
HelloItsMe hat geschrieben:Aber ich denke mir halt auch, dass ich emotional nie soweit sein werde, ohne jegliche Schuldgefühle den Kontakt abzubrechen.
Kann, muss aber nicht sein.
HelloItsMe hat geschrieben:Ich glaube, diese werden immer ein bisschen da sein und ich muss anfangen zu verstehen, was langfristig die richtige Entscheidung für mich und meine Zukunft ist. Und das Wichtige ist halt, dass ich das emotional verstehe. Rational gesehen weiß ich, dass meine Mutter mir nicht gut tut.
Mag sich seltsam lesen, aber es gibt tatsächlich kein "emotionales Verstehen". Verständnis ist eine rein rationale Angelegenheit.
HelloItsMe hat geschrieben:Aber es gibt keinerlei Veränderung, trotz mehrerer Bitten und Lösungsansätze meinerseits.
Wäre es dann vernünftig, ihr auch weiterhin die Stange zu halten, bis sie Dich mit in den Abgrund nimmt?
HelloItsMe hat geschrieben:Und das macht mich schon wütend. Dass ich dadurch keine Jugend hatte und auch in meinem Charakter viel erwachsener als andere in meinem Alter bin.
… was aber auch sein Gutes hat bzw. haben kann. Leider lernt man das (in der Regel) relativ spät zu schätzen.
HelloItsMe hat geschrieben:Letzten Endes wird sie bei meinem Freund und mir einziehen wollen, wenn es so weiter geht. (…) Das werde ich aber meinem Freund nicht antun. Und dass sind halt Situationen und Befürchtungen, wo ich mich abgrenzen muss von ihr, weil ich ihr sonst die vollkommene Entscheidungsfreiheit in unserer Beziehung gebe.
So ist es.
HelloItsMe hat geschrieben:Das hatte glaube ich Sinarellas geschrieben.
Sorry …

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Haithabu
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Beitrag So., 11.02.2018, 20:39

Ich habe ein Weilchen überlegt, ob ich noch einmal antworte...

Ich denke wir sind uns alle einig, dass die Mutter der TE Gewalt angetan hat und das in mehr als einer Hinsicht.
Das können wir nach objektiven Kriterien so einschätzen und es für uns eindeutig und absolut naheliegend zu sagen, klar brich den Kontakt ab.

Aber es ist nicht unsere Mutter, nicht unsere Beziehung, nicht unser Gefühl.
Und deshalb empfinde ich das Gedrängel darum nicht so gut und möchte da auch nicht mitmachen.
Obwohl ich von außen betrachtet sagen würde: Lauf so schnell du kannst.

Es gibt von mir auch keine Empfehlungen zum Verzeihen oder berücksichtigen etwaiger Gründe. Ich sage nur, es gibt die Möglichkeit, dass Menschen sich ändern. (Meine Schwester hat zum Beispiel ein völlig anderes Kindheitserleben als ich.)

Und mit dem Kümmern. Das ist ein Bild. Ein tief implementiertes Bild. Deshalb sehe ich da auch wenig Möglichkeiten Ersatz zu schaffen. Es gibt also nur den Verzicht und den Abschied von diesem Bild.


Eremit
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Beitrag Di., 13.02.2018, 00:44

Haithabu hat geschrieben:Aber es ist nicht unsere Mutter, nicht unsere Beziehung, nicht unser Gefühl.
Richtig, es ist nicht unser "Bio-Schuldgefühl", um es so auszudrücken.
Haithabu hat geschrieben:Und deshalb empfinde ich das Gedrängel darum nicht so gut und möchte da auch nicht mitmachen.
Das Gedrängel ist allerdings nur in Deinem Kopf, mit Verlaub. Niemand hier hat die TE zu irgend etwas gedrängt.
Haithabu hat geschrieben:Ich sage nur, es gibt die Möglichkeit, dass Menschen sich ändern.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass man 150 Millionen Euro im Lotto gewinnt …

Die Sache ist eben die: Wie wahrscheinlich ist eine solche Veränderung? Nachdem die Mutter bis jetzt keinerlei Einsicht gezeigt hat? Und Menschen sich mit zunehmendem Alter (Abnehmende neuronale Plastizität!) mit solchen tiefgreifenden Veränderungen immer schwerer tun? Und es nach wie vor keinen Grund für eine solche Veränderung gibt? Und der Mensch ein Gewohnheitstier ist? Vom Alkoholismus ganz zu schweigen …
Haithabu hat geschrieben:Und mit dem Kümmern. Das ist ein Bild. Ein tief implementiertes Bild.
Ja, es ist nur (D)ein Bild, eine Illusion, mehr nicht.
Haithabu hat geschrieben:Es gibt also nur den Verzicht und den Abschied von diesem Bild.
Richtig. Oder, um es anders auszudrücken: Erwachsen werden und die Kindheit hinter sich lassen. Nicht nur die, die man hatte, sondern auch die, die man gerne gehabt hätte. Und sich jetzt am eigenen Erwachsensein erfreuen.


Flowfalls
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Beitrag Di., 13.02.2018, 02:41

Ich kann meiner Mutter, überhaupt nicht verzeihen, dafür ist viel zuviel passiert. Bin froh wenn ich sie nicht auf der Pelle habe. Warum sollen sie Reue haben, wozu? Verstehe den Zusammenhang nicht.

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Flowfalls
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Beitrag Di., 13.02.2018, 02:48

Eremit hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 00:44
Haithabu hat geschrieben:Es gibt also nur den Verzicht und den Abschied von diesem Bild.
Richtig. Oder, um es anders auszudrücken: Erwachsen werden und die Kindheit hinter sich lassen. Nicht nur die, die man hatte, sondern auch die, die man gerne gehabt hätte. Und sich jetzt am eigenen Erwachsensein erfreuen.
Ob das einfachso möglich ist "Erwachsensein erfreuen", glaube ich nicht. :lol: Eremit


shesmovedon
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Beitrag Di., 13.02.2018, 11:09

Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass sich Mütter ändern. Meine hat sich geändert. Das war ein Prozess von Jahren. Aber heute ist unsere Beziehung sehr gut. Es hat halt viele Gespräche (vor allem nachts) gebraucht. Und viel Eigenarbeit für uns beide.
Naja, ich will nur sagen, dass das nicht unmöglich ist. Aber einschätzen kann man nur die eigene Mutter, ob die Mutter der TE sich ändern kann (und will), ist eine andere Frage.

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Beitrag Di., 13.02.2018, 11:20

Hallo,

Ich persönlich finde es gut, verschiedene Perspektiven zu sehen. Auch wenn einige dieser Meinung vielleicht provokativ oder schroff für den ein oder anderen erscheinen mögen, für mich hat bisher jede Aussage gepasst und mich nicht unter Druck gesetzt. Ich bin so oder so in einer emotional schwierigen Situation, was solch eine Entscheidung angeht. Von daher... :)
Ich finde es generell gut, so viel wie möglich über so etwas zu reden. Einfach auch aus dem Grund, weil ich früher jahrelang immer wieder in Foren nach gelesen habe, wie andere in einer ähnlichen Situation wie ich, mit der Thematik umgehen. Das habe ich hier immer im Hinterkopf beim Schreiben. Dass das alles hier vielleicht auch irgendwann wem anderen helfen könnte, irgendwie.
Aber das mit dem Bild/der Illusion ist glaube ich ein wichtiger Punkt, mit dem sich viele konfrontiert sehen. Man sieht sein lebenlang bei Freunden oder Filmen wie eine 'normale' Familie aussieht und wünscht sich das natürlich, und sei es nur unbewusst, auch. Ich bin aber wirklich gerade dabei, mich von diesem Idealbild zu verabschieden. Beziehungsweise, projeziere ich dieses Idealbild darauf, wie ich später meine Kinder erziehen werde. Es gibt keine 'ideale' Familie in dem Sinne. Aber ich will später zumindestens versuchen so als Elternteil zu handeln, wie ich es mir von meiner Mutter gewünscht hätte.
Und das mit dem Verzeihen... Daweil schaffe ich es nicht und ich glaube auch nicht, dass es das tun sollte. Das haben mit diese Forengespräche und auch die Gespräche mit meinem Freund wirklich offenbart.

Und ich wollte mich auch noch ein mal bei euch Allen bedanken! Ich finde es wirklich schön so ein offenes, freundliches Entgegenkommen und Helfen wieder zu finden! Ich weiß wirklich jede Meinung, jede Erfahrung sehr zu schätzen! Danke!! :)

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HelloItsMe
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Beitrag Di., 13.02.2018, 11:27

Schlendrian hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 11:09 Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass sich Mütter ändern. Meine hat sich geändert. Das war ein Prozess von Jahren. Aber heute ist unsere Beziehung sehr gut. Es hat halt viele Gespräche (vor allem nachts) gebraucht. Und viel Eigenarbeit für uns beide.
Naja, ich will nur sagen, dass das nicht unmöglich ist. Aber einschätzen kann man nur die eigene Mutter, ob die Mutter der TE sich ändern kann (und will), ist eine andere Frage.
Ja, so habe ich halt auch immer gedacht. Gerade jetzt, wo ich nicht mehr bei ihr wohne, ist sie auch so anhänglich geworden. Sie will jeden Tag Kontakt über WhatsApp, macht sich unbängige Sorgen, wenn ich mal einen Tag oder zwei nicht erreichbar bin oder mit meinem Freund auf Urlaub fahre,...
Aber andererseits habe ich sie schon des Öfteren mit den vergangen Sachen konfrontiert und ihr auch explizit gesagt, dass ich nur eine Entschuldigung für das will, was sie mir angetan hat. Aber sie gibt mir dann immer an allem die Schuld. Von wegen, sie musste so viele Entbehrungen wegen mir machen(, wie Umzüge, Jobs,...) und ich wäre so ein schwieriges Kind gewesen, usw.. Und das ist halt das, wo ich immer wieder gegen eine Wand rede. Das ganze Schlagen, und Trinken und die ganzen anderen Sachen, wie Millionen Auswanderungsversuche und nächtliche Umzüge, tun ihr überhaupt nicht leid. Und daweil hat sie sich nicht geändert. Sie streitet immer noch mit Nachbarn, Vermietern, fühlt sich immer noch in jedem Job gemobbt, usw... Und da habe ich halt dran zu knacken.

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saffiatou
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Beitrag Di., 13.02.2018, 12:09

HelloItsMe hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 11:27 wo ich nicht mehr bei ihr wohne, ist sie auch so anhänglich geworden. Sie will jeden Tag Kontakt über WhatsApp, macht sich unbängige Sorgen, wenn ich mal einen Tag oder zwei nicht erreichbar bin oder mit meinem Freund auf Urlaub fahre,...
Aber sie will um ihretwegen Kontakt, weil sie sich alleine fühlt, nicht weil Du ihr wichtig bist.
HelloItsMe hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 11:27 dass ich nur eine Entschuldigung für das will, was sie mir angetan hat. Aber sie gibt mir dann immer an allem die Schuld.
Eine erbittete Entschuldigung ist meiner Meinung nach keine richtige. und wie Du siehst ist sie nicht einsichtig, sondern schiebt die Verantwortung auf Dich.
HelloItsMe hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 11:27 Von wegen, sie musste so viele Entbehrungen wegen mir machen(, wie Umzüge, Jobs,...) und ich wäre so ein schwieriges Kind gewesen, usw.
Sie hat sich für ein Kind entschieden, Du kannst nichts dazu, daß sie Deine Mutter ist, auch nichts für die Umzüge...

Ich habe meinen Eltern endlos Briefe geschrieben, immer wieder Hoffnung gehabt, daß sie sich ändern, entschuldigen, sich wirklich um meinetwegen kümmern, das ist nie passiert. Das Loslassen von der Hoffnung schmerzt endlos. Ich trauere jetzt sieben Jahre um diese Illusion einer Familie, die ich nie hatte, darum daß Eltern so extrem egoistisch sind, ich immer die Schuld bekommen habe etc. Mir geht es besser ohne Kontakt, auch wenn es schmerzt keine Familie zu haben, aber die Illusion will ich eben auch nicht mehr. Ich bin nicht mehr bereit zu akzeptieren immer wieder die "Böse" zu sein...

Eremit hat schon Recht, es passiert leider nur bei wirklich reflektierten Eltern, daß sie bereit sind sich zu ändern, eine echte Entschuldigung kommt. Schlendrian mag da Glück gehabt haben.


Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Beitrag Di., 13.02.2018, 12:43

saffiatou hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 12:09
Ich habe meinen Eltern endlos Briefe geschrieben, immer wieder Hoffnung gehabt, daß sie sich ändern, entschuldigen, sich wirklich um meinetwegen kümmern, das ist nie passiert. Das Loslassen von der Hoffnung schmerzt endlos. Ich trauere jetzt sieben Jahre um diese Illusion einer Familie, die ich nie hatte, darum daß Eltern so extrem egoistisch sind, ich immer die Schuld bekommen habe etc. Mir geht es besser ohne Kontakt, auch wenn es schmerzt keine Familie zu haben, aber die Illusion will ich eben auch nicht mehr. Ich bin nicht mehr bereit zu akzeptieren immer wieder die "Böse" zu sein...
Das tut mir auch so Leid für dich, dass du auch solche Erfahrungen machen musstest! Man hofft halt doch immer auf irgendeine Art von Einsicht. Und man versucht dann eh schon den Eltern entgegen zu kommen, indem man Ausreden für ihr Verhalten sucht, es versucht zu vergessen oder explizit sagt, was man will. Und die Jahre vergehen und nichts ändert sich. Und wenn die Einsicht nicht kommt und man es emotional einfach nicht mehr ertragen kann, die "Schuldige" zu sein, muss man sich wohl wirklich distanzieren...

Und ich tue mich da so schwer, loszulassen von der Vergangenheit. Ich will im Hier und Jetzt leben. Aber so viele Sachen aus der Vergangenheit bedrücken mich immer noch in der Gegenwart. Ich werde auch nach wie vor das Gefühl nicht los, ein 'Loser' zu sein. Auch wenn ich es bisher weit geschafft habe. Ich habe das so oft, wenn sie betrunken war, gesagt bekommen, ich kriege das nur sehr schwer aus meinem Selbstbild raus. Ich glaube, das braucht einfach eine gewisse Zeit, sich da emotional zu distanzieren. Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man ja immer. Ich glaube das zwar nicht, aber mit der Zeit lernt man vielleicht besser mit umzugehen. Und dieser ''Heilungsprozess' kann glaube ich erst statt finden, wenn man genug zu sich selber stehen kann und sagen kann, dass das, was die Eltern einen angetan haben nicht in Ordnung war und nicht entschuldbar ist (ohne jegliche Einsicht von ihnen). Für mich persönlich zeichnet sich dieses oben angesprochene Erwachsenwerden dadurch aus, dass man anfängt, für sich selber einzustehen, nachdem es die Eltern für einen nie getan haben. Dass man selber die Verantwortung für sein Leben übernimmt und diesen Riesenschritt der Trennung von Allem, was einen runterzieht, wagt.
Denn wie soll man glücklich werden, wenn man täglich mit etwas Negativem konfrontiert wird? Wie soll man erwachsen werden, wenn man die Sachen, die einen unglücklich machen, einfach akzeptiert, statt sie zu ändern? Auch wenn es noch so ein schwerer Schritt ist. Ich habe deshalb immer noch den Kontaktabbruch zu meiner Mutter und will es auch derweil beibehalten. Ich weiß nicht, ob ich ihr noch mal schreiben sollte, warum ich den Kontaktabbruch will. Ich habe es ihr in einer Kurzversion beim Kontaktabbruch selber schon mehrfach geschrieben und sie versteht es halt einfach eh nicht. Sie ist dann nur immer beleidigt und sagt, dass ich ein trauriges Leben führen werde, wenn ich weiterhin so nachtragend bin udn solche Sachen...
Mein Freund meinte, ich solle mal alles Geschehehene aufschreiben und dazu schreiben, wie ich mich gefühlt habe und ihr das schicken. Aber ich glaube, dass das nichts bringen wird. Sie wird dann nur sauer und wird eine reichtfertigende Email an meinen Freund oder vielleicht sogar an seine Mutter schreiben. Deshalb belasse ich es derweil einfach beim Kontaktabbruch. Und hoffe, dass ich nicht einknicke. Aber bis dato bin ich wirklich eher der Meinung, dass ich mich in dieser Sache für den Kontaktabbruch muss, weil ich jetzt anfangen muss für mich selber einzustehen und mich in meinem Leben in den Mittelpunkt rücken muss bei meinen Entscheidungen, und nicht sie.

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Philosophia
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Beitrag Di., 13.02.2018, 13:23

Und wenns mal schwer wird nicht einzuknicken, dann schreibe hier
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer


Eremit
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Beitrag Di., 13.02.2018, 19:19

Flowfalls hat geschrieben:Warum sollen sie Reue haben, wozu? Verstehe den Zusammenhang nicht.
Die Reue wäre der Grundbaustein für eine tiefgreifende Wesensänderung, welche eine positive Annäherung ermöglichen würde.
Flowfalls hat geschrieben:Ob das einfachso möglich ist "Erwachsensein erfreuen", glaube ich nicht.
Die Erkenntnis zu verdauen, dass die Kindheit "weg" oder "tot" ist, das ist das Schwierige. Viele Menschen bringen das ihr ganzes Leben nicht zustande, selbst solche, die tolle Eltern hatten und keine entsprechendenden Kindheitstraumata aufzuweisen haben.
HelloItsMe hat geschrieben:Aber das mit dem Bild/der Illusion ist glaube ich ein wichtiger Punkt, mit dem sich viele konfrontiert sehen. Man sieht sein lebenlang bei Freunden oder Filmen wie eine 'normale' Familie aussieht und wünscht sich das natürlich, und sei es nur unbewusst, auch.
Das kenne ich auch. Dass das Familien- bzw- Eltern-Bild aus Filmen und Serien nicht das geringste mit dem RL zu tun hat war mir zwar schon recht früh bewusst, was bei mir dafür länger gedauert hat, war, hinter die "Familien-Maske" der Menschen in meinem Umeld zu schauen und zu erkennen, dass fast alles nur Schauspiel ist.
HelloItsMe hat geschrieben:Ich bin aber wirklich gerade dabei, mich von diesem Idealbild zu verabschieden. Beziehungsweise, projeziere ich dieses Idealbild darauf, wie ich später meine Kinder erziehen werde. Es gibt keine 'ideale' Familie in dem Sinne. Aber ich will später zumindestens versuchen so als Elternteil zu handeln, wie ich es mir von meiner Mutter gewünscht hätte.
Bei sowas muss man natürlich aufpassen, nicht sich selbst auf das eigene Kind zu projezieren. Schließlich ist das dann ein ganz eigener Mensch mit ganz eigenen Bedürfnissen. Nur allzuleicht kann man in die Falle tappen, die Kindheit über das eigene Kind "nachholen" zu wollen.
saffiatou hat geschrieben:Das Loslassen von der Hoffnung schmerzt endlos.
Auf der einen Seite schmerzt es, auf der anderen Seite kann es auch befreiend sein. Hoffnung kann nicht nur eine Tür, sondern auch ein Käfig sein …


Eremit
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Beitrag Di., 13.02.2018, 19:21

HelloItsMe hat geschrieben:Ich werde auch nach wie vor das Gefühl nicht los, ein 'Loser' zu sein. Auch wenn ich es bisher weit geschafft habe. Ich habe das so oft, wenn sie betrunken war, gesagt bekommen, ich kriege das nur sehr schwer aus meinem Selbstbild raus.
Das ist das Eltern-Ich (Stichwort Transaktionsanalyse), das vom Erwachsenen-Ich (dem "wahren" Ich) in die Schranken gewiesen und zur Kooperation (Selbstverschmelzung) gezwungen werden muss. Was immer ein Gewaltakt ist, stößt man damit doch letztendlich die Eltern vom Thron …
HelloItsMe hat geschrieben:Für mich persönlich zeichnet sich dieses oben angesprochene Erwachsenwerden dadurch aus, dass man anfängt, für sich selber einzustehen, nachdem es die Eltern für einen nie getan haben. Dass man selber die Verantwortung für sein Leben übernimmt und diesen Riesenschritt der Trennung von Allem, was einen runterzieht, wagt.
Richtig. Das gilt sogar für den Fall, dass man tolle Eltern hatte, auch dann muss man Verantwortung übernehmen und für sich selbst einstehen. Genau genommen kommt man da also ohnehin nicht drum herum.
HelloItsMe hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob ich ihr noch mal schreiben sollte, warum ich den Kontaktabbruch will. Ich habe es ihr in einer Kurzversion beim Kontaktabbruch selber schon mehrfach geschrieben und sie versteht es halt einfach eh nicht. Sie ist dann nur immer beleidigt und sagt, dass ich ein trauriges Leben führen werde, wenn ich weiterhin so nachtragend bin udn solche Sachen...
Es gibt da einen Begriff, der mir immer wieder einfällt, wenn ich lese, was Du über Deine Mutter schreibst: Parasitentum. Dieses "Dranhängen", "mitgetragen werden wollen", das Aufbürden der Verantwortung für einen (In diesem Fall die Mutter), sich in den "Wirt" bzw. "Träger" "hineingraben" durch Einreden von Schuldgefühlen. Und damit die wahre Intention nicht ans Licht kommt wird die Strategie als Akt der Fürsorge getarnt. Sie baut darauf, dass Du "Du wirst ein trauriges Leben haben, wenn …" als "Ich will nicht, dass Du ein trauriges Leben hast" interpretierst …
HelloItsMe hat geschrieben:Mein Freund meinte, ich solle mal alles Geschehehene aufschreiben und dazu schreiben, wie ich mich gefühlt habe und ihr das schicken. Aber ich glaube, dass das nichts bringen wird. Sie wird dann nur sauer und wird eine reichtfertigende Email an meinen Freund oder vielleicht sogar an seine Mutter schreiben.
Um Dich über Dein Umfeld doch noch kleinzukriegen.
HelloItsMe hat geschrieben:Aber bis dato bin ich wirklich eher der Meinung, dass ich mich in dieser Sache für den Kontaktabbruch muss, weil ich jetzt anfangen muss für mich selber einzustehen und mich in meinem Leben in den Mittelpunkt rücken muss bei meinen Entscheidungen, und nicht sie.
Was Du auch dann müsstest, wenn sie eine gute Mutter gewesen wäre. Um es metaphorisch auszudrücken: Nun bist Du der "Kapitän" Deines "Schiffs" und musst dafür sorgen, dass die ganze "Mannschaft" zusammen arbeitet, damit das "Schiff" sein Ziel erreicht und nicht kentert oder irgendwo dagegen läuft. Wer nicht willens und/oder fähig ist, mit "anzupacken", den musst Du auf dem "Festland der Vergangenheit" zurücklassen …

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Philosophia
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Beitrag Di., 13.02.2018, 20:00

Das ist gut, Parasit nannte ich meine Mutter auch...
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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RoboCat
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Beitrag Fr., 16.02.2018, 13:07

Hallo,

ich oute mich mal als stille Mitleserin dieses Themas. Auch ich stehe derzeit wieder vor der Überlegung: Wäre es besser, den Kontakt abzubrechen?

Ich bin materiell versorgt worden, emotional hatte ich nie eine Bindung zu meiner Mutter bzw wenn dann ging diese nur von mir aus, so dass ich mehr ihre Mutter als sie meine war. Einen Vater gab es nicht, dafür diverse Beziehungsversuche meiner Mutter zu neuen Partnern. Da hat sie peinlichst drauf geachtet, dass ich bloß keine Bindung zu denen aufbaue, was aber in einem Fall doch geschah und sich für mich als verheerend heraus stellte (sexueller Missbrauch). Ich war ein extrem leichtes Opfer. Sie hingegen reagierte sehr eifersüchtig, weshalb ich davon ausgehe, dass ihr das nicht verborgen blieb, was sie aber bis heute standhaft behauptet.

Bis heute fühle ich mich bisweilen in eine Schublade gepresst, so als ob sie sich wünscht, dass ich ihre Konkurrentin sein soll. Sie hat eine fast gleichalte Schwester, die sie auch immer nur in dieser Weise gesehen hat. Inzwischen weiß ich, dass meine Mutter massivst gestört ist, was sie natürlich selbst abstreitet. Es ginge ihr gut, eine Therapie oä brauche sie nicht. Mittlerweile gehe ich davon aus, dass sie selbst Missbrauch als Kind erlebt hat, sie bestreitet das.

Für mich wäre es jetzt ein guter Zeitpunkt, den Kontakt komplett einzustellen. Seit fast einem Jahr habe ich sie nicht mehr gesehen, telefoniert haben wir irgendwann im August zum letzten Mal. Manchmal schreibt sie über WhatsApp irgendwelche Belanglosigkeiten und ich ärgere mich jedes Mal, dass ich überhaupt darauf eingehe...
:axt:

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