Marilen hat geschrieben: ↑Sa., 29.07.2017, 11:58
woran liegt das?
Ich denke mal es hat damit zu tun dass "Abhängigkeit" ja kein "Gefühl" wie Trauer ist, sondern sich aus verschiedensten Gefühlen und vor allem "fehlerhaften Überzeugungen" speist. Sie ist eben ein Symptom, wie ja schon geschrieben wurde, aber nichts "natürliches". Trauer hingegen ist was natürliches und bedeutet eben, dass jemand "natürlich" auf einen Verlust reagiert, ihn "betrauert" und damit eben auch "loslässt" und damit die Veränderung akzeptiert.
Das Problem bei der Abhängigkeit ist ja nicht, dass eine emotionale Bindung da ist, sondern dass diese emotionale Bindung eine "extreme Form" annimmt und sich auf eine Person fokussiert. Damit bekommt die Person ja eine derart "zentrale Bedeutung", dass sie ihr nur schwer gerecht werden kann, es sei denn sie würde sich "selbst aufgeben".
Im besten Falle kann ein Therapeut das mit dem Patienten zusammen bearbeiten und "lösen", aber dazu muss dann schon auch gesprochen werden, denn selbst der fähigste Therapeut kann ja nicht in sein Gegenüber "reinsehen" und er kann auch einen Patienten nicht zur "Einsicht" bringen, wenn der das nicht selbst zulässt. Dann hilft denke ich wirklich nur noch ein Abbruch der Therapie.
Ich glaube nicht, dass das Hauptproblem in solchen Fällen die heftigen Gefühle sind, die den Patienten plagen, sondern das, was aufgrund dieser Gefühle getan/angenommen wird.
Wie soll ein verantwortungsvoller Therapeut mit einem Patienten umgehen, der steif und fest behauptet, dass sein Seelenheil einzig vom Therapeuten abhängt und in dessen Händen liegt und von dieser Überzeugung auch nicht abweicht? Wenn also der Bogen hin zur "Nutzung" dieser Übertragungsgefühle nicht gespannt werden kann? Ich glaube das geht einfach nicht bzw. würde gar nichts verändern sondern es würde sich nur ewig im Kreis drehen, so es nicht beendet wird.
Der "emotional Abhängige" neigt meiner Erfahrung nach dazu sein "Suchtmittel" zu kontrollieren. Diese Kontrolle kann vielerlei unterschiedliche Gestalt haben, auch solch eine, die gar nicht so leicht zu erkennen ist und sich vielleicht vollkommen "undramatisch" präsentiert nach außen, zB. indem der Patient versucht es seinem Therapeuten immer recht zu machen, um ihn nicht zu verlieren. Oder aber erst recht zu leiden beginnt, damit er "seine Droge" erhält. Da spielt sich das Drama dann auf einer anderen Ebene ab bzw. wird eventuell erst beim Scheitern der Strategie sichtbar.
Das Hauptproblem sind also nicht die Gefühle, sondern die "Überzeugung", dass nur der "Andere" diese Gefühle beeinflussen kann indem er sich eben so verhält, wie es vermeintlich "gebraucht" wird und deshalb auch mit "allen Mitteln" dazu gebracht werden muss, das "einzusehen" oder aber sich so zu verhalten. Und da wird es dann einfach schwierig und erfordert einen Therapeuten der das erstens erkennt und damit zweitens auch "standfest" umgehen kann und der sehr geduldig ist.
Letztlich muss der "Abhängige" ja lernen, dass er auch ohne den "Suchtstoff" leben kann und dass ihn diese Gefühle nicht umbringen werden. Dh. dass ein "Versagen des Gewünschten" (durch den anderen) nicht dem eigenen Tod gleichkommt und auch nicht den Verlust der Beziehung bedeutet. Diesen Verlust "konstruiert" ja das "Kind", dass noch nicht gelernt hat zwischen "Ich liebe meine Mutter (weil sie was tut, was mich gut fühlen lässt. Also liebt sie auch mich." und "Ich hasse meine Mutter (weil sie was tut, was mich schlecht fühlen lässt.) Also hasst sie auch mich." eine "Brücke" zu bauen. Nämlich die, dass eine "Grenze" (eine Begrenzung, ein Schmerz) nicht bedeutet, dass der andere einen nicht mag oder einem nicht wohlgesonnen ist. Kurz: Nur weil ich ein negatives Gefühl habe muss der andere noch lange nicht die Absicht haben, dieses in mir zu erzeugen. Und auch: Ich habe Kompetenzen mir dieses Bedürfnis, was mir durch den anderen nicht erfüllt wird, anderweitig zu befriedigen, mich selbst "zu versorgen".