Woran erkennt man, ob man tot ist?

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Möbius
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Beitrag Di., 12.12.2017, 08:57

Also, bei mir ist es auch schon fast 5 Jahre her, daß ich zum letzten Mal tot war - aber ich möchte es trotzdem mal versuchen:

Am 12.3.2013 habe ich das erste und folgenschwerste Kindheitstrauma nach 40 Jahren Verdrängung wiedererlebt: den kindesmißbräuchlichen Inzest durch die Mutter. Das ist natürlich seinerseits ein schweres Trauma und ich bin in einer längeren psychotischen Episode gelandet ... aber das ist ein anderes Thema.

Dieser Tag ist als "Tag des Todes" in meinem Tagebuch markiert und einige Tage war dies wirklich mein "beherrschender Gedanke": ich bin tot, ich bin gestorben, ich brauch mich auch garnicht mehr umzubringen, weil ich bin schon tot, usw, usw.

Diese Empfindungen sind wohl typisch für Patienten, die lange Jahre oder Jahrzehnte mit einem schweren Trauma leben mußten, dessen Ursache völlig verdrängt gewesen war - das aber ihr Leben gleichwohl im negativen Sinne beherrscht hat. Man hat mit einem "falschen Selbst", einer falschen Identität gelebt, man ist als Gewaltopfer um diese Lebenszeit von seinen Tätern auch regelrecht betrogen worden ... ich kann diese Gefühlslage hier nur grob andeuten.

Weil nun unser "in-der-Welt-sein" und unser "Er-Leben" im wesentlichen durch dieses "Selbst" vermittelt wird, diese Identität, die ja im Kern die persönliche Geschichte, die eigene Biographie ist, verliert man durch den Wegfall dieses "falschen Selbst" den "Zugang zur Welt" und zum "Er-Leben" - und fühlt sich genau deswegen: gestorben, tot. Beim Inzestopfer kommt noch hinzu, daß es vom Inzesttabu - einem enormen Schuldgefühl - buchstäblich erschlagen wird, wie der König Ödipus in der antiken Tragödie.

Bei mir hat dieser "gefühlte Tod" allerdings nur einige wenige Tage angehalten - aber es ist ohne weiteres vorstellbar, daß man längere Zeit in einem solchen Zustand "hängen bleibt", vor allem, wenn es niemanden gibt, der einen "runterholt".

Solche Derealisationen oder Depersonalisationen können natürlich auch andere Ursachen haben, aber der Verlauf dürfte stets derselbe sein: das Bewußtsein entfernt sich vom "Selbst" - im Freudschen Strukturmodell: das "Ich" rückt extrem weit weg vom "Über-Ich", verliert zeitweise die Verbindung dazu.

Ich glaube auch, daß das Lebensgefühl von Menschen, die etwa als Folge von Unfällen, Schädel-Hirn-Traumata usw. eine vollständige Amnesie erlitten haben, ähnlich ist.

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blade
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 11:16

Und davor Möbius? (Nehme von emotionaler Bezugnahme Abstand. Wirke dadurch auf mich selbst kalt. Aber ich vermute, daß dies die geringsten Probleme verursacht.)

Erinnern Sie sich auch an sich selbst vor diesem Ereignis?
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Möbius
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 11:31

Können Sie die Frage etwas präzisieren ?

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blade
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 11:43

An Ihr Selbstgefühl, wie Sie waren bevor Sie starben. Vor dem Inzest.
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Möbius
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 11:50

Ich weiß immer noch nicht recht, worauf Sie hinauswollen:

a) mein Selbstgefühl vor dem Wiedererleben des Inzesttraumas 2013 oder
b) mein Selbstgefühl vor dem Erleben des Inzestgeschehens an sich, daß sich ca. 1971 zugetragen hatte oder
c) beides ?

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blade
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 11:51

b meinte ich
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Möbius
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 12:14

Es gibt eine Erinnerung - aber die ist nur "athmosphärisch" und wenn ich sie beschreiben soll, vermengt sich das nolens volens mit analytischen Rekonstruktionen und dem aktuellen Selbstgefühl - denn mein "wahres Ich" ist ja das des sexualisierten Kindes, das 40 Jahre lang in jenem "falschen Selbst" eingesperrt gewesen war. Dem Inzest war ja noch so einiges vorangegangen: es gab 2 in der Analyse erinnerte Pädo-Gruppensex-Partys, an denen ich "teilgenommen" hatte und auch die Pädosexuelle "Beziehung" zu einer Kindergärtnerin. Letztere ist heute noch eine lustvolle, positive Erinnerung - die "Partys"wurden teils als lustvoll, teils in panischer Angst erlebt. Es fand da eine jähe Überforderung statt. Schließlich erlebt man sich selbst auch als "erwachsen", wenn man "richtig Sex hat" - das habe ich schon begriffen gehabt damals, "was da lief", wenngleich ich sicherlich einiges nicht richtig verstanden hatte. Es war also alles sehr ambivalent gewesen ...

Ob ich damals ein Gefühl des Todes, des Sterbens hatte, weiß ich nicht - Todesangst und extreme Verzweifelung sind jedenfalls erinnert, vornehmlich aus der Mißhandlungsphase danach.

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blade
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 12:30

Diese Atmosphäre könnte mehr über Ihr wahres Selbst damals aussagen.
Was dann geschah hat diese Atmosphäre vermutlich vergessen lassen.

Die Gefahr könnte sein zu denken: So wie ich damals war, das hat dann zu diesen Geschehnissen geführt.
Wenn man das denkt, dann will man vielleicht gar nicht mehr erinnern?
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Möbius
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 12:44

Sie denken da schon in die richtige Richtung: Erstursache war eine ekelige Kaiserschnittgeburt, die zu einer überstarken Mutterbindung geführt hatte und dann natürlich auch meine ebenfalls überstarke Motivation zum Inzest gewesen war. Meine Mutter hatte dem nicht widerstanden - teils weil sie selbst mit hoher Wahrscheinlichkeit Inzestopfer war, teils der vorangegangenen Allotria wegen, die im "anything-goes"-Klima der "Sexwelle" der alten BRD stattfanden. Auch "Pädo" war damals "total normal" für sehr viele Leute, das "Unrechtsbewußtsein" also nicht nur bei meinen Eltern, sondern auch in ihrem Umfeld sehr stark herabgesetzt.

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blade
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 12:53

Konzepte können der Empirie im Wege stehen.

[Ich denke auch, daß Kaiserschnittentbindungen problematisch sein können.
Aber wissen tue ich es nicht (ich sehe den gegenwärtigen Trend kritisch..meine Überlegung dazu ist wieder esoterisch...bei einer vaginalen Entbindung geht das Kind mit allen seinen Chakren durch das 1. Chakra der Mutter und wird somit als Fetus verabschiedet, was mE die günstigere Ausgangslage darstellt um als eigenständiger Mensch wahrgenommen zu werden)]

Auch die damaligen Rahmenbedingungen kennen Sie erst heute.
Auch heute erst sind Sie in der Lage zu ermessen, was die moralisch/ethische Qualität der Handlungen dieser Erwachsenen waren. Auch die nachfolgende Misshandlungsphase spricht (dunkelschwarze) Bände.

Aber das sind Ihre Konzepte von heute (nicht das die falsch wären)

Aber damals hatten Sie diese nicht.

PS: Ich ahne, daß Sie eventuell um den Lohn Ihrer bemerkenswerten Tapferkeit umfallen/betrogen werden, wenn Sie nachdem Sie bis zum Trauma vorgedrungen, nicht weiter gehen um zu sehen wer Sie waren.
Und das wäre falsch.
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Möbius
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 16:47

Lieber blade,

ich habe sogar die Geburt und den pränatalen Zustand bei ihrer Einleitung erinnert. Es gibt zwar noch einige Lücken, die wir im kommenden Jahr noch schließen wollen - aber sehr viel weiter nach vorne kommen wir wohl nicht mehr, schätze ich. Es gibt übrigens eine sehr gute literarische Beschreibung dieses pränatalen Erlebens: "Pendel und Grube" von E.A. Poe. Dort endet die Geburt auch durch einen Kaiserschnitt.

Von Chakren verstehe ich nix. Das soll keine Geringschätzung sein - gerade die Kulturpsychoanalyse lehrt uns ja, daß solche Modelle sehr gut, ja besser funzen können, als unsere abendländischen wissenschaftlichen Systeme oder "Konzepte", wenn Sie so wollen. Nur weiß ich eben wirklich nichts davon.

Anthropologisch gesehen ist das normale Geburtstrauma - was hier auch somatisch zu verstehen ist - eine freilich sehr rabiate Ganzkörpermassage, die dem Organismus des Kindes eine Art "neuronaler Initialzündung" verpasst. "Die Systeme werden hochgefahren" - was beim Kaiserschnitt unterbleibt.

Das "eigentlich" Schlimme für mich war nicht der Mißbrauch selbst, sondern die Mißhandlung nach dem Mißbrauch, weil diese "Korrektion" des "schlimmen Kindes" auch noch mit wiederholten Vergewaltigungen durch die Mutter einhergegangen ist.

Gruß
Möbius

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Sehr
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Beitrag Sa., 16.12.2017, 16:50

Kaiserschnitt tut viel weniger weh und es reisst nichts auf - deswegen wird das Trend, oder?
Ehrlich gesagt würde ich auch einen Kaiser bevorzugen. Aber wer weiss wies kommt, bei manchen muss ein Kaiserschnitt sein wegen sonstiger Komplikationen.
Aber ich hab gehört, irgendwie seien irgendwelche Bakterien/Schleimhäute die das Kind bei normaler Geburt berühren, wichtig. Aber ich kenn mich eher nicht aus.

Von Chakren weiss ich auch nix.
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blade
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Beitrag So., 17.12.2017, 16:25

ich glaube die Wahrheit ist Holy/Holo(graphisch)
Es lautet nicht: die Stimulationstheorie von Möbius ist richtig ODER die Chakrentheorie meiner Wenigkeit ist richtig ODER die Keimtheorie von Sehr ist richtig

Sie stimmen alle.

Der Wahnsinn ist kaleidoskopisch (trennend)

Was nicht heisst das eine Sectio immer falsch ist. Ist sie nicht.

Ich finde auch den extremen Geburtsschmerz von Mutter und Kind nicht richtig (Mindwhipe)
aber da muss man sich wohl bei Gott beschweren, was ich hiermit tue (geh blade!!! Net scho wida!)
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blade
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Beitrag So., 17.12.2017, 16:31

Interessant (will nicht spamen, aber das ist wirklich interessant)
ich schrieb gott (nur Kleinbuchstaben) jetzt ist das g plötzlich groß
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Sehr
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Beitrag So., 17.12.2017, 16:36

Hmmpf, ich finde es schon richtig, dass es mit Schmerzen verbunden ist. Also wir können uns die gar nicht vorstellen. Aber wenn diese Schmerzen den Menstruationschmerzen/Unterleibschmerzen ähneln, na dann gute Nacht.

Manche haben Glück, niesen - und das Baby flutscht raus. : D
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