Ich frage mich manchmal wie ich wäre wenn ich nicht in einem Land leben würde wo psychische Störungen so hoch gewertet werden, in armen Ländern gibt es doch auch viele Menschen mit tatsächlich schlimmer Vergangenheit, aber die können sich auch nicht ausruhen und über ihre Depressionen sinnieren und sich bequem zurück lehnen?
-- Quelle: viewtopic.php?f=17&t=38488&start=45
Es mag da vielleicht auch manche geben, die es nicht packen, nur gibt es aus armen Ländern ja auch kaum Statistiken dazu.
Andere werden es schaffen, sich zusammenzureißen und weiter zu funktionieren, haben aber evtl. eine geringere Lebenserwartung, weil sie vorzeitig krank werden. Usw.
Abgesehen davon glaube ich schon, dass Symptome schlimmer werden können, wenn man sich damit beschäftigt. Nur denke ich halt, dass man irgendwann an einen Punkt kommt, wo es nicht mehr weitergeht, und dann ist man gezwungen, sich damit zu beschäftigen, spätestens dann. Besser wär's vielleicht früher. Die Hoffnung wäre, dass man nicht bei dem "sich beschäftigen" hängen bleibt, sondern durch das Beschäftigen auch einen Schritt weiter kommt und manches tatsächlich hinter sich lassen kann.
Mich spricht dein Thema ein wenig an, weil es ein paar Ähnlichkeiten gibt.
Ich habe mich schon in meiner Jugend gefragt, ob es in meiner Vergangenheit ein schlimmes Erlebnis gegeben haben könnte, weil ich Symptome hatte, die ich nicht normal fand, und weil ich oft unglücklich bis depressiv war. Aber ich kann mich bis heute an nichts erinnern, auch keine Bildfetzen, gar nichts.
Ich gehe deshalb davon aus, dass nichts schlimmes passiert ist, weil ich sonst ein sehr gutes Gedächtnis habe. Außerdem traue ich niemandem in meinem kindlichen Umfeld zu, dass er mir was getan haben könnte.
Ich habe deshalb die Vermutung aufgestellt, dass auch viel geringere Vorfälle bereits bei bestimmter Veranlagung (Sensibilität) starke Symptome auslösen können.
Hinzu kommt, dass bei mir Asperger diagnostiziert wurde, und ich die Vermutung habe, dass ich als Kind nicht in der Lage war, die Liebe meiner Mutter zu erkennen und anzunehmen. Ich war zu sehr in mir selber drin und fand z.B. Körperkontakt (Umarmungen) eher unangenehm. Ich habe mir überlegt, ob man als Asperger-Autist evtl. genauso liebesbedürftig ist wie jeder andere, aber gleichzeitig eben gerade in der Kindheit diese Liebe gar nicht erkennt und annehmen kann. Sodass immer ein schmerzhafter Mangel da ist, der einem aber erst im Lauf des Lebens bewusst wird. Früher hat es mir nichts ausgemacht, viel allein zu sein. Aber inzwischen finde ich es traurig und hätte gerne Freunde. Liegt aber vielleicht auch daran, dass mir plötzlich klar geworden ist, dass das Alleinsein nicht wirklich von mir gewollt war, sondern von einer "Krankheit" bestimmt, und dass ich gar nicht die Wahl habe, anders zu leben.
Genauso könnte vielleicht eine Sozialphobie und eine besondere Sensibilität bei Ablehnung im Lauf eines Lebens große Auswirkungen haben, ohne dass es das eine große schlimme Ereignis gegeben haben muss.
Ich denke, wenn Probleme da sind, dann sind sie es immer wert, ernst genommen zu werden, und man muss nicht die ganz große Geschichte erfinden, um seine Probleme rechtfertigen zu können.
Aber gerade dann könnte eine Therapie vielleicht doch helfen, jetzt damit besser umzugehen. Obwohl es natürlich umso schwieriger ist, je mehr Zeit vergangen ist. Es ist dann alles schon sehr verfestigt, es gibt Folgeprobleme usw.
Das aufzudröseln dürfte nicht einfach sein. Aber irgendwo muss man ja anfangen.