Thera hat Probleme: Wie bei mir selbst bleiben?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 15:14

Natürlich kann der andere trotzdem selbst entscheiden, was er aus diesen Informationen macht.
isabe hat geschrieben:Wenn man nämlich davon ausgeht, dass der Andere schon selbst wissen wird, ob er reagiert oder nicht, dann musst du selbst auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn du etwas sagst oder fragst.
Das finde ich aber trotzdem eine wichtige Erkenntnis, weil ich glaube, dass es mehr Nähe schafft, wenn man bei sich bleibt und und erst auf Aktionen und Reaktionen von anderen reagiert.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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stern
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 15:34

Gerade wenn es um etwas geht, auf das man üblicherweise antworten würde, kann der Hinweis, dass ein Bestätigung oder Antwort nicht erwartet wird, sinnvoll sein. Oder wenn ein Antwort (für einen selbst wichtig ist), dass man z.B. anfügt, dass eine Antwort erbeten ist (ggf. bis xx.xx.xx). Eine Bitte ist keine Manipulation. Im Gegenteil. Man macht hier ja transparent, worum es geht. Und die Entscheidung obliegt dem anderen, ob er dem nachkommt. Ob etwas manipulativ ist, hängt von der inneren Motivation ab, ob man jemanden im eigenen Sinne beeinflussen möchte, indem man jemanden über die eigene Absicht im unklaren lässt... bzw. die Resonanz ist auch etwas davon abhängig, wie etwas empfunden wird.

Für den Patienten ist die Erkenntnis, ob der Therapeut Heuschnupfen hatte oder übermüdet ist, auch nicht wesentlich. Mir scheint, oft geht es um Entlastung/Freisprechen von Sorgen oder Verantwortung. Wenn das ein Muster ist und es bei der Lösung bleiben soll, dass dann jemand entlasten muss, so finde ich, dass solche Lösungen zu kurz greifen. Und was, wenn es nicht nur ein Schnupfen ist... damit wird das Kopfkino erst recht befeuert, denke ich... z.B. ich muss kommende Woche abklären lassen, ob ich einen Tumor habe. Tut mir leid. Daher bin ich heute etwas unkonzentriert.
Zuletzt geändert von stern am Mi., 14.09.2016, 15:43, insgesamt 2-mal geändert.
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stern
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 15:41

Hehe... wenn solche Mitteilungen dem Zweck dienen, dass sich vielmehr der Therapeut entlastet, z.B. ich bin heute etwas unkonzentriert, weil ich abklären lassen muss, ob ich einen Tumor habe so fände ich das sogar unprofessionell. Oder: Hach, heute hat das Baby wieder die ganze Nacht geschrien. Wirkt hier nicht so! Gibt es aber sicherlich... auch sowas kann manipulativ sein, wenn man Schonung durch solche beiläufigen Anmerkungen bewirken will.

Im übrigen ist der Umgang mit vagen Andeutungen, die noch zu viel Raum lassen, evtl. auch nicht ohne. Dann lieber nichts. Oder eben: War A sagt,... (wie der Volksmund sagt).
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Lena
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 16:08

Also mir hat ein Therapeut mal erklärt, warum er so müde ist (too much information) und dann, dass er so starke Kopfschmerzen hat, dass er sich schwer konzentrieren kann, dass er so erkältet ist, dass er sich im Bett wohler fühlen würde,... und ich fand das immer unheimlich transparent und so wunderbar ehrlich von ihm. Und war so stolz, dass er mir das alles anvertraut hat. Natürlich habe ich als brave Patientin dann auch Rücksicht genommen und ggf. nicht von den eigentlichen Dingen erzählt, die für mich schwer waren, weil ich ihn ja schonen wollte und so dankbar war, dass er trotzdem Zeit für mich hatte. (Dabei hab ich leider immer vergessen, dass er sich von der Krankenkasse - phasenweise auch von mir selbst - trotzdem normal hat bezahlen lassen und da keine Rücksicht genommen hat).

Heute und mit etwas Abstand weiß ich - ich möchte nicht wissen, warum mein Therapeut heute so müde, so traurig oder so unkonzentriert ist. Ich möchte, dass er - wenn er sich nicht auf mich als Patientin konzentrieren kann, warum auch immer - zuhause bleibt und seinen Job ernst genug nimmt, dass er weiß, ob er ihm gerecht werden kann oder nicht.

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Broken Wing
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 16:52

@ Lena: Gut zusammengefasst.

Ich denke außerdem, dass dieses Mitgefühl, mir fällt das Attribut dafür gerade nicht ein, ist.
Es gibt so viele Menschen, die Mitgefühl bräuchten, die wir sogar kennen und denen wir möglicherweise tagtäglich begegnen. Und dann sind es Therapeuten, die relativ gut verdienen, einen ansehnlichen und zukunftssicheren Job haben und vor allem sich um sich selbst kümmern können sollten. Die bezahlen wir außerdem auch noch. Letzteres ist ja richtig, aber im Gegenzug hat der Therapeut auch alles dafür zu tun, dass er gesund, satt und wach dem Patienten in seiner Zeit zur Verfügung steht.

Daher habe ich eher den Verdacht, dass hier unbewusste, manipulative Motivationen am Werk sind.
Ich kenne übergriffige Menschen, die andere auf grausame weise gut behandeln. Völlig ungefragt, ohne Hilfsangebot, das man rechtzeitig ablehnen könnte, und auf eine ziemlich überhebliche Art. Über die Motive kann ich nur spekulieren: Gewissensberuhigung, Punktesammeln für das Jenseits, Erwartung einer Gegenleistung, Überlegenheitsgefühle ausleben, Minderwertigkeitskomplexe kompensieren etc. Wehren ist nur schwer möglich, weil der vermeintliche Wohltäter auf die sozialen Funktionen einer Wohltat zurückgreift.
Ich habe es trotzdem immer wieder getan und tue es auch, manche werden dabei sehr aggressiv. Verständlich, ich habe sie um eine günstige Gelegenheit gebracht, etwas für sich zu tun.

Bei Therapeuten spielen möglicherweise andere, nicht weniger problematische Motive eine Rolle. Aber da könnte man sie zur Arbeit nutzen. Möchte man den Therapeuten besänftigen? Der beste/interessanteste Patient sein?

Ansonsten müsste man wirklich klar zum Ausdruck bringen, kein Interesse daran zu haben, mit einem hungrigen, abgelenkten, oft kranken Therapeuten arbeiten zu wollen. Eine Hypersensibilität mag die Auswahl einschränken. Ich kenne das nicht, bei mir müsste der Therapeut schon halb bewusstlos daliegen, bis ich es mitbekommen würde. Aber ich könnte mir vorstellen, daraus eine Fähigkeit statt ein Problem zu machen. Also dem Helfersyndrom entgegenwirken, sich mit starken Charaktären umgeben und tatsächliche Notlagen erkennen und ändern etc.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Lena
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 17:08

Ich denke, dass das Mitgefühl / die Empathie, die viele Patienten haben und dann auch in der Therapie zum Ausdruck bringen, ja erstmal nichts Schlechtes ist. Und mir ist mein Therapeut als Gegenüber auch nicht egal, weil er ja nicht nur sein Beruf, sondern natürlich auch ein Mensch ist.

Aber er hat sich den Beruf ja ausgesucht. Und so wie von mir in meinem Job erwartet wird, dass ich das mache, wofür ich mein Geld bekomme, darf ich das - sehe ich inzwischen so - von ihm auch verlangen. Natürlich kann er krank sein, aber ich finde, er sollte entscheiden können, ob er dann in der Lage ist den berechtigen Ansprüchen seiner Patienten gerecht zu werden. Wenn ein Therapeut selbst sagt, dass er heute aufgrund Beeinträchtigung xy nicht in der Lage ist sich voll auf seinen Patienten zu konzentrieren, dann bin ich der Meinung, dass er dann nicht arbeiten darf.

Wenn mein Therapeut - und so habe ich das erlebt - entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten total schweigsam ist, zu nichts von dem, was ich sage, antwortet oder reagiert, ich dann irritiert bin, weil ich das so von ihm nicht kenne, dann nachfrage und als Antwort bekomme "tut mir leid, meine Kopfschmerzen lenken mich so ab", dann frage ich mich, warum er nicht zuhause geblieben ist. Die Stunde ist damit für mich verloren. Weil ich mich dann frage, was von dem, was ich heute so erzähle, eigentlich bei ihm ankommt und ob ich nicht nächstes Mal wieder von vorne anfangen muss, weil er eh nicht richtig zugehört hat.
Dass es Schwankungen gibt, ist klar. Und dass auch ein Therapeut mal einen schlechten Tag hat und vielleicht etwas ungeduldiger ist oder nicht ganz so lieb wie sonst oder oder oder - ok, kann passieren. Aber offen zu sagen, dass man aus Grund xy heute nicht so bei der Sache ist - das finde ich nicht ok. Wie wäre denn die Reaktion, wenn ich dann sage, dass ich ihm dann heute aber nur die Hälfte des Honorars überweise?

Ich hätte da bis vor einem Jahr oder so wahrscheinlich auch noch anders reagiert und weiß, dass das Thema für mich wegen meiner schlechten Erfahrungen ein sehr sensibles geworden ist. Und es sicher auch Abstufungen gibt. Aber wenn ich höre oder lese, dass Patienten sich zurücknehmen, weil es ihrem Gegenüber so schlecht heute geht und dafür dann auch noch Verständnis haben, weil sie es als authentisch erleben und als Vertrauensbeweis, dann denke ich, da läuft was schief.

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stern
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 17:30

Ich denke schon, dass man mehr akzeptiert wegen der "emotionalen Beziehung" oder Übertragungsbeziehung bzw. aus einer gewissen Abhängigkeit heraus. Bei anderen Berufsgruppen würde man ja Minderleistung auch nicht unbedingt akzeptieren... z.B. wenn der Maler sagt, ich habe gestern etwas lange gefeiert... und habe mich jetzt leider etwas im Farbton geirrrt bzw. nicht ganz gerade Linien gezeichnet. Oder der Arzt kann ja auch nicht sagen: Sorry, wegen Schlafmangel ist meine Hand heute etwas zittrig... also wenn ich mich verbohre, wissen sie bescheid. Und das würde man evtl. auch von Anfang an nicht gar so auf sich beziehen.

Oder dass man sehr darauf angewiesen ist, dass der Therapeut einen durch Mitteilung eigene Probleme -scheinbar- aus der Sorge und Verantwortung entlässt, so dass man sich dafür auf Minderleistung einlässt bzw. den Therapeuten dann auch etwas schont.

Auch sehe ich die Floskel "ich kann gut für mich sorgen" kritisch, wenn dem Therapeut ins Gesicht geschrieben geht, dass er es nicht konnte. Damit meine ich nicht, dass es keine Probleme geben darf... die hat jeder Mensch. Sondern mindestens, dass man abwägt, ob man eine zufriedenstellende Arbeitsleistung erbringen kann und notfalls Urlaub nimmt. Ich glaube, der Aspekt, dass es sich AUCH um einen Dienstleistung handelt geht wegen Besonderheit der Beziehung manchmal etwas flöten.

Es tut (für den Patienten) auch tatsächlich wenig zu Sache, ob er Stress mit seiner Frau oder seinem Haustier hat, einen Schnupfen hat, das Baby geschrien hat, die Großtante gestorben ist, er einen Stau hatte, dies oder jenes vergessen hat, weil er den Kopf voll hat, usw. Am Ende zählt, was die Therapie brachte... und jede Therapie ist endlich.
Liebe Grüße
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mio
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Beitrag Mi., 14.09.2016, 21:40

Ist halt die Frage, ob es hinkommt. Das gehört erst mal überprüft. Und es kann auch einen "Erkenntnisgewinn" mit sich bringen, so es was "eröffnet". Ist halt die Frage wie damit umgegangen wird.

Meine Thera zB. ist jemand die selbst "angeschlagen" noch super aufmerksam therapiert. Ich hatte nicht einmal das Gefühl, dass sie nicht wirklich bei mir ist in den Stunden. Und sie hat in allen Stunden mehr oder minder gleich aufmerksam zugehört, gleich konzentriert mitgeschrieben etc. Was dann nicht so gut klappt bei ihr in solchen Phasen ist das "organisatorische", dh. sie fragt dann eher noch mal nach, ob wir schon einen Termin gemacht hatten. Oder wie es terminlich jetzt eigentlich aussah etc. pp. Dh. sie überprüft dann viel mehr als "normal", finde ich eigentlich auch gut, dass sie dann so damit umgeht. Mache ich auch, wenn ich merke dass ich nicht voll auf dem Damm bin.

Von mir aus hätte ich damals wohl gar nichts gesagt, aber ich war wohl schon irgendwie verunsichert (war ziemlich am Anfang, da habe ich ja eh nur die Hälfte - wenn überhaupt - so richtig mitbekommen...sie hat damals wohl deutlich mehr mitbekommen als ich) im Kontakt. Ich denke mal, dass man mir das dann irgendwie "anmerkt", wie auch immer.

Was tatsächlich nicht entstehen sollte ist das Gefühl sich "so" nicht mehr "zumuten" zu können und zu dürfen, dass ist dann ganz sicher ein Anlass für ein klärendes Gespräch, so die Therapie weiter erfolgreich verlaufen soll. Es ist aber auch denkbar, dass "unbewusst" zB. ein Vorwand gesucht wird, warum nicht über die "schweren Themen" gesprochen werden kann...alles ist möglich....ich würde mich zB. ganz intensiv fragen, WEN ich eigentlich gerade mit meinem Verhalten WIRKLICH zu schützen versuche.

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