@ stern
stern hat geschrieben:Und wenn jemand ein Lob äußert, das gar nicht so gemeint ist (unauthentisch also), methodisch aber geboten wäre, so besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass man das als Patient merkt und dass das erst recht in die Hose geht
... und dann hat der Klient das Gefühl, der Therapeut lügt. Das Gefühl hätte ich nicht. Ich würde dann sagen "Ihre Methode hilft mir nicht". Aber ich würde nicht sagen: "Sie lügen mich an". Ich denke und weiß, dass ich in einer Arbeitsbeziehung sitze, in der Methoden angewandt werden, damit es mir wieder besser geht, und nicht einem Freund gegenüber sitze.
Ich denke, dass solche Enttäuschungen, wie in diesem Thread geäußert, dadurch entstehen, dass eine falsche Einstellung der Psychotherapie gegenüber besteht. Meine Psychotherapeutin ist nicht meine Freundin. Sie ist meine Ärztin, sie wird von der Krankenkasse bezahlt, ihr Job ist es mich gesund zu machen. Um mich zu heilen muss sie Methoden anwenden. Eine solche Methode kann eben auch sein vorzugeben etwas zu kennen oder Geschichten zu erzählen. Aber sowas verletzt mich nicht persönlich, da ich weiß, dass in mich in einer von der Krankenkasse bezahlten Behandlung sitze und nicht mit meiner Freundin im Cafe.
Manche Klienten gehen mit der Erwartung in Therapie, dass es dort anders ist als in der Realität, dass es dort kuschelig warm ist, sie vollends verstanden werden, uneingeschränkte Aufmerksamkeit bekommen, geliebt werden, ... und wundern sich dann, wenn so manches Therapeutenverhalten künstlich ist und der Therapeut "lügt".
Anderseits wünschen sie sich, dass der Therapeut "authentisch" ist, also er er selbst ist. Doch wenn er ganz er selbst wäre, dann wäre er so, wie die Realität ist. In der Realität gibt das nicht, dass man vollends verstanden wird, es immer kuschelig warm ist, man uneingeschränkte Aufmerksamkeit bekommt, ... Auch ein Psychotherapeut ist privat nicht so. Wäre er total "authentisch, dann würde er sich genauso verhalten wie die anderen Menschen in der Realität.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.