Therapeut ist eingeschlafen

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:01

leberblümchen hat geschrieben: "Man" erwartet einfach, dass er sich im Griff hat und sich so verhält, wie der Patient es zu brauchen scheint. Damit es dem Patienten gut geht im Gespräch. Die Frage ist nur - und nein, eigentlich ist es natürlich überhaupt keine Frage -, ob es das ist, was der Patient braucht: einen sogenannten "respektvollen" Umgang, der vollumfänglich den gängigen Gesprächskonventionen entspricht, die "man" erwarten würde in einer "Dienstleistung".
Mir ist ein Rätsel, wie Du es geschafft hast, mit dieser Haltung jemals unzufrieden mit Deinem früheren oder Deinem jetzigen Therapeuten zu sein

leberblümchen hat geschrieben:Ich weiß, dass es sich nicht jeder vorstellen kann, aber das, was dem Patienten hilft, ist oft nicht das, was ihm guttut. Helfen tut, wenn beide verstehen, wie der Patient Beziehungen gestaltet. Vor dem Verstehen - das ist bei Psychologen nicht anders als bei Fleischfachverkäufern - kommt erst mal das Wahrnehmen. Um etwas wirklich wahrnehmen zu können, müssen mögliche Tabubrüche offengelassen werden, weil sonst jegliche Regung mit einem "das gehört sich nicht" erstickt wird. Dabei geht es nicht darum, dem Therapeuten ein bezahltes Nickerchen zu ermöglichen, sondern darum, bei einem entsprechenden Vorfall nicht mit einem "Pfui, wie unanständig" zu reagieren, sondern das, was passiert, zum Anlass zu nehmen, die Beziehung zu reflektieren.


Ansonsten stelle ich fest, dass Du offenbar nicht gelesen hast, was ich geschrieben habe
Zuletzt geändert von Mia Wallace am Sa., 18.07.2015, 08:04, insgesamt 1-mal geändert.

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leberblümchen
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:03

Und selbst wenn ein Therapeut meine Schilderungen als langweilig empfinden würde: Es ist nicht meine Aufgabe, ihn zu unterhalten.
Es ist aber auch nicht seine Aufgabe, deine Schilderungen nicht langweilig zu finden und entsprechend zu reagieren. Du darfst langweilig sein und er darf das langweilig finden.

Ich bin mir nicht mal sicher, ob es hier zentral wirklich um das Einnicken geht oder viel eher um das Gekränktsein darüber, den Anderen ermüdet zu haben. Weil eben z.B. häufig als Rechtfertigung akzeptiert wird, dass der Th. ein neugeborenes Baby hat o.ä. Da wäre das Einnicken also "erlaubt". Obwohl es dasselbe Verhalten ist mit denselben Konsequenzen für den Patienten: Der Therapeut schläft. Wenn die Erklärung "draußen" liegt, wird sie akzeptiert; wenn sie mit einem selbst zu tun hat, nicht. Ich finde das nicht schlüssig, und die einzige Erklärung ist die, dass es doch eher um das Gekränktsein geht bzw. um die Scham darüber, den Therapeuten eingeschläfert zu haben - und ihm dafür die Schuld geben zu können.

Viele Patienten freuen sich darüber, wenn der Therapeut positive Gefühle zeigt und z.B. mitweint oder sich freut oder berührt ist. Nur langweilen darf er sich nicht. Und wenn, dann darf er es unter keinen Umständen zeigen.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:06

Mir ist ein Rätsel, wie Du es geschafft hast, mit dieser Haltung jemals unzufrieden mit Deinem früheren oder Deinem jetzigen Therapeuten zu sein
Das Rätsel könnte gelöst werden, wenn du verstehst, dass auch der Patient unzufrieden sein darf. Es darf eben so ziemlich alles sein.

Und nein: Ich hatte selten ein Problem damit, wenn es um unkonventionelles Verhalten geht.

Kein Patient soll sich darüber freuen, wenn der Therapeut gelangweilt ist oder einschläft

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viciente
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:07

.. sehr interessante sicht - immerhin!

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:08

leberblümchen hat geschrieben:
Viele Patienten freuen sich darüber, wenn der Therapeut positive Gefühle zeigt und z.B. mitweint oder sich freut oder berührt ist. Nur langweilen darf er sich nicht. Und wenn, dann darf er es unter keinen Umständen zeigen.
gutes Argument


ich bin nur überzeugt: "Zeigen" ist ausagieren und somit eher unrpofessionell. Da für die Stunde teuer Geld gezahlt wird, finde ich ein Ansprechen/Spiegeln einfach professioneller.
Einschlafen kann dennoch passieren, der Therapeut ist ja kein Übermensch.
Aber dann muss es erst recht als Thema auf den Tisch und darf nicht unter selbigen fallen (wie es ja bei der TE offenbar der Fall zu sein scheint)


leberblümchen
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:14

Ich finde das Schlafen auch nicht gut - darum geht's ja nicht. Und klar: Es ist Agieren - aber eben auch: Wie oft agieren Therapeuten? Das kommt vor und ist zunächst mal nicht so ein Mega-Aufreger. Wie du, mia, denke ich, dass es am besten ist, das in der Therapie auszuschlachten - aber eben nicht im Sinne von: "Sie sind ja ein ganz Schlimmer!"

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viciente
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:14

.. schön langsam wird mir auch immer noch klarer, wie man z.b. sogar übergriffigkeit - als therapeutische massnahme bzw. intervention - weg-erklären kann; SO geht das auch, SO geht wirklich ALLES.

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:24

viciente hat geschrieben::gruebel: .. schön langsam wird mir auch immer noch klarer, wie man z.b. sogar übergriffigkeit - als therapeutische massnahme bzw. intervention - weg-erklären kann; SO geht das auch, SO geht wirklich ALLES.

da schmeißt Du jetzt aber sehr wild Dinge in einen Topf.
Strafrechtlich Relevantes ist hier ja gar nicht Thema.
Ich glaube nicht, dass Leberblümchen sexuelle Übergriffigkeiten rechtfertigen will

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viciente
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 08:32

.. nein, natürlich wollte sie das nicht; das mein ich damit auch ned, wobei auch das ginge, wenn man so argumentiert wie blümchen (dann war halt aus therapeutischen gründen die übergriffige erfahrung - was ja nicht nur sexuell besetzt sein muss - für die patientin wichtig - ja, sowas soll es als argumentation geben); nur hier konkret - hat klingel es ja sehr klar als defizit für sich beschrieben und auch, dass andere ihr gleiches berichtet haben. da halt ich es für weit hergeholt zu meinen, es wär jetzt für sie z.b. hilfreich drüber nachzudenken, dass sie offensichtlich z.b. sehr einschläfernd und ähnliches sein muss .. ganz konkret darauf baut meine argumentation in diesem fall auf - das kann ich sehr deutlich sagen ohne rumzureden. ist aber eh wurscht - ich ("ottonormalopi") sehs halt wie von mir (und auch dir) beschrieben, klingel wird sich schon selbst ein bild machen und danach handeln.

.. meine re-aktion wäre jedenfalls, mit reden aufzuhören und das ganze zu thematisieren! im grunde müsste er sich entschuldigen und das nie wieder so laufen lassen - feddich. vielleicht ist ja sogar analyse für manche gar nicht so geeignet, wenn sie nach ewig langer zeit fast nicht mal mehr wissen, wie sie heissen - statt dass was in ihrem sinne erreicht wurde.

.. macht jedoch eh keinen sinn, hier unterschiedliche ansichten immer und ewig lang durch den fleischwolf zu drehen; gibts halt keinen konsens - auch ok.

ps:
viciente hat geschrieben:.. tja, da hat sich der sigismund doch was für sich bequemes um seine störungen herum gebastelt; kein wunder, dass es manchen nach sowas in 10 jahren zumindest ned besser geht. ist im übrigen ja ein lukratives geschäftsmodell, wenn man sich ned dauernd neue kunden suchen muss.
.. im schlaf verdient sich das geld noch mal leichter.

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stern
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 09:06

Mia Wallace hat geschrieben:Es geht dann wohl auch v.a. um die gemeinsame therapeutische Beziehung.
Es kann aber durchaus auch ein Thema, das ein Thema allein des Patienten ist , sich ermüdend auf den Therapeuten auswirken.
Ich habe eine Freundin, die als Psychotherapeutin arbeitet.
Sie meinte mal, dass bestimmte Patienten und Situationen sie sehr müde machen:
Könnte mich glatt zu der Frage verleiten, ob er glaubt, dass es nicht auch sein Thema ist und er sich nicht zutraut, ausreichend professionelle Distanz zu wahren, so dass er sich vom "Energielevel" des Patienten nicht treiben lässt.

Und ja nach Antwort könnte es sein, dass ich dort nicht einmal eine Therapie aufnehmen würde.

Seine Müdigkeit soll ein Therapeut gefälligst mit sich ausmachen. Als einzige Ausnahme würde ich darin sehen, wenn der Therapeut seine Handlungsfähigkeit bereits verloren hat und das die letzte Möglichkeit ist, evtl. noch eine Wende herbeizuführen bevor eine Therapie abgebrochen werden muss, weil er einer gewitterten Belanglosigkeit/Vermeidung/etc. nichts mehr entgegensetzen kann. Sprich: er nicht mehr helfen kann. Also quasi eine Kapaitatulationserklärung als letzten Versuch, die Therapiesituation wieder/noch zu kippen. Ansonsten muss mir die Befindlichkeit des Therapeuten egal sein dürfen.

Nicht dass das falsch verstanden wird: Wenn ein Patient tatsächlich unter Vermeidungsverhalten, so ist das natürlich zu bearbeiten. Aber ich möchte mich nicht auch noch mit der Befindlichkeit des Therapeuten befassen müssen. Ausnahme: Wenn das Ansprechen die einzige Möglichkeit für den Therapeuten ist, aus seinem Dämmerzustand herauszufinden, der ansonsten Arbeit verunmöglichen würde.

Und es kann bereits heikel sein, etwas als Belanglosigkeit zu werten: Vielleicht erkennt der Therapeut nur die Bedeutung noch nicht, die das für den Patient hat. Auch dafür muss ein Therapeut offen sein. Auch Vermeidung darf in einer Therapie sein. Aber ein Therapeut muss in der Lage sein, Einfluss zu nehmen, so dass ein Patient seine Vermeidung (wenn diese tatsächlich vorliegt) allmählich abbauen kann. Ansonsten kann man die Therapie gleich in die Tonne treten, wenn das als unrealistisch angesehen wird.

Zu sagen, etwas ist allein Thema des Patienten, ist eine hervorragende Möglichkeit, etwas allein auf den Patienten abzuwälzen... auch ein Therapeut hat Verantwortung für den Prozess.
Zuletzt geändert von stern am Sa., 18.07.2015, 09:18, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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viciente
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 09:08

.. noch selten hab ich dir innerlich so uneingeschränkt zugestimmt, sternchen!

ps: strichest du noch das "auch" bei der prozessverantwortung, dann wär ich total "zufrieden".

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 10:49

stern hat geschrieben: Könnte mich glatt zu der Frage verleiten, ob er glaubt, dass es nicht auch sein Thema ist und er sich nicht zutraut, ausreichend professionelle Distanz zu wahren, so dass er sich vom "Energielevel" des Patienten nicht treiben lässt. .

ja klar.
Aber die eigenen Themen des Therapeuten gehören in dessen Selbsterfahrung und Supervision.

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 10:53

stern hat geschrieben:
Seine Müdigkeit soll ein Therapeut gefälligst mit sich ausmachen.

da würde ein wertvolles Instrument nicht genutzt: die Gegeübertragung


Waldschratin
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 13:12

Ich finds zwar höchst interessant,was ich hier lese und vieles auch nachdenkenswert,aber dennoch eher ein eigenes Thema wert und keine "Antworten" auf @Klingelbeutels Eingangspost.

Grundsatzdiskussionen und "Weltanschauungen" zu Analyse, alles recht und gut - aber macht @Klingelbeutel überhaupt ne Analyse?
Mir klingt das hier eher nach ner laienhaften Abhandlung über "Sinn und Unsinn des therapeutischen Schlafes in der Analyse".
Was ja an sich nicht schlecht ist.Aber ich kann mir vorstellen,daß es die TE eher NOCH mehr verunsichert,was jetzt "richtig" wäre zu tun.

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stern
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Beitrag Sa., 18.07.2015, 13:46

Natürlich schreiben hier Laien. Hast du etwas anderes gedacht? Das bestätigt man bereits bei Anmeldung, dass das Forum keine professionelle Therapie ersetzt. Deine Ausagen dazu, was Klingelbeutel dazu denkt, erachte ich mal als vollkommen irrelevant, weil nur klingelbeutel dazu Stellung beziehen kann, was er dazu denkt. Mein Sichtweise ist (abgrenzend) analyseunabhängig.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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