Einer Essstörung kann man so dankbar sein wie (manche Formen von) Epilepsie, Depression, Zwangsstörung, Panikattacken, Schwindelanfällen, Kopfschmerzen/Migräne, Bauchkrämpfen, etc.Bergkristall hat geschrieben:Soll ich der Essstörung dankbar sein? Soll ich sie verfluchen? Sie ist beides. Fluch und Segen.
Sie retten einen vor dem, was man für schlimmer hält. Was früher schlimmer war! (Aber heute nicht mehr ist).
Sie dienen als Barometer für den aktuellen Zustand. Sie sagen dir, wenn etwas schlimmer oder besser wird und geben dir Hinweise auf deine Gefühlswelt, wo du in der Stresssituation blind für bist.
Sie sind (wenn man sie richtig nutzen/deuten kann) ein wertvoller Hinweis.
Wenn man so früh gelernt hat, dass man schuften muss um überleben zu dürfen (und "geliebt" zu werden), dann kann man davon ausgehen, dass dieses tiefe Gefühl das ganze Leben lang aktuell bleibt.Bergkristall hat geschrieben:meine Kindheitshölle, in der ich für alles und alle geschuftet habe. Mich gibt es dann nicht mehr. Ich wurde damals so lange geschlagen, bis kein Widerstand mehr in mir drin war ("ich schlag dich tot"), das hat funktioniert.
Man denkt und fühlt, dass man kein Recht hat, auf Entspannung und auf ein "Nein".
Man denkt, man dürfe nur so existieren. Helfen, arbeiten, fleissig sein.
Nein sagen ist schlecht. Ausruhen ist schlecht. Sich selbst Gutes tun ist schlecht. Man selbst ist schlecht und unwürdig.
Wenn man das so beigebracht bekommen hat, dann wird der erste Impuls wahrscheinlich für immer in diese Richtung ausschlagen. Das Basis-Gefühl (Default Modus) wird dann immer sein: "Ich muss... ich muss... ich muss..."
Und da kann dann dein therapieerfahrenes Erwachsenen-Ich über den Kopf eingreifen und sagen: "Halt! Ich weiß, dass ich durch meine Kinderheitserfahrungen immer denke und fühle, dass ich muss. Ich weiß, dass ich mich bis zum Kaputtsein überfordere, weil ich denke, dass ich sonst keine Lebens- und Liebesberechtigung habe - ABER! Ich weiß (zumindest dem Kopf nach), dass das nicht stimmt. Denn so wie jeder andere Mensch auch, habe ich das Recht auf mich selbst. Ich muss gar nichts. Ich habe das Recht bei MIR zu sein und mir Gutes zu tun. Ich darf mir selbst soviel Gutes tun, wie ich Anderen Gutes tue und wenn ich will, sogar noch mehr!
Ich habe die gleichen Rechte wie die Menschen, die ich liebe. Ich habe die gleichen Rechte auf Entspannung, auf Nein-Sagen, auf eigene Entscheidungen, auf Gutes, auf Liebevolles, auf Zeit und Ruhe und auf mich selbst!
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Natürlich kann sie! Und es ist ein gesunder Anteil in dir, der dich vor deiner Kompensations-Strategie Angst haben lässt, weil er spürt, dass es für dich nicht DER Weg zur Gesundung ist. Dieser Anteil in dir spürt, dass es (nicht mehr) DEIN Weg zur Besserung ist.Bergkristall hat geschrieben:Kann eine Angst vor dem Essen haben? Ja, sie kann.
Wenn du lernen könntest, besser zu dir selbst zu sein (im Leben, im Alltag), dann wird Essen nicht mehr diesen allesumfassenden Stellenwert haben.
Wenn mich ein Freund um was bittet und ich keine Kraft habe, aber "ja" sage, dann brauche ich nachher (um dieses "Ja" zu verkraften) eine Schokolade-Tafel.
Wenn ich "nein, es tut mir leid, ich kann nicht" sage, dann ist's gut, wenn ich nachher bloß Suppe mit Kartoffeln esse und vielleicht ein Stück Kuchen.
Wenn ich mit Essen meine Entscheidungen des Tages erträglich machen muss, dann bleibt mir jeden Tag nichts Anderes übrig als zu essen und zu stopfen.
Es ist das Kind in mir, dass fühlt: "es gibt keinen Ausweg und deshalb versuche ich erst gar nicht, mich zu wehren bzw. einen Ausweg zu suchen. Alles was ich tun kann, ist mich zu betäuben. Gebt mir den Kuchen, damit ich den Schmerz mit einem anderen Schmerz, der viel erträglicher ist, wegmachen kann"
In ganz schlimmen Stresssituationen sind wir alle wieder dieses Kind.Bergkristall hat geschrieben:Zwar hat mich die Therapie wiederbelebt, aber in ganz schlimmen Stresssituationen bin ich dann wieder dieses Kind.
Und deshalb wäre es so wichtig, dass der Erwachsene in weiser Voraussicht das Kind schützt, indem er es nicht soweit kommen lässt, dass die Stresssituation ganz schlimm wird.
Fortsetzung folgt...