Interessanter Punkt, vielleicht auch zum Thema 'Abhängigkeit': Ich bin jetzt beim zweiten Therapeuten, und bin niemand, der nach Unabhängigkeit strebt (weil sie mit Schuldgefühlen besetzt ist und Angst macht). Wenn man so will und wenn man es ein bisschen flapsig formuliert, könnte man sagen: Ich hab die Abhängigkeit schon auch genossen, sehe die Therapeuten gerne als Idealbesetzung in der Elternrolle und so fort.Was auch immer da analysiert wird, ist ja auch nur eine Interpretation, ein Ursachenklärungsversuch.
Oder arbeitet ein Therapeut mit Beweisen? Eher nicht....
ABER: Es war immer so (und es wird auch so bleiben!), dass ich widersprechen konnte und durfte, wenn es um Deutungen oder Interpretationen ging. Wobei 'widersprechen' fast schon wieder ein bisschen bockig klinkt; ich meine das aber ganz sachlich. Also, ich hab meinen ersten Therapeuten lieb gehabt wie eine Mutter, hab auch unter unseren Schwierigkeiten heftig gelitten, aber ich blieb immer auch in der Lage, feststellen zu können: "Hier irren Sie; ich glaube, es ist anders" - und wirklich IMMER (aber das fällt mir erst jetzt so richtig auf) wurde das wohwollend-differenzierend zur Kenntnis genommen. Es wurde und wird sehr vorsichtig formuliert, und beide sind sich einig: Ich bin eigentlich die, die etwas annehmen kann oder es verwerfen kann. Und ich hab diese Urteilsfähigkeit bei aller Regression nie aufgegeben. Wir haben über vieles immer mal gestritten, aber nie (nee, stimmt doch nicht ganz - aber das war dann schon kein therapeutisches Gespräch mehr, sondern ein gegenseitiges Sich-Verletzen; das 'zählt' also nicht richtig ) hat man mir eine Interpretation mit der Absicht vor die Füße geknallt, mir zu zeigen, wer der 'Bestimmer' oder der Fachmann ist. Der Fachmann für mich selbst blieb immer ich, und das wurde auch explizit so formuliert.
Ich schreibe das, weil hier im Forum ja immer mal ganz gerne die eifrigsten Analyse-Anhänger als kleine Dummchen dargestellt werden, denen die Urteilsfähigkeit abgeht.
Genau: Es sind Versuche, das Leben zu rekonstruieren - nein, nicht mal das: Ich denke, es sind Versuche, sich dem so weit wie möglich zu nähern. Wenn da etwas andockt, dann merkt man das ja hoffentlich. Eine Deutung, eine Rekonstruktion, die nirgendwo ankommt, ist nicht hilfreich, egal, ob sie stimmig ist oder nicht.