Muss man seinen Eltern alles verzeihen? wo ist Schluss?

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.
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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 14.02.2015, 11:59

ubeda: Oh ja, so richtig PEINLICH kann sich mein Vater auch benehmen. Bevorzugt gegenüber Verkäuferinnen, Bedienpersonal im Restaurant und vor allem, wenn er mit Gott und der Welt zu handeln versucht. Fremdschämpotential galore. Hat aber jetzt auch im Alter nachgelassen. Auch er redet kaum noch. Wirklich erstaunlich wie sich das alles gleicht.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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futurenow71
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Beitrag Sa., 14.02.2015, 13:16

Ich habe höchstens ein, zweimal versucht, ein Gespräch mit meinen Eltern zu führen.
Da beide sehr aggressiv werden können, mein Vater darüber hinaus noch Choleriker ist und ich meine gesamte Kindheit hindurch ständig Todesangst vor meinen Eltern hatte, habe ich früh bemerkt, dass man mit ihnen einfach nicht normal reden kann.

Als ich etwa 17 Jahre alt war, habe ich meine letzte Ohrfeige von meinem Vater bekommen. Da sagte meine Mutter damals zu ihm: "Jetzt solltest du sie nicht mehr schlagen, sie wird ja schon erwachsen, sie hat ja schon ihre Periode."

Mein Vater war damals sehr sadistisch und machte sich einen Spaß daraus, mich bei jeder Gelegenheit zu quälen. Erst wenn ich vor Schmerzen weinte, fühlte er eine gewisse Erleichterung. Irgendwann habe ich das begriffen und dann einfach meinen Schmerz nicht mehr nach außen hin gezeigt. Da hat er dann noch weiter zugeschlagen, weil er nicht verstehen konnte, dass ich nicht weine. Das ging dann soweit, bis Blut aus meiner Nase floss. Meine Mutter stand eine Weile daneben und sagte dann zu ihm: "Lass gut sein."
Er hätte mich wohl ansonsten wie von Sinnen weiter geschlagen ...


stadtwolf
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Beitrag Sa., 14.02.2015, 13:26

Elfchen hat geschrieben:
Dennoch bin ich mir heute sicher, dass ich meinen Gefühlen gegenüber nicht machtlos bin, und gerade die Wut hat mich viel gelehrt. Zb. habe ich erkannt, dass Wut auch viel Energie ist, die mich vorwärts trieb. Aus der Wut, dem Unverständnis heraus habe ich angefangen, mich intensiv zu befassen, konnte ich reflektieren, mich aus der Machtlosigkeit in die Macht bringen, für mich selber zu schauen. Mich überkommt die Wut was meine Eltern angeht immer seltener, aber ich sage mir dann, dass die Gefühle da sind, um mir etwas mitzuteilen. Ganz tief unter der Wut, da liegt die Traurigkeit. Da muss man ganz viel Schutt zur Seite räumen, um an diese zu gelangen. Dort habe ich dann auch Vergebung gefunden, konnte mich selber lernen, in den Arm zu nehmen, mir selber Mutter zu sein, Vater, Freund. Dort habe ich gespürt, dass ich auch einen Wert habe, denn das ist eines der Hauptprobleme der misshandelten, missbrauchten Kinder, den eigenen Wert zu spüren, glaube ich. Dort habe ich mich verabschieden können vom Idealbild, das ich so gerne gehabt hätte.
Hallo Elfchen,

scheint Du bist auf einem ähnlichen Weg. Gefühle, insbesondere den Zorn, als Lehrmeister zu erkennen, das ist schon ein großer Schritt in Richtung Wahrheit.
Wie immer - aus meiner Sicht.
Aus der Energie die die Wut transportiert läßt sich viel machen - in jeder Richtung.
Aber ich habe gelernt daß es in Wahrheit nicht meine Entscheidung ist ob ich mit diesen Bergen an Energie meinen Wohnbezirk auslösche oder in
Afrika halbverhungerte Kinder füttere.
Ich habe absolut keine Macht darüber wie stark der Impuls ist zu lieben oder zu zerstören. Ich kann ja nicht einmal verhindern oder herbeiführen daß ich
etwas spüre und was ich spüre. Vor vielen Jahren hat das Verhindern noch funktioniert. Mittels Alk, Drogen, Arbeit, Sex, Sport, Meditation....etc...
Ein "Mittel" nach dem anderen wurde wirkungslos bis ich vor der Entscheidung stand: Konfrontieren oder Sterben.
Und, liebes Elfchen, eine Entscheidung ist dann gefallen, nämlich leben zu wollen und all dem was da wütet ins Aug zu schauen.
Aber - diese Entscheidung habe nicht ich getroffen. Sie wurde getroffen.
Weil: Wenn ich die Macht hätte Entscheidungen dieser Kategorie zu treffen würde ich definitiv jeden lebenden Menschen an Erleuchtung weit in
den Schatten stellen. Das Akzeptieren dieser Wahrheit, und das habe ich gemeint mit "Aufgewachsen in Mitteleuropa", ist der Berg den es zu überwinden gilt.
Wenn ich wirklich so machtlos bin meinen Gefühlen und den damit verbundenen Entscheidungen - was bleibt dann noch über von mir ?
Eine willenlose Hülle ? Diese Angst trifft den Kern. Gelernt ist eben gelernt. Ich muß alles im Griff haben sonst bin ich nicht wert zu leben.
( Mitteleuropa > nach dem größten Krieg aller Zeiten > im Zentrum des absoluten Wahnsinns ). Ich darf keinen Fehler machen sonst bin ich tot.
( Haben alle die ein Regime erlebt haben verinnerlicht und weitergegeben an die Kinder > Enkel. Was sonst ? )
Die Machtlosigkeit bezieht sich nicht nur auf das was ich spüre sondern auch auf das was passiert. Wer will das schon wahrhaben ?
Und doch ist es sogar auf der logischen Ebene 100%ig beweisbar.
Ein Beispiel: Vor 3 Wochen habe ich ein sensationell gutes Geschäft gemacht. Gewinnspanne: Ca. 23.000%. Unfaßbar.
Ich habe das Geschäft initiiert, habe alle Voraussetzungen geschaffen. Das war mein Anteil daran. Das kann praktisch jeder.
Daß es funktioniert hat lag nicht in meinem Bereich sondern lag an den Menschen und Umständen die unabhängig von mir daran beteiligt waren.
Die Wahrheit ist daß ich einen exzellenten Profit gemacht habe ohne etwas im Griff gehabt zu haben. Es ist passiert.
Ich habe es weder gesteuert noch bewirkt sondern habe es nur versucht.
Diese Wahrheit würde eine einzige Reaktion rechtfertigen: Dankbarkeit.
Wie auch die Auswirkungen eines Zorn-Impulses. Kann ich damit etwas Liebevolles erreichen oder muß ich zerstören ?
Ist ersteres der Fall: Dankbarkeit. Eben weil ich es nicht steuern kann.
Um in der Wahrheit leben zu können bedarf es nach meiner Meinung zwingend Verbündete.
Und die sind in diesen Breitengraden wahrlich echte Raritäten.
Loslassen, Vertrauen, Fallenlassen, Abgeben..........diese Begriffe erzeugen üblicherweise 2 Reaktionen.
Aggression oder Flucht.
Mir fehlt die Alternative. Wenn ich noch flüchten könnte würde ich es tun.

Danke, Elfchen, für Deine Zeilen. Inspiration ist nicht käuflich erwerbbar.

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ubeda
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Beitrag Di., 24.02.2015, 16:42

futurenow71 hat geschrieben:Ich habe höchstens ein, zweimal versucht, ein Gespräch mit meinen Eltern zu führen.
Da beide sehr aggressiv werden können, mein Vater darüber hinaus noch Choleriker ist und ich meine gesamte Kindheit hindurch ständig Todesangst vor meinen Eltern hatte, habe ich früh bemerkt, dass man mit ihnen einfach nicht normal reden kann.
oh mann Futurenow, das ist ja auch alles so schlimm was dir passiert ist....

ja, auch mein Vater ist Choleriker und ein normales Gespräch ist nicht möglich mit ihm. Meine Mutter hingegen will schon reden - aber über andere Dinge, wie z.B. das Wetter oder die Nachbarn. Aber garantiert nicht über DAS PROBLEM.

Alles was unsere Kindheit angeht, wird heruntergespielt - erst gestern habe ich wieder einen Brief von ihr bekommen: Sie hätte sich Kinderfotos von uns angeschaut & man sieht auf jedem Foto dass wir eine GLÜCKLICHE Kindheit gehabt hätten!!!

Sie versteht nicht, was ich ihnen vorwerfe - es müsse wohl an MIR liegen, dass ich mir das alles einbilde, was da so schlimm gewesen sein soll...

könnt grade nur heulen über diese Worte!

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futurenow71
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Beitrag Di., 24.02.2015, 17:02

Ich beschäftige mich seit mehreren Jahren mit dem Thema und habe nun ein Buch darüber geschrieben, welches nächste Woche erscheinen wird.
Es war sehr belastend für mich, weil das alles nochmals durchleben musste. Jetzt aber macht sich eine gewisse Erleichterung breit ...


Auch ich habe stapelweise Fotos mit "glücklichen" Motiven. Wir mussten ja immer freundlich lächeln.


Feenya
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Beitrag Di., 24.02.2015, 17:14

pandas hat geschrieben:
... Aber was meint denn Deine Therapeutin damit?
Ich habe in der Vergangenheit eine Therapie gemacht & die Therapeutin meinte, ich solle ihm doch verzeihen - er sei doch mein Vater....
Warum sollst Du ihn verzeihen, weil er Dein Vater ist?
Es gibt genügend Väter, die sich nicht so verhalten.

Vielleicht war es so gemeint?
http://www.kirchenzeitung.at/newsdetail ... zum-licht/

Ich persönlich würde mich vom Vater fernhalten. Auch über den Willen der Mutter hinweg. Wenn die Mutter sich mit mir nicht ohne Vater treffen möchte, oder sie mich ständig zulabbert gute Miene zum bösen Spiel zu machen, dann sieht sie mich halt auch nicht.
Aber ich würde dem Vater - für mich -verzeihen, damit ich keine Rechnung mehr offen habe, wenn der Vater stirbt.

So habe ich es übrigens mit meiner Mutter gemacht. Und als sie starb, da hat sie noch einmal ihren Willen bekommen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Und ich hatte kein Problem damit, dass ich meine Mutter in ihren letzten Lebensjahren, so gut wie gar nicht mehr besucht habe.
Ich hatte vorher meinen Frieden mit ihr, und auch nach ihrem Tod.
Zuletzt geändert von Feenya am Di., 24.02.2015, 17:32, insgesamt 1-mal geändert.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*


stadtwolf
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Beitrag Di., 24.02.2015, 17:31

futurenow71 hat geschrieben:Ich beschäftige mich seit mehreren Jahren mit dem Thema und habe nun ein Buch darüber geschrieben, welches nächste Woche erscheinen wird.
Es war sehr belastend für mich, weil das alles nochmals durchleben musste. Jetzt aber macht sich eine gewisse Erleichterung breit ...


Auch ich habe stapelweise Fotos mit "glücklichen" Motiven. Wir mussten ja immer freundlich lächeln.
Ja, es nochmals durchleben.....das ist nach meiner Erfahrung der Schlüssel.
Aber es war so grauenerregend daß ich es jahrzehntelang vermeiden mußte und stattdessen alles versucht habe um es nur ja nicht
aufkommen zu lassen. Ohne Hilfe hätte ich den Weg nicht gehen können.
Mir gefällt der Weg ein Buch zu schreiben sehr gut. Da gratuliere ich von Herzen.
Auch wenn das nicht mein Weg ist freue ich mich immer sehr über Menschen die eine Möglichkeit gefunden haben.
Das ist ermutigend und genau das finde ich wichtig.
Es hat viele Male so aussichtslos ausgeschaut.....und doch hat sich der Nebel des Schweigens verzogen und die Wahrheit hat Raum bekommen.
Und - es ist - wider Erwarten - nichts Schlimmes passiert.
Ganz im Gegenteil !
Danke für Deinen Beitrag, futurenow71 !

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ubeda
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Beitrag Di., 24.02.2015, 17:36

Feenya hat geschrieben:

Ich persönlich würde mich vom Vater fernhalten. Auch über den Willen der Mutter hinweg. Wenn die Mutter sich mit mir nicht ohne Vater treffen möchte, oder sie mich ständig zulabbert gute Miene zum bösen Spiel zu machen, dann sieht sie mich halt auch nicht.
Aber ich würde dem Vater - für mich -verzeihen, damit ich keine Rechnung mehr offen habe, wenn der Vater stirbt.
Feenya, ich KANN diesem Mann nicht verzeihen. Das geht einfach nicht....
Welche Rechnung sollte denn noch offen sein wenn er stirbt? Wie meinst du das genau?

ER sollte wissen, dass er noch eine Rechnung offen hat mit seinen Kindern....finde ich.


@futurenow - ich finde es auch total mutig, die Geschichte nochmal aufzuschreiben - hatte diesen Plan auch, habe es aber nicht geschafft, das NOCHMAL alles durchzukauen... mir GRAUT davor...


Feenya
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Beitrag Di., 24.02.2015, 18:52

ubeda hat geschrieben:
Feenya, ich KANN diesem Mann nicht verzeihen. Das geht einfach nicht....
Welche Rechnung sollte denn noch offen sein wenn er stirbt? Wie meinst du das genau?

ER sollte wissen, dass er noch eine Rechnung offen hat mit seinen Kindern....finde ich.

..
Ja, eigentlich sollte dein Vater seine offene Rechnung klären. Wird er aber nicht, weil er da keine Einsicht hat.

Ich meine "meine" offene Rechnung so, dass ich meine Mutter "freigelassen" ( das ist für mich das Verzeihen ) habe und mich somit auch kein schlechtes Gewissen plagen musste, weil ich den Kontakt abgebrochen habe.
Offene Rechnung = schlechtes Gewissen
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*

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futurenow71
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Beitrag Di., 24.02.2015, 19:04

Es kommt natürlich darauf an, was man erlebt hat und wie schlimm es war. Wenn man schwer traumatisiert ist, ist so eine Reaktivierung der Erinnerungen nicht unproblematisch und sollte wohl nur mit Hilfe eines Therapeuten, der einen dabei begleitet, durchgeführt werden.

Ich hatte eine Selbsthilfegruppe geleitet, in der ich feststellte, dass ich offenbar jene war, die am schlimmsten betroffen war.
Trotzdem konnte ich mit den Belastungen erstaunlich gut umgehen.
Ich glaube, es geht auch darum, wie man die Sache verarbeitet. Ich habe schon als Kind versucht, schlimme Grausamkeiten möglichst sachlich zu sehen. Das war meine Art, sie von mir fern zu halten, damit es nicht zu sehr weh tut.
Das gelingt natürlich nicht jedem.

Ursprünglich hatte ich geplant, das Buch als Roman (mit einer fiktiven Hauptperson und z. T. veränderten Handlungsabläufen) zu verfassen oder als Autobiographie (mit den realen Ereignissen).
Ich habe mich letztlich aber dafür entschieden, es als Sachbuch zu schreiben. Das ist neutraler und spricht wohl mehr Menschen an. Es ist ja auch keine Belletristik, keine Horror-Geschichte, die zur Unterhaltung dienen soll.
Es sollte einen Mehrwert haben für die Leser und ich habe dazu auch viel Fachliteratur gelesen, damit ich diesem Ziel, das ich mir selbst gesetzt hatte, erreichen konnte.

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Thread-EröffnerIn
ubeda
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 08:57

Feenya hat geschrieben:
Ich meine "meine" offene Rechnung so, dass ich meine Mutter "freigelassen" ( das ist für mich das Verzeihen ) habe und mich somit auch kein schlechtes Gewissen plagen musste, weil ich den Kontakt abgebrochen habe.
Offene Rechnung = schlechtes Gewissen
Hallo & danke für die Erklärung - jetzt wird mir klar, warum ich es nicht verstanden habe
Ich habe NULL schlechtes Gewissen meinem Vater gegenüber. wieso sollte ich auch? ER müsste ein schlechtes Gewissen haben! Er hat uns so viel Schlimmes angetan.
Ich habe auch nicht den Eindruck, dass es ihn besonders stört, dass ich den Kontakt abgebrochen habe. Wahrscheinlich ist er froh mich los zu sein, keine Ahnung....

Das schlechte Gewissen macht mir eher meine Mutter - sie schickt ständig Emails und "verlangt" wieder Kontaktaufnhame zu IHR (nicht zu meinem Vater).
Und um mich zu "überzeugen" argumentiert sie dann eben mit solchen (für mich verletzenden) Dingen, wie "auf den Kinder-Fotos kann man ganz genau sehen, dass ihr eine glückliche Kindheit hattet!". oder: " du bist eben zu sensibel - so schlimm wars doch nicht!" etc...

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ubeda
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 09:04

futurenow71 hat geschrieben:

Ich hatte eine Selbsthilfegruppe geleitet, in der ich feststellte, dass ich offenbar jene war, die am schlimmsten betroffen war.
Trotzdem konnte ich mit den Belastungen erstaunlich gut umgehen.

Ich glaube, es geht auch darum, wie man die Sache verarbeitet. Ich habe schon als Kind versucht, schlimme Grausamkeiten möglichst sachlich zu sehen. Das war meine Art, sie von mir fern zu halten, damit es nicht zu sehr weh tut.
Das gelingt natürlich nicht jedem.
Ich glaube als Kind lernt fast jeder gut diese Dinge zu VERDRÄNGEN. Man mUSS ja, sonst kann man ja in so einer Familie garnicht überleben!
Die Schwierigkeiten kommen erst dann, wenn man eben nicht mehr kann /nicht mehr bereit ist, das weiterhin zu verdrängen... weil die anderen in der Familie (auch mein BRuder!) wollen oft gerne dabei bleiben, wie es bisher war... weggucken, weitermachen.

futurenow, ich hab noch ne Frage zu der SHG, da ich selbst seit einiger Zeit auf der Suche nach einer bin und feststelle, dass es fast nur SHGs gibt die sich mit sexuellem Missbrauch beschäftigen, aber MEIN THEMA (verbaler Missbrauch + Schläge) das findet sich kaum irgendwo... was war denn das für eine Gruppe? (kannst mir auch per PN schreiben, falls die Frage zu persönlich sein sollte fürs Forum)

Danke schonmal!


Feenya
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 09:23

Und um mich zu "überzeugen" argumentiert sie dann eben mit solchen (für mich verletzenden) Dingen, wie "auf den Kinder-Fotos kann man ganz genau sehen, dass ihr eine glückliche Kindheit hattet!". oder: " du bist eben zu sensibel - so schlimm wars doch nicht!" etc...
Ja, das ist ganz typisch. Hätte deine Mutter jemals erkannt, dass ihr Mann sich falsch verhält, dann hätte sie euch schon als Kinder schützen können. Indem sie es noch immer nicht wahrhaben kann, sucht sie nach Beweisen, dass es nicht so war/ist und schiebt den schwarzen Peter ans "schwächste" Glied - das "Kind" - weiter.

Du bist jetzt kein Kind mehr, und darfst deine Stärke und Unabhängigkeit zeigen.
Ich, an deiner Stelle, würde überlegen, wie ich den Sprüchen der Mutter entgegnen könnte. Z.B. das mit "dem Sensibelchen". - "Ich war/bin nicht sensibel. So geht man einfach nicht mit Menschen um! Und mit einem ( von den Eltern abhängigen ) Kind schon gar nicht!"
Sind so kleine Ohren
scharf, und ihr erlaubt.
Darf man nie zerbrüllen
werden davon taub.

http://www.deanita.de/kinder/kinder_gedicht02.htm
Wenn dich deine Mutter weiterhin treffen möchte, dann soll sie deine Verletzungen anerkennen.
Werde stark, und bleibe stark!
Suche den Fehler nicht bei dir, sondern gib der Mutter den schwarzen Peter zurück, wenn sie ihn dir wieder unterjubeln möchte.

Es wird sich zeigen, ob deine Mutter dann noch mit ihrer starken Tochter klar kommt. Wenn der Kontakt dann nicht mehr möglich ist, dann ist es ihre Entscheidung. Also widerum kein Grund für ein schlechtes Gewissen.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

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futurenow71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 11:03

Das war eine Kriegsenkel-Gruppe, die bis 2012 bestand.
Das war quasi ein "Sammelbecken" für alle möglichen Formen von gequälten und gedemütigten Kindern, die heute erwachsen sind und nach Antworten suchen ...

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futurenow71
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Beitrag Mi., 25.02.2015, 11:05

Die Umkehr des schlechten Gewissens ist auch so eine Form von Manipulation und von Verdrehung der Wahrheit. Das Kind ist immer ein unangenehmer Zuschauer, deshalb muss zunächst die eigene Sichtweise und dann die Wahrnehmung des Kindes verändert werden. Dann stimmt es wieder mit der "heilen Familie" ...

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