Solage hat geschrieben:
Das ist die Theorie. In der Praxis sieht es leider ganz anders aus.
In Beratungsstellen wird in Therapie missbrauchten Patientinnen sogar geraten, nicht rechtlich gegen den Therapeuten vorzugehen, weil die von den Anwälten des Theras zerpflückt werden. Da muss man schon sehr stark sein, um das auszuhalten....
Ein mir bekannter Fall (ohne zu wissen, was da wirklich geschah). Patientin mit einer Borderline-Störung (weiss nicht, ob die Diagnose schon unabhängig des angeklagten Therapeuten gestellt wurde) geht zur Polizei und klagt ihn wegen sexueller Nötigung an. Darauf kriegt dieser Psychiater (in dem Fall) ein Verbot mit weiblichen Patientinnen zusammenhzuarbeiten bis der Prozess abgeschlossen ist. Dabei wurde der Psychiater kein einziges Mal zu seiner Perspektive auf die Angelegenheit befragt!
@Mia Wallace:
Grundsätzlich kann jedes Verhalten problematisch sein. Es kommt eben immer darauf an, was für ein Bedürfnis im Gegenüber gerade lebendig ist. Wenn jemand einfach in Ruhe gelassen will, ist Kontakt an sich schon problematisch.
Mir geht es hier, wie auch in der Therapie, vor allem darum, eine Haltung zu vermitteln, die den Menschen eine möglichst grosse Selbstwirksamkeit vermittelt. Ich merke, dass man hier sehr hohe Erwartungen an die Therapeuten hat. Das ist aber ein politisches Thema und es ist sicher gut, dass man sich z.B. über Patientenorganisationen für eine möglichst gute Qualitätssicherung einsetzt. Wenn es aber um konkrete Begegnungen mit Psychotherapeuten geht, dann fährt man einfach besser, wenn man lernt, seine Erwartungen erstmals loszulassen und anstatt dessen mal genau zu beobachten, was man denn kriegt. Genauso wie in anderen Beziehungen können zu hohe Erwartungen eben genau auslösen, dass das Gegenüber in seinem Bedürfnis nach Akzeptanz verletzt wird und aufgrund dessen auch viel grössere Schwierigkeiten hat optimal als Therapeut arbeiten zu können. Man kann sich eben auch als Patient fragen: Was braucht mein Therapeut, dass er mich optimal behandeln kann.
Ich persönlich denke, dass ich am besten arbeite, wenn ich authentisch bin. Und zu meinem authentischen Verhalten gehört es einfach nicht dazu, wenn ich dauernd Türen aufhalte und allen in die Jacke helfe und alles was sich bewegt mit Komplimenten überhäufe. Das ist einfach nicht meine Art wohl auch zum Leidwesen mancher Frauen, die sich das gerne wünschen würden. Aber es gibt halt auch andere Charakteren, zu deren Authentizität solches Verhalten gehört. Und das halte ich im Rahmen des therapeutischen eben viel unproblematischer als viele andere Charaktereigenschaften wie z.B. narzisstische Züge, emotionale Kälte, Gefühlstaubheit, fehlende soziale Kompetenzen etc..
Grundsätzlich lohnt es sich schon, bei anfänglich sehr Nettem Verhalten misstrauisch zu werden. Das sogenannte Love Bombing wird z.B. ja auch gezielt in Sekten angewandt, um Menschen an sich zu binden. Aber es wäre aus meiner Sicht absurd, sich solche Verhaltenweisen grundsätzlich schon als übergriffig zu bezeichnen.