Filmriss nach Therapiestunde

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offtheground
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Beitrag So., 09.11.2014, 17:16

Das würde ich so nicht sagen. Wir haben schon sehr gute Gespräche und viele Themen angesprochen. Und während der Stunde ist sie für mich auch hauptsächlich positiv besetzt...da sind mir meine negativen Übertragungen gar nicht bewusst oder spürbar.
Das Drama fängt für mich normal mit Ende der Stunde an! Und anscheinend bin ich blockiert ihr klar und deutlich zu sagen was zwischen den Stunden in mir herumtobt.
Außer eben letzte Stunde, die ja wie gesagt, sowieso völlig anders verlief und thematisch in eine völlig andere Richtung ging.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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leberblümchen
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Beitrag So., 09.11.2014, 17:19

O.K., ich will dich nicht verrückt machen: Wenn du dich grundsätzlich gut fühlst IN den Stunden, dann ist das ja schon mal sehr viel wert!


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offtheground
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Beitrag So., 09.11.2014, 17:22

Es tut mir gut, wenn ich bei ihr in der Stunde bin und sie irgendwie da ist, ja. Ihre Anwesenheit tut mir auf jeden Fall auf irgendwie sehr gut!
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Wandelröschen
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Beitrag Mo., 10.11.2014, 02:51

Hallo Offtheground,
leberblümchen hat geschrieben: nur sollte sie (anm: die Angst) dich nicht lähmen: Der Patient sollte in den Stunden (und natürlich auch danach...) immer auch handlungsfähig bleiben; mir kommt es beim Lesen so vor, als seiest du da nur als Schatten unterwegs, und dann wundert mich das Dissoziieren nicht - wenn du dich selbst so gar nicht spüren kannst in den Stunden, weil du als du selbst ja gar nicht sichtbar werden darfst. Ich kenne solche Zustände auch. Es kann besser werden, wenn du die Beziehung besser 'greifen' kannst. Dazu müsstest du dich aber trauen, die Arme auszustrecken. Was schwierig ist, wenn die Einweisung droht...
leberblümchen hat geschrieben: Ich fände es schade, wenn deine Angst dich so zusammenschnürt, dass du dich nicht einlassen kannst. Das Zusammengeschnürtsein kann man ja richtig beim Lesen spüren.
Dieses von Leberblümchen hatte ich auch gespürt.
offtheground hat geschrieben:Also ich war anfangs ziemlich suizidal. Ich kann schon nachvollziehen, dass sie auf die Frage, ob ich mich melden kann wenn es mir sehr schlecht geht und ob sie mich dann einweist einfach nur nen klares JA drauf gab.
Damit setzt natürlich deine Thera eine ganz klare Grenze, schon aus Selbstschutz, macht dann natürlich auch deine Angst verständlicher, sie in Krisenzeiten anzurufen.
offtheground hat geschrieben: Sie sagte anfangs mal, dass sie mich einweist, wenn ich sie anrufe. Also ruf ich natürlich nicht an,
Diese Bedingung „wenn ich sie anrufe“ kam aber doch bestimmt in dem Zusammenhang, dass du dann am Telefon damit drohst, dich umzubringen. Es gibt durchaus Patienten, die durch Suizitankündigungen die Theras manipulieren, kennt deine Thera bestimmt, und setzt daher von Anfang an Grenzen. Und dieses „Einweisen“ ist dann für dich der „Rauswurf“.
Das erklärt natürlich deine riesige Angst vor dem Anrufen (und natürlich auch die Angst in der Stunde -> Zugeschnürt sein)
Andere Krisen, in denen ein Anruf hilfreich wären, sind aber von dem Telefonverbot bestimmt nicht betroffen.
leberblümchen hat geschrieben:Hm, fast so, als befindest du dich in einem Dilemma: Wenn du 'brav' und angepasst bist, verleugnest du dich; wenn du offen bist, droht der Rauswurf.
offtheground hat geschrieben:Ehrlich gesagt - und danke dafür - vermute ich nach deinem "Wenn du 'brav' und angepasst bist, verleugnest du dich; wenn du offen bist, droht der Rauswurf", dass meine Ängste bzgl des Abbruchs hauptsächlich auf negative Übertragung meinerseits zurückzuführen sind. Denn darin erkenne ich mich auch in anderen Beziehungen wider.
Das Dilemma ist nicht Verleugnen versus Rauswurf, also das Motte „es ist egal was ich mache, ich hab eh die Arschkarte gezogen“, also dieses schwarz-weiß. Das Dilemma ist, dass derjenige, der darin zu stecken scheint, nicht erkennen kann, dass es auch andere Möglichkeiten gibt als schwarz-weiß.

Mein Thera hatte in den alten Praxisräumen so ein schönes Bild dazu an der Wand: Da läuft ein Mensch auf den Schienen vor einem Zug her. Vor ihm ist eine rettende Weiche. Er steckt jetzt ganz offensichtlich in einem Dilemma. Entweder er ist schnell genug, die rettende Weiche zu erreichen, so dass der Zug an ihm vorbeifahren kann, oder er ist zu langsam (der Zug also schneller) und er wird vom Zug überrollt.
Die dritte Möglichkeit, die es gibt, sieht der Mensch nicht, weil er – und das passt jetzt auch richtig schön wörtlich – auf eingefahrenen Schienen läuft: der Mensch könnte ja auch jeder Zeit links oder rechts von den Schienen springen.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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offtheground
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Beitrag Mo., 10.11.2014, 07:33

Guten Morgen Wandelröschen,

ich seh das alles ehrlich gesagt ein wenig anders und habe das Gefühl hier werden inzwischen zwei völlig underschiedliche Dinge miteinander vermischt, die ich bewusst in getrennten Absätzen beim Eingangsthread schrieb. Ich empfinde mich nicht als Schatten meiner selbst, nur, weil anscheinend ein Kommunkationsproblem zwischen meiner Therapeutin und mir statt findet. Wir haben über viele Themen intensive - und um sie zu zitieren "authentische" Gespräche geführt.
Für mich ist es nur sehr schwierig anscheinend meine Bedürfnisse zu verdeutlichen oder bei ihr kommen Problematiken falsch oder nicht deutlich genug an. Deshalb sehe ich es als Kommunkationsproblem.

Das hat nur indirekt mit dem Filmriss am Mittwoch zu tun, in dem ich mich vielmehr Frage, warum sie anscheinend während der Stunde nicht erkannt hat, dass da bei mir was sehr schief zu laufen scheint, so wie sie anscheinend auch nicht erkannt hat, dass ich übertrage (was meinem engsten Umfeld sofort auffiel). Ich erkläre es mit meiner starken Kontrolle? Meine Ängste beziehen sich sowieso hauptsächlich auf die Zeit zwischen den Therapiestunden, allein schon, weil sie nicht greifbar für mich ist. Sie ist weg, wie tot. Und ich suche sie und suche sie -> Angst, Verlassenheitsgefühlel...

Mein Filmriss hat - und das ist mir sehr bewusst - mit den Themen am Mittwoch zu tun. Für mich war es deshalb wichtig zu verstehen was da überhaupt mit mir passiert ist. Da fiel dann ja der Begriff Dissoziation und das passt wohl.

Und dann: warum ich mich so abgetrennt von meiner Therapeutin fühle, was ich mir nach all dem Geschriebenen wohl dadurch erkläre, dass sie einfach nicht greifbar für mich ist, schon gar nicht in solchen Notlage und das war es für mich. Vielleicht bin ich da auch zu unsicher und will wieder niemanden belästigen, anstatt sie einfach anzurufen und du einfach recht hast, dass es sich explizit auf suizidale Situationen bezog.

LG
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peppermint patty
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Beitrag Mo., 10.11.2014, 08:01

Moin offthrground,

ich sehe es auch so, dass sich hier zwei Themen vermischen.

Das eine ist die fehlende Objektkonstanz, die aber nicht mit dem mangelnden Dasein deiner Therapeutin erklärt werden kann, sondern durch das mangelnde fürsorglichen Verhalten deiner Bezugspersonen in deiner Kindheit. In der Kindheit lernen wir normalerweise bei einer sicheren Bindung innere Objektrepräsentanzen zu bilden und die Bindungen zu verinnerlichen.
Wenn dies nicht möglich war entstehen Verlassenheitsängste und Gefühle von jemanden "nicht greifen" zu können.
Im Erwachsenenalter ist das gleichwohl schwieriger Objektkonstanz zu entwickeln. Insofern wäre es schön, wenn dich deine Thera da nicht so "hungern" ließe. Wobei ich aber verstehe wenn es sich um suizidale Tendenzen deinerseits handelt. Da muss sie mit Klinikeinweisung reagieren. Ansonsten dürfte sie meines Erachtens nach ruhig ein bisschen mütterlicher sein - Terminzettel ist wohl als Übergangsobjekt etwas dürftig.

Der zweite Punkt, deine Dissoziationen ist noch mal ein ganz anders Gebiet und hat sicherlich mit erlebten Traumata zu tun. Du fragst weshalb sie es nicht erkannt hat? Nun möglicherweise kennt sie es nicht. Nur weil jemand Therapeutin ist, heisst das noch lange nicht, dass diese Person jemanden erkennt, die dissoziiert ist. Nein, man funktioniert ja trotzdem noch irgendwie und da braucht es schon ein geschultes Auge für. Immerhin bin ich während meiner Filmrisse ganz normal zur Arbeit gegangen, nur erinnern konnte ich mich später nicht daran. Das finde ich heute noch gruselig.
Ich war mal vor einiger Zeit in der Traumaambulanz - und die dort tätige Therapeutin hat es sofort gesehen, dass ich dissoziiert war und hat es auch sofort angesprochen. Da war ich platt, weil ich so etwas bei keiner anderen zuvor erlebt habe.
Für diesen Bereich benötigst du also wirklich jemanden der sich mit Trauma, Dissos etc. auskennt. Natürlich gibt es auch Therapeuten, die Kenntnisse in beiden Gebieten haben.

Nun hast du einiges Material für die nächste Stunde.

LG


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offtheground
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Beitrag Mo., 10.11.2014, 10:52

Moin PP,

ja genau so meine ich das. Nur, dass durch das Auftreten des Filmrisses und die damit verbundenen Ängsten das Problem mit der fehlenden Objektkonstanz noch größer wurde als es sowieso schon ist, weil ich mich komplett abgetrennt von ihr fühle. Vorher hatte ich - zumindest seit den Zetteln - wenigstens das Gefühl als schmeiße sie mir ne Schnur hin und ich versuch die ganze Woche über die blöde Schnur zu fangen. Jetzt ist wieder nicht mal mehr die Schnur da. Irgendwie werd ich das wohl alles ansprechen müssen.
Ich habe schon mal bei ihr etwas dissoziiert und sie hat es nicht gemerkt, da ging es in die Richtung der Themen, die letzte Woche angekratzt wurden. Ich glaube ich hab damals dissoziiert, denn ich hab meinen Körper nicht mehr gefühlt richtig, ich musste ihr antworten und konnte kaum sprechen und es klang für mich nach Zeitlupe, als hätte ich keine Gewalt über meine Muskeln, allles fühlte sich einfach schlaff an. Ich glaube damals hat sie das auch nicht gemerkt. Nur ob es ein Trauma ist, ich weiß es nicht, was alles unter Trauma fällt. Vll bin ich auch nur überempfindlich..

Danke dir!

LG
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Igelkind
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Beitrag Mo., 10.11.2014, 22:16

Hallo offtheground,

Hab das so durch gelesen, und einiges kommt mir sehr bekannt vor.
Hier vielleicht für dich etwas als Anregung, aus meiner eigenen Erfahrung. Du kannst ja bei dir überprüfen, ob das bei dir (auch) zutreffen könnte.

Wenn bei mir in der Therapie Dinge zu konkret angesprochen werden, (oder mich sonst etwas triggert) so wie du das etwa geschildert hast, kommt es nebst dem Dissoziieren für mich dazu, dass ich danach eine heftige Abwehr gegen den Therapeuten erlebe, der mir dieses Material ja unter die Nase hält.
Bisher geschah das in mir unbewusst (bind grad am bearbeiten), und dieses "der Therapeut ist böse, tut mir wieder weh, geh dort nicht mehr hin" löst in mir eine Gegenreaktion aus, die man meines Wissens nach allgemein den Bindungsschrei nennt.
Ich suche deshalb verstärkt nach Beziehung / Halt beim Therapeuten, äusserlich ev. durch Kontaktaufnahme, aber auch innerlich.
Und diese Therapeuten - Bild - Suche und der Beziehungswunsch verstärken wiederum jedoch das Verbot in mir, mich überhaupt an irgendjemanden zu wenden.
Ich fühle mich dann wie eingesperrt und darf dann auch nicht reden, alles verboten, Achtung Gefahr.

Ich denke, das ist eine ganz natürliche und nicht so falsche Reaktion, es will mich davon abhalten, wieder ins Messer zu laufen.
Nur stimmt das hier und jetzt ja nicht, das muss ich mir immer wieder sagen ("hallo, wir reeeeden nur darüber!"), und ich kann den Teufelskreis insofern besänftigen, dass ich mich nicht mehr selbst verletzen muss oder Suizidgedanken haben muss vor Verzweiflung, weil ich mich selbst von dem "geliebten" "bösen" Therapeuten abschneide.

Aber es ist immer noch ein Riesen Geknorz in den Sitzungen über das wirklich Belastende zu reden. Geht eigentlich immer noch fast gar nicht.
Aber einfach dran bleiben, denke ich.

Nur so als Gedanken, was dein "Filmriss", die Ängste und die fehlende Objektkonstanz miteinander zu tun haben könnten, bezw. weshalb sie sich vielleicht gegenseitig verstärken.
Vielleicht ist meine Beschreibung nützlich für dich?
Bin da auch erst am erforschen.... und wahrscheinlich ist das bei jeder Person wieder anders. Also nur als Idee.

Lieber Gruss
Igelkind


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Beitrag Di., 11.11.2014, 13:16

Hallo Igelkind,

ich finde deinen Beitrag wahnsinnig hilfreich und ich schätze, dass da auch vieles wirklich bei mir zutrifft, wenn nicht sogar alles oder fast alles.

Wie steuerst du denn bewusst der fehlenden Objektkonstanz entgegen?

LG
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Igelkind
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Beitrag Di., 11.11.2014, 13:28

Lieber offtheground, das freut mich, dass es dir etwas sagt.
Obwohl es mir auch leid tut, denn ich finde das echt einen gemeinen Horror, wie das innerlich leiden lässt.

Ich schreibe dir eine PM, weil es etwas persönlich ist, wie ich da dran arbeite. Ok?
LG Igelkind

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