Therapeut feuchte Augen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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CrazyChild
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Beitrag Mi., 02.07.2014, 09:26

@Salus - es ist in Ordnung und soll auch so sein, daß ein Therapeut während der Stunde emphatisch ist. meine Thera fühlte da auch immer sehr mit und war dann ganz bei mir.

womit ich ein Problem habe, ist einfach, daß dieses Mitgefühl nur für die Stunden gilt. Das Krieg ich für mich persönlich nicht unter einen Hut. aber da es eben nur eine therapeutische Beziehung und keine echte Beziehung ist, darf, soll und muß das wohl so sein.

Es ist wie wenn man selbst ins Kino geht, mit dem Helden mitfiebert oder mittrauert und dann ist der Film zu Ende, man geht raus und schon ist es wieder vorbei mit den Gefühlen für den Protagonisten.
LG, CrazyChild

***stay strong***

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Krang2
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Beitrag Mi., 02.07.2014, 21:14

@Salus, wieso fühlst du dich vergaukelt, wenn jemand Gefühle zeigt, zu dem du "nur" eine therapeutische Beziehung hast? Zeigst du denn nie Gefühle gegenüber Menschen, Situationen, Schicksalen, zu denen du sonst kaum eine Beziehung hast? Ist der ehrliche Ausdruck von Gefühlen nur den besten Freunden und Angehörigen vorbehalten, und ansonsten können das nur Therapeuten, weil sie es gelernt haben? Wenn das so wäre, fände ich es extrem traurig.
Bei mir erzeugt es eher Vertrauen als Skepsis, wenn ich weiß, daß mein Therapeut darin geschult ist, angemessen, sensibel, behutsam... zu reagieren, dann weiß ich, daß alles, was ich offenbare, in guten Händen ist.
Inwiefern hast du im Alltag auch Skepsis gezeigten Gefühlen gegenüber? Bezogen auf bestimmte Leute oder auf bestimmte Situationen? Ja, im Alltag kann man ruhig skeptischer sein als in der Therapie, denn die Leute haben eher ein Motiv als ein Therapeut, etwas vorzuheucheln, zu unterdrücken, zu übertreiben usw. (um dich zu manipulieren z.B.).

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Salus
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Beitrag Do., 03.07.2014, 19:18

krang2
"wieso fühlst du dich vergaukelt, wenn jemand Gefühle zeigt, zu dem du "nur" eine therapeutische Beziehung hast? "
---weil es eben nur mittel zum zweck ist, für die stunde.

"Zeigst du denn nie Gefühle gegenüber Menschen, Situationen, Schicksalen, zu denen du sonst kaum eine Beziehung hast? Ist der ehrliche Ausdruck von Gefühlen nur den besten Freunden und Angehörigen vorbehalten, und ansonsten können das nur Therapeuten, weil sie es gelernt haben? "
---doch , ich kann schon mitfühlen, wenn man so viel leid, alleine schon in den nachrichten sieht, es ist nicht so , dass ich selbst keine gefühle hätte . und in meiner familie geht es auch eher herzlich zu.

"Inwiefern hast du im Alltag auch Skepsis gezeigten Gefühlen gegenüber? Bezogen auf bestimmte Leute oder auf bestimmte Situationen?"
----eher auf bestimmte personen, die mich verletzt haben oder ab und an durch ihre art verletzen. und ich denke es ist auch bei manchen anderen im ersten moment so, dass ich mich frage, ob deren gefühle gerade echt sind, oder spontan, oder aus überzeugung...usw...

CrazyChild

----wenn sein mitgefühl nur situativ ist und danach wieder vergessen, war es dann echtes mitgefühl oder nur gut gezeigte technik?

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Krang2
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Beitrag Fr., 04.07.2014, 08:13

Hm, wo liegt denn der Widerspruch zwischen "Mittel zum Zweck" und "völlig authentisch"? Wenn du das Gefühl hast, daß ein gezeigtes Gefühl zu theatralisch, übertrieben wirkt, kannst du nachhaken, egal ob es in der Therapie oder im Privatleben ist. Das Mitleid für Menschen, die einem nicht so nahe stehen, ist doch auch eher situativ, da muß man sich abgrenzen, sonst würde man ja depressiv werden.

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Thread-EröffnerIn
Salus
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 17:04

...dazu kann ich gerade nichts sagen.

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Finnilini
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Beitrag So., 06.07.2014, 13:26

Hallo Salus, ich denke nicht, dass die feuchten Augen eine Taktik sind. Irgeswas scheint
Ihn in diesem Moment berührt zu haben aber, ist es nicht auch vollkommen egal was dein
Therapeut fühlt? In den Therapiestunden geht es um dich und deine Gefühle und nur das
sollte dir wichtig sein. Frag dich doch mal warum es dir so wichtig ist die Gedanken deines
Therapeuten zu wissen. Ich bin jetzt auch seit 2 Jahren in Therapie und es war die reinste
Achterbehnfahrt, immer 2 Schritte vor und einen zurück aber das Wichtigste ist das ich
meinem Thetapeuten vertraue. Es reicht wenn er weiß was er tut und ich nur folgen
muss wobei sine Gefühle und Empfindungen für mich unwichtig sind denn er ist kein
Freund von mir sondern ich bin sein Patient.

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Thread-EröffnerIn
Salus
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Beitrag So., 06.07.2014, 13:47

Danke Finnilini,

mit sicherheit hast du und die anderen Recht.

Ich sollte mir die Zeit nehmen um umzudenken, um mich auf mich zu konzentrieren und nicht alles hinterfragen.

Vielleicht auch etwas, den Verstand abschalten......keine Ahnung.........jedenfalls werde ich versuchen gewisse Dinge nicht mehr so sehr zu beachten.

Salus

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Finnilini
sporadischer Gast
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Beiträge: 20

Beitrag So., 06.07.2014, 14:02

Ich kenne das Problem mit dem Verstand abschalten und das ist ziemlich schwierig. Oft genug
beisse ich mich dann, gedanklich, an anderen Themen fest damit ich nur nicht über mich
selbst nachdenken muss. Es braucht nun mal alles seine Zeit und leider jat man Scherben
schneller geschlagen als wieder zusammen geklebt. Nach 2 Jahren sind wir gerade so weit
an den Grund für meine Vehaltensweisen zu kommen und es wird noch mal ein langer Weg
eingefahrende Gewohnheiten zu ändern. Für mich ist mein Therapeut ein Sparingspartner
der mit mir, um mich kämpft.

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peppermint patty
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Beitrag So., 06.07.2014, 14:16

Hey liebe Salus,
Salus hat geschrieben: Ich sollte mir die Zeit nehmen um umzudenken, um mich auf mich zu konzentrieren und nicht alles hinterfragen.

Vielleicht auch etwas, den Verstand abschalten......keine Ahnung.........jedenfalls werde ich versuchen gewisse Dinge nicht mehr so sehr zu beachten.
Hinterfragen finde ich gut! Aber vielleicht wäre es gut ins Spüren zu kommen? Man kann nicht alles mit dem Verstand eruieren, aber vieles erspüren. ZB ob seine Art Schauspielerei oder echt ist. Und da vielleicht etwas Vertrauen in dich bekommen?? Und versuchen mehr bei dir zu bleiben?

Ich finde es schon berechtigt Dinge zu beachten (dass was für dich eben beachtenswert ist - lass dir das ja nicht ausreden - auch nicht von dir selbst) , aber manchmal eben anders. Zwischenmenschliche Gefühle lassen sich ja nicht mit dem Kopf "ertasten".

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Finnilini
sporadischer Gast
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Beitrag So., 06.07.2014, 14:31

Niemand will hier etwas ein oder ausreden sondern durch eigene Erfahrungen teilen. Was
wer für sich daraus mitnehmen will, ist doch jedem selbst überlassen.

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Finnilini
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Beiträge: 20

Beitrag So., 06.07.2014, 14:31

Niemand will hier etwas ein oder ausreden sondern durch eigene Erfahrungen teilen. Was
wer für sich daraus mitnehmen will, ist doch jedem selbst überlassen.

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peppermint patty
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Beitrag So., 06.07.2014, 14:34

@ sorry Fenillini - ich habe weder mit dir gesprochen, noch dich gemeint!

Das würde ich dann DIREKT tun.

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Salus
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Beitrag So., 06.07.2014, 19:52

Ich denke ich habe schon verstanden, wie es gemeint war. Keine Sorge.....

...und Dankesehr.

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StillesMeer
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Beitrag So., 26.06.2022, 14:20

Es ist doch schön, so einen emotional schwingungsfähigen Therapeuten zu haben, dass er sogar mitweinen kann.
Ich vermisse häufig emotionale Reaktionen an meiner Therapeutin. Im Nachgang würde ich sogar sagen, dass dadurch ein dickes kommunikatives Problem zwischen uns entstanden ist. Ich rede, rede und rede.. erzähle immer wieder von traumatischen Erlebnissen und gehe dadurch immer sehr erschöpft aus den Stunden. Auch sie hat sich erst nach einem Jahr Therapie getraut zu sagen, wie sehr sie wiederum meine langen und agitierten Reden erschöpfen. Ich wusste selbst nicht, warum ich mich nicht zurück nehmen konnte. Später wurde mir klar, dass ich eigentlich auf der Suche nach Resonanz bin. Ich wünsche mir einfach nur, dass sie mich sieht bzw. überhaupt mal ein Mensch anerkennt, dass mir Leid widerfahren ist. Verbal hat sie sich regelmäßig geäußert: „Ihnen ist Unrecht geschehen. Ich bin ganz bei Ihnen.“ Aber es klang immer so sachlich und kühl, dass ich im Inneren noch verunsicherter war. Ich spüre dann sehr deutlich, dass das, was mir fehlt, Zeichen/ Gesten echter emotionaler Zuwendung sind. Von einer Therapeutin, die nur ihren Job macht, kann ich es einfach nicht erwarten.

Deswegen freut euch, dass ihr so mitfühlende, menschlich authentische Therapeuten habt. Dies ist etwas sehr Kostbares.

Ich arbeite beruflich in der sozialen Betreuung und in manchen Erstgesprächen oder in der Begleitung bekam ich auch schon feuchte Augen, da ich innerlich sehr berührt war, weil ich spürte, wie einsam und/ oder verzweifelt mein Gegenüber ist. Dieses Mitfühlen überkommt mich einfach und ist nicht steuerbar. Eine gewisse Sympathie zu meinem Gegenüber -würde ich sagen- muss aber vorhanden sein, um „mitweinen“ zu können. Vor dem Hintergrund dieses „stillen Wissens“ tut vielleicht auch die Erkenntnis so weh, von meiner Therapeutin nicht so sehr gemocht zu werden wie von einem echten Beziehungspartner, der einem nahe steht. Das ist so ein Urschmerz, der da bei mir berührt wird, da ich als Kind keine Zuwendung erfahren habe.

Deswegen -nochmals- freue dich, Salus, dass dein Therapeut dich dir so emotional verbunden fühlt und wenn auch nur für Augenblicke. Nimm es als Geschenk an.

LG

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Gespensterkind
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Beitrag So., 26.06.2022, 16:17

Hallo stillesmeer, der Beitrag von Salus liegt ja nun schon 8 Jahre zurück. Aber ich gebe Dir völlig recht: es reichen oft nicht wohlmeinende Worte, sondern man sucht nach Gesten und echten berührt sein. Ich bin aber davon überzeugt, dass das auch in einer reinen Gesprächstherapie möglich ist.
Es kommt vielleicht darauf an, wie viel Nähe man zulässt und wie viel Nähe der Therapeut zulässt. Und dann muss es auch noch zusammen passen.

Und auch wenn es dann vielleicht nur Momente sind, so geben diese Momente einem viel und man bekommt eine Ahnung davon, was man vielleicht auch in einer nicht-therapeutischen Beziehung geschenkt bekommen könnte- aber bis dahin ist es ein weiter Weg.

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