candle. hat geschrieben:Hallo!
Mir gefällt die Überschrift nicht sonderlich und den Begriff "Konfrontation" mag ich auch nicht sonderlich, weil beides für mich beinhaltet, dass konkrete Inhalte angegangen werden. Das war letztlich bei mir nie so.
Ich denke mal, dass bei Bordeline und komplexer PTBs anderes vorgegangen werden muss als bei einfache PTBS.
Ja, ich denke das ist der Unterschied. Ich hatte weder eine Bordeline noch eine komplexe PTBS. Bei mir war nichts abgespalten, dissoziiert oder so.
Das heißt aber auch, dass es bei der "normalen" PTBS schon Abspaltungen gibt. Wenn ich es richtig weiß, ist selbst eine Depression eine Abspaltung. (...))
Vermutlich wird bei einer PTBS nicht wesentlich anders behandelt, allerdings muß bei der komplexen PTBS die schon chronifizierten Persönlichkeitsveränderungen beachtet werden. Deshalb denke ich, dass man dort eher mit DBT herangeht um Verhaltensmuster zu ändern, die einem nicht zuträglich sind und eher gar nicht mit Expositionen und Konfrontationen gearbeitet wird.
Das müßte pseudologia in der Theorie ja am besten wissen. Vielleicht kann er ja noch etwas dazu schreiben. Ich bin eben nur Laie und Patient und kein Fachmann.
Viele Grüsse!
candle[/quote]
Grundsätzlich: Hier geht es mir nicht draum, eine fachliche Diskussion anzufangen, sondern vor allem persönliche Erfahrungen zu sammeln.
Dafür ist es aber wohl nützlich, einige begriffliche Klärungen einzuführen.
PTBS ist IMMER im Zusammenhang mit "Flashbacks", bzw. Intrusionen. Mittlerweile geht man auch von Körperflashbacks aus, aber da könnte man sich schon darüber streiten, ob das jetzt "wirklich" eine PTBS ist. Doch ist es meiner Meinung nach schon wichtig, die PTBS von eine Panikstörung zu unterscheiden. Bei letzterer ist zwar auch Konfrontation angesagt, jedoch hat die kognitive Umbewertung von Paniksymptomen als ungefährlich eine viel stärkere Rolle.
Grundsätzlich sind die ganzen dissoziativen Symptome erst wieder neu in der Traumatherapie so breitgetreten. Dies ist sicher sehr sinnvoll, da es schwer traumatisierte Menschen gibt, die sich normalerweise gar nicht daran erinnern können, traumatisiert zu werden. Man geht davon aus, dass die durchaus Flashbacks haben, aber sich eben auch an die nicht erinnern können. Das sind jedoch Extremfälle und treten wohl nur bei sehr frühen und gezielten Traumatisierungen statt, wie dies im Zusammenhang mit Inzestopfern oder pädophilen Tätern und Täterkreisen stattfinden kann. Therapeutisch kann man nichts angehen, von dem man nichts weiss. Also sind in diesem Fällen Expositionen sowieso unmöglich. Erst wenn die Pat. genügend Sicherheit aufgebaut haben, wohl im und ausserhalb des Therapiesettings kommen die Erinnerungen plötzlich wieder.
Aber auch das muss man davon unterscheiden, zum durchauf häufigen Phänomen, dass Patienten zwar wissen, dass sie traumatisiert haben, aber es aus Angst oder Scham nicht erzählen wollen. Da kann es wohl für den Therapeuten weniger kränkend sein, wenn bei späterem Verlauf einfach sagt, dass man sich nicht erinnern könne. Ob das dann wirklich so ist, weiss man dann halt nicht.
Abspaltungen sind auch was völlig normales. Wenn ich mit Patienten therapeutisch arbeite, dann sind meine kindlich-bedürftigen Teile abgespalten. Als ich im Call-Center arbeitete war dies aber genauso! Um dies zu beheben, brauche ich dann aber keine jahrelange Therapie, sondern einfach Feierabend.
Beim Thema "Abspaltung" muss man halt aufpassen. Wenn alles eine Abspaltung ist, ist eben wieder nichts eine Abspaltung. In dieser Gesellschaft sind wir auch oftmals darauf getrimmt, unsere bedürftigen Anteile abzuspalten. Es gibt wohl kaum jemanden, der dies nicht macht. Aber es geht halt immer ums Gleichgewicht. Oftmals treten psychische Störungen ganz Allgemein auf, wenn man da aus dem Gleichgewicht gerät.
Um eine PTBS nach einem lebensbedrohendem Ereignis überhaupt zu entwickeln, braucht es wohl schon vor dem traumatischen Ereignis eine starke Abspaltung zu den Gefühlen (auch als Alexithymie bezeichnet). Die PTBS selbst ist dann aber nochmals eine andere Sache. Eben wegen dem hohen Stellenwert der Flashbacks und des Vermeidens des damit verbundenen Traumamaterials.
@Mr. Mindcontrol: Ich habe auch stockdepressive Patienten mit Phobien, die immer noch oder gerade deshalb sehr stark auf die phobischen Trigger reagieren.
Kennst Du Fälle, die im Rahmen von Expositionen wirklich psychotisch geworden sind?
Es gibt neuere Studien, wo Exposition auch mit schizophrenen Patienten eine deutliche Besserung sowohl der PTBS als auch von der Symptomatik der paranoiden Schizophrenie geführt haben. Und das klassiche VT-Exposition ohne irgendwelchem Distanzierung-Schnickschnack wie bei EMDR oder z.B. der Bildschirmtechnik.
Mir ist es hier wirklich wichtig zu trennen: Was kennt man aus eigenen Erfahrungen oder aus Erfahrungen von anderen vs. Was sagen "Experten" so darüber.