Psychotherapie: soziale Auslese bei der Vergabe?

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...

Eremit
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Beitrag Mi., 20.11.2013, 18:44

chaosfee hat geschrieben:Ich unterstelle den Therapeuten nicht so viel Sinn für das Allgemeinwohl, dass sie aus wirtschaftlicher Effizienz leichtere Fälle bevorzugen.
Als wenn Allgemeinwohl und wirtschaftliche Effizienz irgend etwas miteinander zu tun hätten! Genau das Gegenteil ist der Fall...
chaosfee hat geschrieben:Ich habe übrigens durch die Aufnahme einer Therapie eine stationäre Behandlung abgewandt. Da war nix unausweichlich.
Das werden wir noch sehen.

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(V)
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Beitrag Mi., 20.11.2013, 19:54

Soziale Auslese...hmmm... steht da auch was über LOKALE Auslese?

Denn in ländlichen Gegend ist es nochmal ein wenig schwerer, einen Therapieplatz zu bekommen, ganz gleich wie schwer oder leicht der Leidensdruck ist. Weshalb schwerere Fälle eben GLEICH auf Station und/oder Tagesklinik gehen.

Mal zum Vergleich:
Ambulante Therapie mit Kassenzulassung, schwer erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln? Wartezeit nicht unter 12 Monaten. Mindestens. Bei manchen findet vorher nicht mal ein Vorgespräch statt, d.h. wenn du Pech hast, wartest du 12 Monate, nur um festzustellen, dass die Chemie nicht stimmt. Was aber auch egal ist, weil man eh kaum bis keine andere Wahl hat. Hmmpf.
Wartezeit Tagesklinik, gleich zwei Stück zentral in der Region: Wartezeit maximal 8 Wochen. Tja, wohin wird man einen schweren Fall also schicken?

Es ist hier tatsächlich Usus, Patienten ERST in die Tagesklinik oder auf Station zu stecken, BEVOR eine ambulante Therapie überhaupt versucht wird. Da kommt einen oft der zynische Gedanke, dass man "nicht krank genug sei", damit einem geholfen wird. Ein vorgetäuschter Suizidversuch ist und bleibt der effektivste Weg, halbwegs Hilfe zu bekommen. Zynisch. Tragisch. Aber leider wahr.


Vermeintlich schwere Fälle landen also auf Station und in Tageskliniken, und die ambulanten Therapeuten übernehmen diejenigen, die noch gesund genug sind, um mindestens 12 Monate auszuhalten. Die Zeit kann es verbessern oder auch verschlimmern, darüber gibt es wohl keine allgemeingültige Regeln. So oder so: 12 Monate und längere Wartezeiten bei akuten psychischen Störungen? - Ein Unding!

(Bedenkt man noch andere Statistiken, die belegen, dass es ca. 5 Jahre und x Therapeuten bedarf um die richtige Diagnose zu erhalten, kann einem schon ganz übel bei dem Gedanken daran werden. Vor allem auch wenn es sich um Kinder und Jugendliche handelt. Da fängt man bei den ersten Verhaltensauffälligkeiten in der KiTa mit 4 an zu suchen, und 15 hat man vielleicht mal eine Diagnose und knapp 10 Jahre Folgeschäden angehäuft, aber gut, das ist ein anderes Thema)

Ich muss mir die Artikel und Links irgendwann mal ganz in Ruhe durchlesen, auf den ersten Blick bin ich sehr skeptisch, denn bei DIESEN Wartezeiten selektiert der Leidensdruck per se. Entweder du wartest oder du landest (s.o.) in der Klinik. Punkt. Dazwischen sehe ich kaum Spielraum für eine mögliche soziale Auslese. Außer höchstens in den sozialen Faktoren per se, die das monatelange Aushalten begünstigen oder behindern...


chaosfee
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Beitrag Mi., 20.11.2013, 19:59

Dann reden wir hier von verschiedener wirtschaftlicher Effizienz. Ist ja auch egal und nicht Thema das Threads.
Eremit hat geschrieben:          chaosfee schrieb:
Darüber hinaus sehe ich die Auslese eben nicht als positiv für die Solidargemeinschaft: Wer keinen ambulanten Platz bekommt, landet eher in stationären Einrichtungen bzw. wird arbeitsunfähig.


Solche Patienten werden aber über kurz oder lang in stationären Einrichtungen landen, ist nur eine Frage der Zeit. Wenn die Probleme dermaßen gravierend sind, ist das unausweichlich, inklusive Arbeitsunfähigkeit, sozialer Isolation und dergleichen. Solche Dinge können nicht "abgefangen" werden, das ist reines Wunschdenken.
Natürlich gibt es immer Menschen, bei denen nur noch stationär Sinn macht. Von denen rede ich aber nicht, sondern von denen, denen durchaus im Rahmen einer ambulanten Therapie geholfen werden kann, die dann aber in stationären Einrichtungen überversorgt werden, weil sie dort schneller an einen Therapieplatz kommen als ambulant. Und derjenige ist nun mal für mehrere Wochen bis Monate aus dem (Berufs-)Verkehr gezogen, was er mit einer ambulanten Therapie nicht wäre.


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pandas
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Beitrag Do., 21.11.2013, 02:00

Zur lokalen Auslese: Soweit ich weiss, sind die KK-fähigen psychologischen Praxen über Kontigente geregelt. Es kann sich nicht jeder Psychologe dort niederlassen, wo er möchte, sondern es gibt Gebiete, gerade in Ballungszentren, wo vorerst keine KK-Praxis möglich ist für einen neu niederlassenden Therapeuten...

... so kann es für Neulinge attraktiv sein, sich in Kleinstädten niederzulassen, wo die Konkurrenz um die KK-Zulassung nicht so groß ist.

In Ortschaften unter 5 000 Einwohner kann ich mir aber vorstellen, dass es dort keine niederlassenen Psychologen gibt ... vielleicht befürchten diese dort nicht genu Fälle für ein gutes Einkommen zusammenzubekommen?

Stelle ich mir durchaus als Problem vor. Sicher noch schwieriger, als wenn man in einer Stadt wohnt, wo es tausende von Psychologen gibt, von denen zwar viele "leider keinen Platz frei haben", aber die Chance, dass man doch einen findet, mathematisch schlicht trotzdem grösser ist.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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leere
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 14:44

Hallo Stern,

eine Unterscheidung in leichte oder schwere Störung ist tatsächlich nicht hilfreich. Ich kann z.B. eine Erkältung haben oder eine Lungenentzündung beides muss und soll behandelt und bezahlt werden. Beides führt dazu, dass man mehr oder weniger eingeschränkt ist seinen Alltag zu bewältigen.
Der Unterschied ist m.E., eine Erkältung kann wahscheinlich jeder Allgemein-Mediziner gut behandeln, bei einer Lungenentzündigung ist das nicht unbedingt der Fall. Hier muss je nachdem ein Spezialist die Behandlung übernehmen. Wenn dieser Spezialist jedoch belegt ist mit Menschen die eine Erkältung haben, dann wird das für alle zum Problem. Das heißt nicht, dass der mit der Erkältung nicht auch ein Anspruch auf Behandlung hat. Psychotherapeuten sind Spzialisten für psychische Krankheiten.
Für Menschen die sich in einer Lebenskrise befinden gibt es ebenfalls Unterstützung u.a. von Psychologen, Sozialpädagogen, Psychtherapeutische Heilpraktier, Seelsorger, Coaches usw. Das Problem hierbei, diese Dienstleister, die helfen könnten, können nicht über die Krankenkasse abrechnen. Das heißt, man müsste für die Leistung selbst bezahlen, was nicht alle können und auch nicht wollen. Hier liegt evtl. die Lösung des Problemes. Anstatt immer mehr Psychtherapeuten auszubilden um den angeblichen Anstieg von psychischen Krankheiten abdecken zu können, sollte es auch anderen Berufgsruppen möglich sein über die Krankenkasse abrechnen zu können und Menschen in Lebenskrisen zu unterstützen. Aktuell hat der Psycho-Therapeut das Exklusiv-Recht alles zu behandeln.

Was die Anzahl der Therpeuten angeht, ich komme aus einer Region in der es nachweislich eine Überdeckung von Psychotherapeuten gibt. Dennoch gibt es eine Wartezeit von 3 bis 6 Monaten bzw. die Therapeuten nehmen erst gar niemanden mehr auf. Woran kann das liegen?

Natürlich ist es so, dass nicht jeder Therapeut alle Krankheitsbilder aufgrund fehlender Erfahrung aufnehmen kann und daher ablehnen muss. Ich weiß allerdings von einer Bekannten die Therapeutin ist und zu mir sagte, ich nehme lieber Patienten mit Burnout, die Depressiven gehen ihr auf den Keks. Sie weiß nicht, dass ich selbst depressiv bin. Auch Therapeuten sind nur Menschen. Auch gibt es Missbrauch indem falsche Diagonosen gestellt werden, damit der Patient die Leistung nicht aus eigener Tasche bezahlen muss. Eine Freundin von mir die sich in einer Lebenskrise befand wurde Psychotherapie angeboten. Der Arzt hat Sie darauf hingewiesen, sie solle nicht erschrecken, er schreibt als Diagnose leichte Depression auf, dann bezahlt die Leistung die Krankenkasse. Das erklärt evtl. zum Teil auch die ansteigende Zahl von Depressionen.

Leere


leberblümchen
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 14:53

Sehe ich auch so, leere, aber wieso eigentlich nur die Krankenkassen? Hat der Staat kein Interesse daran, dass seine Leute gut aufgestellt sind? Stichwort: Beratungsstellen, die immer weiter abgebaut, statt ausgebaut werden!!!


chaosfee
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 15:37

leere hat geschrieben:Ich kann z.B. eine Erkältung haben oder eine Lungenentzündung beides muss und soll behandelt und bezahlt werden. Beides führt dazu, dass man mehr oder weniger eingeschränkt ist seinen Alltag zu bewältigen.
Und genau das ist das Problem bei der ganzen Krankenkassen-Bezahlerei. Eine schnöde Erkältung braucht eben nicht ein 6-jähriges Medizinstudium plus Facharztausbildung zur Behandlung, sondern schlicht einen Apothekenbesuch, wenn man denn nicht die 5 Tage abwarten kann, in denen die Erkältung von alleine wieder verschwindet.

Wenn man wegen jedem Zipperlein zum Arzt geht, dann darf man sich eben nachher nicht über die Rechnung wundern. Leider (in diesem Fall) wird die Rechnung unter allen Mitgliedern der Solidargemeinschaft aufgeteilt, sodass der Schwerkranke für die Erkältung des Gesunden mit bezahlt, gleichzeitig seine Behandlung aber nicht übernommen wird, weil zu teuer.
leere hat geschrieben:anstatt immer mehr Psychtherapeuten auszubilden um den angeblichen Anstieg von psychischen Krankheiten abdecken zu können, sollte es auch anderen Berufgsruppen möglich sein über die Krankenkasse abrechnen zu können
Wer soll das bezahlen? Ich glaube hier ein ziemlich verzerrtes Bild von gesetzlicher Krankenversicherung zu sehen. Eine Lebenskrise ist eine Krise, keine Krankheit. Schade für die Person, aber für einen Hausbrand ziehst du doch auch nicht deine KFZ-Versicherung heran.
leere hat geschrieben:Dennoch gibt es eine Wartezeit von 3 bis 6 Monaten bzw. die Therapeuten nehmen erst gar niemanden mehr auf. Woran kann das liegen?
An Menschen, die meinen, Beistand in einer Lebenskrise sei Leistung der Krankenversicherung. Da schließe ich Therapeuten und Ärzte, die "hochdiagnostizieren", um an einen bequemen Patienten zu kommen, nicht aus.
leere hat geschrieben:Auch Therapeuten sind nur Menschen.
Aber welche, die sich für einen helfenden Beruf entschieden haben. Als Arzt kann ich auch nicht sagen "Hämorriden find ich eklig, die behandle ich nicht".


leberblümchen
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 15:48

Aber zu dem Patienten, bei dem du eine Rektaluntersuchung machen musst, musst du keine emotionale Bindung herstellen. Und Bindung auf Knopfdruck funktioniert nicht.

Daher ist die Auswahl an sich m.E. nicht das Problem, sondern nur die grundsätzliche Verteilung. Und viele 'Patienten' könnten wegfallen, wenn sie im Alltag besser eingebunden wären und z.B. auf dem Arbeitsplatz oder -markt nicht diskriminiert, sondern anerkannt würden.

Und wenn man erst mal dahin käme, wirklich nur psychisch kranke Menschen durch einen Therapeuten behandeln zu lassen, dann könnte man sicher auch darüber nachdenken, die Kontingente zu lockern, denn wenn jemand mit einer verschleppten Erkältung nach zwei Monaten - warum auch immer - noch nicht fit ist, wird ihm ja auch nicht gesagt, dass er nun aber gesund zu sein habe.

Wenn aber, wie es jetzt ganz sicher üblich ist, letztlich JEDER, der das möchte, eine Therapie macht, weil er sich eine 'Lebensberatung' nicht leisten kann, dann tummeln sich in den Praxen eben auch diese sog. 'leichten' Fälle, denen man tatsächlich mit einer anderen Form der Unterstützung viel effektiver (und effizienter...) helfen könnte.


chaosfee
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 16:02

Leberblümchen, angesichts dieses Ausmaßes von Patientenselektion geht es m.M.n. nicht um den Aufbau einer persönlichen Beziehung, nicht, wenn ich Patientengruppen mit schwerwiegenden Diagnosen grundsätzlich von meiner Behandlung ausschließe. Dann geht es nur noch um Bequemlichkeit, und die finde ich in einem solchen Beruf fehl am Platze. Ich will niemanden zum Kontakt mit Borderlinern oder Schizophrenen zwingen, aber wenn man einen solchen grundsätzlich ablehnt, sollte man KFZ-Mechaniker werden.


leberblümchen
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 16:07

Das stimmt doch aber so gar nicht, denn es GIBT doch Therapeuten, die auch Frühgestörte behandeln. Nach allem, was ich gelesen habe, bildet diese Patientengruppe in einer analytischen Praxis heute die Hauptklientel. Das heißt aber nicht, dass das jeder kann. Nur muss das ja nicht bedeuten, dass derjenige dich als Patient mit Diagnose xy ablehnt. Die wahren Gründe erfährt man ja sicher auch nur teilweise. Es ist nun mal Fakt, dass ein Therapeut sich den Patienten aussucht, und auch aussuchen muss, wenn die Therapie erfolgreich verlaufen soll. So, wie du als Patient ja auch das Recht hast, dir den Therapeuten deines Vertrauens zu suchen.

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Wandelröschen
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 16:22

Noch ein Aspekt zur Über-/Unterversorgung mit Psychotherapeuten:

Das ist das Verfahren mit der Kassenzulassung. Die KKs sagen, bei so und so vielen Einwohnern braucht es so und so viele Psychotherapeuten, also diese Zahl an Kassenzulassungen. Ein neu ausgebildeter PsyTh. bekommt dann eine Zulassung, wenn ein alter sie abgibt (es sei denn, das Kontingent ist mal erhöht worden), kann dann auch einige Jahre dauern, bis der neu ausgebildete Thera sie bekommt. Die Kassenzulassung beinhaltet aber eine Vollzeitstelle!
Nun sind aber frisch ausgebildete Theras auch Menschen, die mal daran denken, Familie zu gründen (die, die ich kenne, sind in dieser Hinsicht eh schon spät dran, wohl wegen der langen Ausbildung). Und die drei Therapeuten-Ehepaare, die ich persönlich kenne, haben inzwischen alle eine Kassenzulassung und arbeiteten, als die Kinder klein waren, jeweils nur Halbzeit, und wechselten sich so mit der Kinderbetreuung ab.

Die KKs gehen bei ihrer Bedarfsrechnung und Verteilung der Kassenzulassung von vollzeitarbeitenden Theras aus, was aber teilweise nicht der Fall ist. Also doch Unterversorgung.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.


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Beitrag Fr., 22.11.2013, 16:32

Natürlich GIBT es Therapeuten, die behandeln, das zweifle ich ja gar nicht an. Es häufen sich aber Berichte, nach denen Patienten mit schwereren Erkrankungen länger suchen müssen, bis sie einen ambulanten Behandlungsplatz erhalten als Menschen mit einer leichten Depression. Und eben auf Ihrem Weg oft von Therapeuten abgelehnt werden. Klar sagt da niemand "Ihre Nase passt mir nicht".

Zu den Gründen, seien es nun meine persönlichen Erfahrungen oder die Neufassung des DSM-V, habe ich weiter vorne ausgiebig geschrieben, das muss ich an dieser Stelle nicht noch mal ausführen.

Die Ausbildung der Therapeuten beschränkt sich nicht auf Anpassungsstörungen und Spinnenphobien. Es wird oft so dargestellt, als seien schwerere Störungen etwas, wofür nur ein klitzekleiner Therapeutenkreis qualifiziert sei. "Das kann ich nicht" ist hierbei Synonym für "das will ich nicht".

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Wandelröschen
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 16:36

leberblümchen hat geschrieben: Es ist nun mal Fakt, dass ein Therapeut sich den Patienten aussucht, und auch aussuchen muss, wenn die Therapie erfolgreich verlaufen soll. So, wie du als Patient ja auch das Recht hast, dir den Therapeuten deines Vertrauens zu suchen.
Dem stimme ich uneingeschränkt zu.

Zum einen muss auch von Seiten des Theras die Chemie zum Patienten stimmen, denn im Gegensatz zu Ärzten arbeiten Theras nun mal auf der Beziehungsebene und sehen ihre Patienten in der Regel viel häufiger und kurzzeitiger.
Zum anderen müssen sie aber auch selber auf ihre Psychohygene achten und schauen, dass sie selber nicht ausbrennen. Meine Ex-Thera (und auch eine Freundin von mir, die Thera ist bestätigte mir das) sagte mal vor Jahren zu mir, dass sie mehr als 2-3 Patienten mit meiner Störlage nicht gleichzeitig in Therapie nehmen kann – von der eigenen Belastung her, kann ich gut nachvollziehen.
Und dann wird es für einen Suchenden auch eng.
Gruß
Wandelröschen

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Beitrag Fr., 22.11.2013, 16:42

chaosfee: Ich weiß nicht, ob das irgendwo aufgedröselt ist, aber um das wirklich feststellen zu können, müsste man ja wissen, wie es sich genau verhält.

Die Therapie eines Borderliners ist nun mal schwierig. Und dann ist auch nicht jeder, der nicht offiziell diese Diagnose hat, weniger schwierig... Es drohen Abbrüche, Wut, Verzweiflung, Vorwürfe, Selbstmorddrohungen, Selbstvorwürfe des Therapeuten, Versagensgefühle - wenn man damit wirklich gut umgehen möchte (und sich nicht nur gegenseitig Honig ums Maul schmieren möchte, was dann wieder die nächste Frage ist: wie kompetent dann tatsächlich der konkrete Therapeut ist und ob er den Konflikt nicht scheut), dann kann man nicht zehn solcher Patienten gleichzeitig haben. Also könnte es sein, dass du an jemanden geraten bist, der bereits enige schwere Fälle behandelt.

Gerade weil wir so was nicht wissen, können wir doch nicht einfach sagen: "Die sind bequem und sollten besser Autos reparieren".

Und genauso, wie es natürlich Therapeuten gibt (wie Lehrer, Beamte usw.), die sich nicht gerade totarbeiten, gibt es auf der anderen Seite die Workoholics, die sich womöglich eher überschätzen - womit auch niemandem gedient ist! Also, jemand, der sofort jeden, der auf einer Brücke steht, als Patienten annimmt, ist nicht unbedingt ein besserer Therapeut als sein Kollege, der genauer prüft, mit wem er zusammenarbeiten kann.

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Wandelröschen
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Beitrag Fr., 22.11.2013, 16:47

chaosfee hat geschrieben: Klar sagt da niemand "Ihre Nase passt mir nicht". (…) "Das kann ich nicht" ist hierbei Synonym für "das will ich nicht".
Ja klar gibt es auch die, die den bequemen Weg gehen und leichtere Fälle bevorzugen. Hab ja auf meiner Suche von zwei Theras selber zu hören bekommen: „nö, das ist mir zu viel Arbeit, das mache ich nicht!“
Ehrlich waren sie immer hin. Die Unehrlichen gibt es da ja auch, die mir erst zeitnah einen Termin für ein Erstgespräch nannten, und einen Theraplatz in 6-8 Wochen in Aussicht stellten. Dann wurde noch weiter was am Telefon erfragt zu meiner Symptomatik und bei welcher Thera ich vorher war. Tags drauf bekam ich dann einen Rückruf, sie hätten doch keinen Platz in absehbarer Zeit, hätten ganz übersehen, dass die und der aus der Stationären Therapie wieder zurück wäre dann und den Platz bräuchte. Wenn so was auf der Suche mal vorkommt, glaubt man´s ja, aber öfter, na da denk ich mir meinen Teil.
Gruß
Wandelröschen

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