Körperkontakt

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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stern
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Beitrag Mo., 28.01.2013, 01:53

Thalia hat geschrieben:aber, ich les immer so im Internet etc das Psychotherapeuten eher wenig Körperkontakt zu ihren Klienten haben sollen.
Das wird - soweit ich das gelesen habe - unterschiedlich begründet: Z.B. auch, dass Therapeuten Bedenken in Richtung Sexualisierung haben können, also wie es vom Patienten "verstanden" wird. Und dann manche Therapeuten vorbeugend ganz verzichten. Natürlich ist Körperkontakt für einen Patienten nicht geeignet, der ihn übergriffig erlebt.

Auch gibt es (rein) methodische Begründungen (die dich aber in einer VT mit einem ausgebildetem Körperpsychotherapeuten nicht betreffen). Z.B. die Psychoanalyse steht dem tendenziell restriktiv bis ablehnend gegenüber, wenn die Devise ist, Begreifen statt Anfassen bzw. mentales Durchspielen statt Agieren, etc. Aber auch hier gibt es m.W. einzelne Vertreter (in der Minderheit), die sich mit der Sinnhaftigkeit des Einbezugs von Körperkontakt (über das Handreichen hinaus) auseinander setzen.. also auch hier wird es nicht als generelles Tabu angesehen .

Dennoch: Leider begreift sich PT bzw. die Therapeuten ihre Therapie oft als rein verbale Gesprächstherapie. Aber wie gesagt: nicht immer. Theoretisch könntest du auch erfragen, ob er speziellen Konzepten folgt... aber manches ist wohl auch menschliche Geste.

Vielleicht wäre für dich auch hilfreich, wenn ihr vorher darüber sprecht (also z.B. über irgendwelche körpertherapeutischen Übungen), evtl. auch danach. Also auch an dieser Stelle könntest du evtl. Fragen oder Bedenken loswerden. Aber das weiß ich nicht, inwieweit das eh bereits der Fall ist.

Einzig die lange Umarmung würde ich als ungewöhnlich sehen (aber nicht als per se unprofessionell!). Und wie gesagt: Du bist jung... und ein Familienmitglied ist gestorben. Hier finde ich Trost ein legitimes Bedürfnis, dem man grds. auch in Therapien nachkommen darf. Und dass du weinen konntest, hat hoffentlich auch gut getan... vielleicht mehr wie reden, in dem Moment.

Wenn Körperkontakt für deinen Geschmack überhand nehmen könnte, dann kannst du auch wieder mal stopp sagen

Wenn es aber in den Momenten im Grunde gut tat und auf eine Art und Weise geholfen hat, dann problematisiere es vielleicht auch nicht nachträglich, meine Meinung . Macht die Erfahrung vielleicht ansonsten auch nachträglich etwas kaputt.

Und da dich anscheinend eher Gelesenes verunsichert, ist es vielleicht auch ratsam, nicht soviel zu lesen... und den Therapeuten direkt zu fragen. Denn bei dem Thema gibt es nunmal 2 Lager (so wie es aussieht auch unter den PT).
Liebe Grüße
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mitsuko
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Beitrag Mo., 28.01.2013, 05:49

Hallo Thalia,

ich würde das wirklich nochmal bei ihm ansprechen. Du hast richtig gelesen. Sehr viele Psychotherapeuten würden das Verhalten deines Therapeuten als unprofessionell einstufen. Ist es dir irgendwie unangenehm das Thema bei ihm anzusprechen? Ich meine, eine Stunde lang im Arm halten, echt, das finde ich ziemlich extrem. Ein Therapeut ist kein Tröster, weißt du, das ist in der Form meiner Meinung nach nicht sein Job. Ich find es auch schon komisch, dass er dieses Thema nicht von sich aus weiter mit dir bespricht. Er müsste sich denken können, dass es für ein 16-jähriges Mädchen verwirrend ist, wenn sich ein erwachsener Mann ihr so sehr körperlich annähert. Pass bitte auf dich auf.

LG
mitsuko

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Wandelröschen
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Beitrag Mo., 28.01.2013, 12:51

Vielleicht ist dieser Link hilfreich:

http://content.karger.com/ProdukteDB/pr ... Doi=236060
Gruß
Wandelröschen

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stern
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Beitrag Mo., 28.01.2013, 17:32

Danke für den Link, Wandelröschen

Ist natürlich in der Tat nicht so, dass Körperkonakt per se unerlaubt ist. Ich denke vielmehr, dass oft (rein) methodische Gründen dahinter stecken, Körperkontakt abzulehnen.

Die Wirkung von Körperkontakt/Berührung ist ganz gut darstellbar mittlerweile (was manche Konzepte/körperorientierte Verfahren nutzbar machen). Daher ist es für mich nur bedingt verständlich, warum in der PT oft Psyche und Körper quasi getrennt werden, indem der Einbezug des Körpers ausgespart wird. Das finde ich genauso schräg (wie im Behaviorismus) Handeln unter Vernachlässigung von Gefühlen/gedankliche Prozessen zu betrachten . Dass Körperinterventionen nicht so etabliert sind, hat mMn neben methodischen Gründen, persönlichen (z.B. Bedenken des Theras vor Sexualisierung bzw. "Kontraindikationen" auf Patientenseite) auch historische Gründe:
Die Körperpsychotherapie fand über Jahrzehnte kaum positive Beachtung bei den wichtigsten psychoanalytischen und verhaltenstherapeutischen Psychotherapierichtungen und führte im Gesundheitswesen ein Schattendasein. Seit in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts die mittels bildgebender Verfahren gewonnenen neuen Forschungsergebnisse der Neurowissenschaften publiziert wurden, wächst das Interesse an körperpsychotherapeutischen Verfahren und die Einbeziehung des Körpers in der Psychotherapie wird zunehmend innerhalb etablierter Psychotherapierichtungen diskutiert.[6] http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6rperpsychotherapie
Wenn man den Einbezug von Körperinterventionen unter Verdacht der potentiellen Unprofessionalität und sexuellen Motivation stellen wollte... puuuuh, dafür sollte es dann schon Anhaltspunkte geben (die ich aber auf Basis der Schilderung nicht sehe). Evtl. Bedenken sollten natürlich mit dem Therapeuten kommunizierbar sein.

Auch haben Körperinterventionen verschieden Zielsetzungen... Trösten oder Bedürfnisbefriedigung würde mir sogar eher nachrangiger einfallen (aus den Schilderungen kann man auch nicht entnehmen, dass es darum überhaupt ging). Ist vermutlich auch etwas störungsabhängig. In der Klinik gab es (wenn ich das recht in Einnerung habe) eine Therapie, die unter den Patienten (spaßeshalber aufgrund teils intensiveren Körpekontaktes) sogar kuscheln o.ä. genannt wurde... sicherlich ging es hierbei nicht um irgendeine Ersatzbefriedigung auf KK-Kosten.
Liebe Grüße
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Blaubaum
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Beitrag Mo., 28.01.2013, 18:27

vielleicht sollte man noch erwähnen, dass sowohl das lösen von alten erfahrungen als auch das (um)lernen, speichern etc. (und in jeder form von PT geht es ja nicht zuletzt auch darum) durch oder in verbindung mit körperlichen erfahrungen/taktiler stimulation wirksamer stattfinden kann, tiefer geht und besser/dauerhafter verankert wird.

dennoch ist intensiver körperkontakt/körperpsychotherapie nicht für jeden menschen zu jeder zeit das richtige.
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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EinTherapeut
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 10:55

Grundsätzlich bin ich ein Therapeut, der wenig von festgeschriebenen Regeln und Konventionen hält. Ich habe auch prinzipiell nichts gegen Umarmungen. Dabei gilt aber: Je intimer der Rahmen (Einzeltherapie vs. Gruppe), desto heikler sind körperliche Berührungen. Auch macht es einen Unterschied ob Frau oder Mann (auch die sexuelle Ausrichtung spielt da eine Rolle).

Wenn ein männlicher Therapeut eine 16jährige Klientin derart intensiv umarmt, ist mir dies jedoch suspekt. Gerade in diesem Alter ist die Entwicklung der Sexualität ein sehr prominenter Entwicklungsschritt. Das man als Therapeut schnell mal idealisiert wird, ist auch bekannt und die Auflösung dieser Idealisierung ein wichtiges Thema in der Therapie.

Bei jeder Therapie gerät man auch in Gefahr, dass die Beziehung zum Therapeut Ersatz wird zu anderen Beziehungen. Die Beziehung zum Therapeuten sollte jedoch vielmehr eine Hilfe sein, um andere Beziehungen aufbauen zu können.

Körperpsychotherapie hat übrigens auch sehr wenig mit Umarmung (vor allem zwischen Klient und Therapeut!) zu tun.

Auch schon kleinere Übergriffe in der Therapie führen oftmals zu massiven psychischen Schädigungen bei den Betroffenen. Das Übervorsichtig sein macht daher aus meiner Sicht auch Sinn.
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson

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stern
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 12:45

Dabei gilt aber: Je intimer der Rahmen (Einzeltherapie vs. Gruppe), desto heikler sind körperliche Berührungen.
Das gilt aber für für jedes Therapeuten- bzw. Patientenverhalten, das nicht fremdüberwacht wird... z.B. auch Behandlungsfehler. Ein Berührung ist ja auch nicht per se heikel. Nur weil manche Worte heikel sein können, gelten Gespräche auch nicht im allgemeinen heikel oder umso heikler.
Auch macht es einen Unterschied ob Frau oder Mann (auch die sexuelle Ausrichtung spielt da eine Rolle).
Aber nur dann, wenn Körperkontakt mit sexueller Handlung gleichgesetzt wird oder es so empfunden wird. Mit Körperkontakt/Umarmumg/Berührung meine ich natürlich auch nur solche, die die Geschlechtsorgane auschließen und die auch nicht als sexuelle/erotische Annäherung i.e.S. oder i.w.S. gemeint sind.

Nicht jeder Patient (wie vermutlich auch Therapeut) empfindet Berührung (wie eine Umarmung) als sexuell (Man kann ja nicht so tun, als empfindet jeder -nur weil ein kompatbles Geschlecht gegenüber sitzt- gleich erotische oder sexuelle Gefühle... was die Sexualität auch ziemlich reduzieren würde. Genauso verliebt man sich nicht in jeden, der/die ein "passendes" Geschlecht hat).

Ich denke eher, dahin gegen häufiger Therapeutenbefürchtungen, dass der Patient einen Körperkontakt falsch interpretieren könnte... weswegen häufiger bereits prophylaktisch verzichtet wird. Wenn ein Patient erotische Gefühle hegt und die Gefahr der Missinterpretation gegegen ist, würde ich es auch als kritisch sehen... denn es soll eben keine erotische Bedeutung haben (in der Ebenen vermischen könnten).

Wenn ein Therapeut eigene Ängste/Bedenken vor der sexuellen Ausrichtung eines Patienten hat, so kann das auch über ihn etwas aussagen.
Das man als Therapeut schnell mal idealisiert wird, ist auch bekannt und die Auflösung dieser Idealisierung ein wichtiges Thema in der Therapie.
Das kann doch immer passieren, das ein Patient idealisiert (ganz unabhängig von Körperkontakt)... WENN jemand die Neigung hat. Für meinen Teil habe ich noch keinen Therapeuten in signifikanter Weiser idealisiert. Na gut, vielleicht mal die ein oder andere kindlich-regressive Seite... aber nicht über gebühr. Also das hängt mMn eher von der Neigung des Patienten ab und wie sich eine Therapeut selbst präsentiert (perfekter oder Einräumen auch von Schwächen).
Bei jeder Therapie gerät man auch in Gefahr, dass die Beziehung zum Therapeut Ersatz wird zu anderen Beziehungen.
Die therapeutischen Beziehung soll manchmal gerade modellhaft für andere Beziehung stehen, die in der Entwicklung fehlten oder schädigend waren... so das innerpsychische Defizite darüber erfahrbar und ein Stück weit reparabel werden können. Ist daher halt auch die Frage, welchen Fokus die Therapie hat. Man kann nicht alles verweigern, was auch zum Problem werden könnte (weil so gut wie alles ist dazu in der Lage). Der Therapeut, der ein Problem damit hat, mit einem Patienten auf Beziehungsebene zu gehen/zu arbeiten oder höhere Distanz im allgem. benötigt, der sollte einen Patienten, bei dem dies erforderlich ist, vielleicht gar nicht erst nehmen. Beziehungserfahrung kann auch den Wunsch nach weiteren Beziehung wecken, weswegen mir das insofern etwas einseitig dargestellt ist. Und in dem Sinne:
Die Beziehung zum Therapeuten sollte jedoch vielmehr eine Hilfe sein, um andere Beziehungen aufbauen zu können.

ja, sehe ich auch so. Nur dass das postive Beziehungserfahrungen auch gut und gerne wecken können.
Körperpsychotherapie hat übrigens auch sehr wenig mit Umarmung (vor allem zwischen Klient und Therapeut!) zu tun.
Stationär berichteten Patienten mitunter schon davon... hier war es eine Gruppe (was ja auch viel mit Kapazitäten zu tun hat, dass nicht alles im Einzelsetting geht)

Vorsicht macht durchaus Sinn (hatte ich nicht eine Broschüre verlinkt). Aber bei jede Berührung "übernervös" als potentiellen Missbrauch zu sehen, eher nicht. Wenn ein Patient das so wahrnimmt, dann ist es vermutlich ratsamer, davon abzusehen.
Liebe Grüße
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EinTherapeut
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 14:04

Danke für Deine Reaktion, stern,

Das ganze ist wirklich sehr kompliziert. Vor allem diese "Übernervöse", dass Du angesprochen hast. Das bringt wirklich die Gefahr, dass aus etwas Harmlosem erst etwas Schädigendes wird.

Oder jemanden nicht zu umarmen, kann ja unter bestimmten Umständen auch Schaden anrichten.
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lebonaut
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 14:17

Thalia schrieb doch: Sie hat niemanden zum "anlehnen" in der Familie und si
muss etwas sehr hartes verarbeiten. Was soll denn der Therapeut machen,
wenn sie nicht drüber reden kann und erstmal vom zu vollen Glas ein paar
Schlücke abtrinken muss? Hallo?

Hier stürzen sich immer alle auf den einen blutenden Baum und vergessen,
dass sie mitten im Wald stehen, wo das echte Leben tobt.

Ich WÜNSCHTE ich hätte eine Therapeutin, die mich auch mal umarmen würde.
Ich hab leider einen Therapeuten und ... mit meinem Vater umarme ich mich
extrem selten. Wir sind beide eher distanziert. Also... würd' ich es ziemlich
verwirrend finden, wenn mich mein Therapeut umarmt. Es ist total GUT,
wenn sie (Thalia) ihm (ihrem Thera) so vertraut.

Ich empfinde intime Gespräche mit meinem Psychologen als 'extrem entblößend'.
Weil sie es sind! Ach ich hab dem schon so viel erzählt... das würde keinen großen
Unterschied machen, ob er mir die Hand auf die Schulter legt oder mir das wörtlich
sagt - aber für den Moment würde ich ihm für seinen 'Alles-wird-gut-Schulterklopfer'
schon danken, anstatt ihn wegen sexuellen Missbrauchs anzuzeigen oder umzubringen.

@Thalia:

Den Frontlinern hier im Thread geht es vermutlich ausschließlich darum, dass du
16 bist und er.. 30-40. Naja... mir kommt es so vor, als würden sie denken, du wärst
6 Jahre alt oder so. "Na dann schließ dich mal im Keller ein, zieh dir nen Keuschheitsgürtel
an und lies die Bibel ein paar mal durch..." "Wenn du (auf den Tag) 18 Jahre alt bist,
kannst du allerdings wieder Risiken eingehen ohne Ende..."

Jetzt im Ernst: Dass du von deinem Therapeuten so einfühlsam behandelt wirst, ist etwas
gutes und genau das, weshalb du doch hingehst, oder? Ich würde sagen: Ja es ist normal,
dass ihr auch Körperkontakt habt - irgendwie müsst ihr ja eine Vertrauensbasis aufbauen.
Es ist sicher nicht ungewöhnlich... dass es unter 30-50-jährigen als "Pfui" ankommt, ist klar.

Ich hatte mal einen Sportlehrer, der den Mädchen aus meiner Klasse (<18) nachgegeiert
hat. Das find ich nicht gut, er soll sich zusammenreissen. Aber es ist ein großer Unterschied,
ob da ein notgeiler Sportlehrer hinter er nächsten Ecke lauert oder ob der/die Jugendliche
'von sich aus' Kontakt zu Erwachsenen sucht, im Rahmen einer Psychotherapie.

Du sagtest, er fragt dich, ob es für dich okay sei - und du findest es (therapeutisch) gut,
weil du dich ausweinen konntest.... also gibt's da anscheinend kein Problem.

Grüße
lebonaut
Zuletzt geändert von lebonaut am Mo., 25.03.2013, 15:13, insgesamt 2-mal geändert.

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Blaubaum
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 14:53

lebonaut hat geschrieben:... dass es unter 30-50-jährigen als "Pfui" ankommt, ist klar.
puuh, da bin ich aber froh, dass ich über 50 bin...
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Blaubaum
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 15:07

EinTherapeut hat geschrieben:Körperpsychotherapie hat übrigens auch sehr wenig mit Umarmung (vor allem zwischen Klient und Therapeut!) zu tun.
eigentlich erstmal gar nichts.
allerdings käme es mir lächerlich vor, wenn ein körperpsychotherapeut vor oder nach einer sitzung, in der es z.b. eine tiefe bindegewebsmassage und/oder einen tiefen emotionalen austausch gab, eine umarmung verweigern würde.

ich denke, dass die intention des therapeuten eine grosse rolle spielt. ist sie klar und eindeutig nicht sexuell motiviert, halte ich selbst eine längere, intensivere umarmung für unproblematisch.
ist sie dagegen zwittrig, könnte eine umarmung selbst dann klienten-und therapiegefährdend sein, wenn sie nicht ausgeführt wird (es sei denn, es geht dem therapeuten ganz bewusst darum, den klienten zu frustrieren), denn diese zwittrige botschaft kommt in jedem fall beim klienten an, vor allem, wenn er sehr sensitiv ist.
das vermeiden von etwas betont das thema des vermiedenen, und das thema wirkt, ob mit oder ohne ausgeführte handlung, meine ich.

deshalb kann die disziplin des therapeuten nicht im vermeiden liegen, sondern in der inneren haltung.
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EinTherapeut
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 15:10

Also ich muss ja zwecks meiner Ausbildung auch meine eigene Psychotherapie machen. Interessant dabei fand ich, dass ich privat viel mehr über meine eigene Therapeutin lästerte, als ich es ihr direkt sage. Dies obwohl ich genau weiss, dass es für die Therapie besser wäre, ich würde direkt sagen, was mich stört. Dabei habe ich normalerweise im Leben auch kaum Probleme. Im Rahmen der Therapie als Teil meiner Ausbildung (und auch verbunden mit der, was eine finanzielle Investition von ein paar Zehntausen Franken bedeutet), hatte ich schon eine grosse Hemmung dies einzubringen.

Der Kontext ist da eben schon sehr entscheidend. Ich wechsle momentan mal lieber zu jemandem, der mich von sich aus besser bei meinen Anliegen abholt.

Für mich als Therapeut halte ich dies jedoch für eine extrem wichtige Erfahrung, die mir aufzeigt, wie speziell solch eine Begegnung im therapeutischen Rahmen überhaupt ist, wie stark damit auch das Machtungleichsverhältnis.

Aus dieser Erfahrung her würde es mir nicht reichen, "ist es ok?" zu fragen. Das Motiv dem Therapeuten gefallen zu wollen, kann eben vieles "ok" werden lassen, was sonst eben nicht "ok" wäre.
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 15:19

ja, hast Du denn angst vor Deiner therapeutin, oder willst Du sie schonen? und wie handhabst Du das in bezug auf Deine mutter?

glaubst Du nicht, dass offenheit besser wäre als Deine kritik hinter den kulissen auszusprechen, über sie zu lästern? meinst Du nicht, dass sie Deine haltung ihr gegenüber unterschwellig merkt?
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EinTherapeut
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 15:21

Blaubaum hat geschrieben:
EinTherapeut hat geschrieben:Körperpsychotherapie hat übrigens auch sehr wenig mit Umarmung (vor allem zwischen Klient und Therapeut!) zu tun.
eigentlich erstmal gar nichts.
ich denke, dass die intention des therapeuten eine grosse rolle spielt. ist sie klar und eindeutig nicht sexuell motiviert, halte ich selbst eine längere, intensivere umarmung für unproblematisch.
Grundsätzlich ein gutes Statement, welche die Relevanz der Haltung betont. Es reicht jedoch aus meiner Sicht nicht aus, wenn es "nicht sexuell" ist. Auch meine Bedürfnisse (bzw. die Bedürfnisse des Therapeuten) nach Nähe, Verbundenheit und bewundert werden sollen nicht ausschlaggebend sein.
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carö
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Beitrag Mo., 25.03.2013, 15:31

EinTherapeut hat geschrieben:Aus dieser Erfahrung her würde es mir nicht reichen, "ist es ok?" zu fragen. Das Motiv dem Therapeuten gefallen zu wollen, kann eben vieles "ok" werden lassen, was sonst eben nicht "ok" wäre.
das sehe ich auch so und habe es selbst an mir erlebt. das ist lange her - etliche jahre. ich war viel zu unsicher und schüchtern, als dass ich auf die idee gekommen wäre, etwas verweigern zu können, was mir sehr unangenehm war damals, also habe ich es mitgemacht. ok und ja gesagt, getrieben vom gefallenwollen, vom mich geschmeichelt fühlen und von falsch verstandener höflichkeit.
mich persönlich schaudert es etwas bei so einfach gestrickten sichweisen, dass ein fragen "ist es ok? " und die antwort "ja" alles sein könnte, wenn es um ein abhängigkeitsverhältnis geht.

von mir aus kann sich jeder toll fühlen beim sich umarmen lassen vom therapeuten und ich will damit auch nicht sagen, dass vieles derartiges völlig harmlos und bestimmt auch ok ist. aber das enthebt denjenigen, der die verantwortung für den prozess der therapie trägt nicht davon, ein bisschen mehr zu beachten als die mE allzu schlichte schlichte frage "ist es ok?"

und im übrigen finde ich es auch fragwürdig, es lächerlich zu machen, wenn eine person eine umarmung verweigert. man darf das! immer und zu jeder zeit! niemand hat einen anspruch auf die umarmung eines therpeuten, eines körpertherapeuten oder von sonst wem. sowas ist immer ein freiwillige geste, die man sich von mensch zu mensch schenkt. ist meine meinung, meine persönliche.
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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