Ist zwar rein theoretisch richtig, hier geht es aber doch konkret um emotionalen, körperlichen und sexuellen Missbrauch an Kindern und um Angehörige, andere Betreungspersonen, auch Mütter als Mitwisserinnen.Erstens sind nicht alle Straftaten anzeigepflichtig, und zweitens sind Angehörige überhaupt nicht zur Anzeige verpflichtet (selbst bei Mord). Bei vielen Tatbeständen ist abzuwägen, inwieweit man sich einmischt und welche möglichen Folgen das – auch für einen selbst – hätte.
Rein juristisch, wenn du da schon bist, hat die Betreuungsperson eine Fürsorgepflicht. Das Kind aus der schädigenden Situation zu bringen bedeutet nicht zwangsweise eine Anzeige zu erstatten. Das sind zwei unterschiedliche Dinge.
Aber abgesehen davon ist es ja auch eine emotionale und ethische Frage. Selbst wenn eine Frau das Recht hätte, die Aussage gegen ihren Mann, der ihr eigenes oder gemeinsames Kind missbraucht hat, die Aussage vor Gericht zu verweigern, so sagt dass ja was über diese Frau aus.
Es sagt aus, dass ihr das Wohl ihres Kindes, die Beziehung zu ihrem Kind weniger wert ist, als ihr eigenes Wohl, das Wohl des Mannes/Täters, die Beziehung zum Täter.
Daraus kann dann jeder und vor allem jedes Opfer in der entsprechenden Situation selbst die Konsequenzen FÜR SICH ziehen.
Ich würde übrigens auch nicht Mit-Täter mit Mitwissern gleichsetzen. Mit-Täter, Co-Täter sind Täter. Punkt.
Ich persönlich betrachte das, in Bezug auf meine Geschichte systemisch. Täter, Mitwisser, Mit-Täter, Opfer (ich - damals) bilden ein System. Das System konnte nur funktionieren, weil jeder so war, wie er/sie war. Natürlich sind Täter und Mit-Täter gestört. Mitwisser ebenfalls schon durch die selben Personen geschädigt und verunsichert.
Ein Misbrauchssystem braucht immer auch Mitwisser, Menschen die das dulden, die vllt. ihren Nutzen daraus ziehen, um zu "funktionieren".
Diese Menschen mögen ebenfalls krank sein, mögen eine eigene, bedauernswerte Geschichte tragen (im Falle meiner Familie und der Menschen, die mir geschadet haben ist das so). Ich sehe ihr Leid, ich kenne ihre Geschichte. Ja.
Möchte ich ihnen deshalb vergeben? Nein. Haben sie für immer Schud auf sich geladen? Ja. Müssen sie mit den Konsequenzen jetzt leben? (Kontaktabbrch, was sie nicht verstehen.) Auch ja.
Denn eigene schlimme Erfahrungen rechtfertigen nicht Misshandlungen, Missbrauch an anderen und auch nicht das Wisen darum und nichts tun. Es ist eine Erklärungsmöglichkeit, ja. Aber es entschuldigt nicht, es mindert die Schuld nicht.