Erfolgskriterien von Psychotherapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Fundevogel
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Beitrag So., 11.11.2012, 22:40

Hallo Chakotay,

darf ich dich dazu was fragen?
Chakotay hat geschrieben:Mein Therapieziel? Ganz klar: INNERE FREIHEIT!! Alles andere (lieben, arbeiten, hoffen, loslassen, freuen, trauern... - leben halt) geht damit Hand in Hand und folgt sicherlich.
Was genau bedeutet für dich innere Freiheit?
Möchtest du frei VON etwas sein oder FÜR etwas.
Und wie kann man sich das konkret vorstellen, frei von Angst oder so ähnlich?
Chakotay hat geschrieben:Was mich aber echt immer wieder völlig ärgert, ist, dass in D nur drei Verfahren über die Krankenkassen abrechenbar sind - noch nicht einmal die Gestalttherapie zählt dazu!!! Ich schaue dann immer neidvoll zu euch nach Österreich...
Naja, Österreich ist sicher nicht das gelobte Land der Psychotherapie.
Ja, laut Listen sind mehr Verfahren zugelassen. Aber Genehmigungen und Plätze sind rar, Wartezeiten lang und oft wird nur ein kleiner Teil der Kosten refundiert.
Ich bin übrigens auch Selbstzahlerin. Seien wir froh, daß wir das können.
Fundevogel

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Lou Who
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Beitrag So., 11.11.2012, 22:59

Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass unter anderem Vorher-Nachher-Vergleichswerte aus bildgebenen Verfahren der Gehirnstrukturen- und aktivitäten in aktuellere Statistiken mit einfliessen, oder dass sie diese sogar bestimmen?
So ist es wohl. Ich bin mir allerdings sicher, dass auch diese Werte mit den Aussagen des jeweiligen Patienten bezüglich seines Wohlbefindens abgeglichen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ergebnisse einen Wert hätten, wenn die Hirnaktivität zwar eine scheinbar positive Veränderung aufweist, der Patient aber wie ein nasser Sack im Stuhl hängt und mit sich und der Welt nichts anzufangen weiß.
Man fragt die Menschen nicht mehr, sondern schaut lieber auf die Monitore, und trifft dann Entscheidungen. Das ist doch unfassbar!
Überrascht dich das wirklich? Es ist ja nun nicht erst seit gestern so, dass das Nicht-Greifbare erst in der Darstellung durch Zahlen und Kurven zu etwas Glaubhaften wird. Es fehlt der Menschheit an Vorstellungsvermögen und Vertrauen in das Gefühlte und die eigenen Gefühle, um etwas einfach mal hinzunehmen. Alles braucht seine berechnete Bestätigung in der heutigen Zeit- andernfalls wird es schlichtweg als nicht-existent deklariert.

Welche Methoden könntest du dir vorstellen, um die Wirksamkeit von Thrapien zu bestätigen/zu widerlegen? Dass man die Kassen nicht allein mit den individuellen Empfindungen der Patienten wird überzeugen können, sollte dabei klar sein- auch wenn wir alle uns wünschen, dass es so wäre.

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Fundevogel
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Beitrag So., 11.11.2012, 23:06

Liebe Rilke,

ein herzliches Willkommen Dir!

Das klingt für mich sehr wesentlich:
Rilke hat geschrieben:Bei mir selbst habe ich mehrfach festgestellt, dass Therapien oder Dinge, die in Therapien angewandt oder empfohlen wurden, bei mir erst viel später griffen.
Das habe ich schon öfter gehört und weiß auch nicht warum das so ist.
Ich selbst hab auch noch nicht genug Erfahrung dazu. bzw. sind meine früheren Therapien viel zu lange her.

Aber vielleicht ist es mit etwas so Tiefgehendem wie einer Therapie so
daß es sacken muß, sich setzen muß,
sich da im Inneren Dinge neu ordnen und zusammenfinden.
Vielleicht fallen dann manchmal Dinge plötzlich an ihren Platz.

Vielleicht auch, weil man wächst, neue Erfahrungen macht
und irgendwann ist die Zeit reif.
Für eine Erkenntnis, eine Umsetzung oder einfach ein Gefühl. Oder Selbstgefühl.

Das ist jetzt vielleicht ein unpassender und blöder Vergleich (dann ein profilaktisches Entschuldige):
Aber mich erinnert das an einen bestimmten Witz, den ich im Lauf meines Lebens wirklich oft gehört und nie sonderlich lustig gefunden habe. Und eines Abends, nach ungefähr zehn Jahren, wurde dieser Witz wieder mal erzählt und ich hatte einen Lachkrampf, weil plötzlich hab ich die Pointe verstanden, jetzt erst.

Das hat mich sehr berührt von dir zu lesen:
Rilke hat geschrieben:Meine Heilung, wenn man es denn so nennen will, geschah, während es in meiner Therapie drunter und drüber ging, und sie geschah meiner Meinung nach abseits der Therapie. Vielleicht ist es einfach manchmal ein sehr langer Weg, auf dem viele Dinge ineinandergreifen, was nicht immer an der aktuellen Therapie gemessen werden kann.
Ja, es ist wohl ein langer Weg und vieles greift ineinander.

Vielleicht ist es falsch und verkopft, verstehen zu wollen, wie Heilung geschieht.
Oder verstehen zu wollen, was Erfolgskriterien für Psychotherapie sind.

Das Leben ist ein Fluß und das Wasser bahnt sich seinen Weg und ist stärker als der Fels.
Fundevogel


Vincent
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Beitrag So., 11.11.2012, 23:25

Lou Who hat geschrieben:So ist es wohl. Ich bin mir allerdings sicher, dass auch diese Werte mit den Aussagen des jeweiligen Patienten bezüglich seines Wohlbefindens abgeglichen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ergebnisse einen Wert hätten, wenn die Hirnaktivität zwar eine scheinbar positive Veränderung aufweist, der Patient aber wie ein nasser Sack im Stuhl hängt und mit sich und der Welt nichts anzufangen weiß.


Sei dir da mal nicht so sicher. Hauptsache, die erwarteten Bildwerte stimmen. Dann hat die Wissenschaft ihre Aufgabe erledigt. Und sie hat der Institution (hier der Krankenkasse) möglicherweise die "geforderten" Ergebnisse zugespielt. Jene, die die größten Studien dazu in Auftrag geben, sind höchstwahrscheinlich Pharmaunternehmen oder andere Unternehmen, die für Pharmaunternehmen arbeiten. Wie unabhängig können solche Studien schon sein?!
Lou Who hat geschrieben:Überrascht dich das wirklich? Es ist ja nun nicht erst seit gestern so, dass das Nicht-Greifbare erst in der Darstellung durch Zahlen und Kurven zu etwas Glaubhaften wird.
Es würde mich nicht überraschen. Aber staunen würde ich. Paradox, ich weiß. So paradox wie das von der Wissenschaft beschriebene Leben eben.
Lou Who hat geschrieben:Es fehlt der Menschheit an Vorstellungsvermögen und Vertrauen in das Gefühlte und die eigenen Gefühle, um etwas einfach mal hinzunehmen. Alles braucht seine berechnete Bestätigung in der heutigen Zeit- andernfalls wird es schlichtweg als nicht-existent deklariert.
Yep.
Lou Who hat geschrieben:Welche Methoden könntest du dir vorstellen, um die Wirksamkeit von Thrapien zu bestätigen/zu widerlegen?
Hm... schwierig. Aber ich könnte mir einen umfangreichen (qualitativen) Fragebogen vorstellen, den die Patienten beantworten und einen aussagekräftigen Bericht/ein umfassendes Gutachten des jeweiligen Therapeuten.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Hamna
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Beitrag So., 11.11.2012, 23:44

Fundevogel hat geschrieben: Aber vielleicht ist es mit etwas so Tiefgehendem wie einer Therapie so
daß es sacken muß, sich setzen muß,
sich da im Inneren Dinge neu ordnen und zusammenfinden.
Vielleicht fallen dann manchmal Dinge plötzlich an ihren Platz.
Das hast du sehr schön erklärt!

Und den Vergleich mit dem Witz finde ich nicht unpassend, ich kann das gut nachvollziehen, wie du es meinst.
Vielleicht ist es falsch und verkopft, verstehen zu wollen, wie Heilung geschieht.
Oder verstehen zu wollen, was Erfolgskriterien für Psychotherapie sind.
Ach, ich halte das gar nicht für falsch. Es ist doch wichtig zu verstehen, für die Zukunft. (Und einiges habe ich wohl verstanden. Und zumindest habe ich aus den letzten Jahren gelernt, dass es für mich einen Weg raus aus den [bisher] dunkelsten Tiefen gibt, sogar wenn ich selbst zeitweise nicht mehr daran glauben kann. Das könnte noch mal wichtig sein, wer weiß.)

Nur, sollte ich in irgendeiner Krankenkassenstatistik erfasst sein als geheilt ( weil wieder arbeitsfähig nach fast 4 Jahren, mit abgeschlossener [eigentlich: abgebrochener] tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und abgeschlossener [eigentlich: abgebrochener] medikamentöser Therapie) würde man dies wohl meinem letzten Therapeuten zuschreiben, und das hat er sich wirklich nicht redlich verdient.


Jenny Doe
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 04:46

Hallo Fundevogel,
Beziehungsweise möchte ich mal vorsichtig nachfragen, ob die Therapie für dich überhaupt erfolgreich war.
Danke, dass du nachfragst.
Ja, die Therapie hat mir sehr geholfen. Ich kann wieder raus gehen, Zug und Bus fahren, ... kurz: All das, was mir vor der Therapie nicht mehr möglich war, geht jetzt wieder. Und auch die Intrusionen sind verschwunden. Ich denke nur noch selten an das, was passiert ist, und wenn, dann nur kurz und ohne psychische Belastung. Für mich war die Therapie ein glatter Erfolg.
Also die Frage, welche Therapieformen die Solidargemeinschaft denn finanzieren solle, weil sie erfolgversprechend sind. Und welche Kriterien sind die Basis dafür und wer mißt das?
Es gibt Fragebögen, die man als Klient am Ende der Therapie ausfüllen kann und in denen man den Erfolg der eigenen Therapie selber einschätzen kann. Mir wurde jedoch bisweilen nur in einer Therapie ein solcher Fragebogen vorgelegt, was ich sehr schade finde. Wenn dieser Standard wäre, dann könnte man viel mehr Aussagen machen über die Wirksamkeit der Therapie, aus Sicht des Klienten.
Allerdings sind die Fragen in diesen Fragebögen sehr allgemein gehalten, z.B. sinngemäß "Ich bin ruhiger als vor der Therapie". Die persönlichen Ziele werden in solchen standardisierten Fragebögen nicht gemessen, was ich sehr schade finde, weil ich denke, dass sie individuellen Therapieerfolg nicht adäquat messen.
Und sie messen natürlich nur den kurzfristigen Therapieerfolg, nicht aber, wie es nach ein oder zwei Jahren aussieht. Ebenfalls schade. Wenn man ehemaligen Klienten nach ein, zwei Jahren noch mal so einen Fragebogen zukommen lassen würde, dann wären auch Aussagen über die Langzeitwirkung von Therapie möglich.

viele Grüße
Jenny
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Maika
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 08:14

Danke @Fundevogel...

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Chakotay
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Beiträge: 243

Beitrag Mo., 12.11.2012, 08:40

Fundevogel hat geschrieben:Hallo Chakotay,

darf ich dich dazu was fragen?
Chakotay hat geschrieben:Mein Therapieziel? Ganz klar: INNERE FREIHEIT!! Alles andere (lieben, arbeiten, hoffen, loslassen, freuen, trauern... - leben halt) geht damit Hand in Hand und folgt sicherlich.
Was genau bedeutet für dich innere Freiheit?
Möchtest du frei VON etwas sein oder FÜR etwas.
Und wie kann man sich das konkret vorstellen, frei von Angst oder so ähnlich?
Hallo Fundevogel,

durch meine psychische Situation bin ich in meinen Entscheidungen, Handlungsspielräumen, Wahlmöglichkeiten, Lebensvollzügen etc. extrem eingeschränkt - ja, eingesperrt. Mein "Ich", meine Persönlichkeit, meine Identität, ist zwischen den dicken, hohen Mauern einer psychischen Erkrankung eingeschlossen. Diese Mauern - vielleicht nicht gerade restlos einzureißen, aber - zu durchlöchern, in der Höhe und Dicke zu verringern, kleinere Türchen und größere Tore einzubauen, ja, DAS ist für mich "innere Freiheit".
ICH möchte meine Wahlmöglichkeiten, mein Leben zu leben, zurückhaben!!!!

Ich hoffe, ich habe es einigermaßen vorstellbar erklärt - alles, was mit meinem Innenleben zu tun hat, ist bei mir tendenziell analphabetisch (ich arbeite daran)...

Danke fürs Nachfragen!
Gruß von Chakotay

Ach ja: Ich sehe es genauso wie du: Dankbarkeit, dass ich meine Therapie selbst finanzieren kann. Unschätzbar.
Wenn ich mich niederwerfen würde,weinen u.erzählen,was wüßtest Du v. mir mehr als v. der Hölle,wenn jmd erzählt,sie ist fürchterlich.Darum sollten wir voreinander so ehrfürchtig,nachdenklich,liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.(Kafka,gekürzt)

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Fundevogel
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 18:46

@kaja

Danke für dein Posting; Symptomfreiheit/-reduktion und Arbeitsfähigkeit, das brauchen wir wohl zum Leben.
Ich wünsche es dir sehr, sehr! Dieses Leichter-Werden, langsam und auch die nächsten Schritte sehen können auf dem Weg und diese auch gehen können, langsam, ein kleines Schrittchen nach dem anderen, mit Pausen zum Innehalten.
Ich wünsche es dir sehr!

@Lou, vincent, Jenny
Also ich hatte schon den Eindruck, daß die Wirksamkeitsstudien von Therapien nicht nur auf Therapeutenseite abgefragt werden, sondern dafür auch Patienten nach ihrer Selbsteinschätzung gefragt wurden.

Was aber offenbar überall zu kurz kommt, sind die Langzeitstudien.
Wie Rilke ja auch gesagt hat - manches setzt sich erst lange nachher.

@Jenny
Das freut mich sehr, daß deine letzte Therapie auch gefruchtet hat. Find ich ziemlich sensationell, in so kurzer Zeit Ängste wegzukriegen und Intrusionen, wieder ein Leben zu haben und die psychische Belastung so deutlich zu reduzieren. Find ich echt beeindruckend. Chapeau!

@Rilke
Danke
Da war wohl vor allem bei deinem letzten Therapeuten sehr viel Eigenleistung von dir dabei!
Das bringt mich jetzt so richtig zum Nachdenken...

@Maika
gerne

@Chakotay
Danke dir für deine Erklärung, jetzt kann ich es besser verstehen, worum es dir geht und wie du dich fühlst.
Ich wünsch dir einen Hammer, um die Mauer einzuschlagen, Steine und Mörtel und Türen und was immer du brauchst, um Öffnungen zu bauen mit Türen, die nur du allein öffnen und schließen kannst, damit du dich sicher fühlst. Das wünsch ich dir sehr!
Fundevogel

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Fundevogel
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 18:54

Eure Postings haben mich sehr zum Nachdenken gebracht.

Offenbar gibt es erfolgreiche Therapien, wie die vielen Rückmeldungen zeigen und das ist ja auch unbestritten.
Aber jetzt denke ich mal in die andere Richtung:

Ich glaube mal, daß Therapeut und Patient gleichermaßen (?) zu einem Therapieerfolg beitragen.

Aber: Was ist, wenn es schlecht läuft?
Wenn nichts weitergeht, die Symptome nicht besser werden oder neue dazukommen, es Probleme in der therapeutischen Beziehung gibt.

Woher soll man dann wissen, daß das ein Problem ist, daß vielleicht "draußen" im Leben auch auftaucht und man dranbleiben muß und durchtauchen.
Oder ob in der Therapie was gewaltig schief läuft.

Wann ist eine Krise in der Therapie eine Möglichkeit weiterzukommen oder
ein Zeichen für ein Therapieende/-wechsel?

Wie soll man denn das entscheiden können

fragt sich und Euch
Fundevogel

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Engel22
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:33

hmm gute Frage...
Ich denke das es in jeder Therapie Momente gibt wo eine Therapie sowohl in die eine als auch in die andere Richtung laufen kann. Was genau dann den Ausschlag gibt ist schwer zu beurteilen, ich denke das eigene Gefühl. Ich hatte selber auch Stunden wo ich das Gefühl hatte enttäuscht zu sein und nicht das rüber gebracht zu haben was ich wollte, aber mit etwas Abstand muss man auch selber den Druck von sich weg nehmen. Es kommen halt auch unvorhergesehene Situationen vor. Das Leben ist nun mal nicht planbar....
Und ich denke man sollte vll. auch die eigene Erwartungshaltung immer mal wieder kritisch prüfen, was sowohl den Therapeuten betrifft als auch sich selber. Und wie viele schon gesagt haben oft kommt der Ertrag erst nach Tagen, Wochen, Monaten. Häufig sind es gerade die Schlüsselmomente die man am meisten fürchtet, an die man immer mit grauen denkt und immer hofft hoffentlich wird das nie Thema....
Aber wenn man das übersteht ist es eine ganze neue Erfahrung das es oft "leichter" war als man dachte und die Angst der ungewissheit weg ist.

Ich selber würde eine Therapie abbrechen, wenn ich das Gefühl hätte das der Therapeut mir nicht weiter hilft, wenn ich auf einem Punkt stehen bleibe, keine zwischen Erfolge hätte. Und auf mein GEFÜHL im Gespräch oder in der Stunde mit Ihm/Ihr. Ob es mir gut geht oder schlecht (dahin fühlen)


Vincent
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:52

Fundevogel hat geschrieben:Aber: Was ist, wenn es schlecht läuft?
Gestern habe ich mit einer Freundin telefoniert. Sie selbst macht seit geraumer Zeit eine Analyse. Während des Gesprächs kamen wir zu der These, dass Therapie doch immer sehr von der Reflexionsfähigkeit des Therapierten selbst abhänge und speziell die Psychoanalyse am meisten geeignet sei für bereits stabilere, reflektiertere Patienten, wohingegen z. B. die Verhaltenstherapie erst die Basis für Stabilität und Reflexionsfähigkeit schaffen muß.

Zur Wirksamkeit:
Hier im Forum kann man ja sehr oft erkennen, dass Therapie selbst nach Jahren kaum Entwicklung, Stabilisierung, Bewußtwerdung und - wie von Freud gefordert - Genussfähigkeit gefördert werden konnten. Andere wiederum scheinen große Fortschritte gemacht zu haben. Es ist die Frage, wovon die Wirksamkeit letztlich abhängt. Ich denke vor allem von der Mitarbeit und Reflexionsfähigkeit des Patienten.

Die Therapiemöglichkeiten sind als methodisches Angebot vorhanden. Der Patient, der sich auf eine Methode einläßt, muß sie schlicht rational und intuitiv zu verstehen wissen, damit sie Erfolg haben bzw. wirksam sein kann. Ich denke, die fachliche und empathische Fähigkeit des jeweiligen Therapeuten ist eher zweitrangig.
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Fundevogel
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 19:57

Ja, die Schlüsselmomente...
Manchmal fürchtet man sich sehr davor und dann gibts eine ganz tolle Reaktion.

Manchmal gibts so Momente überraschend und man denkt sich, nee, so nich,
nicht mit mir, das paßt nicht, da rennt was gewaltig schief.

Wenn ich kurz davor bin, alles hinzuschmeißen, dann überlege ich meist nach den ersten Emotionen,
obs mir immer noch besser geht als damals oder damals.
Und ich bringe das dann auch, ich gehe gerne auch in die Konfrontation und wenn das dann ausgehalten, gut ausgeredet wird, dann gehts wieder weiter.

Das Gefühl ist sicher ganz wichtig dabei.
Aber manchmal gibts halt auch ganz starke, ganz schlechte Gefühle, die hochkommen
und wenn man das Gefühl hat, man hält das alles gar nicht mehr aus,
dann kommen auch die Zweifel wieder....
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Fundevogel
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 20:01

@vincent
Die Reflexionsfähigkeit des Patienten ist wohl ein wichtiger Punkt.
Und dazu gehört auf jeden Fall , wie ich glaube, ein gewisses Maß an psychischer Stabilität.
Wenn man nicht stabil ist, dann kann das weitere Aufreißen von tiefen Themen auch Schaden anrichten.

Was die Wirksamkeit anlangt:
Ich glaube im Gegenteil, daß nicht die gewählte Methode ausschlaggebend ist,
sondern die Fähigkeit des Patienten zur Mitarbeit und ganz besonders die Persönlichkeit des Therapeuten,
der oft genug die reine Lehre seiner Methode an die Bedürfnisse des Patienten anpassen muß bzw. sollte.
Ist jedenfalls meine Erfahrung.
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Engel22
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Beitrag Mo., 12.11.2012, 20:42

Fundevogel hat geschrieben: Was die Wirksamkeit anlangt:
Ich glaube im Gegenteil, daß nicht die gewählte Methode ausschlaggebend ist,
sondern die Fähigkeit des Patienten zur Mitarbeit und ganz besonders die Persönlichkeit des Therapeuten,
der oft genug die reine Lehre seiner Methode an die Bedürfnisse des Patienten anpassen muß bzw. sollte.
Ist jedenfalls meine Erfahrung.
Das denke ich auch man will wenn es einem schlecht geht da abgeholt werden wo man gerade ist da zählt für mich in erster Linie das ich einen Therapeuten an meiner Seite habe der mir auzeigt wie die Lösung aussehen könnte und der meine Stärken sieht und diese nutzt und wir gemeinsam einen Weg daraus finden.
Und dann möchte ich auch nicht mit Fachbegriffen zugeredet werden (ganz gleich ob ich einige davon kenne) dann möchte ich auch weniger einen Arzt sonder einen Therapeut der menschlichkeit ziegt. Die Methode ist wohl für den gesamten Therapieverlauf wichtig zu wissen für den Langzeiterfolg sicherlich hilfreich, aber in den vielen kleinen Schritten brauche ich immer jemanden der sich auf die jeweilige Situation einlässt.

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