liebe ombra,
ich hab mir jetzt dieses und deine ersten posts nochmal genau durchgelesen. und nach deinen erfahrungen mit zwangseinweisungen wegen akuter suizidalität kann ich deine ängste und die hemmung, die hilfe zu holen, mehr als gut nachvollziehen; immerhin könnte ja das kind mit dem bade ausgeschüttet werden und sich die situation von damals wiederholen.
... eben weil ich nie weiß, wo genau die "Grenze" für die Anderen ist. Für mich sind Suizidgedanken quasi "normal". Ich kann darüber rein theoretisch wahrscheinlich genauso reden wie übers Wetter. Auch über die Themen Tod oder speziell meinen Tod und alles was damit zusammen hängt.
... Ich bin mir halt auch nicht sicher, wo die "Grenze" bei Menschen liegt, die sich beruflich quasi mit Suizidgedanken beschäftigen. Ich habe halt da immer Angst zwangseingewiesen zu werden.
das ist sehr unterschiedlich, denke ich, mit wem du darüber sprichst. jemandem, der selbst eher ängstlich ist, oder der wenig erfahrung mit dem thema hat, werden wahrscheinlich schneller die "grausbirnen aufsteigen", als jemandem, der eine große palette an situationen kennt und der daher die realen risiken abschätzen kann und von da her vielleicht auch eher mit dir genau über diese gedanken auch reden kann, der sich fragen traut und der nicht gleich nach einem transportfahrzeug in den naheliegendsten schutzraum psychiatrie schreien muß.
bei krisendiensten (oder auch bei telefonnotrufen, wo du anonym bleiben kannst) kommen suizidale phantasien, fluchtgedanken, ... relativ häufig vor, in verschiedensten abstufungen. daher findest du dort eher leute, die die konfrontation mit diesem thema "gewohnter" sind, die gemeinsam mit dir schauen können, welche optionen einer behandlung da sind, ob es "nur" suizid"gedanken" (im sinn eines fluchtwunsches) sind, oder ob das ganze schon einen starken impulsdruck hat.
die auch erkennen, ob da noch spielraum ist (wie bei dir zur zeit, es sei denn, ich tät mich ganz arg täuschen), oder ob du schlicht einen geschützten raum brauchst (was nicht zwingend eine psychiatrie sein muß, da gibts auch andere möglichkeiten, die mit DIR besprochen werden. )
"profis" können auch besser einschätzen, ob suizidgedanken
eine entlastende funktion haben (so á la: wenns wirklich schlimm wird, dann kann ich immer noch..), oder ob sie eine erschöpfungsfolge sind ("ich mag
so nimmer weitermachen, ich bin müd, ich will endlich RUHE" -was oft -wenn man drüber reden darf- gute hinweise drauf gibt, wie es denn "anders" sein müßte, wie man anders ruhe fände)
oder ob wirklich ein gedanklicher oder impulsmäßiger "zwang", eine extreme einengung entsteht, der gefährlich werden könnte, und ob es noch ambulant als besser stationär behandelbar wäre.
Ok, dass waren auch immer nur Situationen mit konkreten Suizidversuchen, nie weil ich einfach nur irgendwas gesagt habe.
das ist genau die grenze bei den profis: eine akute, konkrete, nicht mehr beeinflußbare situation. dann weisen die dich ein, wenn sie dich nicht motivieren können, mit ihnen einen arzt oder ein krankenhaus aufzusuchen.
klar. aber nicht zur strafe, sondern weil sie dich vor der selbstzerstörung schützen müssen. da muß allerdings schon wirklich sehr konkret klar sein, daß du dich umbringen wirst. und zwar jetzt. und daß du es kannst. und willst.
solange das nicht gegeben ist (du also ihnen also nicht grad deine sofortige absicht und deine mittel drastisch kundtust), werden sie wenig handhabe haben dazu.
übrigens ein gedanke dazu, der dich hoffentlich jetzt nicht total "umwirft":
schon mal dran gedacht, daß man sich -wenn man sich selber nimmer trauen kann und im kampf gegen die suizidgedanken,wenn sie zu quälend werden, am rand der erschöpfung und des nachgebens steht - auch
selbst in eine ambulanz oder ein krankenhaus aufnehmen lassen kann?
dann ist man nämlich freiwillig dort (ein "kunde", wie es jetzt so schön heißt, und man kann sich medikamentös und therapeutisch stützen lassen, damit der schlimmste druck mal nachläßt, und man wieder die innere enregie kriegt, veränderungen anzuudenken und nach und nach anzugehen.
und als freiwilliger "selbsteinweiser" ist man auf offener station und hat jederzeit die volle persönliche freiheit. ergo auch das recht, dort freiwillig wieder rauszugehen, auch auf revers... solang man auf der station selbst keinen total krassen film dreht...
das aber nur als denkanstoß und absolutes notprogramm...
ich wünsch dir jedenfalls, daß du morgen mal ein paar termine für dich zusammenbekommst... deine absicht, dir ärztliche hilfe zu holen, hast du ja eh noch nicht aufgegeben, oder? ich wünsch dir glück!
liebe grüße, die windfrau