Angst und Zwangshandlungen

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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Thobie
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Beitrag Di., 31.07.2012, 03:47

Moin, Innere_Freiheit,
Innere_Freiheit hat geschrieben:Zu Veränderung kommt es,
• wenn du eine Erkenntnis hast, die einen großen Aha-Effekt in dir auslöst,
• wenn du merkst, dass irgendetwas, von dem du bisher ganz tief in deinem Inneren überzeugt warst, nicht stimmt,
• wenn du mit dir selbst, mit anderen Menschen oder mit der Welt neue Erfahrungen machst, die dem widersprechen, von dem du bisher ganz tief in deinem Inneren überzeugt warst,
• und vor allem, wenn du das, was du bisher immer abgelehnt hast, annimmst, fühlst und somit integrierst.[/list]
Thobie hat geschrieben:Das beides empfinde ich als Überstülpen. Oder was denn der "richtige" Weg sein sollte.
Das ist meine Erfahrung, was zu Veränderung führt und was nicht.
Du kannst gerne anders vorgehen, wenn du bessere Wege kennst.
DAS ist doch mal ein Wort, das ist Deine Erfahrung. Okay, kann ich akzeptieren, wenn Du es so gemacht hast und auch weiterhin so machst. Nur kann ich das für mich nicht annehmen und akzeptieren, das ist für mich kein Weg, sorry.

Aber Danke für Deinen Hinweis.

Thobie

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(e)
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Beitrag Di., 31.07.2012, 05:40

Thobie

Da Du ganz genau weißt, woran es bei Dir liegt, solltest Du doch jetzt Deine Gedankengänge so weit vorantreiben können, um die Lösung ganz speziell für Dich selbst zu finden. Du hast Angst. Dort musst Du ansetzen, wie Du selbst sagst. Was genau könnte Schreckliches passieren, wenn jemand durch falsche Mimik etc. nicht authentisch auf Dich wirkt und Dir das Angst macht? Wirst Du dadurch umgebracht? Schränkt es Dich wirklich ein? Ist es nicht in Wirklichkeit so, dass es keine Rolle spielt, so wie ein Blinder auch gut zurechtkommt, ohne die jeweilige Mimik zu sehen? Warum fixierst Du Dich so darauf?
Lieben Gruß
elana

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woflx
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Beitrag Di., 31.07.2012, 11:14

ich glaube wir drehn uns hier ein bisschen im kreis. angst ist teil jeder zwangserkrankung, da sind wir uns wohl einig. aber die zwänge sind nicht das sekundäre problem. du hasst keine angsterkrankung und zusätzlich noch zwänge. du hast eine zwangserkrankung. und wie schon gesagt, klar, wenn man die die angst nimmt, dann hören auch die zwänge auf. aber man kann dir eben die angst nicht nehmen, wenn du sie immer wieder mit den zwängen verdrängst. du musst angst haben um an der angst arbeiten zu können. auch wenn du nicht immer zwänge hast, in den momenten in denen du sie hast verdrängst du die angst. das kannst du nicht abstreiten. und genau diese momente dürfen nicht sein um an der angst zu arbeiten.

glaubst du du bist der einzige der meint, dass er primär eine angsterkrankung hat und dass die zwänge nur sekundär sind? du musst einfach lernen, dass das ein zusammenspiel ist. und wenn deine zwänge so stark sind, dass du nichtmal darüber tagebuch führen kannst, dann kannst du wohl nicht behaupten, dass die zwänge nur sekundär sind. aber du musst es wissen. du musst entscheiden was für dich am besten ist. du hast um rat gefragt und ich habe dir gesagt wie ich das sehe.

ich habe vor vielen dingen angst. primär vor den erinnerungen aus meiner kindheit. obwohl ich sie mit den zwängen versuche zu verdrängen sind sie immer noch da. ich habe natürlicht trotzdem angst, obwohl die zwänge da sind. aber der punkt ist, dass dadurch, dass ich versuche meine gedanken mit meinen zwängen zu verdrängen, sie immer wieder kommen. das ist wie die geschichte mit dem nilpferd und der kiste gold. ein mann geht zu einer wahrsagerin und sie sagt ihm er würde wenn er heute nacht in seinem garten ein loch gräbt eine kiste gold finden. er dürfe aber ja nicht an ein nilpferd denken. am abend geht der mann in den garten und will das loch graben, doch er muss natürlich die ganze zeit an das nilpferd denken. und genau so funktionieren zwänge auch. wenn du versuchst nicht an etwas zu denken, dann musst du erst recht daran denken.

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Thobie
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Beitrag Do., 02.08.2012, 01:40

*elana* hat geschrieben: Was genau könnte Schreckliches passieren, wenn jemand durch falsche Mimik etc. nicht authentisch auf Dich wirkt und Dir das Angst macht? Wirst Du dadurch umgebracht?
nein, umgebracht werde ich dadurch nicht. Aber es taucht ein ganzer Mix aus Gefühlen in mir auf, mit denen ich nicht umgehen kann. Ich bin verwirrt, verunsichert, ohmächtig, hilflos, aber auch wütend. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.

Ich habe es in den letzten Tagen des öfteren versucht, Menschen genauer zu beobachten, was sie sagen, und wie Mimik, Gestik und Verhalten sind. Mehr als 5–8 % Kongruenz konnte ich niemandem "attestieren". Nun, ich habe das mal in meiner Phantasie "weitergesponnen" und mir gesagt, wie es wäre, wenn jeder Mensch zu 100 % authentisch und kongruent wäre. Da tauchen dann ganz neue Dinge für mich auf, die ich nicht kenne. Dadurch müsste ja auch abgedeckt sein, dass ich jemandem trauen kann. Also, wenn er sagt, er ist da, dass er zu diesem angegebenen Zeitpunkt dann auch für mich da ist. Oder dass mir jemand richtig zuhört. Da schließen sich für mich mehrere Dinge an, die ich nicht kenne und die eigentlich vorhanden sein sollten.

Zum Thema "Zuhören" gibt es eine merkwürdige Anekdote: Ich habe vor mehr als 15 Jahren eine tiefenpsychologische Therapie gemacht, einmal pro Woche eine Stunde im Sitzen. Der Therapeut war wirklich sehr gut, er hat mir immer zugehört. Nur hatte ich über die 2–3 Jahre, so lange die Therapie lief, dennoch immer den Eindruck, er hört mir dennoch nicht zu – obwohl er mir zuhörte.

Mit diesem double blind lässt sich dies tatsächlich sehr leicht auflösen. So, wie ich meine Mutter kenne, war es früher immer so, dass ich ihr etwas erzählen wollte, sie sagte mir, sie höre mir zu – aber an Mimik, Gestik und Verhalten entnahm ich, sie hörte mir ja doch nicht zu. Also erzählte ich ihr etwas, sie sagte, sie hört mir zu, das tat sie in Wirklichkeit aber nicht, sondern kümmerte sich um Haushalt oder anders usw. Also: Sie hat mir NIE richtig zugehört. Deswegen die merkwürdige Sache bei meinem Therapeuten, die ich mir heute erklären kann.

Thobie

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woflx
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Beitrag Do., 02.08.2012, 13:24

zum thema authentisch: ich würde das eher so sehen, dass es eben nicht nur darauf ankommt, was jemand sagt, sondern eben auch darauf, was er mit mimik und gestik tut. ich würde es als authentisch bezeichnen, wenn die aussage ein mix aus eben allen diesen dingen wäre. für mich wäre es alles andere als authentisch, wenn alle diese bereiche perfekt aufeinander abgestimmt wären.

wie machst du das denn? sagst du immer was du denkst? und passt deine mimik und gestik immer perfekt dazu? hast du noch nie, wenn dich jemand gefragt hat wies dir geht gesagt gut, obwohl es dir in wirklichkeit nicht gut gegangen ist? was ist mit sarkasmus? verstehst du den? denn vielleicht ist es so, dass du die menschen eigentlich richtig deuten kannst, dich aber einfach nicht auf dein gefühl verlässt und dadurch unsicher wirst. denn all diese sachen passieren auf einer gefühlsebene. wenn man versucht darüber nachzudenken funktioniert es nicht mehr, denn es geht sehr viel um intuition.

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Beitrag Sa., 04.08.2012, 01:07

Moin,
woflx hat geschrieben:wie machst du das denn? sagst du immer was du denkst? und passt deine mimik und gestik immer perfekt dazu? hast du noch nie, wenn dich jemand gefragt hat, wie's dir geht, gesagt gut, obwohl es dir in wirklichkeit nicht gut gegangen ist?
nein, wenn ich gut drauf bin, dann sage ich auch, dass es mir gut oder einigermaßen geht. Bin ich mit dem linken Bein aufgestanden und der ganze Tag ist schon morgens hinüber, dann sage ich auch, dass es mir nicht gut geht, dann bin ich eben "Fertig mit der Welt!". Ich sage das so offen. Und in letzterem Fall will ich dann auch nicht unbedingt angesprochen werden oder viel reden müssen.
was ist mit sarkasmus? verstehst du den?
Ja, Sarkasmus und auch Zynismus kann ich gut erkennen. Wobei ich diesen Menschen, die so reden oder agieren, eher unterstelle, dass sie unbewusste, versteckte Aggressionen haben und diese nicht adäquat artikulieren können in Ärger, Zorn, Wut oder Hass. Dann wird es eben in Zynismus oder Sarkasmus versteckt.
denn vielleicht ist es so, dass du die menschen eigentlich richtig deuten kannst, dich aber einfach nicht auf dein gefühl verlässt und dadurch unsicher wirst. denn all diese sachen passieren auf einer gefühlsebene. wenn man versucht darüber nachzudenken funktioniert es nicht mehr, denn es geht sehr viel um intuition.
Es ist nicht nur eine Gefühlssache, denn ich sehe (!) ja meinen Gegenüber, wie seine Mimik, Gestik und sein Verhalten ist, und ich höre (!) ihn, wenn er etwas sagt, und kann das dann auch rational einschätzen und bewerten. Das ist also beides, rational und emotional.

Ich möchte aber ausdrücklich Soulchild noch mal danken, dass sie mich auf dieses Double Bind hinwies. Ich habe am Donnerstag etwas Merkwürdiges erlebt. Ich hatte einen Termin bei meinem behandelnden Arzt. Normalerweise komme ich da nicht vor die Tür, renne 5–10 Mal zur Tür und wieder zurück (Zwangshandlungen), weil ich natürlich auch die Angst auf den Arzt übertrage. Heute bin ich beim 1. Mal (!) vor die Tür gekommen. Ich hatte, als ich zu ihm fuhr, weniger Angst als sonst. Ich musste sogar noch eine viertel Stunde durch den sehr belebten Ortskern meines Stadtteils zum Bargeldautomaten gehen, weil ich kein Bargeld für die Praxisgebühr dabei hatte. Auch da hatte ich weniger Angst. Dann glückte es mir vorhin sogar noch, zu Aldi einkaufen zu gehen und kam dabei beim 2. Mal (!) vor die Wohnungstür und fast ohne Zwangshandlungen durch das Geschäft zum Einkaufen, also mit deutlich weniger Angst.

Ich hatte bei den Unternehmungen jedes mal dieses Double Bind im Kopf, weil sich da jetzt etwas geändert hat: Ich kann jetzt jedem innerhalb von 2 Minuten erklären, weshalb ich Angst habe und womit das zusammenhängt. Und es ist einfach und leicht verständlich für jeden. Früher brauchte ich immer eine viertel Stunde und musste weit ausholen, um die Angst zu erklären. Und die wenigsten verstanden, was es heißt, wenn ich sage, ich empfinde jemanden als unecht oder unauthentisch. Jetzt klappt das ganz schnell und kurz und ich kann es benennen.

Ich weiß nicht genau, ob die beiden Aktionen, die mit weniger Angst verliefen, wirklich damit zu tun haben, denke es aber fast schon. Ich werde es die kommenden Tage noch genauer verfolgen.

Thobie

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woflx
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Beitrag Sa., 04.08.2012, 11:09

Thobie hat geschrieben:
was ist mit sarkasmus? verstehst du den?
Ja, Sarkasmus und auch Zynismus kann ich gut erkennen. Wobei ich diesen Menschen, die so reden oder agieren, eher unterstelle, dass sie unbewusste, versteckte Aggressionen haben und diese nicht adäquat artikulieren können in Ärger, Zorn, Wut oder Hass. Dann wird es eben in Zynismus oder Sarkasmus versteckt.
denn vielleicht ist es so, dass du die menschen eigentlich richtig deuten kannst, dich aber einfach nicht auf dein gefühl verlässt und dadurch unsicher wirst. denn all diese sachen passieren auf einer gefühlsebene. wenn man versucht darüber nachzudenken funktioniert es nicht mehr, denn es geht sehr viel um intuition.
Es ist nicht nur eine Gefühlssache, denn ich sehe (!) ja meinen Gegenüber, wie seine Mimik, Gestik und sein Verhalten ist, und ich höre (!) ihn, wenn er etwas sagt, und kann das dann auch rational einschätzen und bewerten. Das ist also beides, rational und emotional.
also das mit dem sarkasmus finde ich interessant. ich finde sarkasmus und zynismus eigentlich wirklich toll. aber nicht weil man da irgendwelche aggressionen unterdrücken kann, denn wenn dem so ist, würde man das sowieso merken. einfach nur weil es eine ganz witzige art und weise ist sich auszudrücken. ich finde zum beispiel, dass kabarett oder comedy ohne sarkasmus und zynismus nicht mehr das gleiche wäre. aber ich glaube das muss man einfach mögen.

etwas habe ich nur nicht ganz verstanden, nämlich das mit der gefühlssache. du sagst du hörst und siehst dein gegenüber, aber trotzdem kommt es dir unecht vor. und du hast doch auch gesagt, dass es dir schwer fällt das alles richtig zu deuten oder? also ich dachte das problem ist, dass du etwas hörst und siehst und es aber irgendwie nicht zusammenpasst bzw es dir nicht authentisch vorkommt. ich bin jetzt nur mal von mir ausgegangen. wenn ich mich zu sehr drauf konzentriere wie jemand etwas bestimmtes meint, weil es in dem moment wirklich wichtig ist, dann fällt es mir auch schwerer das zu beurteilen. eben weil ich versuche da rational und nicht gefühlsmäßig ranzugehn.

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soulchild
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Beitrag Sa., 04.08.2012, 17:03

Hallo Thobie,
Es freut mich sehr,daß ich was für dich sinnvolles beigetragen habe.deine Angst jetzt besser benennen können,auch bei anderen ist denk ich erleichternd.Also ich hab nochmal alles durchgelesen und du beschreibst,daß du dich ja erst seit kurzem so auf die Echtheit von anderen konzentrierst.Aus meiner Sicht ist das auch schon etwas Zwanghaft,aber diesmal ist dieses für mein Gefühl zwanghafte darauf achten direkt mit Angst verbunden.da hast du doch einen riesen Schritt gemacht! Mir scheint sonst dienten deine Zwänge oft der Angstvermeidung,jetzt wird die Angst konkreter und vielleicht kannst du dich jetzt besser mit den ursprünglichen Gefühlen verstärkt auseinandersetzen.Dein Ur- und Vertrauen ist natürlich verletzt.Mich würde interessieren wie dein Selbstvertrauen aussieht.Denn manchmal steht hinter dem zwanghaften Beschäftigen mit anderen vielleicht auch Selbstunsicherheit oder Minderwertigkeitsgefühle.Würde ja nicht verwundern,weip nebst der Widersprüchlichkeit in der Bindung zu deiner Mutter ja auch wenig Aufmerksamkeit da war für dich. Lg
Soulchild

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(e)
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Beitrag Sa., 04.08.2012, 23:58

Lieber Thobie

Meine Mutter ist mir früher immer davongerannt im Haushalt, wollte sich nie setzen und mir auch nie richtig zuhören. Da Du zwangskrank bist und ich eine zwanghafte Persönlichkeit habe, sehe ich da einen Zusammenhang. Interessant, diese Parallele. Bei mir hat es sich so ausgewirkt, dass ich immer Angst habe, den Menschen zur Last zu fallen, ich mich immer im Voraus entschuldige, dass ich sie störe oder ihre Zeit in Anspruch nehme, und ich stets überlege, wie ich es meinem Gegenüber so gemütlich machen kann, dass er gerne bleibt und mir zuhört. Die Mimik kann ich auch nicht so richtig einschätzen, sondern nur die Einzelheiten zu entschlüsseln versuchen. Aber ich mache Fortschritte in mieiner Therapie und kann die Mimik nun besser wahrnehmen.

Freut mich, dass Du auch einen Fortschritt bei Dir herausholen konntest!
Lieben Gruß
elana

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Thobie
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Beitrag So., 05.08.2012, 02:05

Moin, elana,
*elana* hat geschrieben:Meine Mutter ist mir früher immer davongerannt im Haushalt, wollte sich nie setzen und mir auch nie richtig zuhören. Da Du zwangskrank bist und ich eine zwanghafte Persönlichkeit habe, sehe ich da einen Zusammenhang. Interessant, diese Parallele. Bei mir hat es sich so ausgewirkt, dass ich immer Angst habe, den Menschen zur Last zu fallen, ich mich immer im Voraus entschuldige, dass ich sie störe oder ihre Zeit in Anspruch nehme, und ich stets überlege, wie ich es meinem Gegenüber so gemütlich machen kann, dass er gerne bleibt und mir zuhört.
Das kann ich verstehen, nach dem, was Du in Deinem ersten Satz über Deine Mutter erzählt hast. Ein Bekannter von mir, der Depressionen und Angst hat, hat in seiner Kindheit erlebt, dass er bei jeder Anstrengung, etwas Neues zu unternehmen – Sportverein usw. – , er von seiner Mutter gehört hat, "Lass das, Du schaffst das nicht, das bekommst Du nicht hin, lass es lieber sein!". Resultat? Er traut sich nichts zu, weil ihm früher nie jemand etwas zugetraut hat! Er leidet heute an einer Depression, wacht morgens auf, hat Termine den Tag über und denkt sich – adäquat zu dem Erlebten – "das schaffe ich nicht!". So bläut man Kindern fehlendes Selbstvertrauen und Unvermögen ein. Das krasseste, was er mir mal erzählte, war, dass seine Mutter, tabletten- und alkoholabhängig, ihm sagte, "Wenn Du nicht da wärst, ginge es uns allen besser!" Bitte? Das zu einem Kind? Das muss ja wohl eine tiefe Verletzung hinterher ziehen und sich auch im Erwachsenenalter auswirken. Was Eltern so manchmal anrichten können … ;–(
Die Mimik kann ich auch nicht so richtig einschätzen, sondern nur die Einzelheiten zu entschlüsseln versuchen. Aber ich mache Fortschritte in meiner Therapie und kann die Mimik nun besser wahrnehmen.
Wünsche Dir alles Gute dabei.

Thobie

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Beitrag So., 05.08.2012, 02:22

Danke, Thobie! Ich Dir auch!
Lieben Gruß
elana

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Thobie
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Beitrag So., 05.08.2012, 02:33

Moin,
woflx hat geschrieben: also das mit dem sarkasmus finde ich interessant. ich finde sarkasmus und zynismus eigentlich wirklich toll. aber nicht weil man da irgendwelche aggressionen unterdrücken kann, denn wenn dem so ist, würde man das sowieso merken. einfach nur weil es eine ganz witzige art und weise ist sich auszudrücken. ich finde zum beispiel, dass kabarett oder comedy ohne sarkasmus und zynismus nicht mehr das gleiche wäre. aber ich glaube das muss man einfach mögen.
ich würde mal sagen, Kabarett und Comedy sind da noch eine ganz andere Sparte, das ist ähnlich wie bei Nachrichtensprechern, das sind Profis in der Mitteilung von Fakten oder in diesem Fall von Andeutungen, Späßen oder ähnlichem.

Menschen, die ich bisher erlebt habe, die sarkastisch und zynisch waren, habe ich immer so empfunden, dass sie eine unbewusste Aggression gegen irgend was hatten, das sie aber nicht in Ärger, Zorn, Wut und Hass direkt dem entsprechenden Gegenüber artikulieren konnten. Dazu gehört eben auch eine gewisse Fähigkeit, jemandem gegenüber seine Agressionen auszudrücken. Manche Menschen schaffen es nur, indem sie diese Aggressionen in Sarkasmus und Zynismus verpacken/verstecken und sozusagen – wie sagt man da? – von hinten durch die Brust ins Auge treffen. Sie können es nicht anders. Die Profis – siehe oben – lass mal außen vor.
etwas habe ich nur nicht ganz verstanden, nämlich das mit der gefühlssache. du sagst du hörst und siehst dein gegenüber, aber trotzdem kommt es dir unecht vor. und du hast doch auch gesagt, dass es dir schwer fällt das alles richtig zu deuten oder? also ich dachte das problem ist, dass du etwas hörst und siehst und es aber irgendwie nicht zusammenpasst bzw es dir nicht authentisch vorkommt.
Wenn Du 20 Jahre in Kindheit und Jugend mit so etwas aufgewachsen wärst, dass eigentlich bei allem, was Deine erste Bezugsperson, Deine Mutter, zu Dir sagt, nicht echt und authentisch war – sie sagt etwas, Du schaust sie an und denkst Dir, "Ne, das will sie nicht sagen, sie will etwas anderes sagen, aber was will sie sagen?", und selbst wenn Du sie in höherem Alter daraufhin ansprichst, sagt sie Dir trotzdem "wahrheitsgemäß", "Nein, das wollte ich schon sagen", und Du schaust sie wieder an und denkst Dir wieder … usw. usw., dann verstehst Du, warum ich mir heutzutage mit über 50 Jahren immer noch sehr unsicher bin, was und wie ein Mensch etwas sagt und was er damit ausdrücken will oder nicht. Und ich verunsichert, verwirrt, ohnmächtig, hilflos, verzweifelt, aber auch wütend dabei bin. Und es nicht richtig einordnen kann, weil ich mit dieser verwirrenden und widersprüchlichen Flut von Gefühlen nicht klar komme.

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Beitrag So., 05.08.2012, 20:50

da hast du natürlich recht, das sind profis. mit der aggression hast du vermutlich auch recht, ich benutze auch oft zynismus, wenn ich verärgert bin. meine intention ist dann aber nicht, dass irgendwie zu verpacken, sondern ich nehme dann an, dass es schon so verstanden wird, wie ich es auch meine. es wirkt einfach nur etwas, wie soll ich sagen, lockerer.

naja die sache ist die, ich hab nicht erlebt, was du erlebt hast. von dem her fällt es mir immer noch ein wenig schwer genau zu begreifen, wie du dich fühlst. ich selbst habe aber auch eine sehr schlechte beziehung zu meiner mutter. sie war auch auf der einen seite total überfürsorglich und auf der anderen seite total kühl und zurückweisend. also ich verstehe durchaus, dass eine gewisse widersprüchlichkeit ein kind sehr verwirren kann. bei mir hat sich das so ausgewirkt, dass ich einfach extrem ehrlich bin und das auch von meinen mitmenschen erwarte. ich bin auch sehr misstrauisch. was ich aber mit der zeit gelernt habe ist, dass wir jetzt erwachsen sind und uns, so schwer das auch ist, nicht mehr von unseren eltern beeinflussen lassen müssen.

kann es vielleicht sein, dass du das gefühl hast, dass deine mitmenschen auch so eine zwiespältigkeit in ihrer mimik haben, obwohl es gar nicht so ist?

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Beitrag So., 05.08.2012, 22:18

Neues Erfolgserlebnis, Aktion 4 seit letztem Donnerstag. Bin heute zum neuen italienischen Restaurant in meinem Stadtteil gegangen, unter diesem Gesichtspunkt mit dem "Double bind". Ich kann die Angst und die Zwangshandlungen viel besser zuordnen und jemandem in 2 Minuten erklären. Ich kam beim 1. Mal (!) gleich aus der Wohnung. Dann Angst, wollte fast zurück, dachte mir, "ne, da gehste jetzt hin". Wollte das jetzt einfach weiter testen mit dem "Double bind". Dann, war schön, der Abend, lecker gefuttert. Angst ist gefühlsmäßig um 30–40 % reduziert. Ging alles ein wenig besser. Wieder nach Hause. Kommende Woche folgen Aktion 5 und 6: Beim C&A Klamotten einkaufen und auf eine Veranstaltung am Wochenende gehen. Berichte wieder. ;–)


Thobie
Zuletzt geändert von Thobie am So., 05.08.2012, 22:26, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag So., 05.08.2012, 22:24

Moin,
woflx hat geschrieben:da hast du natürlich recht, das sind profis. mit der aggression hast du vermutlich auch recht, ich benutze auch oft zynismus, wenn ich verärgert bin. meine intention ist dann aber nicht, dass irgendwie zu verpacken, sondern ich nehme dann an, dass es schon so verstanden wird, wie ich es auch meine. es wirkt einfach nur etwas, wie soll ich sagen, lockerer.
ja, aber auch verdeckt und für manche Menschen nicht zu identifizieren, ob Du jetzt wirklich aggressiv auf sie bist. Mein erster Kontakt mit dem direkten Aussprechen von Aggressionen war vor 25 Jahren in einer psychotherapeutischen Klinik. Ich hatte ein vereinbartes Gespräch mit einer Schwester und hatte mich geärgert. Ich saß im Besprechungsraum und sagte, dass ich mich geärgert hatte. Da unterbrach sie mich und sagte, "Sie wollen sagen, dass Sie sich über MICH geärgert haben!" Also nicht nur Ärger, sondern ganz direkt ÜBER jemanden, dem man dies auch direkt ins Gesicht sagen soll/muss. Damals habe ich langsam gelernt, was es heißt, sich zu ärgern.

Vor ca. 5 Jahren kam dann hinzu, dass ich lernte, was es heißt, auf jemanden wütend zu sein. Das habe ich mir selbst beigebracht. All diese Gefühle musste ich mühsam lernen, was andere Menschen von Kindheit an können.

Um zu erklären, wie verquer meine Mutter manchmal war/ist, dieses Beispiel: Als mein Vater noch lebte, besuchten sie mich zuhause. Meine Mutter erzählte irgend etwas, worüber sie sich ziemlich aufgeregt hatte und sagte dann, dass sie dabei "böse und sauer" war. Ich dachte, hä, was heißt das denn jetzt, "böse und sauer"? War sie verärgert, war sie zornig, war sie wütend, hat sie den Gegenüber gehasst? Was jetzt? Sie kann nicht mal mit ihren Gefühlen richtig umgehen. ;–(
naja die sache ist die, ich hab nicht erlebt, was du erlebt hast. von dem her fällt es mir immer noch ein wenig schwer genau zu begreifen, wie du dich fühlst. ich selbst habe aber auch eine sehr schlechte beziehung zu meiner mutter. sie war auch auf der einen seite total überfürsorglich und auf der anderen seite total kühl und zurückweisend. also ich verstehe durchaus, dass eine gewisse widersprüchlichkeit ein kind sehr verwirren kann.
Ja, das ist definitiv so. Und manche Kinder bekommen davon sogar Persönlichkeitsstörungen.
bei mir hat sich das so ausgewirkt, dass ich einfach extrem ehrlich bin und das auch von meinen mitmenschen erwarte. ich bin auch sehr misstrauisch. was ich aber mit der zeit gelernt habe ist, dass wir jetzt erwachsen sind und uns, so schwer das auch ist, nicht mehr von unseren eltern beeinflussen lassen müssen.
Das ist okay, aber du stehst ja erst am Anfang Deines Erwachsenenlebens, von daher ist das in Ordnung, wenn Du feststellst, dass Du Dich jetzt nicht mehr von den Eltern beeinflussen lassen musst. Du hast noch 30 Jahre vor Dir, bis Du so alt bist wie ich. Aber es gibt leider Dinge, die trägt man auch mit 50, 60, oder 70 Jahren noch mit sich herum, und manches kann man nie richtig ändern. Das Sprichwort "Die Zeit heilt alle Wunden" stimmt leider nur bedingt.
kann es vielleicht sein, dass du das gefühl hast, dass deine mitmenschen auch so eine zwiespältigkeit in ihrer mimik haben, obwohl es gar nicht so ist?
Ja, das trifft es eben. Wie ich schon schrieb, wenn man das in den ersten 20 Lebensjahren mit seiner ersten Bezugsperson erlebt hat, kann man das auch mit 50 Jahren immer noch nicht richtig beurteilen.

Thobie

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