Panische Angst vorm Sterben/vor dem Tod

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
Benutzeravatar

*Tanja*
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 30
Beiträge: 1

Beitrag Mo., 28.12.2009, 21:40

Hallo Sonja,
und alle andere die Interesse an meiner Geschichte haben,

lese mir grade Eure Beiträge durch und mir ist aufgefallen, dass es bei Euch meist schwerwiegende Auslöser gab, die Euer ganzes späteres Leben so derart beeinflusst haben.

Mir geht es ähnlich wie Euch, doch weiß ich bis heute nicht warum.....
bei mir kam es von einen Tag auf den anderen. Der Vater meines Ex-Freundes starb vor ca. 6 jahren an plötzlichem Herzversagen. Ich hab den Mann nur einmal in meinem Leben gesehen, daher hatte ich keine Bindung zu dieser Person. Ich half der Familie die Wohnung leer zu räumen. Abends plötzlich bekam ich von einer Minute auf die andere Herzklopfen, Schweißhände und mir wurde schwindelig, ich begann wie blöd zu zittern und hatte meine Muskeln nicht mehr unter Kontrolle. Ich dachte ich bekomme einen Herzinfarkt. Voller Panik brachte man mich ins Krankenhaus. Wo aber nichts bedrohliches festgestellt wurde.

Komischerweise wiederholte sich diese Situation aber immer öfter und immer nur abends. Ich bekam nachmittags schon ein unangenehmes Gefühl und mir graute immer vor der Abenden. Eine Angst vor der Angst entwickelte sich. Viele Untersuchungen folgten, Langzeit EKG´s, Schilddrüse diverse Blutuntersuchungen, doch alle ergaben, dass ich kerngesund bin. Ein Arzt diagnostizierte dann nach einiger Zeit Panikattacken.
Ich ließ mir eine Packung Diazepam verschreiben und versuchte die Sache erstmal selbst in den Griff zu bekommen.
Was mir auch 2 Jahre ganz gut gelang, da ich jetzt eine Diagnose hatte und wußte wie ich damit umzugehen hatte. Es hätte alles so schön sein können. Jedoch entwickelte ich eine andere "Spinnerei" bei jedem kleinsten Unwohlsein, rede ich mir ein, dass es etwas tödliches ist. Habe ich Magen-Darm-Probleme bekomme ich Panik, dass ich Darmkrebs habe. Schneide ich mich, bekomme ich Panik an Blutvergiftung zu sterben, Bekomme ich Zug am Kopf habe ich Angst vor einer tödlichen Hirnhautentzündung. Hab ich Kopfschmerzen, bekomme ich Angst, dass es ein Gehirntumor ist. Egal was es ist, ich interpretiere in die kleinste Kleinigkeit eine tödliche Krankheit. Und dann habe ich wieder Angst vor der Angst, denn ich habe Schiss, dass wenn ich mir wochenlang einrede, dass ich einen Gehirntumor habe auch wirklich irgendwann einer entsteht.

Vor 2 Tagen hatte ich einseite Kopfschmerzen, ich dachte ein Blutgefäß sei vielleicht geplatzt und ich würde in der Nacht an Hirnblutungen zugrunde gehen, 2 Minuten später bekam ich wieder eine Panikattacke mit Zittern, Schweissausbrüchen und dem Gefühl Ohnmächtig zu werden.

Es ist doch total absurd, ich lasse mich ständig beim Arzt untersuchen und jedesmal sagt man mir, ich bin kerngesund, warum kann ich das Leben nicht einfach genießen?

Wird es denn ewig (bis an mein Lebensende) so weitergehen???

Werbung

Benutzeravatar

visual_quicksteps
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 37
Beiträge: 54

Beitrag Mi., 30.12.2009, 14:28

Hallo zusammen,


ich bin positiv überrascht, dass es so viele andere Menschen gibt, die das gleiche Problem wie ich haben. Bei mir ist es ebenfalls so, dass ich keine Ursache erkennen kann. Auch hat sich meine Einstellung im Laufe der letzten 15 Jahre stark verändert. War ich zwischen 19 und Anfang 30 noch so unterwegs, dass ich mich bewußt in riskante Situationen begeben habe, mir mal versucht habe das Leben zu nehmen und einfach den Tod mehr herbei gesehnt habe als das Leben, ist es heute genau anders rum: zumindest in den Phasen dieser Angst (das kann von Zeit zu Zeit wechseln). Heute liege ich auch oft abends alleine im Bett und plötzlich wie aus heiterem Himmel überfällt mich der Gedanke, dass ich irgendwann sterben werde und dass meine Lebenszeit mit jedem Tag abnimmt. Der Gedanke, das mein mich denkendes Ich dann nicht mehr ist und es auch nichts gibt, dass es so in der jetzt vorhandenen Form zurück bringt, egal ob ich mir vorstelle, dass es nach dem Tod eine andere Daseinsform gibt oder nicht, löst bei mir Panik aus mit den bereits beschriebenen Symptomen. Ich muss mich dann ganz schnell mit anderen Dingen beschäftigen und mache mir dann meist das Radio oder den MP3-Player zum Einschlafen an.
Seit drei Monaten habe ich zusätzlich ab und an Herzschmerzen und entwickel daraufhin den Gedanken, gleich einen schmerzhaften Herzanfall mit anschließendem Sterben erleiden zu müssen. Auch hier klappt es noch einigermaßen, wenn ich mich mit "weltlichen", außer mir liegenden Dinge beschäftige.
Und dann gibt es aber auch die Phasen, die nach meiner letzten Therapie fast gar nicht mehr vorhanden waren, in denen mir alles sinnlos vorkommt und ich am liebsten freiwillig aus dem Leben scheiden möchte. An eine Angst vor dem Tode ist in dem Augenblick nicht zu denken.
Was ich sehr interessant in Euren Beiträgen fand, war die Aussage: "In meinen Augen hat die Angst vor dem Tod auch mit der Angst zu leben zu tun." --> Darüber werde ich in den nächsten Tagen nachdenken. Thanks for that

Es grüßt Euch
visual quicksteps

Benutzeravatar

baseline10
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 25
Beiträge: 10

Beitrag Fr., 19.03.2010, 19:00

Hallo,

bin auch unter anderem wg. meiner riesengroßen angst vor dem tod/todsein in therapie. konnte bis vor wenigen wochen nicht mal richtig schlafen, weil ich immer aufgeschreckt bin wenn ich gemerkt habe, dass ich in den schlaf abdrifte und die kontrolle verliere und im schlaf vielleicht sterben könnte. mir hat vor allem dieses undendliche, endgültige und unkontrollierbare bzw. undefinierbare wie sich todsein anfühlt sehr große angst gemacht. bekomme seit 2 monaten antidepressiva (ssri) und seitdem hab ich das gefühl die unkontrollierbaren angstanfälle so langsam in den griff zu bekommen und sie werden immer weniger. im moment hab ich nur noch solche ängste wenn ich mit bestimmten auslösern konfrontiert werde (am friedhof vorbeifahren, fotos von verstorbenen familienangehörigen anschauen, filme zum thema schauen... usw.). seit der therapie und dann jetzt mit den tabletten fühle ich mich echt besser und denke vor allem nicht mehr JEDEN tag an meine vergänglichkeit/sterblichkeit nach.

soviel einfach mal zu meinen erfahrungen, ich wünsche denen, den es wie mir ging viel kraft und es ist einfach auch mal gut zu wissen, dass man mit solchen ängsten nicht der einzige ist.

Benutzeravatar

Athena
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 29
Beiträge: 11

Beitrag Do., 25.03.2010, 00:23

Hallo,

hab mich jetzt nicht durch den ganzen Thread gelesen, aber habe selbst auch diese Angst vor dem Tod, sehr intensiv. Was mir hilft (außer erste Hilfe Maßnahmen ggn PA-Attacken generell): Ich versuche, mir vorzustellen, dass ich nun 29 Jahre gelebt habe und nun sterbe. Dass mein Leben ganz okay war, stellenweise gut und auch sehr mies (ein Leben ist nun mal so) - aber eben MEIN Leben. Dass ich nun sterbe. Und freunde mich mit dem Gedanken an. Damit nimmt man der Angst den Schrecken, es funktioniert bei mir wirklich - hat auch bei anderen Betroffenen geholfen. Der Tipp stammt übrigens von einem guten Therapeuten.

LG, Athena
“God put self-pity by the side of despair like the cure by the side of the disease. Self-pity is easily the most destructive of the nonpharmaceutical narcotics; it is addictive, gives momentary pleasure and separates the victim from reality.”

Werbung

Benutzeravatar

Phänotyp
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 47
Beiträge: 79

Beitrag Fr., 25.03.2011, 01:10

Hallo,

falls mein Beitrag hier deplatziert sein sollte - bitte verschieben, aber ich wusste nicht, wo er passt.

Ich bin weder krank, noch habe ich einen Angehörigen zu betrauern - ABER ich lebe in der ständigen Bewusstheit, dass genau das passieren kann. Ich führe ein wunderbares Leben, alles perfekt, ich habe auch keine Angst vorm Tod, ABER vorm Sterben. Ich weiss von jedem Tag, er könnte der letzte sein und ich habe furchtbare Angst zu erkranken und vor mich hin zu vegetieren. Mindestens einmal am Tag stelle ich mir vor, ich habe einen Unfall und liege im Wachkoma, bekomme alles mit, aber kann mich nicht artikulieren, habe vielleicht Schmerzen und keiner weiss es und kann mir helfen. Habe Angst davor in eine Situation zu geraten, in der ich nicht mehr in der Lage sein könnte, selbst meinem Leben ein Ende zu setzen und endlos zu leiden. Und schon während ich das schreibe, die Gedanken quasi wahr werden lasse, bin ich sicher, dass mir genau das passiert könnte allein weil ich meine Angst verbalisiert habe.

Ich möchte niemanden verletzten, der hier wirklich mit dem Tod und Krankheit konfrontiert ist, aber ich weiss gerade nicht wohin mit diesen Gedanken, die mich täglich verfolgen, anstatt ich mein Leben genieße, das so schön sein könnte.

Nachtgrüße
Phänotyp

Benutzeravatar

Kimberly
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 36
Beiträge: 139

Beitrag Fr., 25.03.2011, 07:22

Hallo Phänotyp,

ich kenne diese Gedanken und weiß, dass sie sehr belastend sein können. Kann es sein, dass es dir sehr schwer fällt die Kontrolle abzugeben? Hast du schon viel mit dem Thema Tod in deinem Leben zu tun gehabt? Ich z.B. habe leider schon sehr früh erfahren, wie der Tod auf einmal zuschlägt und immer wieder ist er in mein Leben getreten und hat Menschen die mehr sehr nahe standen sehr leiden lassen. Der Tod an sich in nicht schlimm, aber der Weg dorthin. Machst du Therapie? Wäre ein Versuch wert, deine Angst und deine Gedanken dort aufzuarbeiten.

LG Kim

Benutzeravatar

Innere_Freiheit
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
männlich/male, 50
Beiträge: 845

Beitrag Sa., 26.03.2011, 01:25

Hi Phänotyp,

ich weiß nicht, ob dir das hilft - aber ich möchte dir schreiben, wie ich mit schwierigen Lebenssituationen umgehe. (Wenn es für dich nicht passt, vergiss es einfach.):

Meiner Ansicht nach machen uns die Dinge ganz besonders Probleme, gegen die wir innerlich Widerstand leisten. Je mehr Widerstand, umso mehr Probleme. - Widerstand hält dich fest, es hat dich gepackt, wie in einem Schraubstock.

Die Lösung (aus dem Schraubstock) ist also, den Widerstand aufzugeben.
Erlauben, dass du Krank wirst, falls dies tatsächlich dein Schicksal sein sollte!
Erlauben, dass du stirbst, dann wenn für dich der Zeitpunkt gekommen ist!
Erlaube .........!

Dies zu erlauben heißt nicht, dass du nun in Zukunft leichtsinnig sein, oder Krankheit und Tod absichtlich herbeiführen solltest. - Es heißt nur, 'der grundsätzlichen Möglichkeit, dass es auftreten könnte' aus ganzem Herzen zustimmen..... (und trotzdem alles in deiner Macht stehende tun, um es zu verhindern).

Sicher wird diese Art der Zustimmung nicht auf Anhieb funktionieren.
Die entscheidende Frage ist jedoch, ob du bereit dazu bist, zuzustimmen - ob du die grundlegende Bereitschaft hierzu hast.

Einen lieben Gruß

Innere Freiheit
Das was ich ablehne, bleibt an mir kleben!

Benutzeravatar

Johannisbär
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
männlich/male, 27
Beiträge: 3

Beitrag Fr., 19.08.2011, 22:19

Hallo!

ich greife das Thema einfach auf, weil ich genau die selben Probleme habe und froh bin, dass es auch andere mit solchen Problemen gibt.

Also bis November 2005 war in meinem Leben nicht alles perfekt, aber da hatte ich nicht mit dieser Panikstörung/Angstattacke zu kämpfen. Außer meiner Höhenangst (die aber nicht mehr so schlimm wie früher ist - und lustigerweise habe ich diese nur bei Gebäuden und nicht bei Bergen - was total irrational ist), habe ich eigentlich vor nichts Angst gehabt. Ein Grundproblem war aber, dass ich v.a. von meiner überängstlichen Mutter erzogen wurde und so selber ein bisschen ängstlicher als andere Jungs war - was sich nicht immer von Vorteil war.

Ich lebte Ende 2005 noch bei meinen Eltern. Es war morgens 6 Uhr und ich bin auf ein Mal aufgewacht. Und dann hatte ich ein starkes Stechen im Kopf zwischen meiner Stirn gefolgt von Herzklopfen. Das ist auf ein Mal aufgetaucht, sowas hatte ich vorher nie. Ich lebte bis dahin absolut gesund. Kein Rauchen, kein übermäßiges Trinken, viel Sport, gesunde Ernährung. Mein erster Gedanke war: Schlaganfall und dass ich gleich Sterben werde. Dann hatte ich wie ich heute weiß eine heftige Panikattacke, so dass sogar der Notarzt kommen musste. Danach hatte ich über mehrere Tage Panikattacken und Herzrasen - also permanente Angst zu sterben. Durch nur eine Sitzung mit einem Psychologen habe ich gelernt mit Panikattacken umzugehen und seit 2007 habe ich keine Panikattacke mehr. Der Neurologe und Psychologe haben mir zwar erklärt, dass mit mir alles stimmt und das mit meinem Kopf alles in Ordnung ist, jedoch kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser stechende Schmerz durch meine Gedanken/Unterbewusstsein ausgelöst worden ist.

Doch seitdem habe ich wahnsinnige Angst vor dem Tod bzw. zu Sterben. Dieses Gefühl gleich sterben zu müssen und das danach vermutlich nichts mehr ist, begleitet mich seitdem, auch wenn ich inzwischen damit umgehen kann. Seit Ende 2005 war ich jahrelang extrem hypochondrisch. Bis heute habe ich die Angst einfach Tod umzufallen. Durch Gehirnblutung, Schlaganfall, Herzinfarkt oder einfach zu Sterben, durch einen Autounfall, Flugzeugabsturz etc. oder seit dem Norwegen-Drama sogar, dass ein Verrückter mich einfach erschießt und ich auf der Stelle tot bin. Ehrlich! Ich hatte vor diesem traumatischen Erlebnis nie solche Gedanken und habe mein Leben genossen.

Meine Familie hat dafür kein Verständnis, weil einfach niemand weiß wie es ist, wenn man so ein Gefühl mal hatte. Inzwischen habe ich mein Studium erfolgreich abgeschlossen, trete bald einen tollen Job an und verlobe mich. Nach außen hin merkt niemand was, und ich müsste mich sogar vor meiner Verlobten schämen. Sie weiß von all dem nichts und würde es vermutlich auch nicht verstehen.

Ich muss durch meinen Beruf jetzt viel fliegen und jedes Mal wenn ich fliege habe ich klatschnasse Hände. Insbesondere beim Start. Letzens bin ich nach Berlin geflogen und es gab heftige Turbulenzen und da male ich mir gleich die schlimmsten Sachen aus. Auch wenn ich Auto fahre, sei es nur als Beifahrer, schaue ich permanent auf die Fahrbahn. Ich hatte vor 8 Jahren einen schweren Autounfall (bei dem ich zum Unfallzeitpunkt einfach auf den Boden schaute) und seitdem habe ich kein gutes Gefühl, wenn ich z.B. auf der Autobahn schneller fahre.

Benutzeravatar

Johannisbär
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
männlich/male, 27
Beiträge: 3

Beitrag Fr., 19.08.2011, 22:22

Früher dachte ich, mein Herz bleibt stehen und ich stand immer kurz vor einem Panikanfall. Um zu merken, dass mein Herz noch schlägt habe ich mir bei jeder Gelegenheit immer an den Puls gegriffen. Total unrational, aber heute tu ich es auch noch ab und zu.

Teilweise kann ich einfach nicht entspannen. Früher hat mir Fliegen nicht ausgemacht, aber letztes Jahr als wir in die USA geflogen sind, hatte ich beim Hinflug totale Panik. Meine Verlobte war total sauer und hat es gar nicht verstanden. Ich habe auch schon versucht meine Probleme anzuschneiden, aber ich komme da weder bei ihr noch bei meiner Familie oder Freunden durch.

Ja die einzige, die am ehesten noch Verständnis dafür hatte (weil sie selber auch psychische Probleme hatte) war meine Ex-Freundin (wir waren von Anfang 2006 bis Ende 2009 zusammen). Sie hat mich zur CT begleitet und als ich 2006 und 2007 noch Panikattacken hatte und im Bett aufgeschreckt bin, hat sie mich immer geduldig beruhigt. SIe arbeitet im sozialen Bereich mit behinderten Kindern und ist was das betrifft, immer sehr einfühlsam gewesen. Leider habe ich seit fast 2 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr, was ich sehr traurig finde, weil sie immer wie eine gute Freundin für mich war. Wir haben uns leider komplett zerstritten und so habe ich den einzigen MEnschen, der mein Problem einigermaßen verstanden hat, verloren.

Mich hemmt die ständige Angst vor dem Tod und der feste Glaube daran, dass danach nichts mehr kommt. Seit 6 Jahren wirke ich zwar symphatisch und gelassen, aber meistens kann ich mich nicht entspannen.

Oft spukt das Thema in meinem Kopf rum. Das Problem ist, dass ich nie wieder in meinem Leben so denken kann wie vor dem Ereignis. Es geht einfach nicht. Ich bin ein extrem nachdenklicher Mensch und kriege diese Denkweise einfach nicht mehr aus dem Kopf. Auch habe ich panische Angst, dass z.B. meine Freundin stirbt oder Nachts nach dem Nachtdienst (sie ist Krankenschwester) von einem Verrückten umgebracht wird.

Jetzt soll ich Verantwortung in meinem Leben übernehmen und will eine Familie gründen und ich kann das Leben nicht genießen.

Hat jemand Ideen, was ich tun kann? Eine Therapie habe ich vor Jahren abgebrochen. Die Psychologen waren einfach unfähig, weil sie mein Problem nicht als Problem erkannt haben oder runtergespielten. "Ja Angst vor dem Tod hat ja jeder...." Hilft vielleicht Hypnose? Kann es wirklich sein, dass ein solches Ereignis dein Leben mitbestimmt?

Benutzeravatar

HeAndMe
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 40
Beiträge: 146

Beitrag Sa., 20.08.2011, 00:14

Hallo ihr alle,

ich bin durch Zufall auf diesen Thread gestoßen und es rührt mich, wie offen alle über diese so substanzielle Angst schreiben. Danke für Eure interessanten Beiträge! Hier meine Gedanken dazu...

-
Ich kann die Angst vor dem Sterben nachvollziehen. In einer Zeit der Hautkrebsdiagnose hatte ich plötzlich Panik, nicht mehr für meine Kinder da sei zu können! Das fühlte sich furchtbar an.
Dagegen geholfen hat mir, das ich ganz realistisch versucht habe, die besten Perspektiven für das Leben meine Kinder im "worst case" zu entwickeln.
Es würde weitergehen- nur "anders".

-
Mein Sohn hatte schon mit 3,4 Jahren meistens abends schwer zu beruhigende, verzweifelte Weinanfälle aus Angst vor dem Sterben (oder dass ich sterben würde). Dabei gab es das Thema Sterben gar nicht in unserem Umfeld. Er hat einfach unglaublich früh die "Endlichkeit des Lebens" begriffen (...er ist hochbegabt, vielleicht deshalb). Ich hielt ihn einfach im Arm und fing seine Trauer auf. Und manchmal erzählte ich ihm von Gott und unserer Kultur des Christentums.

_
Meine jetzige Thera sagte übrigens zu dem Thema, das sich in der Angst vor dem Tod eine Verlustangst manifestiert.

-
Meine Tochter, heute 7, ging schon immer klar davon aus, daß wir alle als Pflanzen oder Tiere wieder zur Erde zurückkommen. Dieser (buddhistische) Gedanken scheint für sie ganz natürlich zu sein... und ich unterstütze sie auch darin.

_
Seit etwa zwei Jahren werde ich im direkten Umfeld mit dem Thema Tod konfrontiert.
Eine gute Bekannte mit zwei Kindern und unheilbar krank, ihr bleiben noch Wochen, Monate...nach jahrelangem Kampf. Ein ganz naher Verwandter, 33 Jahre, Hirntumor, ihm bleiben noch 1 - 2 Jahre. Eine entfernte Bekannte, verstorben, eine Tochter.
Was mich an all diesen Menschen beeindruckt ist die Kraft, selbst in den schwachen Momenten, die sie durchs Leben trägt. Sie hadern nicht, sie LEBEN! Und scheinen das viel intensiver zu tun, als wir nicht vom nahen Tod betroffenen.
Ich habe einen solchen Respekt vor Ihnen!

_
Mein Vater dagegen hat "sein Leben lang mit dem Leben gehadert". Phasenweise depressiv, dann wieder das Leben exzessiv auskostend. Mich hat er immer wieder mit seinen Suizidwünschen konfrontierend. Mit dem Tod schäkernd wie mit einem alten Leidensgenossen. Er erbat Hilfe von mir für den Fall der Fälle. Ich lehnte ab.
Er möchte anonym beerdigt werden.


Wie breit ist doch die Spanne!

Aber eines ist für mich ganz klar:
Wir haben nur ein einziges Leben und das sollten wir nutzen.
man müßte mit allem rechnen- auch mit dem Guten

Benutzeravatar

Elfchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2845

Beitrag Sa., 20.08.2011, 07:41

hallo

ich bin auch betroffen.

bei der letzten flugreise vor ein paar tagen merkte ich, dass es auch mit kontrolle zu tun hat. im flugzeug zb. ist man total ausgeliefert. man hat es eben nicht unter kontrolle. alles, was sich der kontrolle entzieht macht angst. mit diesen gedanken war es für mich viel einfacher, damit umzugehen. ich versuchte aktiv, mich diesem gefühl "auszuliefern", die kontrolle abzugeben. an den piloten, an das leben.
ich sagte mir, das leben ist nicht gegen mich. es möchte nur gelebt sein.
und ich war mir sehr bewusst, nichts ändern zu können, keinen einfluss zu haben.

auch leise vor mich hinsummen hat mir sehr geholfen, va. in den disoziativen zuständen. mich auf ein lied konzentrieren, mich gedanklich mit etwas anderen beschäftigen.
und bei hyperventilation gedanklich beim einatmen auf vier zählen mit geschlossenem mund , den atem auf gedanklich zwei anhalten und die lippen spitzen und nur durch eine kleine öffnung auf vier ausatmen.

dies sind die dinge, die ich mir zum überleben momentan bereithalte.
auch vetigoheel bei schwindel zb. hilft, etwas aktiv tun zu können.

lg
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

Benutzeravatar

Loppen
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 28
Beiträge: 35

Beitrag Sa., 20.08.2011, 21:05

mir hilft die imagination, mein bauch sei eine höhle, ganz dunkel und ich muss mit meinem atem licht reinatmen.
das lenkt ab, beruhigt.
„Du kannst auf dieser Welt nur leben, wenn du sie zu deiner Geliebten machst.“

Janosch

Benutzeravatar

Johannisbär
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
männlich/male, 27
Beiträge: 3

Beitrag Di., 23.08.2011, 12:47

Elfchen hat geschrieben:
bei der letzten flugreise vor ein paar tagen merkte ich, dass es auch mit kontrolle zu tun hat. im flugzeug zb. ist man total ausgeliefert. man hat es eben nicht unter kontrolle. alles, was sich der kontrolle entzieht macht angst. mit diesen gedanken war es für mich viel einfacher, damit umzugehen.
Ja genau so ging es mir beim letzten Flug auch. Also ich habe jetzt direkt keine Flugangst, aber dieses ausgeliefert-Sein ist mein Problem. Nicht dass ich jetzt dem Piloten und seiner Crew nicht vertraue. Ich habe eher Angst wegen einem technischen Defekt. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber sowas passiert ja immer wieder. Ich meine ich fliege nur in Europa und auf Grund meines guten Jobs mit guten Airlines (AirFrance, British, AirBerlin...). Ich dachte mir nur letztens: "Das ist eine neue europäische Maschine, die wird regelmäßig gewartet und alle 2 Jahre komplett zerlegt und wieder zusammengesetzt, das ist eine deutsche und keine usbekische Airline "
Ich bin mal in Russland mit einer Tupolev geflogen vor Jahren und da hatte ich echt Panik. Bei jedem Geräusch. Ironischerweise wollte ich früher mal selber Pilot werden, konnte es aber auf Grund meiner extrem schlechten Augen nicht.

@HeandMe: Du schreibst davon, dass dein hochbegabter Sohn panische Angst vor dem Tod hat, schon mit 3 Jahren (damals hatte ich ganz andere Sorgen ). Ich habe einen tollen Beruf und meine Schule und Studium sehr gut geschafft. Hochbegabt bin ich definitiv nicht, beim IQ-Test hatte ich immer zwischen 125 und 130 geschafft, daher denke ich schon, dass ich überdurchschnittlich intelligent bin. Ich glaube zwar, dass es da draußen Dinge gibt, die wir uns nicht 100% erklären können - Universum, Evolution, Leben nach dem Tod, außerirdisches Leben etc. und denke, dass es da so eine Art "höhere Kraft" gibt, aber keinen Gott oder Himmel. Daran glaube ich inzwischen nicht (mehr). Angenommen es wäre so und wir würden auf irgendeine Art nach dem Tod weiterleben, dann hätte ich nicht so viel Angst. Dieser Gedanke, dass da absolut nichts mehr sein könnte und der Gedanke daran machen mich manchmal völlig fertig. Ich liebe das Leben wirklich (auch wenn es hier nicht so klingt). Ich will das einfach nicht akzeptieren, dass es mal vorbei ist.

Sind intelligente Menschen bzw. besser gebildete Menschen empfänglicher für eine größere Angst vor dem Tod? Ich glaube ja.

Ich habe mich früher wirklich alles getraut: Salto vom 7m-Sprungbrett, schnell Auto fahren. Seit meiner schlimmen Panikattacke, kann ich nichts mehr so tun wie früher. Ein weiteres Problem ist, dass ich manchmal extrem zum Narzissmus neige. Früher war das nicht so. Für Partnerschaften ist das wirklich nicht gut.

Ich habe meine Angst schon vor einem Thera angesprochen. Er und seine Kollegin konnten mir nicht weiterhelfen. Ich glaube, dass mein Problem nicht therapierbar ist. Ich muss eben lernen damit umzugehen. WIe ihr schon sagt: Ablenken, Atemübungen etc...

Leider bin ich für Imagination überhaupt nicht der Typ.


misch
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
männlich/male, 22
Beiträge: 2

Beitrag Sa., 10.09.2011, 13:19

Hallo an Alle!
Da mich meine Angst vor dem Tod, leider in den letzten Tag absolut nicht mehr los lässt, egal ob ich Sport treibe, bei meinen Lieben bin, versuche ausgelassen zu feiern...egal wann, außer wenn ich mit jemanden darüber rede(nur dann, wenn ich mein Problem aktiv behandle) verschwindet etwas die Angst.
Ich habe mir die Beiträge durchgelesen und kann mich mit jedem von Euch identifizieren, mit dem einem mehr und dem anderem weniger, aber im Prinzip haben wir alle das selbe Problem.
Ich erwarte mir jetzt auch keine Antwort von jemanden wie ich mein Problem lösen kann, da die Lösung (der Tod) früher oder später sowieso von selbst kommt.
Aber es tut zumindest schon sehr gut mein Problem zu teilen...
Falls Sabrina noch hier unterwegs sein sollte, abgesehen von dem familiären Hintergrund, empfinde ich sehr,sehr ähnlich wie du.
Deshalb, KOPF HOCH, WIR PACKEN DAS SCHON!
Ich möchte keine Medikamente, hab das Leben, die letzten 6Jahre durch sehr viel Kiffen und andere leichte Drogen+Alkohol an mir vorbeiziehen lassen, hab mich jetzt nach und nach wieder geöffnet und möchte das beibehalten.
Vielleicht kann mir jemand einen Tipp geben, wie man am ehesten ins Reine mit sich kommt.
Hab diese Angst auch schon seitdem ich ein kleines Kind bin(seit dem 7Lebensjahr ca) ist aber immer wieder weggegangen. Und seit gut einer Woche plagt mich der Gedanke 24/7, so geht es mir sehr gut.
Hab Matura, studiere, hab eine traumhafte Freundin, eine Familie die mir immer zur Seite steht, für mich das schönste Leben das ich mir wünschen kann, vielleicht hab ich gerade deswegen so große Angst, das alles zu verlieren??
Wenn ich an meinen Tiefpunkten im Leben war ((ist erst seit ungefähr 2Jahren so dass ich wirklich zufrieden bin mit meinem Leben, bin mit 18weg von zu Hause, da die Eltern immer sehr viel Streit hatten, mein Vater ist manisch depressiv und meine Mutter auch keine einfache Person, hab mit 15 angefangen Leichte Drogen zu konsumieren und weg von zu Hause, da dort ein zu großes Spannungsfeld war)) hatte ich nie den Gedanken ans Sterben.
Bin jetzt glaube ich um einiges reifer, hab mittlerweile viele Dinge verstanden, warum bei mir zu Hause so eine Scheiße war, auch verziehen, werde mich trotzdem mit einem Therapeuten auseinander setzen.

Wird zwar noch etwas dauern, da ich weil ich so bin, wie ich bin nicht gerne fremde Hilfe annehme aber für mich ist dieser Eintrag heute schon ein sehr großer Schritt gewesen.
Und um zu Eigentlichen zurück zu kommen, vielleicht kennt jemand ein paar Strategien sagen wie ich besser mit meiner, unserer Angst umgehen kann??

Es würde mir sehr viel helfen und ich bin gern bereit sobald ich mehr zu meinem/unserem Problem weis, mein Wissen zu teilen!

Lg aus Graz!
Michele

Benutzeravatar

Innere_Freiheit
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
männlich/male, 50
Beiträge: 845

Beitrag So., 11.09.2011, 00:24

Hallo zusammen,

ich möchte mich nochmals zu dem Thema melden.

Für mich ist eine wichtige Erkenntnis in meinem Leben, dass man am meisten Schwierigkeiten mit den Dingen im Leben hat, gegen die man sich am meisten wehrt!

Den Tod kann man nicht verhindert. Durch keinerlei Aktion!
Warum will man sich also innerlich gegen ihn wehren?
Also könnte man ihm auch genauso zustimmen, also könnte man auch den ganzen innerlichen Widerstand, den man ihm gegenüber hat, aufgeben.

Ich hatte vor längerer Zeit mal einen Traum, in dem mir mein Tod bevorstand. Damals habe ich in dem Traum das "Widerstand aufgeben", das "Zustimmen" angewandt.... was mich im Traum dann auch sehr erleichterte... (siehe auch Traum vom bevorstehenden Tod in meinem Blog).

Dies ist freilich nicht von einer Sekunde auf die andere umsetzbar..... sondern ein Weg, der Schritt für Schritt gegangen werden will....

Einen lieben Gruß

Innere Freiheit

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag