Sensibel - wie schützt Ihr Euch?

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Füchsin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 07:37

Innere_Freiheit hat geschrieben:Wenn du ihm stattdessen innerlich mit einer Haltung von Wertschätzung begegnest (...)
Gehst Du davon aus, dass ich das nicht tat?

Mir geht es gar nicht ums Rechthaben, sondern darum, dass man die Grenzen des anderen respektiert. Es ist mir bewusst, dass ich darauf keinen selbstverständlichen Anspruch habe - ich kann nur erwarten, was ich selbst anderen auch entgegen bringe. Deshalb habe ich meine Kollegen auch nicht angepflaumt "Ey, mach' ma' das Radio aus, das kotzt mich an!", sondern ich habe ganz nett und wertschätzend gefragt, ob es ihnen etwas ausmachen würde, einen Tag in der Woche auf das Radio zu verzichten, weil es mich wirklich stört. Das sind für meine Kollegen vier Tage, an denen ich deren Wünsche und Grenzen respektiere und nur einer, an dem ich mir erbitte, eine Pause einzulegen. Offensichtlich habe ich das allerdings nicht mit genügend Nachdruck getan, denn inzwischen läuft das Radio wieder an fünf Tagen in der Woche, und die schnippischen Seitenkommentare habe ich gleich gratis dazubekommen. So viel zum Thema Respekt vor Grenzen anderer...

Für mich spielt es übrigens keine Rolle, ob jemand meine körperlichen oder seelischen Grenzen überschreitet. Auf die Sache mit dem "an den Po fassen" gehe ich jetzt nicht weiter ein - geht gerade nicht. Aber trotzdem: Meine seelischen Grenzen sind nicht weniger wert als meine physischen.
Innere_Freiheit hat geschrieben:...sondern der Ärger und der innere Widerstand gegen den Lärm
Ich verstehe, dass das Gefühl des Ärgers bei mir selbst entsteht. Dennoch bin ich der Ansicht, dass dieser Ärger einen Sinn hat, eine Funktion erfüllt und mich darauf hinweist, dass ich mich gut um mich selbst kümmern muss. Das heißt im Zweifelsfalle auch, die eigenen Grenzen zu verteidigen, wenn es sein muss und wichtig ist. Innerer Widerstand entsteht ja nicht aus dem Nichts, sondern hat neben denen in der persönlichen Vergangenheit auch Ursachen im Hier und Jetzt, die man sich nicht ausdenkt. Aber wenn Dir diese Form des Umgangs damit hilft, ist es ja in Ordnung. Bei aller Zuneigung zu fernöstlichen Weisheiten ist es aber mein Feld nicht.

Die Füchsin

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zelda
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Beitrag Di., 19.07.2011, 11:14

Liebe Füchsin!
Füchsin hat geschrieben: Prinzipiell ist das Klima ja gut, aber sie begreifen halt einfach nicht, dass das, was sie als normal betrachten, ich als lärmend und störend empfinde. Will man sich damit abrackern, das zu erklären? Oder resigniert man und probiert andere Strategien?
Das ist natürlich wahrlich ein Problem. Ich bin aus diesem Grund nicht mehr arbeitsfähig und weiß auch nicht, ob ich das jemals sein werde.

In deinem Fall kann ich mir nur vorstellen vielleicht zu erklären warum es dir so geht. Aber ob das hilft ist eine andere Sache.

Früher war ich auch mal in einem normalen Arbeitsleben im Großraumbüro mit Telefongeklingel und Schwatzereien von Kollegen und den Nebengeräuschen von Computern. Das war nie ein Problem. Jetzt könnte ich verrückt werden. Letzt war ich in der Stadt und war so überrascht, dass ich so geflutet war von den Menschen, dass ich es kaum ausgehalten habe.

Ich kann also gar nicht erwarten, dass andere ihr Leben wegen mir einschränken. Das Leben ist so.

Ich weiß ja nicht wie wichtig dir die Arbeit ist und ob dein Problem dauerhaft besteht oder nur phasenweise. Phasenweise könntest du vielleicht um Verständnis bitten aber wenn es ein Dauerzustand ist, solltest du für dich schauen, ob du einen solchen Job dauerhaft erhalten kannst oder ob du neue Wege anstrebst. Hast du schon mal mit deinem Chef gesprochen?

Was würde dir das genau bringen, wenn nur einmal pro Woche das Radio ausgestellt würde? Meinst du es hätte für dich einen durchschlagenden Erfolg?

Ich denke, das hat nicht wirklich viel mit Grenzsetzung zu tun, wenn man sich gegen Normalitäten wendet. Da muß vielleicht einfach von dir ein Zugeständnis und Anerkennung für deine Krankheit kommen, erst dann bist du völlig auf deiner Seite So kann es eher umkippen und zu einem zusätzlich unangenehmen Kriegsschauplatz für dich werden.

Zur Sensibilität kann ich nur sagen, dass ich für meinen Teil sagen kann, dass es ein Teil meiner Krankheit ist- leider!

Liebe Grüße!
Zelda

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Füchsin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 11:42

@Zelda:

Warum gehst Du davon aus, dass ich meine Sensibilität nicht akzeptiere?

Meine Sensibilität fasse ich nicht als Krankheit auf, sondern als Teil meines So-Seins. Ich sehe mich als am Ende einer Skala befindlich, auf der sich die anderen eben in der Mitte befinden. Und es hat schon mit Grenzsetzungen zu tun. Denn es ist nicht so, dass ich nicht normal bin und die anderen schon, sondern dass ich einfach um einiges empfindlicher bin auf diesem Gebiet als die anderen. Ich gestehe mir meine Empfindlichkeit ein, ich kämpfe nicht dagegen an. Ich kann nur nicht jede Schlacht austragen, was mit meinem teilweise sehr schwankenden Selbstwertgefühl zusammenhängt und mit der Angst, anzuecken. Aber auch damit, dass ich manchmal einfach keine Kraft dafür übrig habe. Ist halt manchmal so, besonders, wenn ich sehr depressive Phasen habe. Zur Zeit geht es wieder, und - oh Wunder - es fällt mir auch leichter, das Gedudel zu ignorieren.

Ich dachte auch, es wäre deutlich geworden, dass ich nicht erwarte, dass die anderen sich meinetwegen einschränken. Aber darum bitten wird man dürfen, zumal das Abstellen des Radios für einen Tag nichts sein dürfte, das jemanden umbringt. Was mir das bringt für einen Tag? Ich war ja mal so weit, dass ich den Mittwoch dafür veranschlagt hatte, und die Kollegen haben das auch eine Weile berücksichtigt. Ich hatte dann in der Mitte der Woche einen Tag, an dem ich mich erden und konzentriert durcharbeiten konnte, ohne dass mir das nervige Gedudel den Verstand zerfräst hat. Das war sehr gut, um über die Woche die Energie für meine Arbeit aufrecht zu erhalten.

Mit dem Chef will ich deswegen nicht sprechen - schon allein, weil das ganz außergewöhnlich "gut" für's Betriebsklima wäre - wie gesagt, das ist auch nicht schlecht hier... Ich hänge an meinem Job, weil ich irgendwie die Butter auf's Brot bekommen muss, aber auch, weil ich meine Arbeit ganz gern mache. Ich habe lange Zeit freiberuflich für's Radio gearbeitet, und ehrlich gesagt bin ich froh, dass ich jetzt einen unaufgeregten Bürojob habe. Denn von Interview-Termin zu Interview-Termin zu hetzen, bis spät nachts im Schneidestudio zu sitzen und an den Wochenenden Doppelschichten zu schieben war verdammt anstrengend, zumal die Zahlungsmoral meiner damaligen Chefs eher mager war - komm' ich heut' nicht, komm' ich morgen. "Nebenbei" studiere ich noch, und ich bin froh, dass ich den Job damit vereinbaren kann. Ein Wechsel kommt also nicht in Frage. Und generell ist das Betriebsklima gut, die Kollegen sind meistens nett. Ich weiß, dass das auch ganz anders laufen kann.

Die Füchsin

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zelda
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Beitrag Di., 19.07.2011, 11:56

Liebe Füchsin!

Welchen Namen es nun trägt, spielt ja wenig eie Rolle. Dennoch erscheint es mir wie ein Hilferuf an Kollegen. Diese verstehen es möglicherweise als Machtprobe. Von daher wäre es sicher besser direkt zu sagen wann dich das Radio stört, denn diese Tagesregelung bringt im Gesamten ja nichts.

Du sagtest, dass du deinen Chef nicht behelligen willst, aber es gibt durchaus Möglichkeiten wie Trennwände oder Einzelbüros etc.. Und das Klima ist ja so auch schon teilweise schlecht, aber wenn du mit deinem Chef redest wäre es schon ein Einsetzen für dich selbst.

Komischerweise kenne ich solche Radiogeschichten auch und das war ein reiner Machtkampf. Will nicht heißen, dass ich es dir unterstelle. Und wenn du von Mitarbeitern unangenehm getriggert wirst, bleibt ja wirklich nur Therapie und dich da "wegbeamen" oder den Arbeitsplatz zu wechseln oder umzugestalten. Letzter Schluß wäre dann eine Krankmeldung.

Hast du denn am Arbeitsplatz Freunde? Mir hat es gut weitergeholfen Freunde unter den Kollegen zu haben, die dann tatsäöchlich etwas Rücksicht nehmen konnten. So ein soziales Gefüge ist wirklich hilfreich!

Warst du denn in deinem anderen Job auch so überfordert oder war es damals noch nicht so?

Ich kann eben nur raten nicht mit einer "Diagnose" vorzugehen, denn Sendibilität ist keine, sehr wohl aber hat es seine Ursache in der Traumatisierung. Ja, Selbsbewußtseinstrainig wäre gut und da verweise ich nochmal auf private Kontakte im Kollegenkreis.

Verstanden werden werden wir wohl nie, aber wenn man sagt, dass es einem schlecht geht und darum bittet de Geräuschpegel zu reduzieren, dann hat es bei mir immer sehr gut geklappt. Das muß von dir dann auch gefühlsmäßig so rübergebracht werden.

Wie trittst du denn vor den Menschen auf? Vielleicht ist in dir eine nicht bewußte Härte vor anderen? Wie wirkst du auf Kollegen allgemein?

Gut gemeint ist nicht immer gut.

Liebe Grüße!
Zelda

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Füchsin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 12:24

Nein, ein Hilferuf an meine Kollegen war es nicht, und ich würde ihnen auch nicht sagen: "Hört mal, Leute, ich bin ja so krank, ich bin hochsensibel, also nehmt mal Rücksicht!". Als ich es äußerte, war es eine höflich vorgetragene Bitte unter gleichgestellten Kollegen, nicht mehr, nicht weniger. Und mir hat diese Tagesregelung schon was gebracht, sonst hätte ich sie nicht vorgeschlagen.

Heute sage ich es immer wieder einmal, wenn mir das Radio zu laut ist. Aber es hat auch nicht immer etwas mit Lautstärke zu tun, sondern viel einfach damit, dass es an ist, dass mich der ständige Klangteppich nervt und dass ich den Dudelfunk unerträglich finde. Das werde ich meinen Kollegen nicht vermitteln können, und es zu verstehen kann ich von ihnen auch nicht erwarten. Deshalb habe ich bei Eröffnen dieses Threads auch den Schwerpunkt auf Schutzmöglichkeiten gelegt, die ich selbst im Griff habe, sprich: inneres Abschotten. Den Chef anzusprechen ist für mich ganz einfach indiskutabel. Das mache ich nicht, und es braucht auch nicht viel Phantasie, mir vorzustellen, dass das schlecht bei meinen Kollegen ankäme. Käme es bei mir auch, wenn es umgekehrt wäre. Im Übrigen will ich kein Einzelbüro, und ich will auch nicht den Arbeitsplatz wechseln.

Ich weiß auch nicht, ob Du mich da missverstehst. Es ist nicht so weit, dass ich davon krank werde. Es nervt mich total, es regt mich auf, setzt mich unter Spannung, aber ich gehe deswegen nicht mit Widerwillen zur Arbeit oder schiebe etwa einen Hass auf meine Kollegen. Und das Radioproblem ist auch nicht mein drängenstes, auch wenn das jetzt wegen der Diskussion um die Geräuschkulisse vielleicht so wirken mag.

Ob ich auf meine Kollegen hart wirke? Wohl kaum. Wir scherzen oft miteinander, unterhalten uns ganz normal, und das ist auch okay für mich. Klar, wenn ich konzentriert bin oder reizüberflutet, dann habe ich schon mal eine Runzel in der Stirn, aber wenn solche normalen Gefühlsäußerungen und Stimmungen nicht mehr erlaubt wären, könnte ich mir auch gleich die Kugel geben. Hat jeder mal. Meine Kollegen übrigens auch. Ich bin mir bewusst, dass ich meine Laune nicht an den Kollegen auslassen darf, und ich tue es auch nicht. No way.

In meinem anderen Job war ich auch oft überreizt vom ständigen berufsmäßigen Radiohören, aber das brachte die Sache nun einmal mit sich. Es ist ein netter Nebeneffekt, dass ich mir das jetzt nicht mehr antun muss. Mehr als das Radiohören (Sende-Aufsichtsdienst) hat mich gestresst, dass zu meinen Bürodiensten ein Kollege mir gegenüber saß (ich konnte aus technischen Gründen den Platz nicht wechseln) und mich permanent vollgequalmt hat. Das hat mich nicht nur gestört, sondern für heftige Kopfschmerzen vom Passivrauchen gesorgt. Dafür Verständnis zu erhalten war schwierig, weil der Chef selbst Raucher war. Versucht hatte ich es trotzdem.
zelda hat geschrieben:Gut gemeint ist nicht immer gut.
Bisschen komisch in dem Zusammenhang, oder? Ich habe mir jetzt keine Verhaltensregeln im Bezug auf meine Kollegen erhofft, und mit "gut gemeint" hatte meine Bitte wegen des Radios wenig zu tun. Die Grundfrage war, wie ich meine eigene innere Haltung so weit verändern kann, dass ich besser mit diesen alltäglichen Vorkommnissen zurechtkomme. In Therapie war ich übrigens bis Anfang dieses Jahres (2 1/2 Jahre), und da haben wir das durchaus auch besprochen...

Die Füchsin

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zelda
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Beitrag Di., 19.07.2011, 12:46

Liebe Füchsin!

Dein Nick deutet ja an, dass du schon sehr schlau sei mußt. Wenn ich dich also richtig verstehe ist es nur das Radio was dich auf der Dienststelle etwas quält. Da würde mir jetzt ernst gemeint Oropax einfallen oder deine Musik, die dir offenbar beim Fahren gut tut auch in der Firma anzuwenden.
Füchsin hat geschrieben:, und ich würde ihnen auch nicht sagen: "Hört mal, Leute, ich bin ja so krank, ich bin hochsensibel, also nehmt mal Rücksicht!".
Hier scheinst du es nun doch mit Krankheit in Verbindung zu bringen. Du mußt dich aber nicht rechtfertigen!

Hast du denn die Vorschläge der anderen hier schon ausprobiert? Vielleicht kannst du auch deine Erfolge hier dokumentieren. Das würde mir auch weiterhelfen. Imaginationsübungen und Entspannungstechniken werden ja auch therapeutisch angeleitet in Kliniken, ambulant weiß ich das nicht.

Liebe Grüße!
Zelda

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Füchsin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 12:56

Zelda, relativ weit am Anfang des Threads schrieb ich:
Füchsin hat geschrieben:Bus fahre ich grundsätzlich nur mit Kopfhörern, ich habe meistens Musik dabei, die mir sehr vertraut und nicht zu lebhaft ist. So sperre ich die Geräuschkulisse aus (schreiende Babys, Jugendliche, Gespräche). Das würde ich bei der Arbeit auch gern tun, aber da kommt es nicht so gut an, wenn man einen Kopfhörer trägt. Ein paarmal war ich beinahe so weit, es trotzdem zu tun, weil es mir einfach zu viel wurde. Ohrenstöpsel kann ich nicht verwenden, weil ich dann fast unverzüglich eine Gehörgangsentzündung bekomme, leider. Letzter Ausweg bei einem solchen Zuviel an Geräuschen ist, dass ich die Augen schließe und versuche, ruhig zu atmen.
Ich kann bei der Arbeit keine Musik hören. Mein Vorgesetzter hielt von diesem Wunsch auch nicht allzu viel, als ich ihn vortrug, auch wenn er Verständnis für mich hat und hatte.
zelda hat geschrieben:Hier scheinst du es nun doch mit Krankheit in Verbindung zu bringen. Du mußt dich aber nicht rechtfertigen!
Ich habe doch geschrieben, ich würde nicht sagen... Weil ich es eben nicht als Krankheit sehe. Du hast in den Raum gestellt, es sei nicht klug, die "Diagnose" vorzuschieben. Von allein wäre ich auf die Idee ohnehin gar nicht gekommen, weil ich (Hoch-)Sensibilität nicht als Krankheit betrachte. Ich wollte nur unterstreichen, dass ich das ohnehin nicht tun würde.
zelda hat geschrieben:Hast du denn die Vorschläge der anderen hier schon ausprobiert?
Noch nicht... Sooo lang steht der Thread ja auch noch nicht. Aber ich berichte gern.

Die Füchsin in meinem Nick bezieht sich übrigens nicht auf meine intellektuelle Ausstattung.

Grüße,

ebenjene


Waldschratin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 13:58

Hallo Zelda,
ich hab auch den Eindruck,daß du Füchsin mißverstehst.

Ihre (und auch meine) HS beruht jetzt nicht akut auf Trigger durch Geräusche,wie du es anscheinend von deiner PTBS her kennst (Du liest dich so,als ob du eine hättest,deshalb schreib ich das mal so).

Das sind grundlegender "offenere Antennen" in der Wahrnehmung,und nicht die von PTBS bekannten "hochgefahrene" Wahrnehmung aufgrund Angst/Panik/Todesangst,was von nem Geräusch etc. angetriggert wurde.

Ich weiß nicht,ob du das nachvollziehen kannst.
Aber wie gesagt: es liest sich so für mich.
Du suchst die Lösung im außen,bei "den anderen" - Füchsin sucht die Lösung in sich selber ,sucht nach Strategien,sich besser abschotten zu können oder ein besseres "Stressmanagement" und nen "ökonomischen Kräftehaushalt" hinzukriegen,eben weil die hochgefahrene Wahrnehmung nicht nur dann ist,wenn was angetriggert wird,sondern generell und grundsätzlich.Die muß bei unsereiner nicht "hochgefahren" werden,die ist schon im "Ruhezustand" recht hoch - wird was angetriggert,dann wird sie noch höher gefahren.(Jedenfalls ist das bei mir so)

Ich hab das schon öfter mal beobachtet,daß es da Unterschiede gibt...

Manch einer scheint erst durch die PTBS hochsensibel geworden zu sein,manch ein anderer scheint es schon vorher gewesen zu sein - oder entwickelt die PTBS "schneller" und leichter aufgrund der HS.

Ich versuche,da nicht einfach von mir selber auszugehen und meine eigene Problematik auf nen anderen zu übertragen (Gelingt natürlich nicht immer,aber ich bleib am Üben! ),sondern ich versuch,ein paar meiner eh reichlich vorhandenen Antennchen für den anderen zu "reservieren".

Füchsin scheint mir ne andere Baustelle zu haben als du - deshalb braucht sie halt auch andere Strategien.
Oder einfach erstmal ne Portion "offenes Herz" mit nem Sahnehäubchen "Verständnis" und ein paar Sträuselchen "Verbundenheit" dabei.

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Füchsin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 17:13

Sauber auf den Punkt gebracht, Waldschratin.

Trauma, das habe ich sicherlich auch. Aber es ist schon ein Unterschied, ob mich bestimmte Geräusche oder Verhaltensweisen triggern (wie ich z.B. in meinem "Todesangst"-Thread geschrieben habe), oder ob generell die "Scheunentore weit offen stehen", wie ich es immer gern sage. Manchmal spiralt es sich so ein, dann kriege ich Stress wegen der Überreizung und werde noch empfindlicher wegen des Stresses. Etwas anderes sind die Trigger. Ich habe z.B. immer noch einen Reflex, sobald ich ein Auto mit Dieselmotor kommen höre. Das ist ein Relikt von früher, da ich immer auf Hab-Acht-Stellung war, sobald mein Vater mit dem Wagen von der Arbeit heimkam. Bewusst geworden ist es mir erst in jüngster Zeit und seitdem nicht mehr so schlimm. Aber manchmal denke ich immer noch "Oh je, ich muss noch schnell alles aufräumen/mich zusammenreißen/lieb und brav sein", sobald ich den Diesel höre...

Unabhängig von solchen Triggern ist aber meine Antenne immer ganz weit ausgefahren. Das gilt nicht nur für Geräusche und Gedudel (ich finde z.B. Privatfernsehen samt Werbung unerträglich und lasse deshalb die Finger davon), sondern auch für Gerüche in kleinsten Spuren, vor allem aber für Mimik und Körpersprache meines Gegenübers und für Untertöne im Gesagten (dieses Forum mit eingeschlossen...).

Ich frage mich eben, was ich wohl ändern kann. Ich bin mir ja klar darüber, dass ich mein Umfeld nicht so zurechtbiegen kann, wie ich es gern hätte, und dass es auch überhaupt nichts nützt, den Leuten um mich herum wegen ihrer Art böse zu sein. Ein Beispiel, bei dem beides zusammenkommt: Ich habe einen Kollegen (der zum Glück nicht mehr mit mir in einem Büro zusammensitzt), der unglaublich laut, fahrig und auch ziemlich respektlos ist. Seine Art, sich zu bewegen und zu sprechen macht mich nervös, und da spielt die HS eine Rolle. Wenn er einfach nur so ist, wie er nunmal ist, ist er mir schon zuviel. Ich erschrecke, wenn er lacht oder lauter wird - das macht mich wahnsinnig. Außerdem liefert der Mann aber auch noch Trigger dazu. Zum Beispiel hatte er zu Beginn seiner Tätigkeit bei uns die unangenehme Angewohnheit, mich (und auch andere Frauen) anzutatschen. D.h., man hatte schon schnell mal eine Hand auf dem Knie oder der Schulter, einen Arm um die Taille etc. Nichts wirklich verfängliches, aber eine klare Grenzüberschreitung. Auch mit dem Einhalten des Individualabstands tat er sich sehr schwer - er konnte unvermittelt zehn Zentimeter vor meinem Gesicht auftauchen, ohne dass ich damit gerechnet hätte. Damit triggerte er mich dann, weil sein Verhalten dem meines Vaters sehr nahe kam (neben der Ähnlichkeit, was die Lautstärke und den Hang zum Showmenschen betrifft...). Ab und an tu ich mich immer noch schwer, ihn auszuhalten, wenn ich ihn mal sehe (z.B. beim Mittagessen). Da vereinigen sich unerträgliches "Grundrauschen" und Triggerlieferant in einer Person. Wohl auch kein Wunder, dass ich ihn nicht sehr mag. Aber ich ging nicht davon aus, dass der Mann mir irgendwas Böses wollte oder dass er bewusst so ist, wie er ist und sich für mich ändern muss. Da muss ich dann schon durch, auf die eine oder andere Art (Ausweichen, Stoppsignal geben, sich innerlich wappnen etc.).

Vielen Dank, Waldschratin, für Verständnis und Verbundenheit. Ich hoffe, auch mal was zurückgeben zu können.

Die Füchsin
Zuletzt geändert von Füchsin am Di., 19.07.2011, 17:35, insgesamt 1-mal geändert.


Waldschratin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 17:27

Füchsin hat geschrieben:Sauber auf den Punkt gebracht, Waldschratin.
Danke!
Füchsin hat geschrieben:Unabhängig von solchen Triggern ist aber meine Antenne immer ganz weit ausgefahren. Das gilt nicht nur für Geräusche und Gedudel (ich finde z.B. Privatfernsehen samt Werbung unerträglich und lasse deshalb die Finger davon), sondern auch für Gerüche in kleinsten Spuren, vor allem aber für Mimik und Körpersprache meines Gegenübers und für Untertöne im Gesagten (dieses Forum mit eingeschlossen...).
Da gehts mir genauso!
V.a. mit den "Untertönen"...
Manchmal erschreck ich schon,wie hoch da meine tatsächliche "Trefferquote" ist,was später dann mal bestätigt wird auf irgendeine Weise.
Und natürlich mach ich mir das schon zunutze auch - aber oft ist es ne Belastung,weil man halt wirklich immer und überall die Untertöne mitkriegt und dann Gefühle drauf entwickelt,die sich ein anderer spart,gemanagt zu kriegen.

Wenn sich meine Wahrnehmung durch Trigger noch hochschraubt,dann lauf ich wirklich wie`n Radar rum...Das sind dann manchmal regelrechte "hochenergetische" Zustände,wo mir dann schon mal der Kater gerne aus dem Weg geht,weil ne Berührung von mir die Funken in seinem Fell sprühen läßt...Oder sich der Fernseher,wenn er auf standby steht,schon mal "eben" einschaltet...

In der Zeit der Traumabearbeitung war das manchmal ganz schön krass!Dieser Zeit hab ichs zu verdanken,daß mittlerweile meine Stromrechnung so niedrig ist. Ich hab alles an überflüssigen Elektrogeräten abgeschafft,einschließlich Radiowecker und aber auch Armbanduhr.Das Zeug funktionierte eh alles nur sporadisch...

Kennst du sowas auch?

Zum Glück hab ich inzwischen schon lange keine "echten" Trigger mehr festgestellt.Todesangst und so war also schon lange nicht mehr - und damit auch die absolut hochgefahrene Wahrnehmung nicht.

Wo ich aber nach wie vor noch "empfänglich" bin und aufmerksamer werde,das ist Brand- und Rauchgeruch.Da geh ich auch heute noch nachgucken,wer da wieder "zündelt" oder sein Mittagessen verkokelt...
Und da weiß ich,das hängt mit ner Traumatisierung als ganz Kleines zusammen.

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Füchsin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 17:46

Wow, Du sprühst ja Blitze...! Nein, so heftig ist es bei mir nicht, aber diese wahnsinnig offene Wahrnehmung ist anstrengend. Da weiß sich mein Körper wohl manchmal nicht mehr anders zu helfen, als dass er mir sagt, dass jetzt aber Feierabend ist und er das nicht mehr mitmacht. Dann überkommt mich eine enorme Müdigkeit, ich bin nicht mehr aufnahmefähig, kann mich nicht konzentrieren, habe Wortfindungsstörungen oder mag gar nicht mehr reden.

Gerade hatte ich so einen Kracher mit meinem Mann (keinen Streit, aber doch ein paar deutliche Worte). Denn ich bin eh schon so erschöpft heute, und gerade kam er nach hause und erzählte über die Arbeit, und ich kam mir nur noch vor wie ein Grashalm in der Wüste, über den ein Sandsturm hinwegfegt. Das überrollt mich dann - seine ganze Frustration, seine Aufregung und innere Unruhe, dieses Schwallartige. Das habe ich ihm dann auch gesagt, mehrfach. Zuerst nur den Hinweis, dass ich müde bin, aber anschließend musste ich doch deutlicher werden und ihm sagen, dass ich mich überrollt fühle. Noch dazu kommt dann, dass mich frustriert, dass er es nicht von selbst merkt (was aber vielleicht auch ein bisschen schwierig ist, wenn ich immer stiller werde und er immer mehr redet). Und ich habe das Gefühl, er erwartet von mir irgendeine adäquate Handlungsweise, einen Rat, Anteilnahme - und das kann ich nicht leisten, weil ich eh schon überwältigt bin von allem, was da auf mich einstürmt. Puh! Aber wir konnten's klären, und immerhin auch so, dass er sich nicht zu sehr auf den Schlips getreten fühle (was immer ein Problem bei Streits ist, weil ich nicht nur auf mein eigenes, sondern auch noch auf sein Wohlbefinden achte).

Trigger im Bezug auf Traumata bieten sich mir leider immer noch allerhand, aber nicht so, dass ich jetzt z.B. dissoziiere. Aber im Bezug auf unsere Sexualität (wozu ich mal einen eigenen Thread eröffne), auf Gewalt und auf Versagensängste ist da allerhand vorhanden. Ich habe aber mal verschriftlicht, was mir dazu alles eingefallen ist, und seitdem erkenne ich es leichter, wenn so ein "Zug abfährt".

Rauch klingt nicht gut. Es hört sich aber so an, als konntest Du dieses Trauma schon mal durchsprechen in der Therapie, oder?

Grüße,

die Füchsin


Waldschratin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 18:03

In der Therapie nicht,dazu war das während meiner Traumatherapie noch zu diffus,dieses Thema.
Aber dran gearbeitet hab ich schon mal.Bin mich aber grad die letzte Zeit am Fragen,ob es da nicht doch noch "Nacharbeit" braucht.
Ich war noch recht klein damals,so um die 2 Jahre erst - und da sind die Gefühle und "Zustände" dazu immer so schwer zu "fassen" zu bekommen.Naja,mal sehen - wie`s aussieht,"darf" ich ja demnächst wieder in Therapie (wenn der Thera und ich nen Draht zueinander finden/haben),und vielleicht kann ich dem dann mal damit kommen.

Mit diesem "Überrollen" vom Frust etc. des Partners : das kenn ich auch!Ich hab da manchmal gar nicht weiter mit "Rat und Tat" reagiert,sondern ihn ganz einfach erstmal umarmt (uns beide dann sozusagen,weil ich dann ja auch "zurückumarmt" wurde ),und dann war der erste Schwall meistens auch bei mir gut abgefangen.

Aber ich muß sagen,seit ich wieder Single bin,ist das mit der HS schon wirklich bedeutend leichter zu managen.
Obwohl,wenns mich mal wieder bei einem "erwischt",würd ich jetzt auch nicht "Nein" sagen...

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ENA
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Beitrag Di., 19.07.2011, 18:16

Klasse Thread!!! Ich lese hier gerne mit!!!
Füchsin hat geschrieben:Ich habe z.B. immer noch einen Reflex, sobald ich ein Auto mit Dieselmotor kommen höre.
Wie hört sich denn ein Diesel-Motor im Vergleich zu anderen an ?
Waldschratin hat geschrieben:Und natürlich mach ich mir das schon zunutze auch - aber oft ist es ne Belastung,weil man halt wirklich immer und überall die Untertöne mitkriegt und dann Gefühle drauf entwickelt,die sich ein anderer spart,gemanagt zu kriegen.
Wie genau hast Du Dir das denn zu Nutze gemacht?
Waldschratin hat geschrieben:Dieser Zeit hab ichs zu verdanken,daß mittlerweile meine Stromrechnung so niedrig ist. Ich hab alles an überflüssigen Elektrogeräten abgeschafft,einschließlich Radiowecker und aber auch Armbanduhr.Das Zeug funktionierte eh alles nur sporadisch...
Wie? Weil die alle kaputt gegangen sind? ...und woher weißt Du, dass das durch Energieübertragung kam?
Waldschratin hat geschrieben:Naja,mal sehen - wie`s aussieht,"darf" ich ja demnächst wieder in Therapie (wenn der Thera und ich nen Draht zueinander finden/haben),und vielleicht kann ich dem dann mal damit kommen.
Gabs denn jetzt schon einen ersten Termin?


Waldschratin
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Beitrag Di., 19.07.2011, 18:25

Freitag,liebe ENA! *händereib-smilie such*

Zunutze mach ich mir das "Untertöne-hören" schon,weil man da ja dann immer recht gut schon "vorreagieren" oder sich auf das,was "drunterliegt",gefaßt machen kann.
Das macht in Begegnungen und v.a. in Auseinandersetzungen sicherer.

Ich hab da halt ne hohe "Trefferquote",rechne schon aber damit,daß ich einfach nur was von mir übertrage oder so - aber die Erfahrung hat mich gelehrt,daß ich doch recht oft richtig liege mit diesen "Untertönen".Und dann schon mal im Vorfeld drauf reagieren können - hat was!
V.a.,wenn man sich was Teures kaufen will und der Verkäufer einen "beschwatzt"

Die Elektrogeräte hatten zu viele "Störungen": Radio beim Wecker hat viel zu oft "gekratzt",das Telefon auch (und das bei meiner "Telefonitis" ),Wasserkocher "sprang" manchmal nicht an etc. pp
Das hat genervt - und dann gings noch weniger...
Deshalb mach ich vieles wieder wie "früher".Und es lebt sich sogar ganz gut ohne Radiowecker und Handy und elektrischer Zahnbürste oder Uhr.

Inzwischen passiert sowas ja auch kaum noch - bin ich auch nicht böse drum!

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ENA
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Beitrag Di., 19.07.2011, 18:40

Waldschratin hat geschrieben:Freitag,liebe ENA! *händereib-smilie such*

Waldschratin hat geschrieben:Das macht in Begegnungen und v.a. in Auseinandersetzungen sicherer.
Mich nervt das manchmal, weil ich den Eindruck habe, dass ich etwas wahrnehme, es aber nicht ansprechen kann bzw. es gar nichts bewirkt, wenn ich es anspreche... .
Obwohl ich die Fähigkeit an sich ja ganz gut finde... .
Waldschratin hat geschrieben:die Erfahrung hat mich gelehrt,daß ich doch recht oft richtig liege mit diesen "Untertönen".
...und das sprichst Du dann an, a la:" Kann das sein, dass Du..."?
Waldschratin hat geschrieben:Die Elektrogeräte hatten zu viele "Störungen": Radio beim Wecker hat viel zu oft "gekratzt",das Telefon auch (und das bei meiner "Telefonitis" ),Wasserkocher "sprang" manchmal nicht an etc. pp
Das hat genervt - und dann gings noch weniger...
War das denn wirklich nur durch "innere Energie-Übertragung" oder auch durch schlechte Qualität oder dass Du Dinger dann durch die Gegend geworfen hast?

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